Titel: Erklärung des dem Hrn. Heard, Chemikers zu Brighton in der Grafschaft Sussex, am 12. Februar 1819 ertheilten Patentes auf gewisse Verfahrungsweisen und Methoden, durch welche der Talg und andere thierische Oehle und Fette so verbessert und gehärtet werden können, daß man Kerzen von besserer Qualität, als die bisherigen Talglichter, daraus verfertigen kann.
Fundstelle: Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XIV., S. 107
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XIV. Erklärung des dem Hrn. Heard, Chemikers zu Brighton in der Grafschaft Sussex, am 12. Februar 1819 ertheilten Patentes auf gewisse Verfahrungsweisen und Methoden, durch welche der Talg und andere thierische Oehle und Fette so verbessert und gehärtet werden können, daß man Kerzen von besserer Qualität, als die bisherigen Talglichter, daraus verfertigen kann. Aus dem Repertory of Arts, Manufactures, et Agriculture. Second Series. N. CCXX. September 1820. S. 209. Heards Methode zur Verbesserung der Talglichter. Meine Verfahrungsweise besteht im Folgenden: die erste Operation hat den Zweck, den Talg oder anderes thierisches Fett oder Oehl faͤhig zu machen, eine hoͤhere Temperatur ohne zu schmelzen ertragen zu koͤnnen. Dieser Zweck wird erreicht, wenn man entweder Salpetersaͤure, oder salpetrige Saͤure, oder Salpeter und Kochsalzsaͤure zugleich dem geschmolzenen Talge, Fette oder Oele in einem gewissen hierzu noͤthig befundenen Verhaͤltnisse zusezt. Auf der Menge und Beschaffenheit dieser Saͤuren beruht der Erfolg dieser Operation, in sofern er naͤmlich die Einwirkung der angewandten Saͤuren betrifft. Da aber der auf dem Markte verkaͤufliche Talg und die auf demselben vorkommenden Arten von Fett und Oel nicht immer genau von derselben Qualitaͤt sind, so muß die Menge der anzuwendenden Saͤuren in dieser Hinsicht nothwendig verschieden seyn, und die absolute Menge derselben kann daher nicht mit Bestimmtheit fuͤr jeden moͤglich statt habenden Fall angegeben werden. Ein verstaͤndiger Arbeiter wird indessen in dieser Hinsicht keine Schwierigkeit finden, sobald er weiß daß die Menge der erforderlichen Salpeter-Saͤure von 1,500 specif. GewichtesNach Becks Areometer 56, und nach Baumes 52 Grade. D. zwischen einer halben Drachme und drei viertel Unzen (dem Maße nach)Warum ist nicht vielmehr das Gewicht angegeben? Warum heißt es hier immer eine Drachme, drei viertel Unzen dem Maße nach? (a drachm by measure, an ounce by measure) Ist hier die Menge der fluͤssigen Saͤure nach sogenannten Unzen-Glaͤschen bestimmt? A. d. Uebers. auf ein Pfund (avoir du poids Gewichtes)Ein Pfund avoir du poids Gewicht haͤlt in England 16 Unzen, und verhaͤlt sich zu Einem Pfunde Troy-Gewicht wie 17 zu 14. Die Unze avoir du poids Gewicht soll die alte roͤmische Unze seyn. Ein Pfund avoir du poids Gewicht haͤlt 6221 Apotheker Grane Wiener Gewichts. A. d. Uebers. 100 Pfund bairisch Gewicht sind gleich 123 Pfund des engl. Avoir-Gewichts. 