Titel: Ueber die Verwandlung der holzigen Körper in Gummi, in Zucker, und in eine eigenthümliche Säure, mittelst der Schwefelsäure, und Verwandlung der nämlichen Holzsubstanz in Ulmine durch Kali.
Fundstelle: Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXVIII., S. 312
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XXVIII. Ueber die Verwandlung der holzigen Körper in Gummi, in Zucker, und in eine eigenthümliche Säure, mittelst der Schwefelsäure, und Verwandlung der nämlichen Holzsubstanz in Ulmine durch Kali. Von Heinrich BraconnotAnnales de Chimie et de Physique p.M.M. Gay-Lussac et Arago. Tom. XII. Octobre 1819. (Mémoire sur la Conversion du corps ligneux en gomme, en sucre, et en un acide d'une nature particulière, par le moyen de l'acide sulfurique, conversion de la même substance ligneuse en ulmine par la pottase.) . (Abgelesen in der koͤniglichen akademischen Societaͤt der Wissenschaften etc. von Nancy, am 4. November 1819.) Braconnot über die Verwandlung der Holzfaser in Gummi, Zucker und Ulmine. Die alten Chemiker haben sich mit der Behauptung begnuͤgt, daß die Wirkung der concentrirten Schwefelsaͤure auf Pflanzen-Koͤrper sich dahin beschraͤnke, diese zu verkohlen; unter den Neuern war Herr Berthollet der Meinung, daß der Wasserstoff der Pflanzensubstanz sich mit dem Sauerstoffe der Schwefelsaͤure verbinde, daß daher bei dieser Bildung des Wassers und der schwefelartigen Saͤure der Kohlenstoff sich trenne und niederschlage. Die Herren Fourcroy und Vauquelin bemuͤhten sich nachher, diese Erscheinung noch mehr aufzuklaͤrenAnnales de Chimie. Tom. XXIII. p. 86 ). Sie nahmen an daß sich keine schwefelige Saͤure entwickle, und stellten eine sinnreiche Theorie auf, welche sich jedoch auf keinen strenggen Beweis zu stuͤzen scheint. Bei Untersuchung der merkwuͤrdigen Veraͤnderungen, welche organische Koͤrper durch die Einwirkung der Schwefelsaͤure erleiden, bin ich auf Resultate gekommen, welche von jenen dieser beruͤhmten Chemiker durchaus verschieden sind; auch habe ich die Ueberzeugung, daß die vorzuͤglichen Thatsachen, welche ich nun darstellen will, uͤber mehrere Erscheinungen der Vegetation viel Licht geben duͤrften, und eine nuͤzliche Anwendung auf Kuͤnste finden koͤnnten. Wirkung der Schwefelsaure auf Saͤgspaͤne von Hagenbuchen-Holz. Zwanzig Gramm von gut ausgetrockneten Hagenbuch-Saͤgspaͤnen wurden kalt mit gewoͤhnlicherDie naͤmliche, welche ich bei allen meinen Versuchen gebraucht habe; das spezifische Gewicht war 1,827.Schwefelsaͤure begossen, und in einer Glasroͤhre damit gut gemengt; es erfolgte eine starke Erhizung, und das schweflichtsaure Gas entwickelte sich mit Ungestuͤmm, was mit der Theorie des Hrn. Berthollet überein stimmte. Die Saͤgspaͤne wurden schwarz, und schienen verkohlt zu seyn; allein dies war nur scheinbar. Ich schuͤttete auf das Ganze eine gewisse Quantitaͤt Wasser, und sonderte das schwarze Pulver ab, welches nach der Austrocknung in das Feuer geworfen mit einer hellen Flamme aufbrannte. Dieses Pulver faͤrbte kaltes Wasser nicht merklich; dagegen theilte es dem siedenden Wasser und den kalischen Aufloͤsungen eine dunkelbraune Farbe mit. Die Saͤgspaͤne waren ungefaͤhr in demjenigen Zustande, welcher denn eintritt, wenn dieselben mehrere Jahre hindurch der Luft und Feuchtigkeit ausgesezt werden. Die saure Fluͤssigkeit welche beinahe farbenlos wie Wasser war, erzeugte, nach Saͤttigung mit kohlensaurem Kalk, durch Verduͤnstung eine gummiartige Materie von gelber Farbe, in deren Aufloͤsung das basische essigsaure Blei einen ziemlich haͤufigen Niederschlag hervorbrachte. Diese gummige Materie mit verduͤnnter schwacher Schwefelsaͤure behandelt, lieferte Essigsaͤure, und praͤzipitirte schwefelsauren Kalk. Ich habe diesen Versuch mit 16 Gramm Saͤgspaͤnen wiederholt; anstatt die Schwefelsaͤure uͤber diese ganze Masse zu schuͤtten, rieb ich sie in kleinen Portionen ab, indem ich die Saͤure nach und nach zugoß; ungeachtet dieser Vorsicht, entwickelte sich noch schwefelige Saͤure; ich bekam aber einen sehr dicken, zaͤhen Schleim, den ich in einer gewissen Quantitaͤt Wasser verruͤhrte, und dann durch Leinwand seihte; es blieb eine unaufloͤsbare schwaͤrzliche Materie 5 Gramm im Gewichte, jener aͤhnlich, welche der vorhergehende Versuch gegeben hatte, zuruͤck. Die saure Fluͤssigkeit, mit Kreide gesaͤttiget und dann abgedampft, lieferte fast 10 Gramm Gummi von roͤthlicht brauner Farbe. Da Herr Fourcroy und Vauquelin in ihrer Abhandlung sagen, daß Pflanzenstoffe die Schwefelsaͤure in der Kaͤlte nicht zersezen, so meinte ich, daß Entwicklung von schwefeliger Saͤure wenigstens sehr selten seyn muͤsse; deswegen verließ ich auch bald die Saͤgspaͤne von Hagenbuchen. Um die Resultate besser wuͤrdigen zu koͤnnen, wollte ich nun reine Holzsubstanz darstellen; allein die Schwierigkeit, dieselbe in den Zustand vollkommener Reinheit zu versezen, bestimmte mich, Lumpen von haͤnfener Leinwand, die man uͤberall haben kann, zu waͤhlen, und dieses um so mehr, da man diese als eine reine Holzsubstanz ansehen kann; uͤbrigens wuͤrde jede andere Art von holzigen Koͤrpern analoge Resultate gegeben haben. Wirkung per Schwefelsaͤure auf gebrauchte haͤnfene Leinwand. 