Titel: Beschreibung der Mulejennys in den Baumwollen-Spinnereien. Von Prof. C. Bernoulli.
Autor: Prof. Christoph Bernoulli [GND]
Fundstelle: Band 8, Jahrgang 1822, Nr. I., S. 2
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I. Beschreibung der Mulejennys in den Baumwollen-Spinnereien. Von Prof. C. Bernoulli. Mit Abbildungen auf Tab. I. Bernoulli's Beschreibung der Mule-Jennys in den Baumwollen-Spinnereien. Allgemein gilt bekanntlich Arkwirght fuͤr den Erfinder der Baumwollen-Spinnerei durch Maschinen, und keine industrielle Erfindung der neuern Zeiten hat unstreitig einen groͤßer Einfluß auf die Gewerbsthaͤtigkeit gehabt. Fruͤher zwar wurden schon Maschinen zu diesem Behufe ersonnen, aber ohne besondern Erfolg, hauptsaͤchlich, weil man durch eine einzige Operation die gekrempelte Baumwolle in Garn verwandeln wollte. Arkwirght faßte jede Idee, und fuͤhrte sie gluͤklich aus, diese so kurzfaserige Materie durch eine Reihe von Operationen dem Faden allmaͤhlig anzunaͤhern, oder zum eigentlichen Spinnen vorzubereiten. In der Gestalt einer lokern endlosen Schnur verlaͤßt sie die Krempelmaschine, dann passirt diese eine Reihe von strekenden Walzenwerken, nach einem neuen, eigenthuͤmlichen Prinzip gebildet, wodurch jene Schnur uͤberaus gleichfoͤrmig wird, wodurch aber hauptsaͤchlich alle Fasern moͤglich parallel gelegt werden. Auf dem lezten Strekwerke nun (dem Laternenstuhl) erhaͤlt das Band eine geringe, kaum merkliche Zwirnung. Dann erst beginnt das eigentliche Spinnen, durch gleichzeitiges Ausdehnen und Zwirnen; und auch dieß wird successive auf zwei Maschinen, den Grob- und Feinstuͤhlen verrichtet. Die lezten erst liefern den Faden in der verlangten Feinheit und Staͤrke. Arkwirght's Spinnstuͤhle bestehen ebenfalls ans einem Walzstrekwerke, aus welchem der Faden auf Spindeln laͤuft, die mit einer Art Droßeln versehen sind, und ihre Stelle nicht veraͤndern. Diese Stuͤhle heißt man Wassermaschinen, in Frankreich Continues, weil sie ohne Unterbrechung fortspinnen. Schon etwas fruͤher erfand Hargreaves eine andere Art Stuͤhle. Das Ausziehen geschah durch eine Kneipstange (pince). Die Spindeln standen auf einem Wagen, und hatten keine Dersteln. Das Spinnen und Aufwikeln des Fadens hatte abwechselnd statt. Diese Maschinen heißt man Jennys. Solche sind noch in den Wollenspinnereien allgemein im Gebrauch. Ein dritter, Crompton, wußte bald darauf in einer dritten Art Stuhle das treffliche Strekwerk des erstem mit dem mobilen Spindelwagen des zweiten, auf eine hoͤchst gluͤkliche Weise zu verbinden. Diese gemischte Gattung von Stuͤhlen nannte er Mule-jennys (gleichsam Bastardstuͤhle, von Mule, Maulthier), und das Garn Muͤlegarn, was daher oft in Muͤhlgarn verdeutscht wurde. Nach und nach verdraͤngten diese Stuͤhle alle Jennys zum Spinnen der Baumwolle, und selbst die Continues wurde, beinahe nur zu Garn fuͤr gewisse Gewebe, die einen sehr drallen Faden erheischen, beibehalten. Dessen ungeachtet zog Crompton selbst wenig Vortheil aus seiner gluͤklichen Erfindung; weil sie kein neues Prinzip enthielt, konnte er kein Patent erlangen. Lange nachher erst ward ihm eine ansehnliche Belohnung (5000 Pfd.) von Seite des Parlament zu Theil. Mulejennys sind also jezt die bei weitem gebraͤuchlichsten Maschinen in allen Baumwollen-Spinnereien, und durch mancherlei Verbesserungen immer mehr vervollkommnet worden. Befremdend mag es daher scheinen, daß diese merkwuͤrdigen und viel verbreiteten Maschinen noch nirgends beschrieben sind; in den deutschen Werken, selbst in dem Martin'schen von PoppeDie englische Baumwollen- und Wollenzeug-Manufaktur, Pesth. 1819. 8. uͤbersezten, sind sie es gar nicht; in Borgnis und VautierBorgnis Mécan. appl. aux Arts. Vol. Etoffes 1819. Vautier Art du Filateur, Paris 1820. 