Titel: Vorschlag zur beträchtlichen Ersparung an Holz und Zeit bei den Salzwerken oder Salzsiedereien.
Autor: Prof. Dr. Johann Baptist Herrmann [GND]
Fundstelle: Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XVI., S. 183
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XVI. Vorschlag zur beträchtlichen Ersparung an Holz und Zeit bei den Salzwerken oder Salzsiedereien. Vom Professor Dr. J. B. Herrmann, in Muͤnchen. Herrmann über Ersparung an Holz und Zeit bei den Salzwerken. I. Das Decken der Salzpfannen. Die Gewinnung des Kochsalzes aus der Sole geschieht bekanntermaßen durch Abdampfung des Wassers, in welchem dasselbe schon geloͤst war. Um diese Abdampfung zu befoͤrdern, hat man den Gefaͤßen, worin die Abdampfung geschieht, die Pfannenform gegeben, bei der das Maaß her Laͤnge und Breite jenes der Tiefe weit uͤbertrifft. Diese Form waͤhlte man hauptsaͤchlich in der Absicht, um sowohl dem Feuer eine groͤßere Wirkungsflaͤche, als auch den abtretenden Daͤmpfen einen groͤßeren Raum zu gestatten. Was man hier bei der groͤßeren Bodenflaͤche der Pfannen durch die Wirkung des Feuers gewinnt, geht aber nothwendig durch die gleich große Flaͤche, auf welcher die atmosphaͤrische kaͤltere Luft das erhizte Salzwasser unaufhoͤrlich beruͤhret, und demselben folglich Waͤrme entziehet, wieder groͤßtentheils verloren; weshalb man im Winter in gleicher Zeit und bei gleichem Feuer immer weniger Sole versieden, oder, was eines ist, weniger Salz erzeugen kann, als im Sommer. Die eigentliche Abdampfung, oder Dampfbildung im ergiebigsten Maaße, wie sie hier beabsichtigt wird, und erwuͤnscht seyn muß, geschieht aber immer erst bei dem Sied- oder Kochpunkte. Was in solcher Beziehung unter diesem Grade der Waͤrme geschieht, wird staͤrkere oder minder starke Verduͤnstung genannt; so wie endlich die Ausduͤnstung des Wassers mittelst der atmosphaͤrischen Luft bei jeder gewoͤhnlichen Temperatur derselben statt hat. Eine jede Fluͤssigkeit fordert, je nach ihrer specifischen Schwere, und dem Verhaͤltnisse der in ihr enthaltenen Stoffe zur Waͤrme, einen hoͤhern oder niederern Grad der Waͤrme zum Kochen, Aufwallen oder Dampfbilden. Die Eigenschaft der Salzsole fordert demnach einen ziemlich hohen Grad der Waͤrme zum Sieden oder Kochen derselben, welcher auf die bisherige Weise wohl sehr schwer oder nie erreicht wird, weil, wie vorhin schon erwaͤhnt wurde, die atmosphaͤrische kaͤltere Luft in so großer Beruͤhrungsflaͤche dem heißen Salzwasser stets wieder Waͤrme entzieht, und diese folglich sich nicht bis zum Siedpunkte darin vermehren oder verstaͤrken kann. Die großen Salzpfannen mit Holze, als einem sehr geringen Waͤrmeleiter, zu decken, um das haͤufige und ununterbrochene Entziehen der Waͤrme durch die aͤußere Luft zu verhindern, wuͤrde demnach bei allen Salzsiedereien sowohl an Zeit, als ganz besonders an Feuerungs-Material zur Gewinnung des Salzes jaͤhrlich sehr bedeutende Vortheile gewaͤhren; es ist ja ohnehin allgemein bekannt, so wie taͤglich uͤbliche Thatsache, daß, um eine Fluͤssigkeit in kuͤrzerer Zeit zum Kochen zu bringen, und dieselbe sodann bei geringerem Feuer im Siedpunkte zu erhalten, die Kochgefaͤße gedeckt werden. Nur aber bei dem Siedpunkte kann die groͤßte Dampfbildung statt haben, wie schon gesagt worden; oder, sollte auch hier bei der Salzsole der Siedpunkt selbst nicht ganz oder nicht stets erreicht werden; so ist doch gewiß, daß in gleicher Zeit die Abduͤnstung um so betraͤchtlicher seyn wird, als hoͤher der Waͤrmegrad der Fluͤssigkeit uͤberhaupt ist. Ob nicht bei einem auf solche Weise erhoͤhten Waͤrmegrade der Sole, und der nun schnelleren Salzgewinnung aus derselben wesentliche Theile des Salzes verfluͤchtigen koͤnnten, wie mir bei Gelegenheit Jemand von bedeutendem Ansehen dagegen einwenden zu muͤssen glaubte, darf man nicht befuͤrchten, weil die Salzsaͤure bei diesem Grade der Waͤrme, und ohne ein anderes Reagens zur Entbindung von dem Natron nicht fluͤchtig wird. Gesezt