Titel: Beschreibung einer an Wagen anzubringenden Maschine, welche die Stelle eines Hemmschuhes (Radschuhes) vertreten, die übergroße Schnelligkeit brechen, und bei dem Berg unter Fahren oder in anderen gefährlichen Lagen Unglüksfällen vorbeugen kann, auf welche Jak. Huggett, Hufschmid zu Hailsham, in der Grafschaft Sussex, unter dem 10. Hornung 1820. ein Patent erhielt.
Fundstelle: Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XV., S. 144
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XV. Beschreibung einer an Wagen anzubringenden Maschine, welche die Stelle eines Hemmschuhes (Radschuhes) vertreten, die übergroße Schnelligkeit brechen, und bei dem Berg unter Fahren oder in anderen gefährlichen Lagen Unglüksfällen vorbeugen kann, auf welche Jak. Huggett, Hufschmid zu Hailsham, in der Grafschaft Sussex, unter dem 10. Hornung 1820. ein Patent erhielt. Aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXVI. Jaͤnner 1822. Mit Abbildungen auf Tab. III. Huggett's verbesserter Hemmschuh. Diese Maschine besteht in einem unter dem Wagen angebrachten Apparate, welcher als Hemmschuh wirken, d.h. wenn der Wagen bergunter fahrt, auf den Boden druͤken und sich an demselben reiben soll. Eben dieß soll sie auch bei jeder anderen Gelegenheit, wo der Schnelligkeit des Wagens Einhalt geschehen muß, indem durch sie bedeutende Reibung hervorgebracht, und das Fortrollen des Wagens dadurch in eben diesem Verhaͤltnisse gehindert wird. Fig. 30. zeigt eine Miethkutsche, an welcher dieser Hemmschuh angehaͤngt ist: alle nicht von mir neu angebrachten Theile sind bloß im Umrisse, die von mir erfundenen aber schraffirt. Der Hemmschuh, welcher aus einem breiten Stuͤke Eisens besteht, befindet sich unter der Langwied zwischen den Hinteren Raͤdern oder wo man es immer schiklicher finden mag, aufgehaͤngt: ich glaube aber, daß er in der von mir angegebenen Lage am besten wirkt. Er ist so eingerichtet, daß er herabgelassen, und mit dem Boden in Beruͤhrung gebracht werden kann, ohne daß der Kutscher von seinem Size herabsteigt, oder irgend jemand dabei Huͤlfe zu leisten braucht, und auf aͤhnliche Weise auch wieder aufgezogen werden kann. Er wird durch einen Hebel oder Griff neben dem Size des Kutschers, oder, wenn man lieber will, an dem Hintertheile des Wagens in Bewegung gesezt. Seine Wirkung wird aus den beigefuͤgten Figuren erhellen, in welchen (mit Ausnahme von Fig. 40, 41, 42.) dieselben Buchstaben dieselben Gegenstaͤnde bezeichnen. a ist der Hebel oder Griff, welcher an dem oberen Ende einer aufrecht stehenden Spindel angebracht ist, und von dem Kutscher gedreht wird. An dem unteren Ende dieser Spindel ist ein eingeschnittenes Spornrad b, welches in ein aͤhnliches Rad c an dem Ende einer Stange eingreift, die unter der Langwied des Wagens hinlaͤuft. An dem anderen Ende dieser Stange ist ein aͤhnliches Rad e, welches in ein gestuͤrztes horizontales Kammrad f eingreift, das an einer senkrechten Spindel g befestigt ist, welche einen Wurm hat. Fig. 31. zeigt dieß deutlicher, von vorne her angesehen. hhh ist das Gehaͤuse, welches die Spindel g traͤgt, und das Kammrad fuͤhrt: Fig. 32. stellt es von der Seite dar. i ist ein Querbalken, der vorne quer uͤber dem Gehaͤuse befestigt ist, und dem Zapfen der Stange d als Lager dient. k ist der bewegliche Balken, welcher den Hemmschuh haͤlt, und durch welchen derselbe in dem Gehaͤuse h auf und niedergezogen wird. Fig. 33. stellt denselben