25 Gramm haͤnfene Leinwand, in kleine Stuͤcke zerschnitten, verloren in der Waͤrme ein Gramm hygrometrische Feuchtigkeit. Ich brachte diese Leinwand in einen Glas-Moͤrser, und benezte sie auf mehreremale mit 34 Gramm Schwefelsaͤure, wobei ich dafuͤr sorgte, daß die Mischung unaufhoͤrlich mit einem starken Glasstabe in Bewegung gesezt wurde, damit die Saͤure so gleichfoͤrmig als nur immer moͤglich alle Theilchen der Leinwand durchdraͤnge; nicht minder ließ ich zwischen jedem neuen Zuguß eine hinlaͤngliche Zeit verstreichen, damit sich die Waͤrme, welche sich entwickelte, gaͤnzlich vertheilen koͤnnte; es war nicht die mindeste Anzeige von schwefelartiger Saure wahrzunehmen. Eine Viertelstunde nach geschehener Mischung bearbeitete ich dieselbe mit einem glaͤsernen Stoͤßel; das ganze Leinwandgewebe verschwand; es stellte sich eine schleimige, aͤußerst zaͤhe, pechigte, gleichartige, wenig gefaͤrbte Masse dar, die ich 24 Stunden lang stehen ließ. Ich erwaͤhne dieser Vorsichtsregeln, damit man desto schoͤnere Produkte gewinne; denn bei keiner gewaͤhlten Verfahrungsweise entwickelt sich schwefelige Saure; auch zeigte sich keine Spur von einer kohlenartigen Materie. Die schleimige Masse loͤste sich in Wasser ganz auf, mit Ausnahme einer staͤrkmehlartigen Materie, welche nach der Austrocknung 2, 5 Gramm wog, und nichts anders war, als eine Portion Leinwand, die von Seite der Schwefelsaͤure keine bedeutende Aenderung erlitten hatte. Die mit Wasser verduͤnnte schleimige Masse wurde mit Kreide gesaͤttiget, und durch Leinwand getrieben; sie war nun ganz helle, und hatte nur eine sehr schwache Farbe. Nachdem das Seihtuch gut gewaschen, und der schwefelsaure Kalk tuͤchtig ausgedruͤckt worden, sammelte ich das Fluͤssige, und ließ es bis zur Syrupdicke abdampfen; es war minder gefaͤrbt, als der Frauenhaarsyrup. Durch das Abkuͤhlen sonderte sich noch etwas wenig schwefelsaurer Kalk ab. Ich sezte das Abdampfen mit Behutsamkeit bis zur Trockniß fort, und erlangte ein Gummi, welches durchsichtig und wenig gefaͤrbt war; es hatte dieses ein Gewicht von 26,2 Gramm, welche von 21,5 Gramm Leinwand, nach Abzug eines Gramms Feuchtigkeit, und von 2,5 Gramm holzigter, starkmehlartiger Materie erhalten wurden. Ich muß hiebei bemerken, daß der schwefelsaure Kalk, welcher aus der Saͤttigung hervor kam, auch nach starkem Waschen noch immer Pflanzenstoff beibehielt; denn als derselbe dem Feuer ausgesezt wurde, nahm er eine braͤunliche Farbe an, und verbreitete einen Geruch schwefeliger Saͤure. Da vorauszusezen war, daß diese bedeutende Gewichtsvermehrung nur von einer Fixirung der Grundtheile des Wassers oder der Schwefelsaͤure herruͤhren koͤnne, so habe ich, zur Ausmittlung der Richtigkeit dieser Vermuthung, 5 Gramm dieses kuͤnstlichen Gummi in Wasser aufgeloͤst; dazu fuͤgte ich Kleesaͤure, um den Kalk niederzuschlagen, welchen derselbe bei der Verbindung zuruͤckbehalten hatte, und welcher auch durch Schwefelsaure praͤcipitirt werden kann. Der Niederschlag von kleesauren Kalk gesammelt und stark erwaͤrmt, ließ 0,28 Gramm zuruͤck. Die auf solche Art praͤzipitirte gummige Aufloͤsung wurde bis zur Trockenheit abgedampft, und der Ruͤckstand mit siedender Salpetersaͤure behandelt, hierauf aber mit Wasser verduͤnnt, und mit salpetersauren Baryt versezt. Es bildete sich ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt; getrocknet und bis zur Gluͤhhize erwaͤrmt, wog derselbe 1,6 Gramm, welche 0,54 Gramm Schwefelsaͤure enthielten. Da sich waͤhrend des Einwirkens der Schwefelsaure auf die Leinwand keine luftartige Fluͤssigkeit entwickelte, so kann man annehmen, daß die 26,2 Gramm gummiartiger Materie, die wir erhalten haben, gebildet sind von holziger Materie 21, 50 Gramm Grundtheile von Schwefelsaͤure, die auf eine unbekannte Art fixirt wurden 2,83 – Grundtheile von Wasser, auf gleiche Art fixirt 0,40 – Verbundener Kalk 1,47 – –––––––– Im Ganzen 26,20 Gramm Man sieht, daß die Art, wie wir die Wirkung der concentrirten Schwefelsaͤure auf die Leinwand betrachten, ganz und gar verschieden von jener der Herren Fourcroy und Vauquelin ist, indem diese Chemiker annehmen, daß der Pflanzenstoff sich zerseze in Kohle und Wasser, welches bei der Verbindung mit der Saͤure die Waͤrme hervorbringe, die sich hiebei entwickelt; es scheint aber diese Waͤrme vielmehr von der wirklichen Fixirung der Grundtheile der Schwefelsaͤure und des Wassers in der nicht dekomponirten Pflanzensubstanz herzukommen. Um nun zu erfahren, ob die mit der Haͤlfte ihres Gewichts Wasser verduͤnnte Schwefelsaͤure die holzige Materie in Gummi verwandeln koͤnne, habe ich Leinwand mit einer so verduͤnnten Saͤure befeuchtet; ich erlangte jedoch keine gummige Masse. Ich sezte jezt dieselbe unter bestaͤndigem Umruͤhren einer gelinden Waͤrme aus; sie verwandelte sich in einen sehr gleichartigen Teig, der nach gehoͤrigem Abruͤhren mit Wasser einen weißen, wie Staͤrke aussehenden, Brei gab. Nach weiterer Verduͤnnung mit Wasser glich diese Fluͤssigkeit einer Emulsion. Wenn man sie an der Sonne betrachtete, so bemerkte man deutlich, daß die darin schwebende weiße Materie aus glaͤnzenden Flimmern von aͤußerster Feinheit, aͤhnlich