Titel: Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich von Kurrer.
Autor: Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND]
Fundstelle: Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XXIV., S. 155
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XXIV. Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich von Kurrer. Fortsezung. v. Kurrer über das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von dem Bleichen der vegetablischen Stoffe vermittelst Wasserdaͤmpfe. (Chaptals Bleich-Methode). Das Verfahren, mit Wasserdaͤmpfen in Mitwirkung alkalischer Salze vegetabilische Stoffe zu bleichen, kam gleich nach Einfuͤhrung der tuͤrkischen Rothfaͤrberei in das suͤdliche Frankreich, es blieb hier aber so lange ein Geheimniß, bis Graf Chaptal das Verfahren vermittelst milder und aͤzender Sode oͤffentlich bekannt machteChaptal, la chimie appliquée aux arts, V. III.. Man sagt, es stamme aus dem Orient. Bawens, Eigenthuͤmer der großen Baumwollen-Spinn- und Weberey zu aux bons hommes bei Passy, bediente sich zuerst der kaustisch-alkalischen WasserdaͤmpfeEs ist eine unrichtige Vorstellung, welche Graf Chaptal, Bosc, Bourlier und alle brittische Manufakturisten mit einander gemein haben, daß die alkalische Lauge im Dampfkessel bei erhoͤhter Temperatur sich verfluͤchtige, und die Faser der vegetabilischen Stoffe penetrire. Die elastischen Daͤmpfe, welche bei einer Temperatur von hoͤchstens 230 Grad Fahrenheit oder 88 Grad Reaumur bei dergleichen Dampfapparaten in den verschlossenen Kasten aufsteigen, sind reine Wasserdaͤmpfe, welche die mit dem Stoffe impregnirte alkalisch-salzige Theile disponiren, die Faser aufzulokern, den Extraktivstoff so wie andere Unreinigkeiten aufloͤsen, und sich bei Anhaͤufung und Kondensation der Daͤmpfe in tropfbare Fluͤssigkeit hinwegwaschen. Aus dieser Ursache kommt es bei dem Prozeß des Bleichens mittelst verdichteter Wasserdaͤmpfe auf folgende Umstaͤnde an:1) Daß die Waare, bevor man sie in dem Bleichkasten der Einwirkung der Daͤmpfe aussezt, durch Fermentation von der Schlichte und einem Antheil des Extraktivstoffes moͤglichst befreit werde;2) Daß man zum Impregniren derselben eine kaustische Kali- oder Natronlauge, bei Baumwollen Stoffen von 2 Grad, bei leinener Waare hingegen von 6 Grab nach Becks Areometer, anwende, weil die Wasserdaͤmpfe durch Verdichtung und Bildung tropfbarerer Fluͤßigkeit, die alkalische Lauge bald verduͤnnt, und in kurzer Zeit mit dem aufgeloͤsten faͤrbigen Stoff abgespuͤhlt wird;3) Daß eine Wiederholung mit kaustischer Lauge von derselben Staͤrke erfolge;4) Daß durch abwechselndes Auslegen auf die Bleichwiese und Behandeln im Dampfbade die Waare so lange manipulirt werde, bis sie den absoluten Grad der moͤglichsten Weiße erreicht habe. Bei Substituirung der Chlorine oder der Verbindung dieser Saͤure mit Kali, Natron oder Kalkerde wird die Luftbleiche entbehrlich dagegen aber schwefelsaure Baͤder noͤthig.5) Die Zeit, welche die Waare im Dampfkasten zuzubringen hat, richtet sich nach der Staͤrke der alkalischen Lauge, womit sie vorher impregnirt wird; zwei bis drei Stunden sind bei dem angezeigten Grade derselben hinreichend, um durch die sich tropfbar bildende Fluͤßigkeit der Wasserdaͤmpfe vollkommen mit dem ausgezogenen Farbestoff abzuspuͤhlen. Soll die Operation fortgesetzt werden, so wird die Waare nach Verlauf dieser Zeit wieder mit frischer Lauge getraͤnkt. Das franzoͤsische und englische Verfahren mit schwachen alkalischen Laugen zu impregniren ist, und bleibt mangelhaft. Eben so unzureichend ist das zu lange Verweilen der Waaren im Dampfkessel; denn wenn die mit dem aufgeloͤsten Extraktivstoff verbundene Lauge abgespuͤhlt ist, und kein alkalisches Salz mehr vorwaltet, gehen die Daͤmpfe nuz- und wirkungslos verloren, da die elastische Wasserdaͤmpfe an und fuͤr sich keine bleichende Wirkung besizen, und durch zu langes Daͤmpfen der Faden in seiner Dauerhaftigkeit leidet. Es entsteht derselbe Nachtheil, wenn die mit Kali penetrirte Leinwand der Wirkung elastischer Wasserdaͤmpfe, ohne leztere bald tropfbar fluͤßig zu erhalten, dargeboten wird. Man hat Beyspiele, daß Leinwand mit reinen Kalien getraͤnkt und der Wirkung kochender Wasserdaͤmpfe 6–8 Stunden hindurch ausgesezt, ihre Dauerhaftigkeit gaͤnzlich verlieren. Chaptal scheint selbst in der lezten Zeit diese Ueberzeugung gewonnen zu haben, da er die Abaͤnderung des Herrn Bardel genehmigte, durch welche die Wirkung der heißen Daͤmpfe beseitiget wird. Die Vorrichtung Bardel's besteht darin, daß die alkalische Lauge in einem verschlossenen Kessel vermittelst einer Roͤhre in die zugedekte Bleichbuͤtte uͤbergeleitet wird, und eine zweite Roͤhre den Kessel wieder von selbst speiset. Diese Vorrichtung gleicht unserem dampfartigen Laugenapparate. –Es ist dennoch ganz uͤberfluͤßig, den Dampfkessel mit alkalischer Lauge vorzurichten; reines Flußwasser macht denselben Effekt, leztere wird durch das abgespuͤhlte alkalische Salz, womit die Waare penetrirt worden, alkalisirt. Anmerk. d. Verf., und bleichte nach Chaptals Methode 2–3000 Ellen Baumwollen-Zeug, so leicht und wohlfeil, daß kein anderes Bleichverfahren, verfahren, wie er behauptet, damit verglichen werden kann. Der erste Versuch wurde mit 1500 Ellen Baumwollen-Zeug fuͤr den Kattundruk gemacht. Bawens war mit dem Erfolg im nachmaligen Druken und Faͤrben der Waare vollkommen zufriedenWir Deutsche moͤchten diese franzoͤsische Behauptung nur relativ fuͤr einzelne Faͤlle im Druk- und Faͤrben anerkennen, und Herr Bawens duͤrfte in der Folge auf Schwierigkeiten gerathen, die ihn auf's Neue auf eine andere Ueberzeugung leiten. Ohne Auslegen auf die Bleichwiese oder Passage durch Chlorin- oder Chlorinverbindungsbaͤder und nachherigem schwefelsauern Bade ist wohl schwerlich nach Bawens Verfahren ganz gebleichte Waare fuͤr den