Titel: Ueber die Entstehung und allmählige Ausdehnung und Vervollkommnung der Seidenband Fabrikation zumal in Basel. Von C. Bernoulli Prof.
Autor: Prof. Christoph Bernoulli [GND]
Fundstelle: Band 6, Jahrgang 1821, Nr. XIII., S. 93
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XIII. Ueber die Entstehung und allmählige Ausdehnung und Vervollkommnung der Seidenband Fabrikation zumal in Basel. Von C. Bernoulli Prof. Bernoulli über Seidenband-Fabrikation. Wenige Zweige der Technologie sind bis dahin so selten nur beruͤhrt, und so ungenuͤgend behandelt worden, wie die fabrikmaͤßige Verfertigung der Baͤnder, oder die Bandfabrikation auf Stuͤhlen, auf welchen viele Baͤnder zugleich gewebt werden. Die Beschreibungen dieser Kunst in Hallen's Werkstaͤtte, Jacobsons Schaupl. und den Encyclopaͤdien sind bis jezt meines Wissens noch die ausfuͤhrlichsten. Bei ihrer Erscheinung indessen schon sehr unbefriedigend zu nennen, sind sie jezt vollends unbrauchbar geworden. In der aͤltern Encyclopaͤdie fehlt uͤbrigens noch ganz der Bandstuhl; in der Encyclopaedie meth. ist zwar derselbe beschrieben und durch Abbildungen erlaͤutert, aber nur nach der ersten jezt veralteten Construktion, und uͤberhaupt ist nur von der Fabrikation der glatten und einfachen Baͤnder die Rede, so daß alle sinnreichen und zusammengesezten Vorrichtungen, um kuͤnstliche Baͤnder zu weben, gaͤnzlich fehlen, so wie natuͤrlich alle spaͤtern, vielfachen Verbesserungen. Auch Poppe's technologisches Lexicon beschreibt nur jenen alten Stuhl, und spaͤterer Erfindungen ist ohne Auswahl der wirklich brauchbaren, und nur so gedacht, wie es bei kurzen Auszuͤgen aus gewoͤhnlichen Zeitschriften moͤglich ist. Lehrreich und deutlich ist manches, was Borgnis in seiner Mec. appl. aux arts, die kuͤrzlich in 8 Baͤnden erschien, hie und da zerstreut enthaͤlt. Allein bei der großen Anzahl oft kaum anwendbarer Maschinen und Organe, die dieses Werk angibt und abbildet, ist es um so auffallender, daß er viele der wichtigsten Vorrichtungen bei der jezigen Bandfabrikation ganz uͤbergeht, so wie er z.B. in dem ganzen Werke sogar der wichtigsten und neuesten franzoͤsischen Erfindung in der Webekunst, der Stuͤhle à la Jacquart nur historisch beinahe gedenkt. Die Fabrikation der Baͤnder darf indessen sowohl in Hinsicht der Ausdehnung dieses Industriezweiges, und der ausnehmenden Vielartigkeit der Produkte, als aber in Hinsicht des Technischen, oder wegen der vielen sinnreichen und eigenthuͤmlichen mechanischen Vorrichtungen, zu den interessantesten Zweigen der Gewerbskunde gezaͤhlt werden; und eine ausfuͤhrliche und wissenschaftliche Darstellung derselben wuͤrde eine wirkliche, bedeutende Luͤke in der technologischen Literatur ausfuͤllen. In diesem Journale werde ich indessen eine solche Darstellung nicht versuchen, sondern nur einige Beitraͤge zum Geschichtlichen dieser Fabrikation liefern, und zur Beurtheilung ihrer allmaͤhligen Ausbreitung und Vervollkommnung und ihres jezigen Zustandes zumal in Basel. Das Schiksal, das die Geschichte so vieler wichtigen Erfindungen trift, trift vorzuͤglich die der Bandfabrikation. Was der gelehrte Joh. Beckmann daruͤber gesammelt, und schon 1782 in seinen Beitraͤgen (B. 1. S. 122.) bekannt gemacht, ist bis jezt noch nicht vermehrt worden; die Geschichte der Erfindungen von Poppe, Busch und Donndorf enthalten nur Auszuͤge aus jener Abhandlung, mit wenigen Zusaͤzen von spaͤtern, und dieß meist zweideutigen Erfindungen. Ohne Zweifel wurden die ersten Baͤnder aus gewebten Zeugen verfertigt, die der Laͤnge nach zerschnitten und nachher gesaͤumt wurdenEs ist merkwuͤrdig, daß dieses Princip oder diese Methode seit etwa zwei Jahren in Lyon, d.h. St. Etienne, von neuem, wenn gleich auf eine unendlich vervollkommnete Weise, aufgenommen worden, und zwar um fassonirte Baͤnder in reizender Eleganz darzustellen. Man webt naͤmlich diese Figur Baͤnder wie fassonirte Zeuge mit Repetitionen vermittelst eines einzigen Schuͤzen. Es werden aber zwischen jedem Bande 2 von einander einige Linien abstehende Lisieren eingewebt, durch welche die Baͤnder ziemliche Festigkeit erhalten. Diese durchbrochenen Streifen werden dann zickzackartig ausgeschnitten, so daß sehr regelmaͤßige Spizen entstehen.. Um den