den in der Seifen-Aufloͤsung wahrzunehmenden, gebildet sey. Diese Art von Emulsion lieferte, obgleich sehr langsam, eine Materie, welche man beim ersten Anblicke fuͤr Kraftmehl halten konnte, ob sie gleich keine der Eigenschaften von diesem besaß. Sie stellte fast die Totalitaͤt der verwendeten Leinwand dar. Das von dieser Materie getrennte Fluͤssige gab, nach Saͤttigung mit Kreide, eine etwas wenig gummigte Materie, die fast farbenlos war, und nach meinem Urtheile kaum Spuren von Schwefelsaure enthielt. Traͤnkt man die Leinwand mit Salpetersaͤure, so kann man dieselbe auch in eine weiße staͤrkmehlaͤhnliche Materie umwandeln. Es ergiebt sich bei der gewoͤhnlichen Temperatur keine auffallende Aenderung; wird jedoch diese Mischung in einem Marienbade kochendem Wasser ausgesezt, bis sie anfaͤngt Salpeter-Gas zu erzeugen, dann verwandelt sich dieselbe in einen sehr weißen einfoͤrmigen Brei, durchaus dem durch die Schwefelsaͤure erzeugten aͤhnlich. Ist diese Materie recht gewaschen und ausgetrocknet, so erscheint sie etwas atlaßartig, besonders wenn sie pulverisirt wird; bei Befeuchtung laͤßt sie ein sonderbares Brausen hoͤren, und verwandelt sich in einen sehr verteilten Brei. Diese Materie hat sich in einer Kali-Aufloͤsung nicht merklich aufgeloͤst; sie zeigte sich nur als eine unbedeutende Aenderung der holzigen Materie der Leinwand, ungefaͤhr so, wie jene, die durch die Faͤulung der Leinwand-Lumpen fuͤr die Papier-Bereitung entstehet. Es waͤre wirklich interessant, nachzuforschen, ob waͤhrend dieser Art von Gaͤhrung sich nicht Gummi und etwas Zucker bilde, wie dies hinsichtlich der in Faͤulniß gebrachten Staͤrke der Fall ist, wie erst vor Kurzem Herr von Saussure beobachtet hatVergleiche dieses Journal S. 198 Dingler. . Untersuchung des kuͤnstlichen, durch die Wirkung der Schwefelsaͤure auf Leinwand hervorgebrachten Gummi. Wir haben gesehen, daß das Gummi, welches man bekommt, wenn Schwefelsaͤure mit Kreide gesaͤttigt wird, in der Verbindung Kalk enthaͤlt, den man in der That durch Kleesaͤure davon sondern kann. Dieses Gummi laͤßt sich auch dadurch reinigen, daß man in die Aufloͤsung Bleiessig (sous acetaté de plomb) schuͤttet, worauf sich ein ansehnlicher weißer Niederschlag bildet; welchen man durch Ueberschuß von Schwefelsaͤure zersezen kann; man dampft auf angemessene Weise die vom schwefelsauren Blei getrennte Fluͤssigkeit ab, und schlaͤgt dann das Gummi durch Alcohol nieder; ich gebe uͤbrigens der Saͤttigung der Schwefelsaͤure mit Bleioxyd in der Waͤrme den Vorzug vor der mir Kreide – daraus entspringt eine Fluͤssigkeit mit einem Zuckergeschmacke, welcher jedoch herbe ist, und von dem in der Aufloͤsung zuruͤckgebliebenen Blei herruͤhrt. Dieses selbst scheidet sich, wenn Schwefelwasserstoff-Gas hinzugebracht wird, und wirklich erlangt man durch die Evaporation der filtrirten Fluͤssigkeit das kuͤnstliche Gummi so rein, als es nur seyn kann. Man koͤnnte sich auch, statt des Bleioxydes des Baryts bedienen, da aber dieses Gummi in der Zusammensezung immer etwas von dem Baryt zuruͤckbehaͤlt, so muͤßte diese Sonderung durch Schwefelsaͤure bewirkt werden. Diese gummige Substanz gleicht, so wie ich sie erhalten habe, dem arabischen Gummi. Sie ist durchsichtig, von einer schwach gelblichen Farbe, geruchlos, fade und unschmackhaft, wiewohl sie das Lackmus roth macht, und sich nach Art der Saͤuren aͤußert. Ihr Bruch ist glasartig. Sie haͤngt sich, wenn sie anders sorgfaͤltig bereitet wird, an dem Gefaͤße, auf welchem man sie getrocknet hat, stark an, und bildet auf der Oberflaͤche der Koͤrper einen sehr glaͤnzenden Firniß. Uebrigens giebt dieselbe einen minderzaͤhen Schleim als das arabische Gummi; auch ist dieser Schleim minder klebrig, was jedoch dessen Nuͤzlichkeit fuͤr mehrere Kuͤnste durchaus nicht hindert. Bringt man diese Materie ins Feuer, so brennt sie, und verbreitet einen durchdringenden Geruch von schwefeliger Saͤure, was von der Zersezung der Schwefelsaͤure kommt, die in dieser Materie sich in einem besondern Zustande befindet, welchen die Reagenzien anzuzeigen nicht vermoͤgen. Es bleibt eine Kohle zuruͤck, welche nach der Verbrennung einige Merkmale von schwefelsaurem Kalk hinterlaͤßt. Sezt man dieses Gummi mit Kali dem Feuer aus, um es theilweise zu zersezen, so entwickelt sich keine schwefelige Saure. Wenn man den Ruͤckstand im Wasser aufloͤset, und Salpetersaͤure beimischt, so schlaͤgt sich eine flockige braune Materie nieder, die wir unter dem Namen kuͤnstliche Ulmine (ulmine artificielle) naͤher bekannt machen wollen. Giebt man der filtrirten Fluͤssigkeit salpetersauren Baryt, so bildet sich ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt. Die Aufloͤsung dieses Gummi im Wasser wird durch salpetersauren Baryt durchaus nicht getruͤbt, eben so wenig durch essigsaures Blei; dagegen bildet das basische essigsaure Blei einen sehr weißen und haͤufigen Niederschlag, welcher in verduͤnnte Essigsaͤure ganz aufgeloͤst werden kann. Schlaͤgt man durch kohlensaures Ammonium den Ueberschuß von Blei, welches die uͤber diesem Bodensaze befindliche Fluͤssigkeit enthaͤlt, nieder, und dampft man leztere bis zur Trockenheit ab, so gewinnt man als Residuum