Krappkessel zu erhalten. Anmerk. d. Verf.. Bei seinem Dampfapparate bediente er sich des Haspels oder der Winde, einer neuen Vorrichtung, welche Chaptal in seinem Apparate nirgend angegeben hat. Die Versuche, welche mit Hamf gemacht wurden, berechtigten Bawens zu der Ueberzeugung, daß das neue Verfahren zu Bleichen auch auf feine Stoffe anwendbar sey. Es wurden daher zur Probe 130 Stuͤke sehr schmuziger Leinwand in einer schwachen Lauge, welche aus 200 Pfund Wasser und einem Pfund Soda bereitet war, eingeweicht, 6 Stunden in den Dampfapparat gebracht, und dann noch zweimal eben so behandelt. Bei dem darauffolgenden Waschen war nur 1/4 Pfund Seife noͤthig, ihnen die gehoͤrige Weiße zu geben. Ein zweiter Versuch ward auf gleiche Weise angestellt, außer daß die Lauge 5 Pfund Seife in geloͤstem Zustand erhielt. Mit der von diesen Versuchen uͤbrig gebliebenen Lauge, die man mit etwas frischer Lauge vermischt hatte, konnten noch 140 Stuͤke Leinwand mit dem guͤnstigsten Erfolge behandelt worden. Es waren auf diese Art 400 Stuͤke Leinwand mit geringen Kosten und in Zeit von zwei Tagen gereiniget wordenOhne Zweifel war diese Leinwand nicht mehr im rohen ungebleichten Zustande, sondern fruͤher schon weiß gebleicht, und nur durch den Gebrauch schmuzig geworden; aber ein solches Wegschaffen des Schmuzes ist kein eigentliches Bleichen, sondern ein Waschen. Anmerk. d. Verf.. Chaptal bleichte 200 Leinentuͤcher aus dem Hospital Hôtel-Dieu mit einer Ersparniß gegen die gewoͤhnliche Art, wie sich 4 zu 7 verhaͤlt. Die Wasserdaͤmpfe zerstoͤrten wegen ihrer erhoͤhten Temperatur allen Krankheitsstoff. Es koͤnnen auf diese Weise alle Miasmate und Krankheitsstoffe, die sich an vegetablische Kleidungsstuͤke anhaͤngen, mit leichter Muͤhe, weggeschaft werdenDieses Verfahren moͤchte nicht uͤberall ausreichen. Die Zerstoͤrung aller gefaͤhrlichen Krankheitsstoffe, womit die baumwollene und leinene Wasche infizirt ist, erfolgt um so sicherer, wenn man die Kleidungsstuͤke der Kranken oder Verstorbenen nach dem Dampfbade in ein Chlorinbad, und von da in ein schwefelsaures Bad einlegt. Nur nach einer solchen Behandlung kann man sie mit gutem Gewissen, und ohne alle Gefahr dem Lazarethe wieder zuruͤkgeben. A. d. V.. O'ReillyO'Reilly. Essai sur le Blanchiment. konstruirte fuͤr die Dampfbleiche einen eigenen Apparat, der aber nicht die Vortheile darbot, welche man sich von der Anwendung desselben beim Bleichen der Leinwand im Großen davon versprochen hatte. Bourlier suchte die neue Methode dadurch zu vervollkommen, daß er Mittel angab, die Stoffe im Dampfaparate ohne viele Muͤhe zu wenden, um alle Theile der Wirkung der Daͤmpfe auszusezenMan wird immer mit vielen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen haben, wenn man Parthien von 3–4 bis 500 Schok Leinwand nach dieser neuen Methode durchaus schoͤn und gleichfoͤrmig weiß bleichen will. Die gleiche Einwirkung und Beruͤhrung der verdichteten Wasserdaͤmpfe auf die Waare, was absolute Bedingung zur Realisirung eines guten Bleichprozesses ist, laͤßt sich bei so ansehenlichen Parthien selbst durch Auf- und Abrollen uͤber die Winden, so schwer bewirken, daß ich geneigt bin, in Bleichanstalten, wo jaͤhrlich 10,000 bis 20,000 Stuͤke Leinwand gebleicht werden, den andern vortheilhaft bekannten Bleichmethoden den Vorzug einzuraͤumen. In Frankreich und England ist auch gar wenig mehr von der Dampfbleiche die Rede. Anders verhaͤlt es sich bei Fabriken fuͤr Muͤzen, Struͤmpfe, Garne u. d. m., welche in der Dampfkammer ohne viele Muͤhe parthienweise neben einander aufgehaͤngt werden, wo die Wasserdaͤmpfe die mit alkalischen Laugen penetrirte Waaren uͤberall durchziehen koͤnnen, und eine gleichfoͤrmige Einwirkung statt findet. A. d. V.. Er reiste in dieser Absicht nach Flandern, wo Versuche uͤber das Bleichen der dort verfertigten Leinwand angestellt wurden. Nach seiner Versicherung bedarf das Leinengarn nur einer schwachen Lauge; es muß aber beim Bleichen die atmosphaͤrische Luft (Auslegen auf die Wiese) abwechseln, um eine vollkommene Weiße zu erlangenVergleiche Anmerkung 63 Seite 155.. Bosc bleichte zu Troyes innerhalb 8–9 Monaten 2000 Duzend gestrikte Zeuge, die 6000 Pfund wogen, und 200–300 Stuͤke Leinwand, vermittelst der Wasserdaͤmpfe. Er ist mit Chaptal gleicher Meinung, daß das Bleichen mit der Chlorine ohne Nuzen sey, wenn man nicht zuvor mit alkalischen Laugen die Zeuge zu reinigen suchtMan vermißt hier den kraͤftig einwirkenden Gaͤhrungsprozeß, der den alkalischen Laugen vorausgeht. Es scheint, es sey derselbe den Franzosen zu der Zeit, als Bosc und Chaptal schrieben, der Wirkung nach noch wenig bekannt gewesen. A. d. V.. Den Gebrauch der Daͤmpfe in verschloßenen Gefaͤßen suchte er in besondere Aufnahme zu bringen. Sein Verfahren, gestrikte Sachen nach dieser Methode zu bleichen, besteht wesentlich in Folgendem: Erste Operation. – Kochen in weißer oder schwarzer Seife. Die Struͤmpfe oder Muͤzen, die vom Stuhle kommen, werden an solche Stangen geheftet, die der Lauge und der Chlorine widerstehen. Es ist eine Art Schmiere die sie bedekt, welche nur durch die staͤrkste Seifenausloͤsung angegriffen wirdNatuͤrlicher Extraktivstoff mit fetten und oͤligen Substanzen, welch' leztere beim Spinnen und Verarbeiten der Garne hiezu gebraucht werden. Anmerk. d. Verf.. Gewoͤhnlich nimmt man an Seife den 15ten Theil Gewichtes des zu bleichenden Stoffes, was sehr kostbar ist, daher man die Menge vermindert, und statt des reinen Wassers, dessen man sich zur Aufloͤsung der Seife bedient, eine schwache Aufloͤsung der kaustischen Soda anwendet, wodurch man außer der guten Wirkung der Seife noch den Vortheil gewinnt, daß sich eine vorbereitende Lauge darbietet, die die Baumwolle vollkommen reinigt, und fuͤr die nachfolgenden Operationen geschikt macht. Nach dem Kochen muß man die gestrikte