Titel: Ueber den Moder (trockene Fäulniß, Dry-Rot) am Bauholze. Von J. H. Pasley, Esq.
Fundstelle: Band 3, Jahrgang 1820, Nr. LIX., S. 442
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LIX. Ueber den Moder (trockene Fäulniß, Dry-Rot) am Bauholze. Von J. H. Pasley, Esq. (Aus Tilloch's Philosoph. Magaz. et Journal. N. 271. Novemb. 1820. S. 326 im Auszuge uͤberseztNicht bloß der Geldverlust, der jaͤhrlich Millionen uͤbersteigt, sondern auch die Lebensgefahr, die durch diesen Moder stuͤndlich sowohl auf Schiffen als in den Gebaͤuden des festen Landes statt hat, gibt diesem Gegenstande die hoͤchste Wichtigkeit, und fordert uns auf, jede Meinung hieruͤber anzuhoͤren und zu pruͤfen. A. d. Ueb.). Pasley über den Moder am Bauholze. »Bauholz und alle anderen waͤgbaren Koͤrper enthalten das Element der Flamme in sich, und zwar im Verhaͤltnisse ihres Gewichtes. Die chemischen Elemente, welche unwaͤgbar sind, und die Flamme, welche ihre waͤgbare Grundlage bildet, sind die einzigen Bestandtheile aller irdischen Koͤrper. In sofern diese Koͤrper die ersteren verlieren, erleiden sie keine Veraͤnderung des Gewichtes; nie entwikelt sich aber die Flamme, ohne daß der Koͤrper dadurch leichter wuͤrde. Da nun die waͤgbare Grundlage aller Koͤrper in der Flamme besteht, so enthalten alle Koͤrper ohne Ausnahme dieselbe, obschon man sie nicht aus allen Koͤrpern mit gleicher Leichtigkeit erhaͤlt. Die waͤgbare Grundlage des Holzes, die Flamme, kommt in diesem zusammengesezten Stoffe in eben so harmlosen Zustande vor, wie in dem brennbaren Gase, welches man selbst aus dem Eise oder aus dem zersezten Wasser des geschmolzenen Eises erhalten kann. Es ruͤhrt von der anziehenden Kraft der Flamme her, daß sie nie in der Natur unverbunden vorkommt; daß sie sich auf der Stelle wieder verbindet, wenn sie durch Kunst frei wird; daß sie stets von einer oder der anderen Art chemischer Elemente umgeben wird, wie dieß bei einem Stuͤcke Holzes oder Steines der Fall ist. Man nehme von einem Stuͤcke Holzes die chemischen Elemente weg, und die Flamme bleibt allein zuruͤckSiehe: Treatise on Heat, Flamme et Combustion, by T. H. P. Sold by Baldwin, Cradock et Joy. »Vermodertes Holz zeigt offenbar die Erscheinungen eines Holzes, welches gewissermaßen seiner waͤgbaren Basis beraubt wurde, oder soviel von seiner inneren Flamme verlor, als dem Verluste an Gewicht gleicht, welchen das Holz erlitt. Mit dem Gewichte ging an dem Holze die Staͤrke desselben allein verloren: alles uͤbrige, Form, Umfang, Korn blieb in jeder anderen Hinsicht an demselben vollkommen unveraͤndert. Das uͤbrig gebliebene Holz, wenn es auch von ungeheuerem Umfange ist, hat verhaͤltnißmaͤsig alles Gewicht verloren, und es gibt, wie es allgemein bekannt ist, kein Brennmittel von was immer fuͤr einer Art, welches weniger Flamme gaͤbe, als vermodertes, trocken verfaultes, Holz. Man kann also hieraus schließen, daß der Verlust des Elementes der Flamme, welches die waͤgbare Grundlage ist, zugleich auch die Ursache ist, warum das Holz seine Staͤrke und sein Gewicht verliert: in diesem Verluste besteht der Moder, die trockne Faͤulniß des Holzes. Eben dieß geschieht auch mit anderen Koͤrpern, nicht bloß mit Holz. Der menschliche Koͤrper zeigt sich oͤfters, wenn man Graͤber oͤffnet, als ein sehr feiner Staub, der zwar die urspruͤngliche Form des Koͤrpers behielt, jedoch alsogleich zusammenfaͤllt, sobald die aͤußere Luft Zugang zu demselben erhaͤlt, oder sobald man denselben auch noch so leise beruͤhrt: man bringt die ganze Menge dieses Staubes von einem Menschenkoͤrper leicht in eine Nußschale.