eine dreifache Mischung, von Gummi, von Essigsaͤure und Ammonium. Das salzsaure Zinnoxydul schlaͤgt auch dieses Gummi aus der Aufloͤsung nieder. Kalk- oder Barytwasser im Uebermaße erzeugt dabei leichte flockige Niederschlaͤge, welche nur Zusammensezungen von Gummi mit Kalk oder Baryt, und rothes schwefelsaures Eisen stoͤrt auf keine Art die Aufloͤsung dieses Gummi, da es doch die vom arabischen Gummi gerinnen macht, wie ich dargethan habe. Mit Salpetersaͤure behandelt giebt dieses Gummi eine ansehnliche Menge Kleesaͤure in Krystallen, aber keine Schleimsaure. Vom Zucker aus Leinwand – Lumpen. Die gummige Substanz, deren Eigenschaften wir eben dargestellt haben, erfaͤhrt, wenn sie einige Zeit mit wasserverduͤnnter Schwefelsaͤure in Wallung gesezt wird, eine solche Gleichgewichts-Aenderung in der Natur seiner Prinzipe, daß sich diese sondern, um zwei sehr merkenswerthe Substanzen zu bilden; die eine, welche fast die Totalitaͤt der Materie ausmacht, ist krystallisirbarer Zucker; die andere enthaͤlt die Elemente der Schwefelsaͤure, welche in der gummigen Substanz vertheilt waren, und stellt eine auffallend sonderbare Saͤure dar, die ich mit der Benennung Pflanzenstoff- Schwefelsaͤure (acide végéto – sulfurique) bezeichnen moͤchte. Zufaͤllig gerieth ich auf dieses Resultat, als ich die schleimige, saure, mit Wasser verduͤnnte, durch die Einwirkung der Schwefelsaͤure auf die Leinwand produzirte Masse mit Bleioxyd bei einer Warme von 100° (centige) laͤngere Zeit in der Absicht behandelte, um hievon kuͤnstliches Gummi zu erhalten. Da ich um das in der Aufloͤsung zuruͤckgebliebene Blei niederzuschlagen, in die Fluͤssigkeit geschwefeltes Wasserstoffgas angewendet, und die Abdampfung besorgt hatte, sah ich mich sehr angenehm uͤberrascht, durch die Wahrnehmung, daß die ganze gummige Materie in eine zuckerige, saure Masse umgewandelt war. Ich habe sie hierauf mit ganz concentrirten Alkohol digerirt, welcher auch die Pflanzenstoff-Schwefelsaͤuren aufloͤste, woruͤber unten mehr gesagt werden wird; die zuckrige Materie blieb wenig gefaͤrbt, und behielt einen sehr freien Geschmack. 24 Gramm gebrauchter und wohl ausgetrockneter Leinwand wurden mit 34 Gramm Schwefelsaͤure in Schleim verwandelt, ganz mit der oben angegebenen Vorsicht. Die saure Mischung, in einer gewissen Quantitaͤt Wasser aufgeloͤst, ließ wenig geaͤnderte Holzsubstanz fallen; ausgetrocknet wog dieselbe 3,6 Gramm. Die so mit Wasser verduͤnnte saure Fluͤssigkeit wurde ungefaͤhr zehen Stunden lang in Wallung gesezt, darauf aber mit kohlensaurem Kalk gesaͤttiget. Diese Fluͤssigkeit praͤzipirte das basische essigsaure Blei nicht; sie behielt demnach kein Gummi mehr; man verdampfte und trocknete den Ruͤckstand so viel nur moͤglich, so daß es bereits anfieng, einen Geruch von Gerstenzucker zu verbreiten. In diesem Zustande war das Gewicht 23,3 Gramm, geliefert aus 20,4 Gramm Leinwand, jene noch abgerechnet, welche gar nicht angegriffen worden war; doch glaube ich, daß einiges zu Verlust gegangen sey; denn der schwefelsaure Kalk, obgleich wohl gewaschen, hatte einen leichten Farbenanstrich, den derjenige nicht hatte, welcher bei der Bereitung des kuͤnstlichen Gummi erhalten wurde; indessen ist er, so wie auch lezterer, statt im Feuer sich zu braͤunen und schwefelige Saͤure zu entwickeln, weißer geworden, und hat keinen sonderlich auffallenden Geruch verbreitet. Ich versezte diese 23,3 Gramm zuckrigter Materie in die Consistenz von SyrupDieser Syrup wurde durch Schwefelsaͤure nur wenig getruͤbt, waͤhrend eine concentrirte Aufloͤsung von kuͤnstlichen Gummi, welche durch Saͤttigung mit Kreide gewonnen worden, merkbar durch die naͤmliche Saͤure niedergeschlagen wurde, indem sich schwefelsaurer Kalk erzeugte. Dieses schien zu der Vermuthung zu berichtigen, daß, wenn man dieses Gummi durch laͤngeres Kochen mit verduͤnnter Schwefelsaͤure in Zucker umwandelt, die in demselben eingeschlossenen Elemente mit dieser Saͤure sich nicht vollstaͤndig vereinigen, um die pflanzenstoffhaltige Schwefelsaͤure zu bilden; sondern daß ein Theil sich als freie Schwefelsaͤure trenne, und mit der vermengt bleibe, welche gebraucht wurde, um die Zucker-Erzeugung zu bewirken., nach vier und zwanzig Stunden fieng dieser zu krystallisiren an, und einige Tage spaͤter war das Ganze eine einzige fest gewordene Masse von krystallisirtem Zucker, welche zwischen mehreren Doppeltuͤchern von gebrauchter Leinwand stark gepreßt wurde. Bei der zweimaligen Krystallisation war dieser Zucker ziemlich rein; man haͤtte ihm eine blendende Weiße geben koͤnnen, wenn man ihn mit thierischer Kohle behandelt haͤtte. Seine Krystalle bestehen in sphaͤrischen Gruppen, welche durch eine Vereinigung auseinander laufender und ungleicher Plaͤttchen gebildet zu seyn scheinen. Bei der Temperatur von siedendem Wasser sind sie schmelzbar. Dieser Zucker, der einen freien und angenehmen Geschmack hat, erregt im Munde eine leichte Empfindung von Frische. Er loͤst sich in warmem Alkohol auf, und krystallisirt sich durch das Wiederabkuͤhlen. Im Wasser aufgeloͤst, und mit etwas Hefe vermischt, fieng derselbe zu fermentiren an; die weinartige Fluͤssigkeit, welche dadurch entstand, gab