8. Vergl. dieses Journal Bd. 6. S. 439. nur stuͤkweise. Durch folgende Darstellung wuͤnsche ich diese Luͤke einigermassen auszufuͤllen: Die Mulejennys gehoͤren unstreitig zu den zusammengeseztesten und sinnreichsten Maschinen, deren Mechanismus jedem Freund der Mechanik schon in hohem Grade fesseln muß. In jeder Spinnerei finden sich zweierlei dieser Stuͤhle; Grobstuͤhle und Feinstuͤhle. Die Baumwollschnuͤre oder Baͤnder werden naͤmlich zuerst auf jenen halbgesponnen, d.h. in Faͤden verwandelt, die lange nicht die gehoͤrige Feinheit und Zwirnung haben; diese erlangen sie erst auf den Feinstuͤhlen, durch welche sie ein zweites Mal gesponnen werden. Beide Arten Stuͤhle haben im Wesentlichen dieselbe Beschaffenheit, nur sind die Feinstuͤhle zusammengesezter. Zuerst also: von den Grobstuͤhlen. Die Grobstuͤhle (metiers en gros) oder Vorspinnmaschinen bestehen, wie die Feinstuͤhle, aus 5 Haupttheilen; naͤmlich: 1. dem Gestelle, 2. dem Spuhlenrahmen (oder den Baͤnderkasten), 3. dem Strekwerke (Strekbank), 4. dem Wagen (mit den Spindeln, Trommeln u.s.w.), und 5. dem Trieb- oder Raͤderwerk. Ihre Bestimmung oder Vorrichtung ist folgende: Die Baͤnder befinden sich auf den Spulenbaͤnken aufgestekt, oder in der Tramenbuͤchse hinter dem Stuhle, und passiren allmaͤhlig das Strekwerk; auf diesem werden sie zu einer 6 oder mehrfachen Laͤnge ausgedehnt. So wie dieß geschieht, gehn die Spindeln, die auf den Wagen stehen, und an denen die nun fadenartig gewordenen Tramen befestigt sind, mit wenigstens eben so großer Schnelligkeit vorwaͤrts, und zwar indem sie sich bestaͤndig mit großer Geschwindigkeit drehen, und indem die Faͤden von der Spindelspize (unter einem sehr stumpfen Winkel) ablaufen, so, daß sie eine Zwirnung oder Torsion erhalten. Ist aber der Wagen nebst den Spindeln, auf eine gewisse Entfernung, z.B. auf etwa 4 Fuß vorgeruͤkt, und folglich ein eben so langer Faden gebildet, so bleibt jener stehen; zu gleicher Zeit muß aber auch das Strekwerk halten. Da auf diese Weise gewoͤhnlich 100 bis 150 Faͤden miteinander ausgezogen werden, was merkliche Kraft erfordert, so soll diese Bewegung der Hauptmoteur der Spinnerei durch Mittheilung an dem Spinnstuhl verrichten. So wie aber der Wagen ausgezogen wird und haͤlt, werden die etwa abgerissenen Faͤden angedreht, dann saͤmmtliche Faͤden niedergebogen, so, daß sie nun von dem Bauche der Spindel ablaufen, und den Wagen von dem Spinner zuruͤkschieben. Waͤhrend dieser Zeit muß der Moteur auf den Stuhl gar nicht wirken, das Strekwerk ruhen, und die Spindel sich nur so geschwind gehen, daß die Faͤden sich aufwikeln. Jezt muͤssen die Faͤden wieder in die erste Richtung gehoben, und der Moteur wieder wirksam gemacht werden. Nun wollen wir vorerst Einiges uͤber die naͤhere Beschaffenheit der verschiedenen Haupttheile vorausschiken, und dann die Erklaͤrung versuchen, wie jene mancherlei Funktionen moͤglich werden. Da 120 oder mehr Faden gewoͤhnlich zugleich auf diesen Vorspunstmaschinen gebildet werden, so sind diese wohl 20 und mehr Fuß lang: solang also Gestell, Wagen, Strekbank etc. Das Gestell (bâhi) muß daher aͤußerst solid seyn, von gesundem, recht trokenem, starkem Eichenholz; jezt immer allgemeiner von Gußeisen. (Die gegossenen Stuͤke werden an großen Sandsteinen etwas abgeschliffen, und geschwaͤrzt.) Kommen die Tramen auf eine Spulenbank, wo sie in 2 Reihen aufgestellt werden, so muͤßen Kinder sie erst auf Spuhlen ziehen, was sie von Hand mit Huͤlfe einer ganz einfachen Winde verrichten, (S. Martin t. 1. f. 10.) Um die Handarbeit zu ersparen, wird es aber immer haͤufiger die Tramen in runde oder vierekige Kapseln hinter den Stuhl zu stellen. Das Strekwerk, die Strekbank oder Cilinderbank kommt in der Hauptsache mit