Baum, den das Ausfahren hindert, anzuweben, mußte jedes Band auf einzelnen schmalen Stuͤhlen gewebt werden; dadurch entstanden erst vollkommene eigentliche Baͤnder. Diese mußten aber gegen die breiten Gewebe oder Zeuge, immer theurer werden, und dieses Mißverhaͤltniß zunehmen, je schmaͤler die Baͤnder seyn sollten. Man suchte daher die Baͤnder durch eigenthuͤmliche Verschoͤnerungen, durch Spizen, Lisieren, durch Verbindung verschiedenartiger Webung, und allerley Muster auszuzeichnen, die sich wieder leichter auf schmalen Geweben darstellen lassen, um so eine gewisse Compensation zu erreichen. So wurden die meisten Bandweber Bortenwirker oder Posamentirer, deren in Deutschland schon im 15ten Jahrhundert sehr viele waren. Einfache, zum binden bestimmte Baͤnder haͤtten sich demnach kaum mit Vortheil verfertigen lassen; man haͤtte sich fortdaurend meist mit ledernen Riemen, Bindfaden u. d. gl. behelfen muͤssen, und noch weniger waͤren diese, und selbst die kuͤnstlichen Sammt-Atlas- und Fasson-Baͤnder zu einem allgemein verbreiteten Verzierungs- und Modeartikel geworden, ohne die Erfindung, viele Baͤnder zugleich auf einem Stuhle zu weben. Durch die Erfindung der eigentlichen Bandstuͤhle (Kunststuͤhle oder Bandmuͤhlen, wie man sie Anfangs nannte) sind also unstreitig die Baͤnder erst zu einem wahren Manufakturgegenstande geworden. Da nun diese Fabrikation sich zur fruͤhern verhaͤlt, wie uͤberhaupt jede Maschinen-Fabrikation zur manuellen und handwerksmaͤßigen, und diese sich nun seit 100 und mehr Jahren erhalten, ausgebreitet und vervollkommnet hat, so eignet sie sich vorzuͤglich zu einem lehrreichen Beispiele, um selbst fuͤr die, welche nur die Erfahrung gelten lassen, zu entwikeln, auf welche Weise die Maschinen-Fabrikation zu beurtheilen ist. Auch aus diesem Beispiel ergiebt sich: 1) Wie eitel und vergebliches ist, das Fortschreiten und die freie Entwikelung der menschlichen Geisteskraͤfte hemmen zu wollen; auch diese Maschinenfabrikation wurde bestritten, und verfolgt, und mit denselben Waffen, die man noch jezt gegen Maschinen-Erfindungen anwendet. 2) Wie schaͤndlich nicht nur, sondern auch wie nachtheilig diese Bekaͤmpfung fuͤr die Verfolgenden selbst wird: denn wie manche Stadt hat dadurch einen nuͤzlichen Industriezweig auf immer zuruͤkgewiesen, ohne den Untergang eines fruͤhern, unvollkommenern hindern zu koͤnnen. 3) Wie kurzsichtig und einseitig dieser Verfolgungs-Geist ist. Momentan und individuell schadet jede Erfindung; so schadet auch ein fruchtbares Jahr, so jede Gottesgabe, wie umgekehrt Einzelne Kriege und Verheerungen nuͤzen. Das Refrain aller Vorwuͤrfe ist immer, daß Maschinen viele Haͤnde brodlos machen. – Ich frage nicht, ob jezt nicht eine groͤßere Menschenzahl sich mit der Bandfabrikation beschaͤftige als ehedem, vor Erfindung der Kunststuͤhle, sondern ob sich ohne diese Erfindung eine groͤßere dadurch naͤhren wuͤrde? Selbst diese Fragen duͤrften verneinend zu beantworten seyn; denn mit der Erleichterung der Fabrikation, und dem daraus folgenden Falter des Terises, waͤchst bekanntlich der Consum, und meist in weit groͤßerm Verhaͤltnisse. Auffallend beweist dieß der ungeheure Verbrauch der Baͤnder, wovon der allergroͤßte Theil sogar uͤberfluͤssig verwendet wird. Nichts laͤcherlicheres ist, als wenn man hier eine gemeine Redetri ansezen will. Nicht der 10te Theil wuͤrden begehrt, und also verfertigt werden! – Und dann wird in demselben Verhaͤltnisse denn auch bei den meisten Vorarbeiten gespart? Geht das Faͤrben, Winden, Spulen, Zetteln, Einziehen u.s.w. auch 10 und 20 mal schneller? Billig muß aber selbst bis auf die Produktion des Urstoffes zuruͤkgegangen werden. Welche ungeheure Menschenmasse beschaͤftigt nicht jezt der Seidenbau? wie viele arbeiten blos fuͤr unsere Seidenbau-Manufakturen; wie viele fuͤr die Bereitung des Florets? ferner aber ergiebt sich sogar. 4) wie uͤbertrieben auch so manche Klagen sind. Und in der That waͤre es wahr – wie man oberflaͤchlich rechnet, daß wirklich 20 mal weniger Haͤnde erfordert werden, weil ein Kunststuhl 20 mal mehr Waare (als Endprodukt) liefert, als ein Handstuhl, wie waͤre es moͤglich, daß noch irgendwo unter besondern Verhaͤltnissen (z.B. in Berggegenden) sich Handfabrikation erhalten koͤnnte. Und doch wie sehr viele Handstuͤhle existiren nicht wirklich noch uͤberall verbreitet, die Baͤnder und Borten weben! 