Waare im Wasser klopfen, um sie gaͤnzlich zu reinigen, und dann tuͤchtig ausspuͤhlen. Diese lezte Operation des Waschens und Spuͤhlens empfiehlt Bosc, weil die vollkommene Weiße davon abhaͤngen soll. Wenn die Witterung es erlaubt, troknet man das Zeug in der freien Luft abVergleiche das Bleichen der Muͤzen, Struͤmpfe etc. durch saponifizirte kaustische Kalilauge S. 94 des vorhergehenden Heftes dieser Abhandlung.. Zweite Operation; Chlorinbad. Man legt die gestritten Sachen 7–8 Stunden lang in eine schwache Chlorinfluͤßigkeit oder javell'sche Lauge, wascht sie nach dem Herausnehmen sorgfaͤltig aus, und troknet sie. Dritte Operation; Dampflaugung. Die Dampfkammer besteht aus einem vierekigen, fest aus Quadersteinen gebauten Thurm. Dieser ruht auf dem Rande eines Kochkessels von Kupfer, welcher den Boden einnimmt. Dieser Kochkessel hat 15–18 Zoll Tiefe. Auf dem Rande, der innerhalb 5–6 Zoll hervorragt, bringt man einen starken Rost von weichem Holze an, der ohne Nagel und Eisen befestigt ist. 6 Zoll uͤber diesem Rost, und so weiter alle 6 Zoll, gibt man auf den gerade uͤberstehenden Seiten bis an die Spize des Thurmes durch Steine Einschnitte, um Stuͤzen anzubringen, welche die Lage der gestrikten Waaren, die man nach und nach aufhangt, tragen. Den Thurm verschließt ein Dach, in dessen Mitte eine Oeffnung von 18 Zoll im Durchmesser sich befindet, die man mit einem genau einpassenden Quadersteine ausfuͤllen kann. Der Dampf hat keinen andern Ausgang, als durch eine kleine Oeffnung, deren Durchmesser 6–8 Linien betraͤgt, und die mit einer Sicherheitsklappe versehen ist. Diese Kammer kann 300 Duzend Stuͤke von gestrikter Waare, welche etwas mehr als 900 Pfund wiegen, aufnehmen. Man bereitet die Waare vor, indem man sie stark mit einer Aufloͤsung der kaustischen Soda impraͤgnirt, die 1–2 Grad nach Beaumés Aereometer anzeigt. Sie wird sodann in der Kammer auf Rahmen, die mit nezfoͤrmig geflochtenen Steken uͤberzogen sind, gebracht, und so uͤber einander gewunden, daß sie Lagen von 5–6 Zoll dik bildet. Man faͤngt mit der untern Lage an, und unterlaͤßt nicht, bei jeder Lage das Zeug durch frische Lauge zu befeuchten. Wenn so die ganze Kammer bis oben zu garnirt ist, verschließt man sie Luftdicht, zuͤndet unter dem Kessel Feuer an, und unterhaͤlt denselben 3 Stunden lang im kochendem Zustande. Nun wird die Kammer geoͤffnet, die Waare wieder mit frischer Lauge befeuchtet, dann abermals die Kammer geschlossen, und das dreistuͤndige Kochen wiederholt. Durch eine zum Ausleeren bestimmte Roͤhre wird eine Quantitaͤt alter Lauge, so viel als man durch die obere Oeffnung hineingegossen hat, abgezogen, weil sonst der Kessel uͤberlaufen, und die Waare auf dem Rost ersaͤuft wuͤrde. Diese Operation wiederholt man 24–30 Stunden lang, wobei man stets dafuͤr sorgt, daß die Wirkung des Dampfes bei hoher Temperatur und starkem Druk abwechseln, um die Waare mit der frischen alkalischen Lauge nach jeder dritten Stunde wieder befeuchten zu koͤnnen. Nach dieser Behandlung sind die Muͤzen und Struͤmpfe ganz ausgekocht und vollkommen weiß. Man zieht sie jezt aus der Kammer heraus, wascht sie sorgfaͤltig, und laͤßt sie troknen. Vierte und lezte Operation. Das Weiß ist nach der Heransnahme aus der Kammer noch nicht glaͤnzend genug fuͤr den Verkauf; um der Waare den erfoderlichen Glanz zu ertheilen, taucht man sie in ein mit Schwefelsaͤure leicht gesaͤuertes Bad. Da hiebei große Vorsicht noͤthig ist, damit das Zeug nicht zerstoͤrt werdeWenn die Waare nach dem schwefelsauern Bade sorgfaͤltig gewaschen wird, so ist eben so wenig Nachtheil fuͤr die Dauerhaftigkeit der Farbe, als bei der javell'schen Lauge, zu befuͤrchten. Im fluͤßigen Zustande wirkt die mit vielem Wasser verschwaͤchte Schwefelsaͤure gar nicht schaͤdlich auf die Pflanzenfaser. A. d. V., so substituirt man ein leichtes Bad der javell'schen Bleichlauge; waͤscht das Zeug sorgfaͤltig in reinem Wasser, und laͤßt es in der Sonne troknenIch wuͤrde stets bei der lezten Operation im Bleichen der Schwefelsaͤure den Vorzug vor der javell'schen Bleichlauge zugestehen, weil leztere immer etwas Geruch nach Chlorine zuruͤk laͤßt, und die Waare im Magazin mehr Disposition zeigt, einen gelblichen Schimmer anzunehmen. A. d. V.. In England und Irland fand man die von Chaptal angegebene Vorrichtung zum Bleichen der Waare mittelst Wasserdaͤmpfe nicht zureichend. Man gab daher dem Dampfapparate folgende Einrichtung: »Man stelle sich den Kessel einer Feuersprize von laͤnglicher Form vor, der einen ledernen Sauger, eine Klappe und eine Roͤhre hat, die mit dem Boden des Kessels verbunden, und mit lezterm von gleicher Hoͤhe ist. An dieser Roͤhre sind zwei Hahnen angebracht, und zwischen diesen ein glaͤserner Tubus, durch welchen man die Fluͤßigkeit beobachten kann. Von Außen ist der Kessel, um dem Druk des Dampfes besser widerstehen zu koͤnnen, mit Mauerwerk umgeben. Innwendig im Apparat befinden sich sechs Haspel, und zwar auf jeder Seite drei, die wechselweise umgedreht werden. Ein hoͤlzernes Zahnrad steht mit einer Achse, an der sich ein Getriebe befindet, in Verbindung. Dieses Getriebe theilt dem Zahnrad eine langsame und gleiche Bewegung mit. Die Achse, welche durch den Rand des Kessels geht, ist mit einer ledernen Buͤchse verschießen, damit die Daͤmpfe nicht durchdringen koͤnnen. Oben ist eine sechzehen Zoll weite Oeffnung mit unterlegtem Rande, auf welche ein genau passender Dekel eingeschraubt wird. Zwischen den Rand und Dekel wird feuchtes Leder gelegt, damit auch hier kein Dampf entweichen koͤnne. Durch diese Oeffnung bringen die Arbeiter die Walzen mit dem aufgewickelten Zeuge in den Kessel hinein und wieder heraus. Jede Rolle hat 20 Stuͤke. Die Lauge wird aus Soda bereitet, und durch Kalk aͤzend gemacht. In dieser LaugeVergleiche Anmerkung 63 S. 155. kocht man vorher die