den vorigen Strekwerken uͤberein. Die Tramen gehen durch ein Paar Cilinder; die untersten sind von Eisen und fein gefaͤrbt; die oberen sind mit Leder uͤberzogene Drukwalzen, und werden durch ein veraͤnderliches Gewicht fest angedruͤkt. Auf den zwei hintern liegt eine mit Tuch oder Pluͤsch uͤberzogene Pulwalze; unter den kanellirten Walzen sind oft noch Buͤrsten angebracht. Hinter der dritten Walze ist ein Glas oder Drahtring, oder ein kleiner gegossener Metalltrichter, um die Trame genau nach der Mitte jedes Cilinders zu leiten. Die Metallcilinder in einen Stuͤken zu 6 oder 8 Kerbwaͤlzchen verfertigt, werden so in einander gefuͤgt, daß sie eine einzige Laͤnge bilden, die sich zugleich dreht. Die beiden hintern Cilinder bewegen sich beinahe gleich schnell, weil sie nur das Spannen bezweken; der vorderste aber etwa 6 mal schneller. Der Wagen laͤuft auf 2 oder 3 Paar eisernen Raͤdern, und diese laufen in gefurchten Bahnen, die auf dem Boͤden anliegen. Vorn steken die eisernen Spindeln, etwas schief gegen die Strekbank gerichtet. Sie erfodern die genaueste Sorgfalt, daß sie sich ohne das mindeste Schwanken drehen. Jede dreht sich in einer messingenen Unterlage (crapan dixe) oder auf Glas oder Silex, und ist mit einer blechernen Rolle oder Wuͤrtel versehen, um welche die Rundschnuͤren laufen; diese werden durch eigene hoͤchst sinnreiche Maschinen aus Baumwollengarn verfertigt. Im innern untern Raume des Wagens sind die Trommeln. Jede sezt 24–30 Spindeln durch 12 bis 15 Schnuͤre in Bewegung; denn jede Schnur laͤuft von der Trommel uͤber 2 Wuͤrtel z.B. uͤber 1 und 13; 2 und 14 etc. Jedes Paar Wuͤrtel liegt natuͤrlich etwas hoͤher. Ein Wagen von 120 Spindeln hat demnach etwa 5 Trommeln, jede zu 12 Schnuͤren, die 24 Spindeln bewegen. Vorn am Wagen findet sich ferner die Einwindstange mir dem Einwinddraht (bagnette), so wie hinten der Leitdraht (contre bagnetta), um die Richtung des Fadens gegen die Spindel zu veraͤndern. Zugleich bewirkt gewoͤhnlich die Drehung der Einwindstange das Eingreifen oder Ausheben eines Hakens, wodurch die Bewegung des Wagens von dem Hauptrade frei oder abhaͤngig gemacht wird. Endlich finden sich unten die sogenannten Kreuzrollen, welche den Wagen stets parallel fuͤhren, und ein Haken, der die ploͤzliche Abstellung bewirkt, sobald der Wagen herausgezogen ist. Die Bewegungen oder das Triebwerk, sind gemeiniglich fast durchaus auf der rechten Seite des Stuhls, selten in der Mitte angebracht. Lezteres gewoͤhnlich nur bei sehr langen Stuͤhlen, oder bei solchen, die gegen einander stehen, so, daß 1 Spiner 2 Stuͤhle leitet. Wir zergliedern nun die einzelnen Bewegungen. Die Mittheilung der Bewegung an dem Spinnstuhle geschieht auf folgende Weise: A (Fig. 1.) Ist der große Moteur, dessen Achse durch die ganze Spinnerei geht. Ein endloses Seil verbindet denselben mit dem Hauptrade des Stuhls B; doch so, daß neben der Rolle C eine Leerrolle liegt (S. Fig. 7). Durch Verschiebung des Seils auf leztere wird alle Bewegung abgestellt. An B findet sich auf der inneren Seite ein konisches Getriebe a, so wie die Kurbel b. B Ertheilt nun direkte zweierlei Bewegungen. 1tens. Greift das Getriebe a in ein anderes c, welches vermittelst der Achse d (arbre de couche) das Strekwerk nebst dem Wagen (wie gleich gezeigt werden soll), in Bewegung sezt. 2tens. Geht vom großen Umfange des Rads eine Breite nach der konischen Rolle e zur Bewegung der Trommeln. Leztere hat naͤmlich also statt: e ist wieder mit f durch ein anderes Seil verbunden, welches sich um den obersten Einschnitt der Rolle g an der Trommel h schlingt, von da um alle Rollen der uͤbrigen Trommeln geht, und erst nach seiner Ruͤkkehr wieder um den unteren Einschnitt von g nach f, und von da wieder nach e zuruͤkgefuͤhrt