Titel: Ueber die Wirkungen des Salbens der Stämme und Aeste der Obstbäume mit Oel, und über die Mittel Insekten zu vertilgen.
Fundstelle: Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXXII., S. 348
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XXXII. Ueber die Wirkungen des Salbens der Stämme und Aeste der Obstbäume mit Oel, und über die Mittel Insekten zu vertilgen. Von Sir J. S. Mackenzie, BaronetUebersezt aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. Second Series. CCXI. Dec. 1819. p. 48.. (Aus den Transactions of the Caledonian Horticultural Society.) Mit Anmerkungen des Uebersezers. Mackenzie über Salben der Obstbäume mit Oel. Da die Baͤume in meinem Garten im Jahre 1815 von Insekten sehr heimgesucht wurden, so sann ich aͤngstlich auf Mittel ihrer Vermehrung zuvorzukommen. Ich erinnerte mich in dem Garten des Herzogs von Buccleuch zu Dalkeith einen Apfelbaum von dem Insekte, das unter dem Namen Scaly-Insekt (Schuppen-Insekt)Die Schuppe (Scale) wurde, wie ich hoͤre, neuern Entdeckungen zu Folge als das Nest erkannt, in welches ein gefluͤgeltes Insekt seine Eyer legt. Man sah Larven aus diesem Neste kommen, hat sie aber noch nicht im Puppen-Zustande gefunden. Anm. d. Verf. – Wahrscheinlich ist dieses Insekt ein Coccus. Man wuͤrde sich leicht haben Puppen und vollkommene Insekten verschaffen koͤnnen, wenn man die Raupen haͤtte auffuͤttern wollen. Anm. d. Uebers.bekannt ist, beinahe zu Grunde gerichtet gesehen zu haben; er kam aber auf die Anwendung einer Mischung von Oel, Schwefel und Ruß wieder gluͤcklich davon. Es ist bekannt genug, daß Oel den Insekten toͤdtlich ist, und diesem schrieb ich in der erwaͤhnten Mischung die Erhaltung des Baumes zuSchwefel ist aber auch fuͤr viele Gift, und Oel ist es nicht fuͤr alle. Anm. d. Uebers.. Ich dachte mir, daß Oel, wenn es auf die Staͤmme und Aeste der Baͤume angewandt wird, auf doppelte Weise wirken mag; daß es die Eyer und Puppen der Insekten, die sich bereits auf denselben befinden, zerstoͤren kann, und daß es auch fuͤr die Zukunft den Angriffen dieser Thiere vorbeugt. Es schien mir auch, als ob Oel, indem es die harten und kranken Theile der Rinde erweicht, in dieser Hinsicht fuͤr die Gesundheit und den Wachsthum des Baumes wohlthaͤtig werden, und die Vegetationskraft desselben ermaͤchtigen koͤnnte, solche Theile auf eine natuͤrliche Weise abzustoßen, was dem gewaltthaͤtigeren Verfahren beim Abkrazen der harten zusammengezogenen Rinde vorzuziehen seyn duͤrfte. In dieser Hinsicht befahl ich meinem Gaͤrtner eine betraͤchtliche Anzahl verschiedener Baͤume zu salben. Ohne irgend einen Nachtheil zu besorgen, der entstehen konnte, wenn das Oel mit den Knospen in Beruͤhrung kommt, rieb er fleißig in jedem Winkel, in welchen moͤglicher Weise Eyer hatten abgesezt werden koͤnnen. Auf diese Weise kam ich zu meiner Entdeckung, und zwar in einem ausgedehnteren Umfange, als es sonst geschehen seyn wuͤrde; ich sah naͤmlich die Wirkungen des Oeles in Hinsicht auf Nuzen und Schaden, obschon lezterer mich in eine kleine Verlegenheit brachte. Ich werde nun diese Wirkungen detailliren. Aepfelbaͤume. Ueberall, wo die Knospen vom Oele frei blieben, die wohlthaͤtigste Wirkung in jeder Hinsicht auf Stamm und Aeste. Die Tragknospen, wo sie vom Oele beruͤhret wuͤrden, waren dahin, und selbst die Blattknospen, wenn sie etwas vorgeruͤckt waren. Spaͤter aber kamen neue Knospen beider Art in großer Anzahl zum Vorscheine, und ich bemerkte an zwei jungen Baͤumen mit langen nackten Staͤmmen, daß Knospen an dem Stamme selbst sich bildeten, wo sonst niemals sich solche zeigten. Dies laͤßt sich leicht erklaͤren. Da der Saft an dem gewoͤhnlichen Orte durch Entfaltung der Knospen des vorigen Jahres keinen