durch Destillation Alkohol. Mit Kali verbrannt, und die Kohle mit verduͤnnter Salpetersaure gewaschen, stellte derselbe eine Fluͤssigkeit dar, welche durch salpetersauren Baryt nicht getruͤbt wird. Es waͤre zwecklos, sich noch weiter uͤber die Eigenschaften dieses Zuckers zu verbreiten; es ist offenbar, daß er vollkommen dem Trauben- oder Staͤrke-Zucker gleiche. Umwandlung des Holzes in Zucker wird ohne Zweifel fuͤr eine merkwuͤrdige Erscheinung gelten, und wenn man Personen, die mit den chemischen Spekulationen wenig vertraut sind, erzaͤhlt, was wirklich meine Erfahrung ist, daß man naͤmlich ein Pfund Leinwand-Lumpen in mehr als ein Pfund Zucker umgestalten kann, so werden sie eine solche Behauptung laͤcherlich finden, und sich daruͤber lustig machen; aber demungeachtet wird das Resultat nicht minder richtig bleiben. Nach meinem Dafuͤrhalten kann man aus der Umwandlung des Holzes in Gummi und Zucker einige wichtige Folgerungen ableiten, welche mehrere noch dunkle Punkte hinsichtlich der Vegetation aufzuhellen vermoͤgen. Wir kommen in der That, da uns die Beobachtung anzudeuten scheint, daß das Holz aus Gummi oder Schleim bestehe, mit weniger Sauerstoff und Wasserstoff in der Proportion um Wasser zu bilden, beim Zuruͤckgehen zum Ursprung der Gestaltung der Holzsubstanz die Mittel naͤher wuͤrdigen, welche die Natur in Thaͤtigkeit sezt, um jene zu erschaffen. Untersuchen wir dieselbe etwas vor der Entstehung, so sehen wir, daß sie sich in Gestalt eines Schleims darstellt, in welchem man kleine weiße Koͤrner wahrnimmt, die gleichsam als die erste Anlage des Holzes erscheinen. Dieser Schleim (mucosité) hat wegen der bedeutenden Rolle, die er bei der Vegetation spielt, bekanntlich die Benennung: bildende Substanz (substance organisatrice) oder cambium des Duhamel erhalten. Unterstuͤzt von der Lebens-Einwirkung scheint diese Substanz nach und nach einen Theil der Wasser-Elemente zu verlassen, um anfaͤnglich den Bast, sodann die Rindenschichten, den Splint, das Fleisch, endlich das eigentlich sogenannte Holz zu bilden, welches im Verhaͤltnisse seiner Grundtheile, je nachdem es von neuer oder alter Bildung ist, aͤußerst verschieden seyn muß. Diese Art, die „Umgestaltung des Cambium in Holz“ sich vorzustellen, wird um so wahrscheinlicher gefunden werden, wenn man erwaͤgt, daß man lezteres auf seinen urspruͤnglichen Schleim-Zustand zuruͤckfuͤhren kann. Es ist nicht noͤthig, daran zu erinnern, daß das Holz sich oft und haͤufig mitten in der schleimigen und zuckrigen Materie verdickt, wie man deutlich in den Stein-Fruͤchten, in den holzigen Verhaͤrtungen der Birnen etc, sehen kann. Bemerken wollen wir, daß der Tod im Pflanzenreiche (du vegetal) dieser Entziehung von Sauer- und Wasserstoff kein Ziel sezt, daß sie vielmehr fortwaͤhrt, und die holzige Materie in verschiedene Zustaͤnde uͤbergeht, bis sie endlich ganz zerstoͤrt wird. Von der pflanzenstoffhaltigen Schwefelsaͤure, (acide végéto-sulfurique.) Wir haben oben gesagt, daß, nachdem mit Bleioxyd, naͤmlich mittelst einer lange fortgesezten Waͤrme, der saure mit Wasser verduͤnnte Schleim, der durch die Wirkung der Schwefelsaͤure auf die Leinwand hervorgebracht worden, gesaͤttiget war, sich Zucker und eine eigentuͤmliche Saͤure gebildet habe, welchen wir durch hoͤchst rektifizirten Alkohol, der sie aufloͤst, getrennt haben; allein diese alkoholische Fluͤssigkeit behielt auch noch Zucker, ich ließ sie zu Syrup abdampfen, und bewegte sie mit Aether, der eine blaßgelbe Farbe annahm, und nach der Abdampfung eine Saͤure zuruͤckließ, die fast farbenlos, sehr scharf, beinahe kaustisch war, und die Zaͤhne sehr stumpf machte. Diese Saͤure zerfließt, krystallisirt sich nicht, und zieht die Feuchtigkeit der Luft an. An der Luft wird sie nach und nach braun, wenn die Temperatur den Mittlern Stand uͤbersteigt. Sezt man sie in einem Gefaͤße in das Marien-Bad, so zersezt sie sich, und wird schwarz, bevor das Wasser in Wallung geraͤth. Wenn man sie nun in diesem Zustande mit etwas Wasser verduͤnnt, so sondern sich Flocken zum Theil verkohlter Pflanzen – Materie ab. Bringt man sie in salpetersauren Baryt, so bildet sich ein ansehnlicher Niederschlag von schwefelsaurem Baryt. Wenn nun diese Saure einer hoͤhern Temperatur als der des siedenden Wassers ausgesezt wird, so geht die Zersezung viel rascher vor sich, und es entwickeln sich erstickende Daͤmpfe von schwefeliger Saͤure. Diese Saͤure bringt in Metall-Aufloͤsungen keine Aenderung hervor. Der salpetersaure Baryt und der Bleiessig werden dadurch auf keine Art getruͤbt. Mit kohlensauren Salzen macht sie ein heftiges Aufbrausen, und scheint alle Metalloxyde aufzuloͤsen, mit denen sie unkrystallisirbare, zerfließende, in rektifizirten Alkohol unaufloͤsbare Salze bildet. Diese neutralen salzigen Verbindungen an das Feuer gebracht, zersezen sich, entwickeln schwefelige Saͤure, und lassen schwefelsaures Salz und Kohle zuruͤck. Dieselbe Saͤure loͤst auch Eisen und Zink auf, wobei sich haͤufiges Wasserstoffgas entwickelt. Mit Bleioxyd und Baryt bildet sie sehr leicht aufloͤsbare Salze, welche das Ansehen von Gummi haben. Sie scheint ein kraͤftiges Aufloͤsungs-Vermoͤgen zu haben; denn sie