« »Der Prozeß, der diesen Zustand an dem Holze erzeugt, geschieht nach Gesezen, welche erweisen, daß eine Art von galvanischem Umlaufe zwischen dem Holze und der dasselbe umgebenden Luft, oder zwischen dem Holze und dem festen Koͤrper, mit welchem dasselbe in Beruͤhrung steht, statt hat.« »Es ist eine unbestrittene Thatsache, daß ohne Feuchtigkeit in dem Holze kein Moder wahrgenommen wird; und eben so wenig hat in der galvanischen Saͤule, bei vollkommener Trockenheit, irgend ein galvanischer Umlauf statt. Zwei Stuͤcke Holzes bringen, auch wenn sie in innigster Beruͤhrung stehen, keinen (galvanischen) Umlauf unter sich hervor, wenn beide trocken sind, oder eines von denselben vollkommen trocken ist: ein trocknes Stuͤck Holz verliert seine waͤgbare Grundlage nicht, wenn es mit einem nassen Stuͤcke in Verbindung steht, ausser wenn es von lezterem Feuchtigkeit erhaͤlt. Daher kommt es auch, daß man gesundes und vermodertes Holz neben einander findet, und das Holz, welches man fuͤr unangreifbar vom Moder gehalten hat, oft ploͤzlich davon ergriffen wird, sobald es in Beruͤhrung mit einer anderen Art von Holz, oder mit Holz in einem anderen Zustande geraͤth.« »Wenn verschiedene Arten von Holz in genauer Beruͤhrung stehen, und Feuchtigkeit enthalten, so wirken sie leichter und kraͤftiger auf einander, als Stuͤcke von einer und derselben Art, gerade so wie bei den galvanischen Platten; und da nie zwei Stuͤcke Holzes einander vollkommen gleich sind, so wird, sobald zwischen denselben Beruͤhrung und Feuchtigkeit statt hat, galvanischer, oder, wie man in diesem Falle sagen mag, Moder-Umlauf unvermeidlich zwischen denselben statt haben. Naͤsse oder Feuchtigkeit wirkt, durch Assimilirung der Theilchen seiner waͤgbaren Basis, zugleich mit jenen der waͤgbaren Basis des Holzes, so daß, wenn die aͤußere Luft so geartet ist, daß sie einige dieser Theilchen, oder irgend ein Element, mit welchem sich dieselben vereinigen, an sich zieht, das Holz und das Wasser zugleich ihr gemeinschaftliches, waͤgbares Element fahren lassen. Die Folge davon ist, daß das Wasser zersezt wird, und verschwindet, und das Holz seine waͤgbare Basis verloren hat. Daher erhellt auch, warum das Wasser zur Erzeugung des Moders unerlaͤßlich nothwendig ist; warum die Zersezung desselben vermieden werden muß; und warum vermodertes Holz immer vollkommen frei von Wasser und auch seiner Schwere beraubt ist.