wird. Dreht sich B, so drehen sich hiemit auch alle Trommeln (und daher alle Spindeln) mit sehr großer Geschwindigkeit. Gerade um diese Geschwindigkeit (und dadurch auch die der Spindeln und also die Torsion des Fadens) abaͤndern zu koͤnnen, ist e eine konische Rolle mit 5 oder mehr Laͤufen. Das Seil, das B mit e verbindet, wird daher nach Bedarf uͤber die eine oder andere Furche geschlagen. Daß F (oder e und f) verschiebbar sind, um das lange Trommel-Seil gehoͤrig zu spannen, versteht sich von selbst. Die Torsion hat endlich so lange statt, bis das Hauptseil von C auf die Leerrolle gezogen wird, dieß bewichtet einen besondern Absteller oder Hebel, dessen Schwanz entweder einen metallenen Ring hat, durch welchen das Hauptseil laͤuft, oder mit einer kleinen Rolle versehen ist, die auswaͤrts geschoben wird. Bei lezterer Vorrichtung die wenige Friktion erheischt, laͤuft das Seil also zwischen 2 Rollen, nehmlich C und der Abstellrolle. Weit mehrere Bewegungen dependiren von dem Wirbelgetriebe a, in welches c eingreift. 1) Wird dadurch das Strekwerk in Bewegung gesezt. Indem sich c dreht, dreht sich auch d (Fig. 2) und dadurch e, an dessen Achse die vorderste Strekwalze f stekt. Dessen Getriebe bewegt aber vermittelst g und h das Rad i, an dessen Achse die hinterste Strekwalze 3 stekt, die hiemit etwa 6 mal langsamer geht. Auch i Fig. 3. hat ein Getriebe k, das in l, und dieses in m greift. An m stekt aber die mittlere Strekwalze 2. Hat nun m 19 Zaͤhne und k 20, so sieht man, daß die Walze 2 um 1/20 schneller gehen muß als 3. Wodurch eine gehoͤrige Spannung bewirkt wird. So bewegt das Rad B auch das Strekwerk, und da in den schraͤgen Achsenbaum d ebenfalls ein Hebel eingreife, wodurch c von a seitwaͤrts gerieben und entfernt werden kann, so sieht man, wie auch das Strekwerk zur gehoͤrigen Zeit gestellt werden kann. 2) Aber geht von dem konischen Getriebe a auch die mechanische Bewegung des Wagens aus. Das Getriebe f (Fig. 2.) greift naͤmlich auch in das Rad n ein, und treibt dadurch die Rolle s, welche mit r durch ein endloses Seil verbunden ist. Dieser Theil heißt die Maindouce. Ist nun, waͤhrend n sich bewegt, der Wagen auf irgend eine Weise an einer Stelle des untern Seiles befestigt, so muß er vorwaͤrts gezogen werden, so wie die Bewegung der Rolle a das obere Seil hinterwaͤrts zieht. Dieses Vorziehen des Wagens bewirkt demnach die Maschine oder der Moteur; da aber der Magen jedesmal wieder zuruͤk geschoben werden soll, so muß er abwechselnd wieder frei gemacht werden koͤnnen. Dazu sind allerlei Mechanismen ersonnen worden. Ich bemerke nur Folgendes. In aͤltern Maschinen ist der obere Wagenpfosten geradezu an das untere Seil befestigt; aber die Einrichtung getroffen, daß, so wie der Wagen seinen Gang vollendet hat, das Rad n vorwaͤrts geruͤkt, und also ausgehoben wird. Der Wagen wird dann vom Spinner mit der Hand zuruͤkgestossen, ohne Einwirkung auf das uͤbrige Raͤderwerk etc; und das Seil wieder in die vorige Lage gebracht. Schon diese bestaͤndige Erschlaffung des Seils, und das erschuͤtternde Einschlagen des Rades n, wodurch oft Zaͤhne gebrochen werden, machen aber diese Methode verwerflich. Gewoͤhnlich wird jezt das untere Seil uͤber eine 3te Rolle q (Fig. 2) gefuͤhrt, die mit einem Sperr-Rad versehen ist; in diesen Sperr-Rad druͤkt dieselbe Bewegung der Einwindstange, die bei Ausziehen des Fades erforderlich ist, ein Sperr-Haken, wodurch die Rolle q unbeweglich wird, so, daß der Wagen ebenfalls vorwaͤrts geht, bis die Einwaͤrtsbahn jener Stange den Sperr-Haken aushebt. Nun kann aber auch der Wagen zuruͤkgehen; das Seil wikelt sich blos um die 3te Rolle q, und r und s bleiben ruhig. Sehr schoͤn geschieht es aber auch indem eine Vaucanson'sche Kette r und s