loͤst bis auf einen gewissen Grad selbst schwefelsaures Blei auf. Diese Saͤure ist aus Schwefel, Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, oder aus einer Pflanzen-Materie und den Elementen der Schwefelsaͤure, aber in einem Verhaͤltnisse und in einer Vertheilung, woruͤber ich keine naͤhere Kenntnisse besize, zusammengesezt. Wirkung der Schwefelsaure auf Seide. Bei Behandlung der Seide mit Schwefelsaͤure hatte ich mir Hoffnung gemacht, dieselbe zu dem urspruͤnglichen Zustande seidenartiger Fluͤssigkeit zuruͤck zu bringen, so wie man diese aus dem Koͤrper gewisser Raupen ziehet, womit, nach Reaumur, die Mexikaner ihre wirklich bewundernswerthen Firnisse bereiten; ich hoffte, daß mittelst einer solchen kuͤnstlich aus Seiden-Lumpen bereiteten Fluͤssigkeit es leicht seyn muͤßte Stoffe zu fabriziren, die nicht gewoben waͤren. Doch habe ich bisher dieses Resultat nicht erringen koͤnnen, ob ich gleich keineswegs die Hoffnung aufgebe, noch dahin zu gelangen. Wie dem aber auch sey, die Schwefelsaͤure kann die Seide in zwei schleimartige Substanzen verwandeln, die man deutlich unterscheiden kann. Wenn man Stuͤcke von weißen Seidenstoff mit dieser Saͤure befeuchtet, und dieselbe einige Minuten einwirken gelassen hat, so ruͤhrt man das Ganze mit einer Quantitaͤt Wasser; daraus entsteht ein weißer, sehr dichter Schleim, welcher dem von Tragant gleicht. Fuͤgt man ein groͤßeres Quantum Wasser hinzu, so praͤzipitirt sich der ganze Schleim, und das darauf stehende Fluͤssige, welches farbenlos wie reines Wasser ist, behaͤlt nur eine sehr unbedeutende Quantitaͤt Seide im Aufloͤsungs-Zustande zuruͤck. Dieser Schleim, mit Wasser wohl gewaschen, ist geschmacklos. Er loͤst sich nicht merklich auf im kalten Wasser; aber eine sehr große Quantitaͤt siedendes Wasser vermag ihn aufzuloͤsen; die Fluͤssigkeit selbst laͤßt nach der Abdampfung unaufloͤsbare Haͤutchen zuruͤck; eine Infusion von Gallaͤpfeln erzeugt aber einen Niederschlag. Diese schleimigte Materie ist jedoch von der, welche sich in den Raupen von Bombix Mori findet, sehr verschieden, und zwar dadurch, daß sie nicht so schnell trocknet, und durch das Wasser wieder erweicht. Laͤßt man eine groͤßere Quantitaͤt Schwefelsaͤure laͤnger auf die Seide wirken, so erhaͤlt man Resultate, die von den oben angezeigten ganz verschieden sind. 5 Gramm weißen Seidenstoffes, in kleine Stuͤcke zerrissen, wurden in einem glaͤsernen Moͤrser bearbeitet, und dabei allmaͤhlig Schwefelsaͤure zugegossen, bis das Ganze in einen gleichartigen Schleim versezt war; es entwickelte sich hiebei Waͤrme, durchaus aber keine schwefelige Saͤure. 24 Stunden spaͤter wurde die Mischung mit Wasser behandelt; dieses loͤst dieselbe gaͤnzlich auf, ohne daß sich der mindeste Kohlentheil praͤzipitirte; nur trennte sich eine stockigte falbe Materie, welche nach der Abtrocknung 0,15 Gramm wog. Man saͤttigte die saure Fluͤssigkeit mit kohlensaurem Kalk, und ließ sie zum Theile abdampfen, um die Niederschlagung des schwefelsauren Kalkes zu beguͤnstigen, welche dieselbe noch zuruͤck behalten hatte. Es blieben noch 4,2 Gramm roͤthlichten Ruͤckstandes, der durchsichtig war, und uͤberhaupt dem Leim glich. Dieser Ruͤckstand, in etwas Wasser aufgeloͤst, hat sich durch das Abkuͤhlen nicht gesulzt. Mit Kali abgerieben, hat es auch kein Ammonium entwickelt. Destillirt gab es kohlensaures Ammonium, und ließ nach der Verbrennung schwefelsauren Kalk zuruͤck. Mit Salpetersaͤure erwaͤrmt, gab es, mit salpetersauren Baryt gepruͤft, nur wenig schwefelsauren Baryt. Endlich wurde von Gallaͤpfel-Aufguß, und besonders von Bleiessig (sous acetaté de plomb) haͤufig seine Aufloͤsung niedergeschlagen, welche durch essigsaures Blei nur wenig praͤzipitirt worden ist. Wenn daher Schwefelsaͤure auf ein Kleid von Seide, Leinwand oder Baumwolle faͤllt, so verbrennt sie diese nicht, wie man sagt; sondern sie durchbohrt diese Stoffe und der beruͤhrte Theil wandelt sich in eine gummichte Materie um, welche im Wasser aufgeloͤst werden kann. Wirkung der Schwefelsaͤure auf Gummi und auf Zucker. Pulverisirtes arabisches Gummi wurde mit konzentrirter Schwefelsaͤure in einer zur Aufloͤsung hinreichenden Quantitaͤt abgerieben; weit entfernt, daß sich Kohle erzeugte, wie Fourcroy behauptet, hat sich die Mischung kaum gefaͤrbt, doch hat sie nach 24 Stunden eine braͤunliche Farbe angenommen; nach der Verduͤnnung mit Wasser hat sich nicht der mindeste Kohlentheil praͤzipitirt. Die Fluͤssigkeit lieferte, nach Saͤttigung mit Kreide, ein Gummi, welches genau die naͤmlichen Eigenschaften hatte, wie dasjenige, das wir durch die Wirkung der Schwefelsaͤure auf Holz gebildet haben. Am Feuer brannte es, und verbreitete zugleich einen Geruch nach schwefeliger Saͤure. Essigsaures Blei truͤbte die Aufloͤsung nicht; aber Bleiessig (sous acetaté de plomb) produzirte daselbst ein ziemlich haͤufiges weißes Coagulum. Beim Rohrzucker verhielt es sich mit der schwefelsaure etwas anders; er faͤrbte sich fast auf der Stelle, und nahm eine Kastanienfarbe an, welche spaͤter noch mehr dunkel wurde; es bildete sich aber keine schwefelige Saͤure, und die ganze Materie loͤste sich vollstaͤndig im Wasser auf, ohne daß sich das