einzeln und im Grundrisse dar. Durch diesen Balken laͤuft der Wurm oder die Schraube der Spindel g; wenn das Kammrad gedreht wird, wird diese daran befestigte Spindel auch gedreht, und dadurch der bewegliche Balken in den Furchen oder Ausschnitten des Gehaͤuses h auf oder abwaͤrts gezogen. An den Enden dieses beweglichen Balkens k befinden sich die Arme ll, welche den Hemmschuh halten. Fig. 34. stellt dieselben von der Seite dar. m ist die Grundplatte, oder der eigentliche Hemmschuh, der die Reibung auf dem Boden hervorbringt, und der in Fig. 35. im Grundrisse, in Fig. 36. von der Seite dargestellt ist. Dieser Hemmschuh ist an den Armen l mittelst des Stiftes oder der Stange n befestigt, welche durch die unteren Enden der Arme laͤuft, und durch die Ausschnitte oder laͤnglichen Loͤcher des Hemmschuhes bei o, in Fig. 36 . p ist eine Feder in dem Lager des Radschuhes, gegen welche die Enden der Arme l wirken sollen, um die Stoͤße aufzuhalten oder zu mildern, welcher die Kutsche ausgesezt waͤre, wenn der Hemmschuh ohne diese Vorrichtung auf dem Boden hingeschleppt wird. Fig. 37. stellt einen Arm l mit einer Feder in einer Hoͤhlung vor, welche gleichen Zwek mit der Feder p hat, und statt derselben angewendet werden kann. Diese Vorrichtung ist noch deutlicher in einem Durchschnitte derselben, Fig. 38. dargestellt, wo die bei q sichtbare Feder in Thaͤtigkeit ist. Diese oben beschriebenen Theile wirken nun auf folgende Weise. Der Kutscher dreht den Hebel oder Griff a, und macht hierdurch den Triebstok b das Spornrad c an dem Schafte d sich drehen; dadurch wird aber auch das Sporn-Rad e in Bewegung gesezt, welches das Kammrad f an der Spindel g treibt, dessen Wurm oder Schraube g in den beweglichen Balken k eingreift, und denselben auf und niedersteigen macht. Die Enden dieses beweglichen Balkens k, welche die Arme ll des Hemmschuhes in halten, lassen den Radschuh bis auf die Erde herab, durch dessen Reibung sodann der Wagen gehemmt wird. Die an beiden Enden des Hemmschuhes angebrachten Ketten r hindern denselben zuruͤk zu gehen, und die Kette s, wenn sie so wie in Fig. 30. angebracht ist, hindert denselben vorne auszuspringen. An dieser befindet sich eine Hemmfeder, welche dem Hemmschuhe ein kleines Spiel erlaubt. Wenn der Wagen eingestellt ist, und nicht gebraucht wird, so ist es gut den Hemmschuh dicht an den Wagen aufzuziehen, was durch das Aushaͤngen der Kette s geschehen kann. Dieser neu eingerichtete Hemmschuh laͤßt sich auch an schweren Fuhrwagen anwenden, und kann daselbst mittelst einer Kurbel und eines Stiftes, welche hinten am Wagen angebracht sind, (wie in Fig. 39.) bewegt werden. Das in dieser Figur vorgestellte umgekehrte Kamm-Rad bewegt die Vorrichtung so, wie es in Fig. 30 und 31. durch die Buchstaben e, f, g, h, i, k, l, m, n, o, p beschrieben ist. Fig. 40. zeigt eine andere Weise, den Radschuh anzubringen und niederzulassen. Hier wird die Spindel a gedreht, welche das Rad b treibt. Dieses Rad greift in eine Stell- oder Zahnstange c ein, welche am Ende des Balkens d sich befindet, der durch ein Kniegelenk mit den beiden Hebeln e und f verbunden ist, wovon der untere den Radschuh fuͤhrt. Durch das Drehen der Spindel a wird der Balken d aufgezogen, und die Hebel e und f kommen in gerade Linie, wie es die punktirten Linien ausweisen. Hierdurch kommt der Radschuh bis auf die Erde hinab. Die Kette g ist mit der oben in Fig. 30. erwaͤhnten Feder s versehen. Fig. 