verbindet. Hier ist keine 3te Rolle noͤthig; die Kette liegt trefflich an (ohne Zaͤhne) und laͤßt sich- wenn sie einmal recht gespannt ist, nicht mehr aus einander. Das Ein- und Aushaken des Wagens hat dann also statt: Am Ende der Einwindstange ist ein gezaͤhnter Sector x (Fig. 4.), der in eine Zahnstange oder Crèmaillère y greift, die in einen Stift z endigt. Wird die Stange auswaͤrts gekehrt, so steigt die Crèmaillère, und der Stift z greift in irgend ein Glied der Kette o, welche also den Wagen zieht. Wird die Stange einwaͤrts gekehrt, so tritt der Stift heraus, und der Wagen kann ohne alle Beruͤhrung der Kette zuruͤk geben. Die Hauptfunktion der Einwindstange, die der Spinner beginnt, ist indessen das Niederdruͤken der Faͤden. Waͤhrend der Wagen hervorruͤkt, laufen alle Faͤden von dem Kopfe der Spindel schief gegen das Strekwerk. Sie bilden daher gleichsam eine verlaͤngerte Achse der Spindel a, drehen sich also um sich selbst. – Waͤhrend aber der Wagen zuruͤkkehrt, sollen sie sich vielmehr auf die Spindel aufwikeln. Die Faͤden maͤßen zu dem Ende von dem Bauch der Spindel ablaufen, und gegen diese senkrecht stehen. Dieß geschieht, so wie die Einwindstange l (Fig. 1 und 5) einwaͤrts gedreht wird. Ein der Laͤnge nach gespannter Draht m (die Bagnette) druͤkt dann alle Faͤden herab, waͤhrend ein zweiter n (die Contrebagnette) sie von hinten aufwaͤrts druͤkt (Fig. 5). Gegengewichte bringen nachher die Draͤhte wieder in ihre vorige Lage (Fig. 1). Die Kurbel b (Fig. 1) dient 1) um das Rad B, wenn es ruhen soll, vollends anzuhalten; 2) waͤhrend des Zuruͤkfuͤhrens des Wagens die Trommeln und Spindeln langsam zu drehen, damit der Faden sich aufwikele; 3) dem Rad B wieder den ersten Impuls beim Vorruͤken des Wagens zu geben. Eben so ist hinter der Strekbank eine Stange – die Stellstange (perche de la dètente) befindlich, womit das Seil wieder von der Leerrolle auf die fixe Rolle gehoben wird. (Davon ein Mehreres bei der unten folgenden Erklaͤrung einer Doppelbewegung). Endlich verdient der sinnreiche obschon sehr einfache Mechanismus Erwaͤhnung, wodurch der Wagen genoͤthigt ist, sich stets voͤllig parallel zu bewegen. Unter demselben befinden sich naͤmlich an jedem Seitenende eine Rolle mit doppelter Rinne. Ueber diese 2 Rollen a und b (Fig. 6) sind 2 durchaus gleich lange Seile gespannt, wovon jedes an 2 diagonal entgegen gesezten Pfosten befestigt ist, das eine laͤuft uͤber die untere Rinne, wie pppp, das andere uͤber die obere, wie qqqq. Es ist leicht zu erachten, daß die geringste schiefe Abweichung des Wagens eine Verlaͤngerung des einen Seils erfoderte, was unmoͤglich ist. Diese beiden Rollen, die uͤbrigens in keiner andern Verbindung stehen, heißen die Kreuzrollen (lesguides). Hauptsaͤchlich bewirkt indessen noch den Parallelismus des langen Wagens, daß die Main douce auf beiden Seiten des Stuhls angebracht ist. Es wird nach dem Vorigen wohl nicht schwer seyn, zu erkennen, wie der Stuhl die angegebene Bestimmung erfuͤllen kann. Der Spinner, so wie der Wagen zuruͤkgeschoben ist, dreht die Einwindstange so, das, der Wagen mit den Main douce verbunden wird, und der Faden sich auf den Spindelkopf hebt; und ruͤkt dann die Perche, damit sich das Hauptseil nun von der Leerrolle auf die Fixe schiebe, und gibt dem Rad den 1ten Impuls mit der Kurbel. – Sogleich geht der Wagen vorwaͤrts, das Strekwerk ist die Bewegung, und eben so sind es die Trommeln und Spindeln. Ist er auf eine bestimmte Entfernung vorgeruͤkt; so wirkt ein unten am Wagen gewoͤhnlich angebrachter Haken auf die Abstellhebel, und sogleich ruͤkt der schiefe Baum (d) aus dem Getriebe, und das Hauptseil wieder auf die Leerrolle und alle Bewegung hoͤrt auf. Der Spinner, der also waͤhrend des Vorruͤkens nichts zu