5) Endlich auch wie ungerecht manche Klagen sind. Denn, gelte es nun ein entbehrliches Produkt oder nicht, offenbar ist durch die Maschinen-Fabrikation der Genuß desselben ungemein erhoͤht und erleichtert worden. Soll aber bei Beurtheilung von Vortheilen nicht billig die Mehrzahl entscheiden? Die große Ueberzahl bilden doch die Consumenten, und diese haben ausnehmend gewonnen, und sogar ohne daß die Produzenten, es sey denn momentan, verloren haben moͤgen. Ich komme indessen auf das Geschichtliche zuruͤk. Nach den Forschungen Beckmanns bleibt die Geschichte der Erfindung der eigentlichen Bandstuͤhle in jedem Betracht sehr dunkel. Wer sie gemacht, ist ganz unbekannt; wo sie gemacht worden, sehr zweifelhaft. Jacobson (ohne Belege) vermuthet die Schweiz, Beckmann aber, die Niederlande haͤtten zuerst welche gebraucht. Eben so unsicher ist die Zeit; und noch weniger laͤßt sich etwas von der Einrichtung der ersten Bandmuͤhle sagen. Uebergehen wir die ziemlich fabelhafte Erzaͤhlung des Lancelotti, nach welcher der Rath in Danzig einen Bandfabrikanten habe erstiken lassen, der 4 oder 6 Baͤnder auf einmal, zu weben erfunden habe – so bleibt das aͤlteste Dokument eine Verordnung vor 1623, zufolge welcher in Leyden die kurz zuvor bekannt gewordene Muͤhlenstuͤhle, wo nicht ganz verboten, doch moͤglichst eingeschraͤnkt wurden. Ueberhaupt aber beziehen sich fast alle diese von Beckmann muͤhsam gesammelten Nachrichten auf aͤhnliche Verbote. Ein solches erließ das industrioͤse Nuͤrnberg im J. 1664, Coͤlln 1676, der deutsche Kaiser 1685 und 1719, Chursachsen 1720. In Hamburg sollen Stuͤhle oͤffentlich verbrannt worden seyn. In England sollen schon 1676 Unruhen wegen Bandstuͤhlen statt gehabt haben, obschon nach Nemnich die leinen Bandweberei in Glasgow, wo sie noch jetzt ihren Hauptsiz hat, erst 1732 von einem Englaͤnder eingefuͤhrt wurde, der sie heimlich den Niederlaͤndern abgelernt habe. Wo und wann diese Stuͤhle in Frankreich aufgekommen, ist mir ganz unbekannt. Wohl aber moͤchte ich die gewoͤhnliche Sage fuͤr sehr unwahrscheinlich erklaͤren, daß sie durch Refugiès bey uns aus Frankreich eingefuͤhrt worden. Auch hier beziehen sich die aͤltesten Nachrichten bloß auf die heftigen Streitigkeiten, welche die Einfuͤhrung erregte. Aus einer Sammlung bis jetzt noch unbekannter Auszuͤge aus dem hiesigen Rathsprotokoll und einigen Aktenstuͤken ergibt sich naͤmlich im Wesentlichsten folgendes. Schon im Anfang des 17ten Jahrhunderts war die Gilde der Bandmacher in Basel und der Umgegend sehr bedeutend; und im J. 1665 geschah sogar der Versuch, die Waisenkinder damit zu beschaͤftigen. Zu dieser Zeit nun verschaften sich einige Meister solche Bandmuͤhlen, die im J. 1670 etwa 350 Schifflein enthalten mochten. In diesem Jahr nun kam die ganze Gilde der Posamenter mit einer heftigen Klagschrift bei dem Rath ein, auf gaͤnzliche Ausschaffung dringend; da aber vergeblich ein Vergleich gesucht, und in keinen Mittelweg von Seite der Posamenter gewilligt wurde, so faßte der Rath den Beschluß, daß diese neuen Stuͤhle ohne alle Einschraͤnkung arbeiten duͤrften. Zwar ruhte noch lange nicht die Gilde, ihre Handelsvorrechte geltend zu machen, und wirklich gelang es ihr nach vielen Umtrieben den 23. Febr. 1681, bei dem Rath ein foͤrmliches Ausschaffungsedikt zu bewirkenIm Jahre, 1680 trugen die Augsburger Bordenmacher bei ihrem Magistrate auf ein gaͤnzliches Verbot der Bandmuͤhlen an. D.. Doch dauerte ihr Triumph nur wenige Tage. Der damalige XIII. Rath, dem die Funktionen eines Erhaltungs-Senats einigermaßen zukamen, uͤberreichte ungesaͤumt ernste Vorstellungen, und das Edikt wurde zuruͤkgenommen, und die unbeschraͤnkte Freiheit den neuen Fabrikanten bestaͤtigt. Ich erlaube mir nicht, die Bemerkung auszufuͤhren, welche wohlthaͤtige und unabsehliche Folgen oft ein einziger Beschluß eines weisen Raths, selbst in einem kleinen Staate haben kann; noch weniger darf ich Mehreres aus obigen Verhandlungen mittheilen; obschon namentlich nicht unmerkwuͤrdig ist, daraus zu ersehen, wie schon damals, vor anderthalb hundert Jahren so ganz aͤhnliche Klagen der Handwerker