41. zeigt noch eine andere Art eines Hemmschuhes, welcher durch die beiden Arme f gehalten, und an dem beweglichen Balken e (welcher in Fig. 42. von vorne dargestellt ist) befestigt wird. Die Wirkungsart dieses Apparates ist folgende. Man dreht die Spindel a, welche mit ihrem Rade b in ein anderes Rad c an der Stange d wirkt, welche unter der Langwied des Wagens liegt. Diese Stange hat einen Wurm oder eine Schraube, welche durch den beweglichen Balken e laͤuft, und durch das Umdrehen der Stange d laͤuft der bewegliche Balken vor- und ruͤkwaͤrts. Nun ist es offenbar, daß, da der bewegliche Balken die Arme f mit dem Hemmschuhe an dem unteren Ende derselben fuͤhrt, jemehr dieser bewegliche Balken an der Stange nach ruͤkwaͤrts kommt, desto mehr auch diese Arme f sich einer Senkrechten naͤhern, und folglich den Hemmschuh bis auf die Erde bringen. Damit der bewegliche Balken e nicht aufwaͤrts steigen kann, ist unten an der Langwied eine gegenwirkende Gegenreibungs-Rolle angebracht. Dieser verbesserte Radschuh kann auch an alle leichte Kutschen von jeder Art angewendet und auf verschiedene Weise angebracht werden, wie es der Bau solcher Kutschen erfordert, und jeder verstaͤndige Werkmann ohne alle weitere Erklaͤrung von selbst einsehen wird. Bemerkungen des Patenttraͤgers. Die haͤufigen Ungluͤksfaͤlle mit Kutschen in verschiedenen Theilen der vereinigten Koͤnigreiche lenkten die Aufmerksamkeit des Unterzeichneten auf Aussinnung einer Maschine, welche sich an Kutschen aller Art (vorzuͤglich aber an Mieth-Kutschen und Postwaͤgen) anbringen ließe. Er hat das Vergnuͤgen zu versichern, daß es ihm nach neunjaͤhriger Verwendung und nach vielen angestellten Versuchen endlich gelang, seine Erfindung so zu vervollkommnen, daß er durch dieselbe aller Moͤglichkeit eines Unfalles an Kutschen, an welchen dieser Hemmschuh angebracht ist, selbst wenn sie die steilste Hoͤhe bergunter fahren, vorgebeugt hat. Er bemerkt unter den vielen Vortheilen dieser Vorrichtung nur folgende: 1. Der Kutscher ist durch dieselbe in den Stand gesezt, ohne daß er von seinem Boke herabspringen darf, die Kutsche bloß durch das Drehen der Kurbel oder des Hebels aufzuhalten, und hat die Schnelligkeit derselben so in seiner Gewalt, daß er durch Anwendung dieses Hemmschuhes die Schwere der Kutsche fuͤr die Pferde mehr als 50 mal vergroͤßern kann. Auf diese Weise koͤnnen die Pferde augenbliklich aufgehalten, und die Fahrenden von aller Gefahr befreyt werdenWenn waͤhrend einer sehr schnellen Bewegung des Wagens derselbe ploͤzlich und nur an einem Punkte, welcher nicht der Mittelpunkt der Schwere des Wagens ist, aufgehalten wird, wie es bei diesem und jedem anderen Hemmschuhe der Fall ist, so ist das Umwerfen des Wagens eben so unvermeidlich, als wenn der Wagen an dieser Stelle uͤber ein großes Hinderniß wegfuͤhre. Der Wagen muß unter solchen Umstaͤnden gehoben werden, sobald der Radschuh zu tief in die Erde eingreift. A. d. Ueb.. 2. Wenn die Zuͤgel reißen, waͤhrend der Wagen einen Berg hinabrollt, oder etwas am Geschirre bricht oder sich verwikelt, kann der Kutscher den Wagen aufhalten und mit vollkommener Sicherheit herabsteigen. 3. Sollten die Pferde an einer der gefaͤhrlichsten Stellen der Straße scheu werden, so kann der Kutscher das Durchgehen derselben mittelst dieses Hemmschuhes hindern, und dadurch zugleich auch allen weiteren FolgenNur leider nicht dem Umwerfen oder Hinabstuͤrzen in einen Graben oder Abgrund. A. d. Ueb. einer so gefaͤhrlichen Lage auf der Stelle vorbeugen. 