aber auch, es waͤre dieser Fall sogar moͤglich, so haͤtte man nur das Feuer zu vermindern, folglich in dem Maaße weniger Holz zu verbrauchen, als das Decken der Pfanne die Waͤrme erhoͤhet, um die Hize des Salzwassers auf dem alten bisherigen Grade zu erhalten; also in jedem Falle ein wahrer Gewinn. Daß bei der Abdampfung des Wassers von der Sole durch maͤchtiges Feuer den Daͤmpfen, aus was immer fuͤr UrsachenVielleicht und ganz wahrscheinlich moͤgen unter dem geloͤsten Salze aus den Bergwerken einige Gipstheile sich befinden, bei deren Erwaͤrmung sich die Schwefelsaͤure mit dem Natron zum Glaubersalze verbindet, und etwas Weniges der Salzsaͤure frei macht. einige Salztheilchen adhaͤriren koͤnnen, mag außer Zweifel seyn. Ich habe es selbst erfahren, und Jedermann weiß es, daß man immer schon in betraͤchtlicher Entfernung von den Salzpfannen einen der Salzsaͤure eigenthuͤmlichen Geruch wahrnehmen kann. Allein nach aller Untersuchung ist ihr Antheil so unbedeutend, und der ruͤckbleibenden Salzmasse so unschaͤdlich, daß dieses auch bei dem hoͤchsten Grade der hier moͤglichen Waͤrme in gar keinen Betracht kommen kann. Wenn wir dabei nach unserm Geruchs-Organ urtheilen wollen, so duͤrfen wir nur bedenken, wie wenig uͤberhaupt die Geruchsstoffe die Masse eines Koͤrpers vermindern, und in welchen weiten Raum sich dieselben verbreiten koͤnnen, ohne dem eigentlichen Wesen einer Sache, und noch weniger dem Gewichte eines Koͤrpers zu schaden. Es hat ja sogar der Nebel in mancher Jahreszeit seinen eigenthuͤmlichen Geruch, und zeigt sich doch bei genauer chemischen Untersuchung nur als das reinste Wasser. Sollten endlich selbst in einem Tage mit den Daͤmpfen einige Pfunde von der Salzmasse verloren gehen, dafuͤr aber an demselben Tage um gar viel mehr Salz durch schnellere Abdampfung gewonnen werden koͤnnen, so sind die Vortheile weit uͤberwiegend. Die Deckung der Salzpfannen, um zugleich dem Dampfe die moͤglichste Ableitung zu geben, und im Herausbringen des praͤzipitirten Salzes aus denselben nicht gehindert zu seyn, mag auf folgende Weise am vortheilhaftesten geschehen. Es wird nach der laͤngern Seite der Pfanne, uͤber die Mitte derselben hin, ein Balken etwa 1 1/2 bis 3 Schuhe uͤber der Solenflaͤche befestiget, und auf beiden Seiten desselben ein Falz gehauen, so daß hier und auf dem Kranze oder dem Mauerbeschlaͤge der Pfanne wohlschließende Bretter neben einander gelegt werden koͤnnen. Die ganze Decke sieht nun einem sehr schiefwinklichten Dache aͤhnlich, an welchem, je nach der Groͤße der Pfanne, zwei oder drei hoͤlzerne Dampfkamine von 1 1/4 bis 1 1/2 Schuhe in der Vierung, wie uͤber den Malzdarren in den Brauereien angebracht sind. An jenen Stellen um die Pfanne, wo sonst die Arbeiter das von Zeit zu Zeit gefaͤllte Salz mir den hierzu geeigneten Instrumenten zusammenzulegen und herauszunehmen pflegen, werden an dem Dache eben so viele Schubthuͤrchen von erforderlicher Groͤße gemacht, womit man nach Belieben eroͤffnen und schließen kann. Das Decken der Salzpfannen geschieht wirklich bei den Salzwerken in Ungarn schon seit mehreren Jahren mit dem besten Erfolge. Der K. Koͤnigl. Referendaͤr uͤber die Salinen bei der Zentral-Regierung in Ofen hat mir auf meinen dortigen Reisen im Jahre 1815 persoͤnlich versichert, daß die Ersparung an Holz dabei sehr bedeutend seye, und im Durchschnitte mehr als ein Drittheil gegen sonst betrage. Es sind deshalb diese Vorschlaͤge keine bloßen Probleme mehr, da bereits die Erfahrung schon dafuͤr entschieden hat. Ich muß bei dieser Gelegenheit zur Ehre Ungarns uͤberhaupt bemerken, daß in diesem interessanten Lande seit den leztern Jahren viele schoͤne Einrichtungen und Fortschritte sowohl im Landwirthschaftlichen als auch im Technischen geschehen sind, welche uns aus Mangel naͤherer Communication mit demselben groͤßtentheils unbekannt bleiben. II. Das Kochen der Sole durch Wasserdampf. Wird, woran nicht mehr zu zweifeln und wofuͤr die Erfahrung