gefuͤhrt, und ganz mit denselben Waffen wie jezt, gegen alle Maschinenfabrikation gestritten wurde. Eine Stelle aus jenen Akten kann ich aber nicht mit Stillschweigen uͤbergehen. Es fuͤhrt naͤmlich die Gilde in ihrer Klagschrift an, daß ein gewisser Passavant schon im Maͤrz 1610 mit der Weberzunft wegen eines solchen Kunststuhls Streitigkeiten hatte. Leider war mein Bemuͤhen, diese Thatsache in dem Archive dieser Zunft zu erwahren, vergeblich, zumal da ihre Protokolle nur bis 1650 zuruͤkgehen. Waͤre dieselbe gegen alle historische Kritik gesichert, so wuͤrde sie hiemit die aͤlteste bekannte Urkunde von vorhandenen Bandstuͤhlen seyn. Immerhin laͤßt sich kaum bezweifeln, daß Basel, das jezt ein Stapelort der Bandfabrikation ist, auch bei ihrer ersten Entstehung daran Theil genommen, so wie es denn auch fruͤher als irgend ein Ort in Deutschland eine Papierfabrik (seit 1470), fruͤher als irgend ein Ort in Frankreich eine Kattundrukerei (s. 1730) gehabt hat. Die Entwiklungsgeschichte einer Fabrikation, die sich so vielgestaltig ausgebildet, und eine so hohe Stufe erreicht hat, diese Geschichte von einem Mutterlande, welches die Kunst in ihrer Wiege gesehen, und mit ihrem Wachsthume ruͤhmlich Schritt gehalten hat, wuͤrde fuͤr uns zumal, doch auch fuͤr jeden Freund den Technologie einiges Interesse gewaͤhren. Schwerlich moͤchte aber eine solche ausfuͤhrbar seyn, selbst wenn die Fabrikanten diesen Versuch unterstuͤzen wollten. Die spaͤtern Verordnungen unsrer Regierung beziehen sich fast ausschließlich auf Sankzionirung von Vorkehrungen, welche saͤmmtliche Fabrikanten getroffen hatten; so wurde (1738) eine eigne Fabrikkommission eingefuͤhrt, und (1726, 1737 u. 1820) ein allgemeines Ellenmaaß – so (seit 1756) das Arbeiten fuͤr auslaͤndische Fabriken verboten (mit Ausnahme zweier, die damals schon viele Stuͤhle im Kanton hatten), und 1789 die Errichtung einer allgemeinen Armenkasse gutgeheißen. So wurde endlich zweimal (1754 u. 86) eine offizielle Zaͤhlung aller Bandstuͤhle verordnet. Aus diesen Berichten ergibt sich daher wenig fuͤr die eigentliche technische Geschichte dieser Kunst. Vom Anfang an scheinen floret- und einfaches glattes Seiden-Tafentband fast ausschließlich gewebt worden zu seyn; bald aber wurden diese Artikel mit solchen Vortheilen verarbeitet, daß sie den franzoͤsischen Fabriken ganz entrissen wurden; und nun wurden auch feinere und schwerere Baͤnder, auch Doppel- und Wasserband in Menge verfertigt. – Noch rascher erweiterte sich aber diese Fabrikation in den lezten 40 oder 50 Jahren, in welcher Zeit sich die Produktion wenigstens verdreifacht haben mag. Nicht allein die Anzahl der Stuͤhle hat sich ausnehmend vermehrt, sondern sie erhielten auch immer mehr Laͤufe oder Gaͤnge, und die einfachen oder kleinen Stuͤhle (die in Frankreich noch jezt die Mehrzahl sind) verschwanden endlich ganz. – Ohne die fruͤhern Artikel zu verlassen, wurden dann auch in dieser Periode mehrere neue unternommen; man lieferte Atlas und fassionirte Baͤnder in steigender Menge und Vollkommenheit; und wandte in den neuesten Zeiten die verfeinerte Floretseide oder Fantaisie, und das Baumwollengarn, so wie die Zeiten es gestatteten und verlangten, mit aller Aufmerksamkeit an; und namentlich erwarb sich ein Hans eine verdiente Celebritaͤt, indem es mit uͤberraschender Schoͤnheit fast alle Arten von Seidenbaͤndern in Baumwolle imitirte, und dadurch als Schoͤpfer eines wirklich neuen Fabrikats auftrat. Von den großen gangbaren (Seiden-) Bandartikeln wurden vielleicht nur zwei bis jezt zwar versucht, aber noch nicht weiter betrieben; die Gaze- und Florbaͤnder naͤmlich, und die Sammtbaͤnder. Von den ersten, die fast ausschließlich in den Haͤnden der Franzosen sind, wird so weniges nur, und dieß nicht auf eigentlichen Gaze-Stuͤhlen, d.h. mit Perlen-Schaͤften, verfertigt. Die Sammtbaͤnder, wenigstens die glatten sind bekanntlich, fast ein Monopol der Crefelder zu nennen. Sie werden mir Ruthen gewebt, aber nicht einzeln nach jedem Schuß, sondern erst wenn 60 oder mehr Ruthen eingelegt sind, und sehr schnell mit einer Art Scheermesser geschnitten. Diese vielfertigende Methode, die erst von Roland den Franzosen mitgetheilt wurde, scheint in Frankreich noch wenig angewandt, wo man