Zeuge, und versezt sie noch heiß in den Kessel, dessen Boden 5–6 Zoll hoch mit solcher Lauge bedekt wirdKlares Flußwasser thut dieselben Dienste. A. d. V.. Ist die Waare auf den Walzen gehoͤrig geordnet, so wird die Oeffnung verschloßen, Feuer unter den Kessel gegeben, und wenn die Fluͤßigkeit kocht, die Kurbel herumgedreht, und das Zeug wechselweise von einer Walze auf die andere gehaspelt, bis es gehoͤrig gebleicht ist. Bei dieser Art zu bleichen kommt mit allem, was die Kosten fuͤr Appretur, Feuerung und Arbeitslohn betragen, die Elle nicht einmal auf einen Pfenning. Spaͤter erhielt die Dampfbleiche wesentliche Verbesserungen durch Curnbuͤll und Croock. Diese englischen Manufakturisten entziehen der rohen Waare durch Einweiweichen und Walken alle Schlichte, und behandeln sie mit siedend heißer Aezlauge aus Pottasche oder aus Soda. Nachdem die Waare von der Lauge ganz durchzogen ist, bringt man sie in eine Buͤtte mit doppeltem Boden, deren innerer Boden wie ein Gitter durchloͤchert ist, damit die uͤberfluͤßige Lauge ablaufen koͤnne. Jezt legt man die Waare in eine Beuchbuͤtte, welche groß genug ist, die zu bearbeitende Menge aufzunehmen. Die Beuchbuͤtte hat einen doppelten Boden; der obere bildet einen gegitterten Rahmen zum Aufnehmen der Lauge, und ist mit Schnuͤren versehen, damit man ihn mittelst eines uͤber der Buͤtte angebrachten Krahnes, sammt dem darauf liegenden Zeuge herausheben koͤnne, nachdem es der Wirkung des Dampfes ausgesezt worden ist. Die obere Oeffnung der Buͤtte wird noch mit einem dunstdichten Dekel verschlossen, an welchem ein Ventil angebracht ist, um dem Daͤmpfen bei zunehmender Elastizitaͤt derselben einen Ausweg zu bahnen, und das Zerspringen des Apparats zu verhindern. Ein außerhalb der Buͤtte befindlicher Dampfkessel, von dessen Dekel eine Dampfleitungsroͤhre ausgeht, welche mit dem untern hohlen Theile der Beuchbuͤtte in Verbindung steht, aber durch einen Hahn davon abgeschnitten wird, dient zur Bildung der Daͤmpfe. Der Dekel des Dampfkessels ist mit einem Sicherheits-Ventil versehen, das sich bei starker Elastizitaͤt der Daͤmpfe hebt, und vor Zerspringen des Dampfkessels sichert. Der Kessel wird mit schwacher Lauge gefuͤllt, die Leitungsroͤhren mit dem innern Raum der Beuchbuͤtte in Verbindung gesezt, der in diesem Leitungsrohr angebrachte Dampfhahn geoͤffnet, der Kessel gefeuert und in's Kochen versezt. Bei solcher Vorrichtung erhaͤlt die Fluͤßigkeit eine hoͤhere Temperatur, als in offenen Gefaͤßen, und die sehr heißen und elastischen Wasserdaͤmpfe dringen in die Beuchbuͤtte ein, durchdringen die uͤbereinander geschichteten Waaren, erhizen sie, und bewirken, daß die in Beruͤhrung mit denselben gekommenen alkalischen Theile sich in Wirksamkeit sezen. Die Daͤmpfe verdichten sich in der Beuchbuͤtte zu tropfbarer Fluͤßigkeit, nehmen den durch die alkalischen Salze aufgeloͤsten Firniß der Waare in sich auf, und fließen mit demselben in den untern leeren Raum der Buͤtte ab. Das Dampfbad wird nach solcher Vorrichtung acht Stunden ununterbrochen unterhalten, worauf man das Feuer erloͤschen und den ganzen Apparat erhalten laͤßt. Die Waare wird nun herausgenommen, gewalkt, wieder mit Aezlauge impraͤgnirt, und wie das erstemal acht Stunden lang der Einwirkung kochender Wasserdaͤmpfe ausgesezt. Wenn diese Operation bei leinenen Stoffen einigemal verrichtet worden, so bringt man sie theils in saure Baͤder, theils auf die Bleichwiese, theils wieder in den Dampfapparat, und wiederholt dieses so lange, bis sie vollstaͤndig gebleicht sindHiebei bedienen sich die Englaͤnder keiner Chlorine oder Chlorine-Verbindung als Substituirung, um den Bleichprozeß zu befoͤrdern. A. d. V.. Der um die technisch-chemischen Gewerbe hoch verdiente geheime Rath Hermbstaͤdt gibt einen Apparat an, mittelst dessen die Bleichwaare waͤhrend der Dampfoperation durch die alkalische Lauge gezogen werden kann, ohne den Apparat zu oͤffnen. Diese Vorrichtung mag ihr Gutes fuͤr wissenschaftliche Versuche im Kleinen haben. In großen Bleiche anstalten ist sie unausfuͤhrbar. Die Beschreibung derselben findet man in Hermbstaͤdts »allgemeine Grundsaͤze der Bleichkunst etc. S. 289–304. Berlin, Realschulbuchhandlung 1804«Bald nach Bekanntmachung des Bleichens mittelst elastischer Wasserdaͤmpfe, wurden zu Troyes in Frankreich auch in einer Muͤnzfabrik Versuche gemacht, um die Muͤnzen hell und klar zu bekommen. Man legte sie uͤber Rahmen, welche mit Kanavas bedekt und vier Zoll von einander entfernet waren. So brachte man sie in die Daͤmpfe, welche beim Aussteigen aus dem Kessel, von allen Seiten sie beruͤhren, den grauen faͤrbenden Stoff zerstoͤren, und sie vollkommen bleichen konnten. A. d. V.. Von dem Bleichen der baumwollenen Stoffe vermittelst Schwefelkalkes. (Higgins Bleichmethode). Kirvans interessante Entdekung, daß Schwefelalkalien die Eigenschaft besizen, den natuͤrlichen Firniß (Extraktivstoff) und andere farbige Unreinigkeiten der Leinwand eben so gut, ja fast schneller aufzuloͤsen, als reine Alkalien es vermoͤgen, veranlaßte Higgins bei dem theuren Preise der Pottasche in Irland zu den Gedanken, die Verbindung des Schwefels mit der Kalkerde zum Bleichen der Leinwand im Allgemeinen einzufuͤhren. Die damit angestellten Versuche fielen nach seiner Versicherung uͤber alle Erwartung gut aus. Diese Verbindung steht dem Schwefelkali und Schwefelnatron in bleichender Wirkung nicht nach, und soll die Pottasche beim Bleichen der Leinwand im Großen vollkommen vertreten. Ich werde, wenn vom Bleichen der Leinwand die Rede seyn wird, auf dieses Verfahren zuruͤkkommen. Den Gebrauch der geschwefelten Kalkerde zum Bleichen der baumwollenen Gewebe sezte ich bald nach der oͤffentlichen Bekanntmachung der Higgin'schen Methode im Jahre 1805 außer ZweifelHermbstaͤdts Magazin fuͤr Faͤrber etc. B. 2. S. 25 und 33. Hermbstaͤdts Grundriß der Faͤrbekunst etc. 2te durchaus verbesserte und vermehrte Auflage, 2ter Band S. 25, 1807.. Ich habe seit jener Zeit durch Abaͤnderung in dem Verfahren selbst das Mittel aufgefunden, baumwollene Gewebe fuͤr den Druk und das Faͤrben absolut zu bleichen, so, daß sich die Waare, nach dieser Methode behandelt, fuͤr alle Fabrikate in der Kattundrukerei qualificirt. Das Verfahren besteht in Folgendem: 25 Stuͤke 5/4 breite und 46 Ellen lange Calico werden nach der Fermentation gut gewaschen, zweimal gewalkt und fuͤr das Bleichbad vorbereitet. Bereitung der Schwefel-Lauge. 