thun hatte, und eben daher zuweilen zur Besorgung zweier gegeneinander gekehrter Stuͤhle angehalten ist, druͤkt dann mit der Linken die Einwindstange so, daß die Faden sich senken, und der Wagen frei wird, und stoͤßt diesen zuruͤk, damit das Garn sich aufwikelt, waͤhrend er mit der Rechten die Kurbel fuͤhrt. Von den Feinstuͤhlen. Diese ersten Faden kommen nun auf die Feinstuͤhle (métiers en fin), wo sie noch etwa 6mal duͤnner und ungleich staͤrker gedreht werden sollenDiese jedesmalige sechsfache Verlaͤngerung muß zwar als sehr willkuͤhrlich erscheinen; nach der Erfahrung ist aber eine solche als die Zwekmaͤssigste anzusehen.. Im Wesentlichen haben diese ganz die Mechanik des vorigen; so, daß ich hier nur das Unterscheidende bemerke. 1) Haben diese Stuͤhle immer eine aus 2 Reihen bestehende Spulenrame, auf deren Spindeln man geradezu die Spulen, wie sie von den Grobstuͤhlen abgenommen werden, aufstekt. 2) Haben sie insgemein die doppelte (zuweilen auch 3fache) Anzahl Spindeln, so, daß die meisten Stuͤhle zwischen 200 und 360 Faͤden auf einmal liefern. 3) Gehen insgemein 2 Faͤden nebeneinander uͤber 1 Kerbwalze des Strekwerks: so, daß ein Stuhl mit 200 Sp. nur 3 mal 150 Kerbwalzen, eben so viele Drukwalzen und 150 Puzwalzen hat. 4) Geht das Ausziehen merklich langsamer, es brechen weit mehrere Faͤden (daher oft 3 Anknuͤpferinnen 1 Stuhl bedienen). – Eben deßwegen, und weil die Vorspunst doch auf's Sechsfache verlaͤngert wird, reicht 1 Grobstuhl fuͤr 8 und mehr Feinstuͤhle hin. 5) Vornehmlich erheischt aber die weit staͤrkere Torsion einen besondern Mechanismus. Es soll naͤmlich das Garn, nach dem der Faden ausgezogen ist, noch eine Zeit lang fortgezwirnt werden. Die Trommeln muͤssen daher spaͤter als Wagen und Strekwerk abgestellt werden. Der Mechanismus, der diese lezte Abweichung bewirkt, heißt der Zaͤhler oder Compteur. An dem aͤussersten Achsen-Ende des großen Rades B. (Fig. 7) befindet sich eine Schraube ohne Ende, die in das gezahnte Rad F. eingreift, und bei jedem Schwung des Rades einen Zahn ruͤkt. Am Rade F ist aber ein Stift, oder an dessen Achse ein krummer Haken, (eine Schnauze) der erst dann auf den Hebel der Abstellung wirkt, und das Seil auf die Leerrolle schiebt, wenn das Rad eine bestimmte Anzahl Umschwuͤnge vollendet hat. Beide Abstellungen sind demnach unabhaͤngig von einander, hat der Wagen die Aipuilrére gebildet, so hebt sich zuerst nur der schiefe Baum (arbre de couche) aus, und Wagen und Strekwerk sieht still; – das Hauptrad B macht aber nach Bedarf noch 5, 6 oder mehrere Umschwuͤnge, ehe auch diese und hiemit die zwirnenden Trommeln zum Stillstand kommen. Auch dieses erlaͤutert noch mehr die Erklaͤrung der Doppel-Bewegung (Fig. 3) uͤbrigens sind die Einrichtungen des Zahlers sehr abweichend. Bei den Feinstuͤhlen ist endlich vornehmlich die genaue Regierung des Strekwerks wichtig, daher ich sie hier erklaͤre. Gesezt es soll Garn von Nro. 44 gesponnen werden, st werden zwar alle fruͤhere Operationen darnach berechnet, zumal aber die Vorspunst gewogen oder numerotirt. Finden diese sich von Nro. 7. so muß sie 6 2/7 mal verfeinert, und darnach das Strekwerk genau eingerichtet werden. Dieß geschieht, indem man das Getriebe oder den Pignon h (Fig. 2.) aͤndert; (der daher auch (pignon derechange heißt) je weniger Zaͤhne dieser hat, desto langsamer geht i und also der hinterste (und mittlere) Strekcilinder gegen den vordersten, und desto staͤrker ist die Staͤrkung. So hat jeder Stuhl gewoͤhnlich 10 bis 12 solche Abaͤnderungsgetriebe, die (so wie g) in einem doppelt d.h. senkrecht, und wagerecht verschiebbaren Lager eingesezt werden koͤnnen, und nach ihren Nummern (von 25–39 Z.) von dem Spinnmeister vorgeschrieben werden. Da ein Feinstuhl von 260–280 