Ausweg finden konnte, so bildete er neue Knospen und Aeste auf dieselbe Weise, wie wann der Baum niedergeschnitten ist. Gegenwaͤrtig sind viele Trag- oder Bluͤthen-Knospen an diesen Baͤumen, die ehevor nur wenige hatten, und diese wenigen sind vollkommen zerstoͤrt; Birnbaume. Obschon die mehr vorgeruͤckten Tragknospen litten, litten diese Baͤume doch weniger als die Apfelbaͤume. Ihr Wachsthum war ungewoͤhnlich stark, und eine große Menge von Knospen hatte sich gebildet, und bedeckte die Aeste, die ehevor nackt waren. Dies bemerkte ich vorzuͤglich an einer Jargonelle. Pflaumenbaͤume. Sie schienen in keiner Hinsicht zu leiden, und trieben kraͤftig Holz und Bluͤthe. Pfirsichbaͤume. Ein Baum, ein alter, schien gaͤnzlich zu Grunde gerichtet. Als ich ihn aber genauer untersuchte, fand ich einige Knospen, die noch lebendig zu seyn schienen. Ich schnitt alle Aeste bis zu diesen Knospen nieder, die dann wunderschoͤne Schoͤßlinge trieben. Ein junger Baum, der seit ein paar Jahren so wenig Fortschritte machte, und so zu kraͤnkeln schien, daß ich ihn zum Wegwerfen verdammt hatte, trieb auf eine bewundernswerthe Weise, und wurde ein recht artiger Baum. Ich war anfangs nicht sehr aufmerksam bei Untersuchung dieses Baumes, da ich mich wegen seines fruͤheren Aussehens nicht viel um ihn kuͤmmerte. Es ist indessen wahrscheinlich, daß seine besten Knospen vom Oele frei geblieben sind. Aprikosenbaͤume wurden so sehr durch das Oel angegriffen, daß ihre Triebe nur schwach waren, und sie am Ende gaͤnzlich zu Grunde giengen. Ich weiß noch nicht, was mit ihnen geschehen wuͤrde, wenn die Knospen sorgfaͤltig vor der Beruͤhrung mit Oehl verwahret werden. Kirschbaͤume haben sehr hart gelitten. Wenn ich von Leiden spreche, so meine ich blos, daß in jenen Faͤllen, wo die Knospen nicht geschonet wurden, keine neuen nachtrieben, und Gesundheit und Staͤrke des Baumes im Ganzen geschwaͤcht schien. Reben, wenn sie auf diese Weise behandelt werden, ohne daß man ihre Knospen verschont, sterben nieder bis zur Wurzel, aus welcher spaͤter starke Schoͤßlinge auftreiben. Wenn die Knospen verschont werden, so wachsen sie kraͤftig. Da aber an den Reben das jaͤhrliche Abschaͤlen der Rinde leicht die Entfernung derselben gestattet, so finde ich mich im Ganzen gar nicht geneigt, das Oel bei denselben zu empfehlen. Stachel- und Johannisbeeren schienen mir durch Anwendung des Oeles vielmehr zu leiden, als Vortheil hievon zu erhalten. Die Pfirsichbaͤume, welche nicht mit Oel bestrichen wurden, wurden wie gewoͤhnlich von Aphiden, Blattlaͤusen, heimgesucht, waͤhrend auf jenen, welche gesalbt wurden, sich durchaus kein Insekt sehen ließ. Die Apfel-Blattlaus (Aphis lanigera)Vielleicht ein Chermes. Anm. d. Uebers. wurde aus einem Garten gaͤnzlich ausgerottet, indem man an jeder Stelle, wo sie sich zeigte, Oel angewendet hat, und ich zweifle nicht, daß man sie bald in jedem Bezirke des Koͤnigreiches vertilgen kann, wo sie sich findet, wenn man sich derselben Mittel bedienen will. Waͤhrend die Versuche im Gange waren, die mich auf diese Resultate fuͤhrten, hoͤrte ich, daß eine Dame, die eine Gartenfreundin ist, verschiedene Baͤume, die am Krebse litten, dadurch heilte, daß sie zuerst die kranken Theile wegnahm, und dann die Wunde mit einem Stuͤcke Leinwand bedeckte, welches mit Speck bestrichen war. Es laͤßt sich wohl mit Recht vermuthen, daß Oel dieselbe Wirkung haben muß. Ich bemerkte bei der Fortsezung meiner Versuche sehr bald, daß die kranken Theile und die Stellen, wo Aeste weggenommen wurden, an den Staͤmmen und Aesten, welche gesalbt worden sind, eine von der uͤbrigen Rinde verschiedene Farbe annahmen; es schien eine Exfoliation zu beginnen, und im Herbste konnte man deutlich neu gebildete