6 Pfund fein gepulverter Schwefel. 30 Pfund frisch gebrannter Kalk, der zuvor mit wenig Wasser befeuchtet zum feinsten Kalkmehl zerfallen ist, und gesiebt wird, werden mit 150 Pfund Flußwasser in einem eisernen Kessel, unter bestaͤndigen Umruͤhren eine halbe Stunde lang gekocht, und abgeklaͤrt, worauf man das helle Fluidum in einem gut verschlossenen hoͤlzernen Gefaͤß bewahrt. Den ruͤkstaͤndigen Saz laugt man mit 150 Pfund Wasser aus, und bringt nach dem Abklaͤren die Fluͤßigkeit zur ersten Auslaugung. In diesem Zustande besizt die aufgeloͤste geloͤste Schwefelkalkerde die Farbe eines duͤnnen Weißbiers. Sie wird bei der Anwendung mit 250 Pfund Wasser verduͤnnt, und stellt so die Bleichlauge fuͤr die baumwollenen Gewebe dar. Behandlung der Waare. Die fermentirte und gut gereinigte Waare haspelt man vermittelst der Winde in die kalte Bleichfluͤßigkeit, und wiederholt das Hin- und Wiederhaspeln in dem Bade, damit sie von der Lauge gleichfoͤrmig durchdrungen werde, einigemale, sodann druͤkt man sie, aber nicht zu fest, unter die Fluͤßigkeit, und laͤßt sie 20 Stunden wohl zugedekt darin liegen. Vor dem Herausnehmen treibt man sie hin und wieder uͤber die Winde, windet die Waare auf, daß die ablaufende Fluͤßigkeit in die Wanne zuruͤklauft, und schaft die Waare an den Fluß oder Bach. Sie wird jezt gut gewaschen, 2 mal gewalkt, und 4 bis 5 Tage auf die Bleichwiese ausgelegt, von da wieder gewaschen, gewalkt und in einer schwachen kaustischen Kalilauge, welche aus 6 Pfund guter Pottasche und dem dazu erfoderlichen Kalk bereitet worden, 4 Stunden lang ausgekocht. Hierauf bringt man sie nach dem Waschen und Walken wieder 16 Stunden lang in das geschwefelte Kalkbad, worin man sie wie das erstemal behandelt, wascht und walkt sie nach dem Herausnehmen 2 mal gut durch, kocht sie unmittelbar darauf in einer kaustisch- alkalischen Lauge, die aus 5 Pfund Pottasche, und der benoͤthigten Quantitaͤt Kalk dargestellt wurde, wascht und walkt sie abermals, und legt sie 6 Tage hindurch der Einwirkung der Luft und des Lichts auf der Bleichwiese aus. In diesem Zustande wird sie abgetroknet 20 Stunden lang in ein Chlorinbad gelegt, hernach gewaschen, gewalkt und in ein schwefelsaures Bad auf 20 Stunden gebracht. Nach dem Waschen und Walken kommt sie fuͤr einige Tage auf die Bleichwiese, und erhaͤlt zulezt ein nochmaliges schwefelsaures Bad. Dieses Verfahren liefert mir eine Bleichwaare, die sich fuͤr alle Fabrikate des Drukes und Faͤrbens eignet. Bei dem Bleichen mit der geschwefelten Kalkerde ist darauf auf zu sehen: 1) Daß die Waare nach dem geschwefelten Kalkbade durch Waschen und Walken moͤglichst von der Lauge gereinigt werde, damit die atmosphaͤrische Luft bei der Rasenbleiche keine Schwefelhaut abseze, die sich nur schwer durch kaustisch-alkalische Baͤder wegschaffen laͤßt. 2) Daß die geschwefelte Kalkaufloͤsung vor dem Zutritte der atmosphaͤrischen Luft bewahrt bleibe, weil der Sauerstoff derselben die Fluͤßigkeit zersezt, und den Schwefel niederschlaͤgt. 3) Daß auf der Bleichwiese bei heißer Witterung die Waare den Tag uͤber oͤfters mit Wasser begossen werde. Ueber die Buntbleiche, oder die Verfahrungsart, die baumwollenen- und leinenen Waaren nach dem Faͤrben so zu reinigen, daß die ungedrukten Stellen vollkommen weiß erscheinenDie Buntbleiche habe ich schon vor mehreren Jahren in einer Abhandlung ziemlich deutlich auseinander gesezt. Diese Abhandlung befindet sich in Schweigger's Journal der Chemie und Physik. B. 8. 1813. und in Dinglers neuem Journal fuͤr die Druk-, Faͤrbe- und Bleichkunst. B. 1. S. 271–281.. Unter der Bunt- oder Schekenbleiche versteht man in den Manufakturen und Faͤrbereien diejenigen Verfahrungsarten, mittelst deren gedrukte und gefaͤrbte Waaren von dem in den weißen Grund eingeschlagenen Pigmente vollkommen gereinigt werden, wodurch die farbigen Stellen geschoͤnt und der weiße Grund, oder diejenigen Objekte, welche mit keinem Bindungsmittel fuͤr die Pigmente impraͤgnirt sind, wieder hergestellt werden. Die Buntbleiche, welche einen wichtigen Gegenstand der Kattundrukerei ausmacht, beruht auf eben den Grundsaͤzen, die beim Bleichen der rohen Waare statt finden. Sie unterscheidet sich davon nur darin, daß man statt der alkalischen Salze, des Schwefelkalks und der liquiden Chlorine, das Weizenkleien- und Lerchenschwammbad, die Baͤder von gesaͤuertem Getreidemehl, Seifenwurzel, Kuhmist und Seife, so wie das oxidirtsalzsaure Kali- und insbesondere oxidirtsalzsaure Natronbad anwendet, und die Waare durch Auslegen auf die Bleichwiese der Einwirkung und Zersezung der atmosphaͤrischen Luft, des Lichts und des Wassers unter wechselseitiger Anwendung der Weißmachbaͤder so lange unterwirft, bis die Farben vollkommen geschoͤnt, und die weißen Objekte ganz klar und hell erscheinen. In ganz heißen Sommertagen entzieht man die Waare den heftig wirkenden Sonnenstrahlen zur Mittagszeit, was bei vielen Farben wesentlich noͤthig ist, um sie lebhaft und feurig zu erhalten. Die zum gewoͤhnlichen Weißbleichen noͤthigen Stoffe wuͤrden die Farben zum Theil ganz zerstoͤren, und zum Theil, wenn man ein alkalisches oder gesaͤuertes Bindungsmittel zur Fixirung der gewaͤhlten Farbe angewendet hat, modifiziren und schwaͤchen; das Sonnenlicht