Spulen etwa 1 Pf. oder 1/2 Kilogram Garn von N. 40 doch eine Laͤnge von 40,000 Metres oder 120,000 Fuß in 1 Stunde spinnen mag, und jeder Wagenzug etwa 1200 F. liefert, so muß der Wagen in 1 Stunde etwa 100mal, oder in jeder Minute fast 2mal vorruͤken. Acht bis zehn Stuͤhle von 240–280 Spulen, oder 2250 Spulen, spinnen also taͤglich von obigen Mittelnummern etwa 1 Centner Garn (oder 100 Pf.). Ueber den hohen Preis dieser Maschine, der mehrere tausend Franken betraͤgt, wird man sich kaum wundern, wenn man bedenkt, wie sehr viele einzelne Theile dieselbe zaͤhlt, die alle mit der groͤßten Genauigkeit ausgefuͤhrt seyn muͤßen, und man erstaunt, wie leicht und geraͤuschlos recht gut konstruite Maschinen dieser Art gehen. Auch werden, sie sehr rein gehalten; und woͤchentlich einmal wenigstens wird das ganze Strekwerk auseinander genommen, gereinigt, und geoͤlt. Auch dieß verrichten dieselben Kinder, die mit besonderer Gewandheit das Andrehen oder Andruͤken der brechenden Faͤden besorgen. Die Feinstuͤhle befinden sich gewoͤhnlich auf den obern Strekwerken einer Spinnerei, und ihre Ausdehnung pflegt man auch blos nach der Anzahl der Feinspinnstuͤhle, oder ihrer Spindeln, anzugeben. Von den Mule-jennis fuͤr die feinsten Garnsorten. Obschon abweichend in vielen einzelnen Einrichtungen, und zumal in der Genauigkeit und Schoͤnheit der Ausfuͤhrung, so kommen doch alle Mulejennys im Wesentlichsten der Construktion mit einander uͤberein. Die meisten Abweichungen, und Eigenheiten kommen den Spinnstuͤhlen zu, welche die feinsten Garnsorten produziren sollen, N. 150, 200 und daruͤber. Ich erlaube mir hier blos einige allgemeine Bemerkungen, die ich ohne Indiskretion glaube mittheilen zu duͤrfen, uͤber die neuesten englischen Spinnstuͤhle, welche Hr. Dixson unlaͤngst nach Frankreich gebracht, und die in der eben so schoͤn eingerichteten als trefflichen Maschinen-Fabrik der HH. Dikson und Risler zu Sennheim (im Oberrhein) nun verfertigt werden. Die Baumwolle, von Hand geschlagen, und auf beiden Kardenmaschinen in Boudins verwandelt, passirt 8 successive Strekwerke zu 4 Walzen, wovon jedes vierfach reducirt, und dann den Laternenstuhl. Diesen verlaͤßt sie in der Gestalt duͤnner lokerer Bindfaͤden. Diese werden von Hand auf Spulen duplirt; und so erst auf die Vorspunst-Maschine gebracht, welche 120 Spulen hat, ein Raͤderwerk, das anzeigt, wenn die Vorspunstspule eine bestimmte Groͤße erlangt, im Ganzen aber die Einrichtung der Feinstuͤhle. Von diesen leztern sind 2, jeder zu 360 Spulen so mit der Ruͤkseite aneinander verbunden, daß das Gestell (aus Gußeisen) ein Ganzes ausmacht, und beide Spinnen gegeneinander stehen. In der Mitte steht, auf dem Boden, der Hauptmoteur. eine senkrechte Trommel; von diesen gehen Rinnen zu beiden Seiten nach einer andern senkrechten Trommel mit 3 Rollen, welche das Hauptrad vertritt; die eine fuͤr den vordem, die andere fuͤr den hintern Stuhl. Vorn ist eine Kurbel, die wie Leyerkurbeln gedreht wird; daher auch diese Construktionen box-organs (Leyer-Maschinen) heissen. Die groͤßte Eigenthuͤmlichkeit dieser Stuͤhle besteht aber darin, daß die Torsion in 3 Perioden erzielt wird, zu welchem Ende jene dreifache Rolle vorhanden ist. Gleich Anfangs ruͤkt das Seil auf die 1te Rolle, der Wagen geht ganz langsam und sachte vorwaͤrts, Strekwerk und Trommeln sind in Bewegung. Ist der Faden auf 42 Zoll ausgezogen, so faͤllt das Seil auf die 2te Rolle. – Nun geht der Wagen noch 8 Zoll weiter, aber das Strekwerk ruht, und nur die Trommeln bewegen sich fort, und zwar mit doppelter Geschwindigkeit. Nun steht auch der Wagen still, es hat keine Dehnung mehr statt, aber die Bewegung der Trommeln geht mit erhoͤhter Geschwindigkeit, und mit dieser dauert die Torsion fort. Dann