Rinde wahrnehmen, welche die alte kranke und todte so weggeschoben hatte, daß man sie leicht wegnehmen konnte. Ich habe das Vergnuͤgen aus dem, was ich hier erzaͤhlte, zu bemerken, daß die Baͤume, wenn man anders dafuͤr sorgt, daß ihre Knospen, zumal wenn diese angefangen haben, bereits zu schwellen, nicht mit dem Oele beruͤhrt werden, von dem Gebrauche desselben sehr vielen Vortheil ziehen. Außer den Feinden der Fruͤchte, welche in der Rinde lauern, haben wir auch noch mit jenen zu kaͤmpfen, welche ihre Eyer auf die Blaͤtter und Bluͤthen legen. Von jenen Baͤumen, welche an Mauern oder in Spalier gezogen werden, lassen die Raupen sich wohl mit leichter Muͤhe entfernen; wenn man es aber versucht, hochstaͤmmige Baͤume davon zu reinigen, wird man schwerlich erwarten duͤrfen, fuͤr die aufgewendete Muͤhe und Zeit belohnt zu werden. Gaͤrtner haben die Gewohnheit, an Baͤume, welche sie an einer Wand ziehen. Flaͤschchen mit etwas Zucker oder Honig und Wasser aufzuhaͤngen, um die Insekten wegzufangen, welche den reifenden Fruͤchten nachstellen. Wenn sie diese Flaͤschchen im Fruͤhjahre bei Zeiten, sowohl an Spalierbaͤume, als an hochstaͤmmige aufhaͤngen, und damit den ganzen Sommer uͤber fortfahren wuͤrden, so wuͤrden sie erstaunen uͤber die Verheerung, die sie dadurch unter den Insekten angerichtet haben. Tausende derselben, die einen ihrem Futter nachgehend, die meisten traͤchtig und einen Ort suchend, wo sie ihre Eyer ablegen koͤnnen, werden zu ihrem Untergange in die Falle gelockt, und nur wenige werden uͤbrig bleiben, um im Herbste Schaden anzurichten. Die Flaͤschchen, deren ich mich bediene, sind am Halse enge, und unter den Schultern etwas niedergedruͤckt. Es giebt indessen noch einen Feind, der mehr Unheil stiftet, als vielleicht alle anderen zusammengenommen, und der auf diese Weise nicht vertrieben werden kann. Da er seine Verwuͤstungen nur bei der Nacht anrichtet, so ist er nicht allgemein bekannt. Birnbaͤume und Weinstoͤcke scheinen den Angriffen dieses lauernden Feindes am meisten ausgesezt, man hat ihn indessen auch auf anderen Arten von Baͤumen gefunden. Die Zerstoͤrungen, die man so oft an Pfropfstellen findet, sind das Resultat der ungehinderten Vermehrung dieses Geschoͤpfes. Es ist, wie ich glaube, der Curculio vastator, ein Ruͤsselkaͤfer, der am Tage sich unter kleine Erdschoͤllchen zuruͤck zieht, von welchen man ihn, seiner graubraͤunlichen Farbe wegen, kaum unterscheiden kann, da er sich nie regt, wenn man ihn beruͤhrt. Wenn man veruͤbte Zerstoͤrung am Baume wahrnimmt, und den Thaͤter nicht alsogleich entdeckt, wird man ihn, wo man unten am Fuße des Baumes auf der Erde nachsieht, gewiß finden. Dieses schaͤdliche Thier kann nur dadurch vertilgt werden, daß man ihm fleißig nachspuͤrt, und jedes Individuum toͤdtet, das man aufgefunden hat. Die einfachste und wirksamste Weise zu seiner Vertilgung, die ich kennen lernte, ist diese, die Erde um den Baum, wann es dunkel wird, fest niederzutreten, und Stuͤcke von Schiefer, Ziegeln oder kleinen Steinen rings um den Fuß des Baumes zu legen. Am folgenden Morgen werden sich die Ruͤsselkaͤfer unter diese Steine verborgen haben, und koͤnnen dann aufgehoben werden. Risse in der Rinde, die Stellen, wo die Aeste sich theilen, Loͤcher in der Wand, und jeder Spalt, in welchen sie sich verkriechen koͤnnen, muͤssen sorgfaͤltig durchsucht werden. Vielleicht wuͤrde ein Stuͤck Bindfaden, um den Baum gebunden, wenn derselbe vorher mit einer klebrigen Mischung, wie das Unguentum Basiliconis, bestrichen worden waͤre, diese Insekten von dem Versuche abhalten, an dem Stamme des Baumes hinanzukletternDer Uebersezer weiß noch ein besseres und zuverlaͤßiges Mittel, alle Insekten, die von der Erde auf Baͤume