diese Baͤnder ohne Ruthen, zwei uͤber einander mit einer einzelnen Florkette webt, und ein scharfes Messer an der Liegbank, das zwischen beiden Geweben genau in der Mitte steht, den Flor von selbst entzweischneidet und bildet, so wie diese Zwillingsbruͤder vorwaͤrts gezogen werden. Diese beiden Methoden wurden schon versucht, so wie die Fabrikation von Baumwollensammtbaͤnder, die ohne Ruthen trilligartig gewebt, und mit Lanzetmessern der Laͤnge nach aufgeschnitten, und dann erst gesengt, gereinigt, gebleicht und gefaͤrbt werden. Bis jezt ist aber, wie gesagt, diese Fabrikation, so wichtig sie auch fuͤr die Schweiz, wegen ihres großen eigenen Bedarfs waͤre, fast nur ein Gegenstand des Versuchs geblieben. Besonders ruͤhmlich sind aber wohl die Fortschritte im technischen oder mechanischen Theile dieser Fabrikation bei uns zu nennen. Mag es auch wahr seyn, daß in fruͤhern Zeiten wenigstens die Fabrikherren ungleich besser das merkantilische, als das technische ihres Gewerbes verstanden, so ist unverkennbar, daß lezteres durch die Arbeiter auf dem Lande selbst sich unaufhoͤrlich vervollkommnete, und zwar sowohl durch schnelle Nachahmung fremder, zumal franzoͤsischer Erfindungen, als aber durch eigene. So sind bald die sinnreichen Geschirre fuͤr die vielerlei Spizenarten die Vorrichtungen fuͤr die angehaͤngten Spizen, die verschiedenen Atlas- und Koͤhlschgeschirre, eingefuͤhrt; so die Zuͤge, welche das genaueste und abgemessenste Selbstfortruͤken der Waare betrieben, immer vervollkommnet werden. Das bequeme sogenannte Schweizerwindrad, mit Haͤspeln und Herzbewegungen, ist wahrscheinlich eine Erfindung dieser Arbeiter; denn im Kanton Zuͤrich ist es meines Wissens nicht, in unserm Kanton allgemein verbreitet. Die schnelle Bewegung der Schuͤzen vermittels des Rechens und Krebses ist schon sehr lang unsern Stuͤhlen eigen, waͤhrend diese Einrichtung dem Verfasser der Enc. meth. noch ganz unbekannt seyn mußte. Vornehmlich bewahrt sich aber der Erfindungsgeist unsrer Arbeiter und ihr Streben nach steter Vervollkommnung, bei den fassionirten Waaren. Diese wurden von den Franzosen, so wie uͤberall vielleicht, bis auf die lezten Zeiten einzig durch den Zampel- oder Kegelzug (la tire), so wie alle andern fassionirten Gewebe, hervorgebracht. Diese Einrichtung erforderte nicht allein einen besonderen Ziehjungen, sondern war der Gesundheit hoͤchst nachtheilig; bei uns kamen diese nie auf. Gleich anfangs scheint man auf einem ganz anderen Wege diese kuͤnstlichen Darstellungen, versucht zu haben, oder vielmehr von der allmaͤhligen Vervollkommnung der uͤbrigen Geschirre, welche eine geregelte Bewegung vieler Tretten mechanisch bewirken, auf die Erfindung aͤhnlicher zur Darstellung der fassionirten Waaren uͤbergangen zu seyn. Eben so hatte man stets auch bei diesen Baͤndern die Verfertigung derselben auf viellaͤufigen Stuͤhlen im Auge. Die Franzosen verfertigen noch jezt groͤßtentheils solche Artikel auf Handstuͤhlen, waͤhrend wir haͤufig dieselben Muster immer zu acht und mehr Gangen zugleich darstellen. Bei jener Fabrikation werden naͤmlich allgemein zweierlei Mechanischen angewandt, sogar Trommeln (oder Tambourmaschinen) und Hochspruͤnge. Unter den ersten versteht man große hoͤlzerne Walzen, die (ungefaͤhr wie die Walzen der Spieluhren) abgetheilt, und wie die meisten Spizengeschirre, dem Muster gemaͤß mit Erhoͤhungen und Vertiefungen versehen sind. Diese Trommeln waren gewoͤhnlich zur Seite angebracht, die Erhoͤhungen druͤkten auf eine Reihe von oft 60 und mehr Pedalen in gehoͤriger Ordnung; und diese zogen vermittelst Oberbretten oder Rollen die Hauptschnuͤre, an denen die Arkadenschnuͤre, die Lizenfaͤden und Bleie hingen, die in jeder einzelner Abtheilung der Theil- (oder Harnisch-) Bretter sich heben mußten. So viel Baͤnder ein Stuhl zugleich webt, so viel Abtheilungen hat dieses Brett; auf eine aͤhnliche Weise, wie dieß bei gemusterten Zeugen mit Repetitionen Statt hat. Mit jedem Umschwung der Triebstange, also mit jedem Schusse, drehten sich die Trommeln um, theils so, daß eine ganze Revolution mit der Vollendung des Dessins statt hatte. Eine aͤhnliche Walze hatten die Hochspruͤnge; doch wirkten diese auf eine wesentlich verschiedene, und noch weit sinnreichere