Mindeste von Kohlenstoff absezte. Die Fluͤssigkeit gewaͤhrte, nach Saͤttigung mit Kreide, mittelst der Abdampfung einen dunkelbraunen Ruͤckstand, von einem bittern Zuckergeschmack. Beim Verbrennen gab es Duͤnste von schwefeliger Saͤure von sich. Verwandlung des holzigen Koͤrpers in Ulmin (Ulmine) durch die Wirkung des Kali. Es ist gezeigt worden, daß sich das Holz die Elements der Schwefelsaͤure und des Wassers aneigne, um in den Zustand von Gummi zu kommen, und daß dieses durch eins neue Vertheilung seiner Bestandtheile fast ganz in Zucker und etwas weniges von eigenthuͤmlicher Saͤure umgebildet werden kann. Nun wollen wir darthun, daß, wenn man dem Holze Sauerstoff und Wasserstoff in den nothwendigen Verhaͤltnissen, um Wasser hervorzubringen, entziehet, man das Holz in eine Substanz verwandeln koͤnne, in welcher Kohlenstoff vorherrscht, und welche eine große Aehnlichkeit mit Ulmin zu haben scheint. Nach meinem Dafuͤrhalten ist Vauquelin der erste gewesen, welcher das natuͤrliche Ulmin als besondere Annales de Chimie. Tom. XXI. p. 44. Substanz bezeichnet hat. Er fand es in Verbindung mit Kali in den eiterigen Geschwuͤren alter Ulmbaͤume, deren Holzmasse zum Theil angefressen und durch Eiterung verdorben war. Erst sieben Jahre darnach that Klaproth davon Erwaͤhnung. Es scheint, er habe die Erfahrungen des franzoͤsischen Chemikers uͤber diese Substanz uͤbersehen; dies ist darum zu glauben, weil er ihr Eigenschaften zuschreibt, die sie nicht hat. Die Herren Berzelius, Smithson und Thomson beschaͤftigten sich in der Folge damit. Der erstere dieser Chemiker deutet dieselbe so an, daß sie einen Bestandtheil der Rinde von fast allen Baͤumen ausmache; allein sie scheint mehrere Verschiedenheiten darzustellen. Ich traf sie haͤufig in der Buchen-Rinde, zum Theil verbunden mit Kali, und in Vereinigung mit Gummi, eine eigenthuͤmliche rohe Materie, sehr wenig Garbestoff, und einen Bestandtheil, dessen Geruch vollkommen dem der Vanille aͤhnlich ist. Durch das Studium uͤber die Wirkung des Kali auf das Holz bin ich dahin gelangt, auf kuͤnstliche Weise das Ulmin hervorzubringen. Ich fieng damit an, mich, gegen die Meinung des Herrn Thomson, zu versichern, daß die reine holzige Materie im Kali nicht merklich aufloͤsbar sey; allein es ist ganz anders, wenn man mit diesem gewoͤhnlichen, kaustisch gemachten Kali eine gleich schwere Masse von Holzsaͤgespaͤnen und etwas Wasser in einem silbernen oder eisernen Schmelztigel, um sie zu roͤsten, erwaͤrmt, und dabei Sorge traͤgt, daß diese Mischung unaufhoͤrlich umgeruͤhrt werde; es tritt ein Moment ein, wo die ganzen Saͤgespaͤne sich erweichen, fast augenblicklich sich aufloͤsen, und dabei heftig aufblaͤhen. Nimmt man sogleich den Schmelztigel vom Feuer, und schuͤttet Wasser hinzu, so loͤset sich die ganze Materie mit großer Leichtigkeit auf, mit Ausnahme eines leichten Ruͤckstandes von Kieselerde, kohlensaurem Kalk, phosphorsaurem Kalk, und einigen Spuren von Pflanzenstoff; man gewinnt eine dunkelbraune Fluͤssigkeit, welche in der Aufloͤsung das Kali verbunden mit dem Ulmin zuruͤckbehaͤlt; eine Saͤure trennt dieses leztere davon unter Gestalt eines braunen, sehr haͤufigen Niederschlages, welcher nur gut gewaschen zu werden braucht. Wenn man die saure, von diesem Niederschlage gesonderte Fluͤssigkeit mit Kreide saͤttiget, bis zur Trockenheit abdampft, und das Residuum mit Alkohol behandelt, so scheidet dieser hievon essigsaures Kali. Behandelt man die Holzsaͤgespaͤne, wie so eben gesagt wurde, mit Kali, so koͤnnen dieselben uͤber ein Viertheil ihres Gewichtes kuͤnstliches ausgetrocknetes Ulmin liefern. Gebrauchte Leinwand giebt gleiche Resultate; es entwickelt sich blos Wasser und etwas gelbes brenzliches Oel. Das kuͤnstliche Ulmin ist glaͤnzend schwarz, wie Pech, sehr zerbrechlich, und theilt sich leicht in eckigte Bruchstuͤcke. Der Bruch selbst ist glasartig. Es hat wenig Geschmack, und ist fast geruchlos. In diesem Zustande der Trockenheit ist es im Wasser unaufloͤsbar; wenn es aber niedergeschlagen wird, und noch feucht ist, loͤst es sich in kleiner Quantitaͤt auf, und theilt eine gelbbraͤunlichte Farbe mit. Diese Fluͤssigkeit enthaͤlt nicht 1/2500 von der Materie in der Aufloͤsung; sie schaͤumt durch die Bewegung, wie die Aufloͤsung des natuͤrlichen Ulmin. Diese naͤmliche kuͤnstlich geschaffene Substanz giebt dem siedenden Wasser eine dunkelbraune Farbe, wie der Kaffee demselben zu geben pflegt. Fuͤgt man salpetersaures Quecksilber, salpetersaures Blei hinzu, so bilden sich sogleich braune Niederschlaͤge, und die Fluͤssigkeit ist gaͤnzlich entfaͤrbt. Auch durch salpetersaures Silber, rothes schwefelsaures Eisen, salpetersauren Baryt, essigsaure Allaunerde, durch salzsauren Kalk und salzsaures Natron wird diese Praͤzipitation bewirkt; aber die Niederschlaͤge zeigen sich erst einige Zeit nach der Mischung. Kalkwasser bringt darin keine Aenderung hervor; wenn man aber gestoßenen Kalk hinein wirst, so entfaͤrbt sich die Fluͤssigkeit großentheils, und mit Bleiglaͤtte entfaͤrbt sie sich ganz. Ich habe mich uͤberzeugt, daß das Ulmin der Buchenrinde Resultate liefere, welche den oben angezeigten aͤhnlich sind. Ich ließ im Wasser ganz