aber wuͤrde in ganz heißen Tagen auf die mit den Zeuge oͤrtlich in Verbindung getrettenen Pigmente, einen nachtheiligen Einfluß durch Desoxidation, die dem Lichte eigen ist, oder durch aufgeregte allzugroße Waͤrme ausuͤben. Die Baͤder der Kleien, des Lerchenschwamms, der gesaͤuerten Getreidearten und der Seifenwurzel wirken nur schwach auf das an erdige und metallische Basen gebundene Pigment des Krapps, Campechenholzes, Brasilienholzes, Wau's, der Scharte, des Gelb- und Fisetholzes, der Querzitronrinde u.s.w. Sie aͤußern dagegen große Wirkung auf die in den weißen Grund abgesezten, und nicht chemisch damit verbundenen Theile. In den Druk- und FaͤrbereienDas Pigment des Krapps schlaͤgt sich bei einer gut gebleichten Waare gar nicht in den weißen Grund ab, wenn der Krapp einen Tag vor dem Faͤrben, mit etwas Kleien eingeteigt, einer gelinden Fermentation unterworfen wird. Es geschieht dieses am beßten in einem hoͤlzernen Gefaͤße. Das hiebei anzuwendende laue Wasser darf nicht uͤber 35° Reaum. erwaͤrmt seyn. A. d. V. ist eine durchaus reine und weißgebleichte Waare nicht genug zu empfehlen, um ein guͤnstiges Resultat beim Faͤrben zu gewinnen. Die Farben, welche durch erdige oder metallische Basen in der Faser fixirt werden, erscheinen viel lebendiger, intensiver und dauerhafter, weil der Verbindung keine Materie entgegen strebt, sobald die Waare absolut rein gebleicht war. Es lassen sich dadurch die weißgebleichten Stellen viel leichter von dem sich anhaͤngenden Pigmente reinigen. Eine minder rein gebleichte, und nicht durch alle Theile der innersten Faser durchaus entfaͤrbte Waare, die also noch verborgene farbige Materien enthaͤlt, bietet vermoͤge derselben dem Pigmente ein Anziehungsmittel dar, und das Pigment sezt sich durch eine solche Verbindung fester in den Stellen an, welche weiß erhalten werden sollen. In diesem Zustande laͤßt sich eine solche gefaͤrbte Waare viel schwerer und nur mit Verlust an Farbenlebhaftigkeit der gedrukten Objekte vollkommen weiß darstellen; denn je mehr es bei der Bundbleiche Zeit erfodert, der Waare die gewuͤnschte Weiße zu geben, um so mehr muͤßen auch die Farben, durch die wiederholten Operationen leiden, und an Intensitaͤt verlieren. Es kann indessen eine Waare beim Einkaufe vor dem Druken und Faͤrben schoͤn weiß gebleicht sich darstellen, ohne jedoch so vollkommen gebleicht zu seyn, daß sie sich fuͤr das Faͤrben eigne, wenn naͤmlich die zum Theil noch uͤbrig gebliebenen Farbetheilchen, die gewoͤhnlich bei einer Seifenbleiche dem Auge entgehen, nicht durch die gehoͤrigen Mittel aufgeloͤst und bei Seite geschaft worden sind. Eine solche Erscheinung gruͤndet sich auf die Bleichmethode selbst, wenn entweder mit Seife, saponificirter Kalilauge, oder mit Wasserdaͤmpfen ohne Auslegen auf den Bleichplan oder Passage durch Chlorine gearbeitet wurde. Was hier uͤber die Buntbleiche bemerkt worden, gilt jedoch nur fuͤr solche Fabrikate, welche gemusterte weiße Stellen enthalten, die durch Ausfaͤrben erzielt werden. Zum Druken mit Applikations-Farben (Tafeldruk-Farben, topischen Farben) und uni zu faͤrbenden Gruͤnde, wird keine absolut rein gebleichte Waare erfodert, zumal wenn die Gruͤnde dunkel erscheinen, wo eine halbe Bleiche schon ausreicht. Das zwekmaͤßigste Verfahren beim Reinigen der Waare nach dem Faͤrben oder der sogenannten Buntbleiche ist: A) Durchnehmen im Kleienbade und Auslegen auf die Bleichwiese; B) Durchnehmen im gesaͤuerten Erbsenmehlbade und Auslegen auf die Bleichwiese; C) Durchnehmen im Lerchenschwammbade und Auslegen auf die Bleichwiese; D) Durchnehmen im Kuhmistbade und Auslegen aus die Bleichwiese; E) Durchnehmen durch ein Seifenwurzelbad; F) Durchnehmen in einem mit vielem Wasser verschwaͤchten Bade von Chlorinkali (Javellscher Lauge); G) Durchnehmen in einem mit vielem Wasser verschwaͤchten, erwaͤrmten chlorsauren Sodabade; H) Durchnehmen durch ein Seifenbad zur Belebung der verschiedenen krapprothen Farbenschattirungen. A) Von dem Kleienbade. Das Kleienbad zum Durchnehmen der gefaͤrbten Waare wird bald lau, bald heiß, bald kochend zum Reinigen der Waare angewendet, nach der Natur der Farbe, welche man mit der vegetabilischen Faser verbunden hat. Waare, welche mit Querzitronrinde, Kreuzbeeren, Aepfelbaumrinde etc. gelb gefaͤrbt worden, wird in ein maͤßig heißes Bad von 60–65 Grad Reaum. gebracht; Waare in Wau gefaͤrbt aber behandelt man kochend, besonders wenn die Umrisse schon fruͤher durch Krapp oder ein anderes solides Pigment dargestellt wurde. Ein in der Temperatur zu hohes Bad wuͤrde hier das Querzitrongelb in eine braͤunliche oder roͤthliche spielende Farbe modificieren. Olivenfarben, welche eine Eisen- und Thonerden-Basis haben, erfodern mit denselben gelbfaͤrbenden Pigmenten dargestellt, ein heißeres Kleienbad, das bei der Querzitronfaͤrberei 70–75° hat, und bei Wau stark kochend ist. Diese Farben verlieren nicht nur nichts durch die erhoͤhte Temperatur, sondern es scheint vielmehr ihre Intensitaͤt dadurch durch zu gewinnen. Solche Fabrikate bekommen durch das Bad eine solche Weiße, daß sie nicht der Bleichwiese beduͤrfen, welche nur nachtheilig seyn wuͤrde, indem durch die Einwirkung des Lichts das Querzitrongelb bald ins Braune sich zoͤge, und die Farbe ihren Luͤster verloͤre. Um bei den verschiedenen mit Krapp oder Campechenholz gefaͤrbten Waaren den weißen Grund zu reinigen, ist dem Bade eine Hize von 75 bis 78° Reaum. zu geben; am allerheißesten aber, 78–80° R., muß dasselbe bei einer Waare seyn, welche mit Fernambuk, Rothholz oder Brasilienholz gefaͤrbt worden. Die Waare wird darin in einzelnen Stuͤken einigemale schnell hin und wieder gehaspelt, weil ein laͤngeres Verweilen im Bade den Farben die Lebhaftigkeit benimmt. Bei Carmoisin-Farben aus diesen Pigmenten gefaͤrbt, sezt man dem Kleienbade hin und wieder etwas