Weise. Die Walze befand sich nicht nur uͤber dem Stuhl (auf einem zweiten Boden), sondern auf einem sogenannten Wagen, und wurde bei jedem neuen Schusse, nicht nur um einen Zahn gedreht, sondern auch jedesmal zuruͤk und wieder vorwaͤrts geschnellt. Eben so wirkten sie nicht auf Pedalen oder Tretten. Jede Hauptschnur haͤngt an einem eisernen (oder hoͤlzernen) senkrechten Haken, in zwei oder mehrern Reihen; jede Reihe hebt ein Messer; zugleich geht aber durch jeden Haken ein horizontaler Drath oder Stoͤßel. Gegen die Enden dieser Stoͤßel druͤket nun bei jedem Schlage obige Walze, und zwar so, daß die verschiedenen Erhoͤhungen diejenigen Stoͤßel, und also auch dies jenigen Haken zuruͤkschiebt, welche die Messer nicht heben sollen. Hat das Muster z.B. 100 Schuͤsse (Duitt), und 80 Figurkettenfaͤden, so hat die Walze 100 Zaͤhne; und 100 Reihen verschiedene Erhoͤhungen und Vertiefungen, und so spielen 80 Haken und Hauptschnuͤre, und jede Hauptschnur zieht 12 Lizenfaͤden, wenn der Stuhl 12 Laͤufe hat. Ob diese Mechanismen und zumal die Hochspruͤnge eine uns gebuͤhrende Erfindung sind, moͤchte ich zwar keineswegs behaupten; nach allem, was ich von den aͤltesten Arbeitern erfahren, muͤssen sie aber schon vor wenigstens 40 Jahren hier aufgekommen, und zwar zuerst vielleicht fuͤr gebluͤmte Zeuge, zumal Sensimme, angewandt worden seyn. In keinem Werke finde ich sie weder beschrieben, noch abgebildet; und die Neuesten nur gedenken fluͤchtig der Anwendung von Walzen, und zwar als neueren Erfindungen. Haben diese unstreitig schon vortreflichen Einrichtungen in den franzoͤsischen, so wie in andern fremden Fabriken niemals Eingang gefunden, so muͤssen sie ihnen doch nicht unbekannt geblieben seyn, wie die neueste wichtigste Erfindung des Herrn Jacquart in Lyon beweist, der 1809 dafuͤr ein Brevet erhielt. Es beruht dieselbe naͤmlich unverkennbar auf dem wesentlichen Prinzip der Hochspruͤnge, naͤmlich der Hebung der Lizenfaͤden vermittelst Haken, Stoͤßeln und Messern. Allein der schwerfaͤllige Wagen ist verschwunden, und die Verschiebung der Stoͤßel geschieht durch endlos an einander gereihte durchstochene Pappdekel. Dieser einfache, aber gluͤklich ersonnene Mechanismus muß allerdings, zumal, nach ihrer trefflichen jezigen Einrichtung, in kurzem nicht nur alle Zuͤge, sondern auch alle Trommeln und Hochspruͤnge verdraͤngen. Nicht allein bewirkt das Weben selbst auch das Ziehen, sondern es geschieht ungleich leichter, weit sicherer und puͤnktlicher. Jedes Dessein kann sehr schnell ausgefuͤhrt und mit unbedeutenden Kosten veraͤndert worden; und die Desseins geben in Hinsicht der Breite wenig, in der Laͤnge beinahe gar keine Beschraͤnkung; was bei keinem der fruͤhern Mechanismen der Fall war. Gebuͤhrt den Franzosen unlaͤugbar diese geistreiche und gluͤkliche Erfindung, so bewaͤhrt sich auch hier die Thaͤtigkeit unsrer Fabrikanten, jede erprobte Verbesserung ungesaͤumt aufzunehmen. Fast zu derselben Zeit, naͤmlich vor 4 oder 5 Jahren wurde diese Erfindung, die Jacquart anfangs nur fuͤr gemusterte Zeuge erfand, in St. Etienne und bei uns auf die Bandfabrikation benuzt; und diese Maschinen haben sich nicht nur hier bereits ausnehmend vermehrt, und staͤrker vielleicht als in St. Etienne selbst, sondern in ihrer Verfertigung bewiesen manche Stuhlmacher durch bedeutende Verbesserungen große Geschiklichkeit; so wie auch vorzuͤgliche Maschinen dieser Art in Schafhausen gemacht werden. Aus diesen, wenn gleich sehr mangelhaften Angaben kann wenigstens abgenommen werden, was die Bandfabrikation unter uns, die einen so erfreulichen Aufschwung genommen, auch eigenem technischen Streben zu verdanken habe, und daß sich keineswegs wie manche waͤhnen, bloß von andern guͤnstigen Umstaͤnden ihr Flor herschreibe. Ja wenn ich sogar behauptete, daß unsere Fabrikation in technischer Hinsicht die franzoͤsische uͤbertraͤfe, so wuͤrde dieß keineswegs dem Eingestaͤndniß widersprechen, daß den Fabrikaten der leztern in manchem Betracht noch eine Superioritaͤt zukoͤmmt. Denn obiges bezieht sich fast ausschließlich auf das eigentliche Weben. – Die Franzosen genießen aber nicht nur noch unlaͤugbare Vortheile in mancher vorangehenden Operation, im Sortiren der Seide, in der Bereitung mancher Farben