reine Gallaͤpfelsaͤure mit etwas Gallerte aufloͤsen; es erfolgte keine Aenderung; allein durch Aufloͤsung des kuͤnstlichen Ulmin sezte sich eine pechige, braune, elastische, in einem Ueberschuß von Gallerte aufloͤsbare Materie ab. Kuͤnstliches Ulmin, das nicht getrocknet und warm ist, faͤrbt das mit Lackmus blau gemachte Papier roth. Die naͤmliche Substanz verbindet sich außerordentlich leicht mit dem Kali, und saͤttiget gaͤnzlich seine Eigenschaften. Diese Zusammensezung ist im Wasser sehr aufloͤsbar; sie wird haͤufig praͤzipitirt durch die Saͤuren, durch die Erd- und Metallsalze, durch Kalkwasser; nach der Abdampfung bleibt ein schwaͤrzlicher, leuchtender, an der Luft unveraͤnderlicher Ruͤckstand, welcher nach seiner Verbrennung Kalt zuruͤcklaͤßt. Diese Mischung koͤnnte in der Malerei nuͤzlich werden. Sie vereinigt sich auch sehr schnell mit dem im Wasser verduͤnnten Ammonium; nach der Abdampfung bis zum Grade der Trockenheit bleibt ein glaͤnzender Ruͤckstand, der im Wasser leicht aufzuloͤsen ist, und das mit Lackmus blau gefaͤrbte Papier ganz schwach roͤthet. Der Kalk scheidet davon das Ammonium, und die Saͤuren bilden dabei haͤufige gallertartige Niederschlage. Diese Verbindung theilt der Wolle, der Seide und dem Kotton, nachdem man sie in Alaun getaucht hat, eine falbe Farbe mit. Eben diese kuͤnstliche Substanz ist in konzentrirter Essigsaͤure aufloͤsbar, wie die Holzsubstanz, wird aber durch das Wasser haͤufig praͤzipitirt. Sie loͤset sich leicht in Alkohol auf, und wacht eine dunkelbraune Fluͤssigkeit, welche durch Wasser praͤzipitirt wird. Laͤßt man diese Aufloͤsung von selbst abdampfen, so gestalten sich auf der Oberflaͤche Haͤutchen, die ein krystallartiges, gekoͤrntes Gefuͤge haben; geschieht die Abdampfung rascher, so erhaͤlt man einen Ruͤckstand, welcher schwarz, schimmernd, einem Harze aͤhnlich ist. An der Flamme eines Wachslichtes blaͤhet er sich leicht auf, und brennt ohne heftige Flamme 20 Gramm kuͤnstliches Ulmin von gebrauchter Waͤsche wurden in einer Retorte destillirt; man erhielt ein fluͤssiges Produkt im Gewichte von 7 Gramm, gebildet von 4 Gramm einer farblosen Fluͤssigkeit, und 3 Gramm Oel, das brenzlicht, braun, fluͤssig, im ganzen Verhaͤltnisse aufloͤslich ist, im Alkohol und alkalischer Lauge. Die farblose Fluͤssigkeit enthielt vollkommene Essigsaͤure und einige Spuren dlichter Materie. Es blieb noch eine Kohle, dem Ansehen nach wie Bronz, und regenbogenfarbig, im Gewicht 9,8 Gramm, welche nach der Verbrennung 0,75 Gramm graue Asche, großentheils aus kohlensaurem Kalk, aus phosphorsaurem und schwefelsaurem Kalk, aus Kieselerde und Eisenoxyd bestund, zuruͤck ließ. Das kuͤnstliche Ulmin wurde bei 38° Beaumé mit seinem sechsfachen Gewichte Salpetersaure behandelt; man suchte das Ganze zur Consistenz von Honig zu bringen, und verduͤnnte es mit etwas Wasser, welches eine dunkelbraune Farbe annahm, und ansehnlich viel Materie zuruͤck ließ, die gut gewaschen und aufgetrocknet, die Farbe des spanischen Tabackes hatte. Diese Materie, in einer Glasroͤhre erwaͤrmt, brannte, ohne Licht zu verbreiten, und ohne zu zerfließen; sie erzeugte brenzlige Duͤnste, die etwas Salpeter mit sich zu fuͤhren schienen. Der Geschmack ist bitter, ohne dem Gaumen sauer zu seyn, obgleich das Lackmus geroͤthet wird. Sie loͤset sich zum Theil in siedendem Wasser auf, und giebt eine Fluͤssigkeit von dunkelbrauner Farbe, welche die Leim-Aufloͤsung nicht truͤbt. Die braune saure Fluͤssigkeit aber, welche durch Wasser von dieser staubigen Materie geschieden worden, behielt noch von dieser leztern etwas zuruͤck; sie praͤzipitirte den thierischen Leim, und gab durch die Verduͤnstung Krystalle von Kleesaͤure. Dies sind die Eigenschaften, welche ich an der durch die Wirkung des Kali auf Holz hervorgebrachten Materie wahrgenommen, und die ich mit dem von den Baum-Geschwuͤren ausgeschwizten Ulmin verglichen habe. Bemerken will ich, daß sich dieses auch, unter analogen Umstaͤnden, im kranken Baum erzeugt, dessen Holz bei der Faͤulung durch das Kali bloßgelegt wird, das zur Bildung des Ulmin konkurriret. Ich muß auch ins Gedaͤchtniß zuruͤckrufen, daß schon Herr Vauquelin diese Produktion von Kali durch die Faͤulniß der Pflanzen mit derjenigen verglichen hat, welche durch Verbrennung eintritt. Das Ulmin ist in mehreren alten Produkten des Pflanzenreiches vorhanden. Ich habe es auch vor langer Zeit bei einer Analyse der Dammerde entdeckt, welche ich aus den hohlen Wurzeln eines alten Baumes nahmAnnales de Chimie. Tom LXI. p. 191.; ich werde daher nicht alle seine Eigenschaften weiter erforschen. Es scheint sogar, daß der aufloͤsbare Theil gewisser Erden, den man mit dem Extraktivstoff verglichen hat, von Ulmin und Ammonium gebildet sey. So habe ich das Ulmin auch in großem Ueberfluß im Torfe, auch in allerlei erdigen Braunkohlen (lignité) von braͤunlichter Farbe, und ganz von kohlensaurem krystallisirten Kalk durchdrungen, die gegen das linke Moselufer, in einiger Entfernung von dem alten Scarpone, gegraben worden, gefunden. Es muß zuverlaͤßig einen Bestandteil der Umbererde ausmachen; es war mir aber schlechterdings unmoͤglich das Ulmin auch mit Steinkohlen hervorzubringen.