kohlenstoffsaures Natron hinzu, wodurch die Farbe einen Stich in's Blaͤuliche annimmt. Alle diese verschiedenen individuellen Behandlungsarten sind Gegenstaͤnde, welche jeder praktische Kolorist und Faͤrber, durch eigene Erfahrung belehrt, den Eigenschaften der Farben gemaͤß anwenden muß; sie richten sich nach den gewaͤhlten Basen und den Farben selbst; es kann daher nicht genau, bei den differenten Zusammensezungen der Farben, wo die eine mehr, die andere minder dauerhaft erhalten wird, angegeben werden, wie hoch der Grad der Temperatur seyn, und wie lange das Verweilen im Weißmachkessel dauern muͤsse. Hauptabaͤnderungen finden nur bei einer vorangegangen schlechten oder fehlerhaften Weißbleiche statt. Ich habe nur noch zu bemerken, daß man die Waare, insbesondere die gelbgefaͤrbte, gleich nach dem Reinigen im Kleienbade im fließenden Wasser zu waschen habe, weil sonst eine Abaͤnderung des Farbenausdruks zu befuͤrchten waͤre. Bereitet wird das Kleienbad, indem man einen Kessel mit Wasser beinahe anfuͤllt, das Wasser mittelst Heizung in die erfoderliche Temperatur sezt, und kurz zuvor, ehe man die Waare uͤber die Winde in's Bad dreht, die Kleien zusezt, und alsdann das Fluidum wohl untereinander ruͤhrt. Vor dem Einbringen der Waare in dasselbe, laͤßt man sie gleich nach dem Faͤrben waschen und walken. Die vermittelst gelbfaͤrbender Pigmente dargestellten Farben, die Fernambuk-Rothholz- und Campechenholz-Farben, die braunen, violeten und Lilas-Farben aus Krapp gefaͤrbt, werden gleich darnach in das Kleienbad gebracht, und erstere, nachdem sie weiß sind, getroknet, leztere aber auf die Bleichwiese ausgelegt. Alle rothe mit Krapp bewirkten Farben werden nach dem Waschen und Walken der Einwirkung der Luft und des Lichts auf der Bleichwiese ausgesezt, dann erst in Kleien weiß gemacht und wieder ausgelegt, womit man so lange abwechselnd fortfaͤhrt, bis die Farben die gewuͤnschte Nuancen angenommen haben, und der weiße Grund vollkommen hergestellt ist. Bei dergleichen Fabrikaten werden nach dieser Behandlung die rothen Farben geschoͤnt, und das falbe Pigment des Krapps wird ausgeschieden, wogegen das rothe rein zuruͤk bleibt; das Fabrikat ist nun als vollkommen zu betrachten. Erscheint die Waare nach dem Reinigen mit Kleien und Waschen im Fluß noch nicht vollkommen weiß, so pflegt man sie auf die Bleichwiese auszulegen. Die rechte Seite, wo das Muster aufgedrukt ist, kommt auf den Grasboden so zu liegen, daß die linke Seite oben ist, und das Licht nebst der Luft darauf wirken kann. So ausgebreitet wird die Waare auf den Seiten der Laͤnge nach benadelt, und an den 4 Enden mit Bleichnaͤgeln, welche in die Erde eingestekt werden, befestigt. Man begießt sie nun taͤglich 2 bis 3 mal mit Wasser, und laͤßt sie so lange auf der Bleichwiese liegen, bis sie vollkommen weiß gebleicht ist. Zur Verhuͤtung des Zusammenrollens der Waare auf der Wiese bedient man sich geschaͤlter Stanzen von Tannenholz, welche quer uͤber die ausgebreiteten Stuͤke gelegt werden. Sie werden alle 2 Stunden auf der Waare fortgeruͤkt, damit die Luft und das Licht alle Theile gleichmaͤßig beruͤhre. Ist die Waare vollkommen gebleicht, so wird sie am Bach recht rein gewaschen, gewalkt, aufgehangen und getroknet. Zum Bleichen bunter feiner Weißzize waͤhlt man gern eine reine und heitere Witterung. Es ist auch nicht wohlgethan, diese Zeuge bei heftigem Gewitterregen und Schneeflokenwetter auszulegen, weil der weiße Grund dadurch leicht einen Stich in's Gelbliche annimmt. Bei der Buntbleiche kann man sich der Kleie des Weizens, Dinkels, Fesens und Roggens bedienen. Die Kleie ist um so wirksamer, wenn sie nicht ganz ausgemahlen ist, und noch mehligte Theile enthaͤlt, welche ihre Guͤte entscheiden. Die Hauptwirkung der Kleie gruͤndet sich auf eine vorangegangene saͤuerliche Fermentation, denn sie eignet sich am beßten fuͤr das Bleichen. Um die Kleie fuͤr den Fabrik-Bedarf bei betraͤchtlichen Quantitaͤten derselben gut zu erhalten, bringt man sie auf luͤftige trokene Boͤden, haͤuft sie nicht zu dik aufeinander, und sticht sie woͤchentlich, wie das Getreide, mit der Schaufel einigemale um, damit sie nicht durch Erhizung und faule Gaͤhrung sich verschlechtere. Hr. Dr. Dingler schlaͤgt vor, die frische Kleie bei der Anwendung mit Sauerteig zu saͤuern; indem man 25 Pfund Kleien mit warmen Wasser einteigt, diesem Teige ein halb Pfund Sauerteig zusezt, und das hoͤlzerne Gefaͤß mit einem Tuche bedekt. Die Masse wird in eine leichte Gaͤhrung uͤbergehen, und am andern Tage sich in demjenigen Zustande befinden, in welchem sie sich fuͤr das Weißmachen gefaͤrbter Waare am wirksamsten zeigt. Ich habe diese Versuche oͤfters im Großen angestellt, und Hrn. Dr. Dinglers Rath vollkommen bestaͤtigt gefunden. B) Von dem gesaͤuerten Erbsenbade. Den Gebrauch des gesaͤuerten Erbsenmehls, welches noch wirksamer als die gesaͤuerte Kleie ist, verdanke ich meinem Freunde Hrn. Dr. Dingler. Die Erbsen werden wie Getreide gemahlen, und eben so wie die Kleie in Fermentation gesezt. Zwar sind die Erbsen im Ankaufe viel theurer, als die Kleie, aber sie geben desto mehr aus, so daß man davon kaum den vierten Theil gegen das noͤthige Quantum an Kleie bedarf, und man bringt damit nicht nur eine gleiche, sondern in mehreren Faͤllen eine noch vorzuͤglichere Wirkung hervor. C) Von dem Lerchenschwammbade. Noch wirkungsvoller, als die Kleie und das gesaͤuerte Erbsenmehl, ist die reinigende Eigenschaft des Lerchenschwamms (Agaricus albus). Die in einem solchen Bade behandelte, gefaͤrbte Waare nimmt eine vorzuͤglich schoͤne Weiße an. Bereitet wird dieses Bad, wenn der Lerchenschwamm fein gestoßen in das Bad kommt, und man mit der Vorrichtung der Waare und Manipulation, wie bei dem Reinigen mit Kleien verfaͤhrt. Den beßten Lerchenschwamm liefert Aleppo und Trient. Er ist ein ungestielter