u.a., sondern zumal in der lezten Behandlung, der Appretur, die besonders bei Luxuswaaren von so kurzer Dauer, von groͤßter Wichtigkeit ist. Und dann mag ihre einmal erlangte Herrschaft uͤber die Mode, zumal im Fache der seidenen Gewebe, so wie die Naͤhe ihrer Bandfabriken bei dem Hauptzentrum der Fabrikation aller Seidenstoffe, ihnen noch lange vielleicht eine gewisse Ueberlegenheit in der Produktion der Kunstbaͤnder geben, gegen welche andere nur durch niedrigere Preise streiten koͤnnen. Auch von diesen Vortheilen zu erlangen ist zwar nicht unversucht geblieben, besonders in den fuͤr Lyon so traurigen Revolutions-Jahren, doch ohne merklichen Erfolg. Indessen ließ auch die druͤkende Lage waͤhrend des strengen Prohibitionssystems aͤrgeres befuͤrchten, indem nicht viele Haͤuser, wie gelesen wird, nach Frankreich zogen, sondern ihrer nur zwei dort Filialetablissementer anlegten, und ein einziges sich ganz dahin verpflanzte, das sich uͤbrigens blos auf Floretwaaren beschraͤnktDieses lezte Etablissement wurde zuerst in Altkirch errichtet, spaͤter nach Fouday im Steinthale verlegt; einem abgelegenen Thale der Vogesen, das seit kurzem fast erst bekannt geworden, durch die Bemuͤhungen des wuͤrdigen Oberlin um die religioͤse Bildung seiner verarmten Einwohner. Daß aber der Stifter jener Manufaktur, Herr L. Legrand, als edler Menschenfreund und wahrer Wohlthaͤter dieser Bewohner hier auftrat, der ihnen eine ersprießliche Nahrungsquelle nicht nur eroͤffnete, sondern sich mit unermuͤdeten Eifer ihrer Erziehung annimmt, und selbst ihr Lehrer wurde, kann ich hier um so weniger verschweigen, je seltener leider bei solchen Unternehmungen dieser doppelte Gewinn fuͤr die Menschheit hervorgeht.. Schließlich fuͤge ich nur noch einige Angaben uͤber die Ausdehnung und Bedeutsamkeit der Seidenbandfabrikation, vornehmlich in unserer Gegend bey. Die Verfertigung der Seidenbaͤnder hat sich gegenwaͤrtig nicht nur uͤberaus verbreitet, sondern es finden sich wirklich Bandfabriken in vielen Laͤndern Europa's. Italien, Spanien, Oestreich, England u.a. haben deren bedeutende. Nur in drei Gegenden hat sich aber die Verfertigung dieses Artikels dergestallt konzentrirt und angehaͤuft, daß von da alle Laͤnder, die Baͤnder beduͤrfen und den Eingang nicht wehren, versehen werden koͤnnen. Diese sind St. Etienne unweit Lyon, Crefeld, und Basel. Selbst England, so groß dessen Fabriken in Coventry und Leek sind, ist in diesem Artikel von dem Handel auf dem Festlande verdraͤngt, und scheint auch im Technischen dieser Fabrikation noch betraͤchtlich zuruͤke zu seyn. Elberfeld und Barmen liefern fast ausschließlich Baumwollen-Linnen- und Wollenbaͤnder, und Nestel, und so andre Gegenden. Ich rede hier nur von den Seidenband-Fabriken. Crefeld liefert außer einigen geringen glatten Baͤndern, ausschließlich wohl glatte Sammtbaͤnder; diese aber auch in ungeheurer Quantitaͤt. Nach Nemnich (Tagebuch einer Reise B. 2.) beschaͤftigte diese Fabrike im Jahr 1808 uͤber 3000 Stuͤhle, und der Werth betrug gegen acht Millionen Franken. Aus der Gegend von St. Etienne und St. Chamond kommen alle sogenannten Lyonerbaͤnder und wohl die meisten Pariserbaͤnder. Im Anfang der 80ger Jahre lieferte sie nach der Enc. meth. auf etwa 8000 (freilich meist einfachen) Stuͤhlen fuͤr 9 bis 10 Mill. Liver, und der Arbeitslohn betrug etwa 1/6 dieser Summe oder 1,600,000 Liver. Neuere genaue Data sind mir nicht bekannt geworden, da auch in Chaptal's Werke (sur l'Industrie françoise) weniges daruͤber ersichtlich ist; doch muß diese Fabrikation seitdem bedeutend gestiegen seyn. Der dritte Stapelort ist denn der Canton Basel; obschon in der Schweiz noch einige wenige aͤhnliche Bandfabriken bestehen. Was bisher uͤber den Zustand dieser Fabrikation in Basel bekannt geworden, besteht fast einzig in kurzen und duͤrftigen Nachrichten der Reisebeschreibungen, und selbst das, was Nemnich (Reise durch die Schweiz 1811) uͤber diesen Gegenstand erzaͤhlt, laͤßt wuͤnschen, daß seine andern Angaben richtiger seyn moͤgen. Das einzig genaue, was zu seiner Zeit geliefert werden konnte, enthaͤlt der gelehrte Normann, in seiner Darstellung des Schweizerlands. Es ist bereits erwaͤhnt worden, daß bis jezt nur zweimal, und auch dieß auf besondere