« »Luft, welche das Holz ganz oder zum Theile umgibt, ist zum Moder-Umlaufe eben so unentbehrlich, als zum galvanischen an der galvanischen Saͤule. Im lezten Falle werden die chemischen Elemente allein abgegeben, und das Sauerstoffgas foͤrdert den Umlauf, bei dem Holze hingegen wird dieser am meisten durch eine Luft gefoͤrdert, der es an Sauerstoff gebricht, und hier wird, im Gegensaze der chemischen Elemente, die waͤgbare Grundlage allein ausgeschieden. Eine Luft, welche Pilze aufschießen macht, muß nothwendig auch ein den Moder-Umlauf erregendes Mittel werden; zuweilen mag auch (in sofern die Bildung der Pilze von der Natur der Saͤfte des Holzes abhaͤngt) die Entwikelung derselben zur Erzeugung des Moders beitragen, in sofern sie den Umlauf bei seinem Beginnen beguͤnstigen: indessen kann aber Moder statt haben, ohne daß jedesmal Pilze erschienen, oder durchaus dazu noͤthig waͤren.« »Das Vorbeugungs-Mittel gegen Moder-Umlauf besteht also in Isolirung jedes einzelnen Stuͤckes Holzes, oder in Umgebung desselben mit einem Medium, welches der atmosphaͤrischen Luft gleich ist, wie an Gitter-Pfosten, oder je nachdem es die Lage des Holzes erlaubt, durch diese beiden Mittel zugleich. Im Allgemeinen sind es jene Theile der Oberflaͤchen des Holzes allein, welche unter sich in Beruͤhrung stehen, und welche mit eingeschlossener Luft umgeben sind, die, und zwar an bestimmten Stellen, vom Moder ergriffen sind; diese Stellen zeigen die wechselweise vorwaltende Einwirkung, zeigen ihren Ursprung, und die Richtung, die sie nimmt, und auch das Mittel, welches den Moder-Umlauf beguͤnstigt, und welches denselben nicht erregt. Jedes Stuͤck Holz sollte von dem anderen mittelst einer nicht anziehenden und zwischen denselben befestigten Scheibe isolirt werden. Kein einzeln fuͤr sich oder isolirt dastehendes Stuͤck Holz wird jemals im Stande seyn sich selbst zu galvanisiren. Der isolirende Stoff sollte von solcher Beschaffenheit seyn, daß er nicht leicht davon entfernt oder abgerieben werden kann, wie dieß bei fettigen Substanzen der Fall ist. Wo immer eingeschlossene Luft Gelegenheit finden koͤnnte zuruͤckzubleiben, muß dieselbe entfernt gehalten werden: so finden wir, daß leichte Taͤfelung an der Mauer-Seite modert, indem die Luft daselbst dazwischen eingeschlossen oder des Sauerstoffes beraubt ist, waͤhrend in Gebaͤuden alle Arten von Holzwerk wohl erhalten bleiben, wenn sie von der verderblichen Luft durch Einbettung in Moͤrtel befreit sind. Das neuere Verfahren, erhaͤrtende Substanzen in die Zwischenraͤume einzulassen, wird daher sehr vortheilhaft befunden werden. Diese Maßregeln sind aber offenbar unnoͤthig, wenn alle Feuchtigkeit von dem Holze abgehalten, oder wenn das Wasser, so lang das Holz in demselben sich befindet, in seinem zusammengesezten Zustande erhalten werden kann. Nachdem nun die Ursache und das Vorbeugungs-Mittel des Moders auf trockenem Wege gefunden wurde, wird es vielleicht auch moͤglich seyn, denselben Zweck, die Zuruͤckhaltung der waͤgbaren Basis, auch auf nassem Wege zu erreichen, und zwar nach Grundsaͤzen, die beiden gemein sind.« »Man kann das Holz wohlfeile Saͤuren einsaugen lassen, um alle inneren Saͤfte desselben vor Zersezung kraͤftig zu bewahren. Das Verfahren hiebei ist dieses: da Feuer anzieht, so befindet gesottenes Holz sich nothwendig durch das Sieden, in einem negativen oder Mangel leidenden Zustande. In diesem negativen oder schwammigen Zustande sollte es aus der siedend heißen Qualmstube in die kalte schuͤzende Mischung geworfen werden, um dort die unzersezbare Feuchtigkeit einzusaugen, welche mit der Zeit, durch ihre Vereinigung mit dem Holze zur Staͤrke desselben