hinaufkriechen, von denselben abzuhalten. Er lernte es von dem sel. Herrn Professor Kitaibel in Pesth, der sich dieses Mittels mit dem besten Erfolge bediente. Bekanntlich vermag nichts die Insekten so sehr zu vertreiben, als das ihnen unertraͤgliche Quecksilber. Wenn man eine Raupe auf ein Brett legt, und mit Quecksilber-Salbe einen Kreis um sie her auf diesem Brette zieht, so wird sie, wenn man ihr Futter außerhalb dieses Kreises umherlegt, lieber verhungern, als diesen magischen mit Quecksilber-Salbe um sie gezogenen Kreis zu uͤberschreiten. Man darf also nur einen starken Bindfaden mit der aͤußerst wohlfeilen grauen Quecksilber-Salbe dicht bestreichen, und unten am Stamme um den Baum binden, so kann man sicher seyn, daß kein Insekt von der Erde auf den Baum hinan kriecht. Herr Prof. Kitaibel bediente sich des Quecksilbers noch auf eine andere Weise, um sein Herbarium und seine Pelze vor den Zerstoͤrungen der Motten (vulgo Schaben) und anderer Insekten zu sichern. Er bereitete eine starke Aufloͤsung von Sublimat, und zersezte dieselbe durch Seife. Dem Ruͤckstande von Quecksilber-Oxyde und Fette sezte er, nach abgegossenem Wasser, soviel Wachs zu, als noͤthig war, das Fett um sein schmieriges Flecken erzeugendes Wesen zu bringen, ließ dieses alles bei gelinder Waͤrme fluͤssig werden, und traͤnkte darin Lagen von Papier. Das auf diese Weise erhaltene Quecksilber-Cerat-Papier legte er in einzelnen halben Bogen zwischen 50 und mehr Bogen seines Herbariums, oder legte es zwischen 2 Blaͤtter Papier, in welche er Pelzwerke eingewickelt hatte, und sicherte seine Sammlungen dadurch vor den Verheerungen der Insekten. Man wird vielleicht eine einfachere, vorteilhaftere Weise zur Bereitung eines Quecksilber-Cerat-Papieres finden; indessen ist es gewiß, daß auch durch obiges Papier Insekten und Motten sicher abgehalten werden. In Wollenlagern, Tuchmagazinen, u.d. gl. muͤßte, wenn Wolle und Tuͤcher durch solche mit Quecksilber-Cerat getraͤnkte Cartons (so lang sie frisch und neu und von Insekten noch unangestekt geblieben sind) umhuͤllet werden, die Anwendung dieses einfachen Mittels von sehr großem Vortheile seyn. Daß weder Gesundheit noch Farbe und Guͤte des Tuches durch Anwendung dieses Mittels leidet, braucht wohl nicht erinnert zu werden; jedoch wuͤrden wir nicht rathen, goldgestickte Uniformen dadurch vor Motten bewahren zu wollen. Anm. d. Uebers.. Man hat den Curculio abietis einst an einer Rebe gefunden. Er ist bedeutend groͤßer, als der Vastator, und hat einen verlaͤngerten Ruͤssel. Wenn die Gaͤrtner sich die Muͤhe geben wollen, gelegentlich des Nachts an ihren Baͤumen und Buͤschen nachzusehen, so werden sie mehrere naͤchtliche Verheerer und ihre Schlupfwinkel kennen lernen, von welchen sie bisher wenig Kunde hatten. Es waͤre der Muͤhe werth, jeden neu entdeckten Feind an die Gesellschaft zu senden, und derselben Bericht uͤber die Weise, wie er seine Verheerungen veruͤbt, welche Theile der Pflanze er vorzuͤglich angreift, und uͤber die uͤbrigen bekannt gewordenen Nebenumstaͤnde zu erstatten . Ein Mitglied der Gesellschaft, Herr Johann Linning, sagte mir, daß er ein wenig Oel auf den Staͤngel der gefuͤllten Nelke gebracht, als ein sehr kraͤftiges Mittel gegen die Verheerungen der Ohrkaͤfer gefunden hat. Da dieses Mittel uͤberall bei der Hand ist, und leicht angewendet werden kann, so werden Garten- und Blumenfreunde, wie ich hoffe, die gemachten Versuche wiederholen und weiter verfolgen.. Das Oel, dessen ich mich bediene, ist Fisch-Oel (Thran). Wallfisch-Thran, die gemeinste Sorte, wird eben so gut seyn, und uͤberhaupt jedes schmierige Wesen. Man braucht nicht mehr davon anzuwenden, als eben noͤthig ist, um die Oberflaͤche davon glaͤnzend zu machen.