schon seit mehrern Jahren in Ungarn spricht, bei gedeckten Pfannen schon wohl ein Drittheil Holz gegen sonst jaͤhrlich erspart: so duͤrfte noch ein zweites Drittheil von Brennmateriale um so gewisser dadurch ersparet werden, daß man die Sole durch Wasserdampf erhize; denn es ist aͤußerst auffallend und kaum glaublich, welch große Holzmenge nur bei einer einzigen solchen Salzpfanne bisher jaͤhrlich verzehret wird. Die Vortheile, durch Dampf zu erwaͤrmen und zu kochen, sind zwar bekannt, und werden seit langer Zeit schon in England, Frankreich und auch in vielen Fabrikstaͤdten Deutschlands benuzt, wo mehrere große Farbepuͤtten durch einen einzigen Dampfkessel bis zu jedem beliebigen Grade erwaͤrmt werden. Allein es ist mir doch unbegreiflich, daß diese aͤußerst vortheilhafte Benuzung der Wasserdaͤmpfe bei uns nicht schon eine weit groͤßere Wirkungssphaͤre erreicht hat. Der verdiente technische Chemiker, Herr Doktor Dingler in Augsburg, hat uns vor Kurzem zu diesem Zwecke wieder ein recht nuͤzliches Werk uͤber die vortheilhafteste Benuzung der Wasserdaͤmpfe in aller Beziehung geliefert, worin auch namentlich von der Anwendung derselben bei Salzsiedereien gehandelt wirdMan sehe Dr. Dinglers Anleitung zur Benuzung der Wasserdaͤmpfe Seite 110.. Ich wuͤrde statt einer bisherigen eisernen Salzpfanne erster Groͤße vier hoͤlzerne flache Kaͤsten in Form der Kuͤhlstoͤcke in den Brauereien um einen gemeinschaftlichen Dampfkessel, oder, wenn es noͤthig waͤre, um zwei derselben verfertigen, und die Sole in den Kaͤsten durch Daͤmpfe aus denselben erwaͤrmen lassen. Dabei wuͤrden sich folgende Vortheile ergeben: 1) Koͤnnte man diese Kaͤsten bequem mit einem hoͤlzernen Hut oder Mantel zu fruͤher erwaͤhntem Zwecke decken. 2) Koͤnnte ein Mann immer sehr leicht alles gefaͤllte Salz von der Bodenflaͤche eines solchen Kastens, dem er vorsteht, abrechen, waͤhrend jezt mehrere Arbeiter kaum im Stande sind, die große Pfannenflaͤche mit ihren Instrumenten immer gehoͤrig und an allen Orten zu befahren. 3) Erspart man dabei die weit groͤßern Verfertigungs- und Unterhaltungskosten so großer eiserner Pfannen, die sogar die sinnreiche Erfindung einer Eisenblech-, Schneid-, Loͤcherbohr- und Naͤgelpraͤgungs-Maschine, wie sie bei den Salinen zu Hallein besteht, nothwendig machten, um solche Pfannen wasserhaltig zu machen, und nicht durch Rizen oder Spruͤnge irgend eines sproͤden Eisens bei Zusammenfuͤgung der Platten dem Rinnen der fruͤhern Zerstoͤrung ausgesezt zu seyn. 4) Wuͤrde dabei eine unschaͤzbare Holzmenge erspart, und die großen Salinenforsteien koͤnnten dem Publikum im wohlfeileren Holzvorrathe sowohl, als dem Staats-Aerar in andern Renten wieder wohlthaͤtiger werden. 5) Endlich wuͤrde man auf solche Weise nicht mehr so leicht besorgen duͤrfen, daß die Waldungen bei einer Saline, wie bisher bei außerordentlich großem Holzverbrauche, mit der Zeit erschoͤpft, und deshalb, wie es nicht selten schon geschehen, die Sole mit dem groͤßten Kostenaufwande von einer Gegend zur andern in weite Entfernung, wo groͤßerer Holzvorrath ist, geleitet und getrieben werden muͤsse. Dieser große Kostenaufwand zu solchen Solenleitungen und die eben so kostspielige Unterhaltung derselben kann auf natuͤrlicher Weise nur den Preis des Kochsalzes zum Nachtheil des Publikums in gleichem Maaße erhoͤhen, waͤhrend die Benuzung der hier beschriebenen Vortheile zur aͤußerst betraͤchtlichen Holzersparung eine Verminderung des Preises gestatten wuͤrde. Was waͤre auch wohl, zumal in landwirthschaftlicher Hinsicht, mehr zu wuͤnschen, als daß die Preise des Salzes, stets in einem solchen niedrigen Stande seyn moͤchten, daß es der Landmann seinem Viehe nicht nur zur Verhuͤtung mancher Krankheiten desselben, sondern auch zum weit bessern Gedeihen des Mastviehes immer im erforderlichen Maaße zu verschaffen im Stande waͤre, gewiß Vortheile, welche sich bei der Viehzucht in einem ganzen, zumal in einem Ackerbau-Staate kaum berechnen lassen.