in sofern beitragen wuͤrde, als sie dem zu fruͤhen Verluste der waͤgbaren Grundlage vorbeugt, der stets auf Kosten der Staͤrke desjenigen Theiles geschieht, den sie verlaͤßt. Um endlich zunaͤchst an dem Holze, zwischen den unteren Schifsraͤumen ein gehoͤriges Medium zu erhalten, und dasjenige auszuschließen, welches Moder-Umlauf herbeifuͤhrt, laͤßt sich nichts besseres thun, als einen bleibenden Druck, eine Verdichtungs-Pumpe, in jedem Schifsraume anbringen, um dadurch der schweren verdorbenen Luft abwaͤrts durch den Kielraum des Schiffes los zu werden. Diese Luft verhaͤlt sich zur atmosphaͤrischen Luft wie 1, 5 : 1: reine Luft, die man durch Windsegel, oder auf was immer fuͤr eine aͤhnliche Weise einleitet, kann daher diese verderbliche Luft nur verduͤnnen, nicht aber aus dem Schiffe bringen. Wenn man sie hingegen auf dieselbe Weise, wie eine zweihebelige Feuer-Maschine, abwaͤrts pumpt, so muß das Schiff nothwendig von aller unreinen Luft sowohl in jedem Loche und in jeder Oeffnung des Mitteldeckels (orlop) als aus jedem Winkel (sick-birth), in welchem die Saugroͤhre, die von beliebiger Laͤnge seyn mag, eingefuͤhrt werden kann, vollkommen befreit werden, und reine Luft muß augenbliklich an die Stelle der ausgepumpten treten. Der Widerstand, welchen man hier zu gewaͤltigen hat, wird in jedem Falle gleich seyn dem Drucke einer Wassersaͤule von der Hoͤhe der Tauchung des Schiffes in dem gegenwärtigen Augenblike, und dieser Druck kann nie groͤßer seyn als ein Viertel des Widerstandes, welchen eine Feuermaschine uͤberwindet, wenn sie das Wasser nur hundert Fuß hoch in die Luft treibt. Es ist also nichts leichter ausfuͤhrbar, als dieß; und da die Gesundheit des Schiffvolkes dadurch eben so sehr gewinnt, als die Dauerhaftigkeit des Schiffes, so ist der Vortheil hiervon kaum zu berechnen, und das jaͤhrliche Ersparniß von dem bedeutendsten Belange. Moder und Verbrennen erscheinen im vollkommensten Gegensaze von einander. Bei jenem wird die Flamme oder die waͤgbare Grundlage allein angezogen, und das Chemische bleibt zuruͤck; bei diesem ist es die Flamme allein, die zuruͤck bleibt, waͤhrend alles Chemische aus derselben angezogen wurde. Das, was die Flamme aus dem Holze auszieht, verbindet sich zugleich mit derselben, und dies ist die Ursache, warum sie waͤhrend der Moder-Erzeugung ohne Leuchten entweichtDaß indessen auch bei dem Vermodern zuweilen ein Leuchten statt hat, ist allgemein bekannt. A. d. Uebers.. Unter den vielen Meinungen, die uͤber diesen Gegenstand in Umlauf sind, und die vielmehr verwirren als aufklaͤren, finde ich mich um so mehr gedrungen, die gegenwaͤrtige bekannt zu machen, als ich uͤberzeugt bin, da sie mehr als irgend eine andere, die man bisher vorgetragen hat und auf welcher man bestand, dem Moder vorzubeugen vermag. Was ich hier vorgetragen habe, steht in vollkommenem Einklange mit jener Theorie, welche ich im Februar 1815 bekannt machte, und worin der Moder der Zersezung des Wasser im Holze zugeschrieben wurde, und dies zu einer Zeit, wo wenigstens hier in England, die allgemeine Meinung hieruͤber diese war, da Moder durch einen Pilz, und dieser Pilz durch Samen entstuͤnde. Chathan Dock-Yard, 15. September 1820. T. H. Pasley.