4. Wenn ein Rad bricht, oder waͤhrend der Wagen fortrollt, abgeht, so wird dieser Radschuh den Wagen solang aufrecht erhalten, bis Mittel herbeigeschafft sind, das Rad wieder anzubringen; und wenn die Pferde, wo es bergunter geht, bei glattem Wege im Winter zusammenstuͤrzen, so wird die Kutsche sowohl als jeder, der darin faͤhrt, vor Schaden bewahrt. 5. Dieser Hemmschuh erspart viele Zeit auf Reisen, indem er augenbliklich eingelegt werden kann. Da er mit Zaͤhnen oder Einschnitten an seiner Oberflaͤche versehen ist, welche bis auf die Erde hinabgelassen werden koͤnnen, so leistet er alles, was man bei Glatteis und glatten Wegen im Winter wuͤnschen kann, indem er so kraͤftig eingreift, daß die Kutsche sowohl vor dem sogenannten Schlaͤudern als vor dem Fallen, wenn sie einen Abhang hinunter fahren soll, gesichert ist. 6. Die Pferde werden dadurch geschont und koͤnnen laͤnger aushalten, indem sie (diejenigen naͤmlich, die an der Deichsel gespannt sind) nicht so schwer aufzuhalten, und keinen so starken Druk von dem Wagen zu erleiden haben, und nicht aufgerieben werden, wenn der Wagen bergab rollt: die vorderen Pferde koͤnnen waͤhrend dieser Zeit so zu sagen ganz leer gehen. 7. Koͤnnen Kutschen, welche mit einem solchen Hemmschuhe sind, mitten auf einem Abhange halten, und die Reisenden aus- und einsteigen lassen; sie koͤnnen vor einem Hause anfahren, wo es sonst unmoͤglich oder wenigstens gefaͤhrlich ist, still halten zu wollen. 8. Laͤßt diese Erfindung sich auch dort anwenden, wo die Pferde durchgehen wollen, indem in dem Augenblike, wo sie nicht mehr zu leiten sind, der Kutscher den Wagen leicht aufhalten, die Wuth der Pferde dadurch baͤndigen, und allem weiteren sonst unvermeidlichen Ungluͤke vorbeugen kannJeder Versuch, den haͤufigen Ungluͤcksfaͤllen, welche durch das Umwerfen der Kutschen taͤglich auf allen Straßen von Europa statt haben, vorzubeugen, verdient Dank und Aufmerksamkeit, wenn er auch nicht gelungen seyn sollte. Durch viele verungluͤkte Versuche kann man endlich vielleicht doch noch naͤher zum Zweke gelangen. Ein Hauptfehler aller unserer Reisewagen, vorzuͤglich der englischen und franzoͤsischen, ist der, daß sie zu hoch stehen, und fuͤr ihre Hoͤhe viel zu kurz sind. Man werfe nur einen Blik auf den hier gezeichneten englischen Wagen! Gegen solche radicale Fehler huͤlft kein Hemmschuh. Daß dieser Hemmschuh, zumal der in Fig. 30. angebrachte, viel zu zusammengesezt ist, um leicht anwendbar und fest und dauerhaft zu seyn, ist offenbar, aber auch der einfachere und festere in Fig. 31. wird, wo die Raͤder und Schrauben desselben uͤber und uͤber mit Koth oder Schnee und Eis bedekt sind, nicht so leicht, wie bei trokenem Wetter und reiner Straße zu gebrauchen seyn. Es muß noch eine einfachere Vorrichtung geben, die allerdings schoͤne Idee, den Hemmschuh außer dem Rade anzubringen, auf eine leichte und sichere Weise auszufuͤhren. Daß dieser Hemmschuh, insofern kein Rad dadurch gestellt wird, in dem Mittelpunkte der Schwere des Wagens, oder nur etwas hinter demselben, angebracht werden muͤsse, unterliegt keinem Zweifel, so wie es gewiß ist, daß deren zwei, die allenfalls durch einen Tritt mit dem Fuße gestellt werden koͤnnten, besser seyn wuͤrden, als einer. A. d. Ueb..

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Tafel Tab. III
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