Veranlassung, von Seite der Regierung, genaue Zahlungen saͤmmtlicher Bandstuͤhle im kanten veranstaltet worden; und außer dem Canton laͤßt kein Fabrikant, wenigstens nicht auf eigentlichen (mehrgaͤngigen) Bandstaͤhlen weben; wohl aber arbeitet eine gewisse Anzahl Stuͤhle im Canton fuͤr zwei andere Schweizerfabriken (in Arau und Lenzburg). Die erste dieser Zaͤhlungen hatte 1754, die zweite 1786 statt. Nach der ersten im Jahr 1754 arbeiteten in allem 1238 Stuͤhle. Von diesen arbeiteten 119 fuͤr Nichtbasler; ferner gehoͤrten 837 Stuͤhle den Fabrikherren in Basel; 318 den Arbeitern, und unter den leztern waren 85 kleine Stuͤhle (mit 1 Lauf). Nach der zweiten Zaͤhlung 1786 betrug die Summe 2268. Von diesen arbeiten 166 (circa 1/14) fuͤr Nichtbasler; 1893 (große Stuͤhle) gehoͤrten den Fabrikherren, und 312 den Arbeitern, (wovon 62 kleine Stuͤhle). Es beschaͤftigte also die Basler-Bandfabrikation( und zwar ausschließlich fuͤr Seiden- und Floretbande) im Jahr 1754 nur 1019 Stuͤhle, im Jahr 1786 aber, oder 32 Jahre spaͤter schon 2102 Stuͤhle, oder mehr als die doppelte Anzahl. (Die Enc. meth., und nach dieser wohl eben so das Dict. de Commerce 1805, geben die Summe auf 5000 an!) Obige sehr genau aufgenommene Tabellen zeigen zugleich, daß besonders 1786 schon die Fabriken sich uͤber alle, auch die kleinsten Ortschaften ausgebreitet. Am meisten zaͤhlten Steigoldswyl, naͤmlich 190 Stuͤhle, Zuͤfen 155, Bubendorf 148, Sissach 91. Lauwyl 72, Lupfigen 70, Brezwyl 62, Gelterkinden 59, Oberdorf 58 u.s.w., der Stadtbahn nur 26. Die zweite Quelle zu einer statistischen Wuͤrdigung dieses Industriezweiges liefert die im Jahr 1789 errichtete Armenkasse, welche mit Wiederabforderung des gesammelten Kapitals den revolutionaͤren Unverstand 10 Jahre spaͤter wieder aufhob. Indessen enthaͤlt auch diese Zaͤhlung eine bei statistischen Angaben hoͤchst seltene Genauigkeit. Dieser Einrichtung zufolge wurde von jedem dem Arbeiter bezahlten Baslerpfund Arbeitslohn fuͤr Floretband 1 Rappen (oder 1/120), fuͤr Ridenband 2 Rappen (oder 1/60) von den Fabrikherren innebehalten, und der Kasse abgeliefert. Schon in den ersten 10 Monaten betrug die zuruͤkgelegte Summe 9068 Pfund. Im folgenden Jahre (1790) aber 10,373 Pfund. Im Durchschnitt aber, waͤhrend der ganzen zehnjaͤhrigen Dauer der Kasse, jaͤhrlich etwa 10,000 Pfund, d.i. 12,000 schw. Franken, oder 18,000 franz. Livres. Auch die zwei nicht baselischen Fabriken nahmen an diesen Einrichtungen Theil. Nimmt man im Durchschnitt an, daß 1 1/2 Rp. oder 1/80 (1 1/4 dl.) abgezogen wurde, so betruͤge also der jaͤhrliche Arbeitslohn, den saͤmmtliche Weber im Canton bezogen, 960,000 schw. Fr. oder 1,440,000 franz. Livres in jenem Zeitraume, d.h. im lezten Jahrzehend des 18ten Jahrhunderts; und diese Summe wird wenig von der Wahrheit abweichen. Obige ansehnliche Summe, die sich auf einer Landschaft von etwa 30,000 Seelen jaͤhrlich vertheilte, so auch der Vortheil, den die Stadt selbst von dieser Fabrikation zieht, wird natuͤrlich noch bedeutend vergroͤßeret durch den Arbeitslohn, der auch in der Stadt an mehrere 100 Arbeiter in den Fabriken selbst, so wie fuͤr Haspeln und Zwirn, hauptsaͤchlich aber an die Seidenfaͤrber bezahlt wird. Ueber den Fortgang dieser Fabriken in diesem Jahrhundert laͤßt sich schon manches aus dem Vorhergehenden abnehmen, und bereits das Irrige der Nemnichschen Angaben einsehen. Nicht nur haben sich aber diese Fabriken noch mehrere Artikel seitdem angeeignet, nicht nur arbeiten die Stuͤhle immer vollkommener und mit mehrern Laͤufen, sondern ihre Anzahl ist unstreitig auch bedeutend gestiegen, und mit großer Wahrscheinlichkeit kann sie gegenwaͤrtig auf wenigstens 3000 angenommen werden; diese wuͤrden, den Stuhl im Durchschnitt zu 15 Laͤufen gerechnet, an 45,000 Schuͤzen enthalten. Ueber die Masse des Produkts und den Werth desselben wage ich in keine Berechnungen einzutreten. Wie sehr groß die erstere in Ellenzahl seyn muß, laͤßt sich denken, da von ordinaͤren Seiden- und Florethanden manche Stuͤhle taͤglich an 300–400 Ellen (à 44 franz. Zoll) liefern, und diese Waare noch immer die Hauptmasse ausmacht. Der Totalwerth der jaͤhrlich produzirten Baͤnder duͤrfte im Durchschnitt wohl zu 10 Mill. franz. Liv. anzunehmen seyn.