erst faͤllt das Seil auf die 3te Rolle oder Leerrolle. Nun steht alles still, und der Wagen wird zuruͤkgeschoben. Daß (bei diesem Ausziehen ohne Nachruͤken) sehr viele Faden brechen versteht sich, es sind daher auch einige Kinder fuͤr jeden Stuhl zum Andrehen noͤthig, desto gewisser bleiben aber keine schwachen Stellen; 9'' Vorspunst werden etwa 50'' lang, und erhalten auf diesem Wege an 2400 Zwirnungen. Ein Wagen liefert aber mit 360 Spulen auch kaum 2 Pf. Garn taͤglich; und ein Doppelstuhl dieser Art mit 720 Spulen kommt (die Spule zu 11 F.) auf 7,920 Franken zu stehen. Wer sich indessen in der Feinspinnerei versuchen will, wird sich dennoch gern an die obigen geschikten Kuͤnstler wenden. Erklaͤrung einer Doppelbewegung. Die bloße Aufgabe den Trommeln, und hiemit den Spindeln eine verschiedene Geschwindigkeit zu ertheilen, um, wenn die Torsion zulezt noch, ohne daß das Strekwerk (und meist auch der Wagen) geht, fortgesezt wird, durch groͤßere nun erlaubte Geschwindigkeit an Zeit zu gewinnen, ist an sich so wichtig und interessant, daß ich nicht umhin kann, noch eine andere Vorrichtung mitzutheilen, wodurch sie geloͤst werden kann; zumal mehrere der vorhin erwaͤhnten Theile dadurch naͤhere Erlaͤuterung erhalten. – Fig. 8 stellt die rechte Seite eines Feinspinnstuhles mit den zu diesem Zweke noͤthigen Theilen dar; x ist die Stange (barre oder perche); AA die Hand oder der Hebel, dessen Ende das Hauptseil auf die große Treibrolle oder Leerrolle T und L verschiebt. aa ist der Hebel fuͤr die beiden kleinen Rollen oder Scheiben t und l. Von dem Moteur gehen also 2 Seile nach dem Stuhl; das eine nach den großen, das andere nach den kleinen Rollen. Beide Hebel A und a spielen um die Punkte B und b. C ist ein Gewicht, das uͤber eine kleine Leitrolle haͤngt, und den Hebel A, wenn es frei wirken kann, von T nach L verschiebt. c ist ein aͤhnliches Gewicht, das eben so a von t nach l zieht. DE ist eine Bascule oder Schnapphebel, dessen Haken den Arm A auf der Treibrolle T fest halten kann. de ist ein aͤhnlicher Schnapphebel fuͤr aa. F die Kurbel, an deren Achse g die Schraube ohne Ende h ist; diese greift in ein Rad, an dessen Achse i die beiden Schnauzen n und m befindlich sind, welche die Enden der Schnapphebel E und e aufheben koͤnnen, so, daß sie die Arme A und a loslassen, und daß die Gewichte C und c nun wirken koͤnnen. Wird demnach x von der Linken zur Rechten geflossen, wenn der Wagen seinen Lauf beginnt, so geht A von L nach T das Seil des Moteurs treibt also die große Rolle (a bleibt auf l). Gesezt nun nach 20 Umgaͤngen der Rolle T soll diese Bewegung in eine geschwindere uͤbergehen, so bewirkt dieß der Zaͤhler oder die Schraube h. Nun muß die Schnauze n so gestellt seyn, daß sie gerade nach dem h 20 Zaͤhne ergriffen hat, und nun auch DE hebt. Der Arm AA wird frei, und C zieht ihn nebst dessen Treibseil von T nach L; die großen Rollen ruhen also. Da aber der 2te kleinere Schnapp-Hebel de bei d an dem Arm A befestigt ist, so bewirkt jene Bewegung zugleich, daß de den kleinen Arm aa zuruͤkzieht, das heißt, von l auf t schiebt. Jezt bewegt also t die Trommeln, und da t einen nur halb so großen Durchmesser hat, so muß die Geschwindigkeit die doppelte seyn. Diese Geschwindigkeit wird wieder so lang fortdauern, bis die Schnauze m nun auch den Schnapphebel de luͤftet, und dadurch das Gewicht c wirksam wird. Jezt laufen beide Treibseile auf die Leerrollen, und alle Bewegung hoͤrt auf. – Daß auch dieß die Schraube mit deren Getriebe nach einer gegebenen Anzahl Umgaͤnge der Rolle ausfuͤhren wird, ist einleuchtend, daher auch der Name Zaͤhler oder Compteur.

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Tafel Tab. I
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