1 Pfund desselben betraͤgt 26 Lothe nach baierschem Gewicht. D. Talges, Fettes oder Oeles wechselt. Jede zwischen den oben angegebenen Graͤnzen enthaltene Menge Salpeter-Saͤure wird in jedem Falle hinreichend seyn. Eine halbe Drachme dem Maße nach ist, nach meiner Erfahrung, diejenige Menge, mit welcher Talg aus Nierenfett allein am besten zubereitet wird; gemeiner Talg, den man gewoͤhnlich Stadt-Talg, town tallow, nennt, kann Eine Drachme fordern; mehr oͤlige Fette, oder Fette von geringerer Dichtigkeit und Oele werden, nach ihrer schwaͤcheren Consistenz, bis zu drei viertel Unzen dem Maße nach auf Ein Pfund avoir du poids Gewicht verlangen. Wenn man salpetrige Saͤure oder Kochsalz- und Salpeter-Saͤure anwendet, so wird man groͤßere Quantitaͤten derselben noͤthig haben, und im Sommer, wo alles Fett mehr oͤlig ist, oder eine geringere Consistenz hat, wird noch ein kleiner Zusaz zu den oben angegebenen Quantitaͤten sowohl bei dem Talge als bei dem Stadt-Talge noͤthig seyn. Der Talg oder das Fett oder das Oel muß geschmolzen und sodann die Sa–ure zugesezt werden, und, wenn Talg oder Fett angewendet wird, muß eine gelinde Hize solang unterhalten werden, bis eine Pomeranzengelbe Farbe sich zeigt. Nachdem dieß geschehen ist, muß der auf diese Weise durch die Einwirkung der Saͤure veraͤnderte Talg oder das damit zubereitete Fett unter eine starke Presse gebracht werden, wodurch eine oͤlige Fluͤssigkeit abgesondert wird. Diese Operation kann indessen auch bevor oder nachdem die fettigen oder oͤligen Substanzen der Einwirkung der Salpeter-Saͤure oder der salpetrigen Saͤure oder der Kochsalz- und Salpeter-Saͤure zugleich ausgesezt worden sind, vorgenommen werden: es ist aber besser, wenn es nach dieser Einwirkung geschieht, indem die Saͤure auch auf das mit dem Fette verbundene Oehl wirkt. Der auf diese Weise bereitete Talg wird, wie das eben so behandelte Fett, eine gelbe Farbe zeigen, welche durch bloßes Aussezen an Luft und Licht vollkommen abgebleicht werden kann. Wenn eine schwaͤchere Saͤure, als die oben angegebene, angewendet wurde, so wird man auch eine groͤßere Menge derselben noͤthig haben, und nimmt man eine staͤrkere, so ist verhaͤltnißmaͤßig weniger von derselben erforderlich. Eben so kann man jede Mischung, welche Salpeter-Saͤure im freien oder gebundenen Zustande enthaͤlt, dazu anwenden, weil es immer nur die Einwirkung der Salpeter-Saͤure ist, von welcher hier alles abhaͤngt. Obschon die beabsichtigte Wirkung durch Salpeter-Saͤure, durch salpetrige Saͤure und durch eine Mischung aus Salpeter und Kochsalz-Saͤure erreicht werden kann, so finde ich doch Salpeter-Saͤure von 1,500 specif. Gewichtes in den oben angegebenen Quantitaͤten am zutraͤglichsten. Salpetrige Saͤure und eine Mischung aus Kochsalz- und Salpeter-Saͤure taugen, in sofern als sie beide Salpeter-Saͤure enthalten; da aber die Menge der in ihnen enthaltenen Salpeter-Saͤure sehr verschieden ist, sind sie zu diesem Zwecke nicht so brauchbar. Obschon ich mich der Presse bediene, mache ich doch keinen Anspruch auf irgend ein ausschließliches Recht des Gebrauches derselben, indem die Presse schon vorher zur Befreiung des Fettes von dem Oele angewendet wurde: wohl aber auf die Anwendung der Salpeter-Saͤure, der salpetrigen Saͤure und einer Mischung aus Salpeter- und Kochsalz-Saͤure auf die oben angegebene Weise und nach den oben bestimmten Mengen derselben, mit welcher ich zugleich den Gebrauch der Presse vor oder nach meiner erklaͤrten Anwendung der Saͤure verbinde, und durch welche beide ich eine Substanz von vorzuͤglicher Guͤte zur Fertigung der Kerzen erhalte. Urkunde dessen etc.