Lerchenschwamm, faustgroß, und zuweilen noch groͤßer. Je groͤßer, um so besser ist er. Im frischen Zustande bedekt ihn eine glatte, farbige, abwechselnd weiße, gelb und braun geringelte Haut, und unten ist er durchloͤchert; getroknet hingegen hat er eine schoͤne weiße Farbe, und ist leicht, zart und zerreibbar, jedoch zaͤh und geruchlos. Sein Geschmak ist anfangs suͤße, nachher aber ekelhaft, zusammenziehend, scharf und bitter. Eine geringere Sorte, welche aus der Levante kommt, wird in Marseille unter dem Namen Cocumulo verkauft. Der in Tirol wachsende ist von geringer Guͤte. Der italienische wird in Agarico fino und Mezzano eingetheilt; Rasura dell Agarico sind bloße Abschnizlinge, womit man den in Handel vorkommenden Lerchenschwamm haͤufig zu verfaͤlschen pflegt. D) Kuhmistbad. Das Kuhmistbad wird in der Buntbleiche mit großem Vortheil bei feinen Zizen, welche viele Abstufungen von rothen, braunen, violetten und lilas Farben zeigen, angewendet. Es wirkt nicht angreifend auf die Farben selbst, sondern disponirt sie, wenn sie der Luft, dem Licht und Wasser auf der Bleichwiese ausgesezt sind, sich lebhaft und mit vielem Feuer abzuschoͤnen, waͤhrend dadurch der weiße Grund rein hergestellt wird. Man bereitet das Kuhmistbad auf folgende Weise: Es werden die frischen Exkremente mit heißen Wasser in einem Kuͤbel angeruͤhrt, worauf man von denselben durch ein Sieb dem kochenden Wasserbade so viel gibt, daß lezteres eine gruͤne Farbe annimmt. In diesem Bade kocht man die Waaren 8. 12 bis 30 Minuten lang, je nach der Gattung der Fabrikate, spuͤhlt sie nach dem Herausnehmen am Fluß ab, und legt sie, ohne sie auszuwalken, auf die Bleichwiese aus. Ich muß hier noch bemerken, daß selbst das reine Wasserbad eine wirkende Kraft auf die Farben aͤußert. Gefaͤrbte Waaren, welche durch laue Behandlung im Faͤrben mit den verschiedenen Pigmenten erzeugt werden, sind in der Regel nie so dauerhaft, als wenn die Temperatur des Bades stufenweise erhoͤht wird. Dergleichen zarte Farben koͤnnen durch kochende Wasserbaͤder, ohne dadurch an Lebhaftigkeit und Intensitaͤt zu verlieren, mehr befestigt werden, bei solchen Fabrikaten reicht das kochende Wasserbad in den meisten Faͤllen auch hin, einen vollkommen weißen Grund hervorzubringen. E) Seifenwurzelbad. Die im Handel vorkommende Seifenwurzel stellt im fein gepulverten Zustande ein wirkendes Agens fuͤr die Buntbleiche dar. Das Seifenwurzelbad nimmt die verunreinigenden Theile hinweg, ohne auf die Farben einzuwirken. Es wird bald fuͤr sich, bald in Gesellschaft mit der Kleie zum Weißmachen der gefaͤrbten Waaren angewendet. Die Manipulation ist wie bei dem Kleienbade. F) Chlorinkalibad. Das Chlorinkali (oxidirt salzsaure Kali) mit vielen Wasser geschwaͤcht gibt eine Bleichfluͤssigkeit, welche zum Bleichen der bunten Waare geeignet ist. Die gefaͤrbte Baumwollen- und Leinenzeuge werden, bevor man dieselben in das Chlorinkalibad bringt, recht gut gewaschen und gewalkt, um alle anhaͤngenden Theile, welche sich in dem Farbenbade angesezt hatten, hinwegzuschaffen. So vorgerichtet kommt die Waare in die kalte Bleichfluͤßigkeit, worin man sie nach Gutbefinden laͤngere oder kuͤrzere Zeit liegen laͤßt. Sie wird sodann am Fluße gewaschen, gewalkt und uͤber Nacht auf die Bleiche ausgelegt. Durch diese Behandlung werden die verunreinigt gewesenen Stellen, die weiß bleiben sollen, ganz entfaͤrbt. Es fodert aber die Buntbleiche mit dem Chlorinkali viele Behutsamkeit und einen geuͤbten Arbeiter, weil das geringste Versehen den Verlust der Lebhaftigkeit der Farbe nach sich zieht. Wird das Chlorinkali nicht mit vielem Wasser geschwaͤcht in Anwendung gebracht, so laͤuft man Gefahr, daß die durch die erdigen und metallischen Basen gebundene Farben von der sich in Freiheit sezende Chlorine angegriffen werden, und nach dem Auswaschen in Wasser und Abtroknen mager und fahl erscheinen. Eine aͤhnliche unangenehme Wirkung kann auch durch ein zu langes Verweilen in einem mit vielen Wasser verduͤnten Bade erfolgen. Bei der Buntbleiche ist Chlorinkalk-Aufloͤsung nicht zu empfehlen, weil sich durch die Zersezung dieser Verbindung immer etwas Kalkerde in die innersten Fasern der vegetabilischen Gewebe absezt; und da eine nach dieser Methode gebleichte Waare zur Bildung der verschiedenen Muster noch andere erdig- oder metallische Basen noͤthig hat, die zum Theil aufgedrukt und wieder gefaͤrbt werden, so sezt sich das Pigment um so mehr beim zweiten Faͤrben in dem weißen Grunde ab, und ist um so schwerer daraus hinwegzuschaffen, weil es an eine Basis fixiert, und nicht mehr mechanisch auf der Faser abgeschieden erscheint. Ein Gegenstand von der hoͤchsten Wichtigkeit beim Bleichen bunter Waaren. G) Chlorinnatronbad. Beim Bleichen der bunten Waare ist dem Chlorinkalibade das Chlorinnatronbad vorzuziehen, und es wird in den beruͤhmtesten Kalicodrukereien Englands und Schottlands angewendet, scheint aber in den deutschen Manufakturen noch nicht in seiner Wirkung bekannt zu seyn. Diese neue Entdekung macht sich dadurch wichtig, daß man zu allen Jahreszeiten das langsame Ausbleichen auf der Wiese ganz entbehren, und die gefaͤrbten Stoffe sehr schnell mit geringen Kosten weiß bleichen kann. Die Anwendung der Chlorinnatron-Aufloͤsung erfodert aber so wie die des Chlorinkali große Behutsamkeit und erfahrne Arbeiter, welche mit den Gesezen der Chemie vertraut sind. Um mit diesem Agens Waare von dem in den weißen Grund geschlagenen Pigment vollkommen zu reinigen, muß man folgendergestalt verfahren: „Man wasche und walke die Waare gleich nach dem Ausfaͤrben so lange, bis das Wasser farbenlos davon ablaͤuft. In eine große Menge heißes Flußwasser, das eine Temperatur von 60 bis 70° Reaum. hat, bringe man von der bleichenden Fluͤßigkeit nur so viel, daß auf 10 Pfund Wasser nicht mehr als 2, 4 bis 6 Loth Chlorinnatron-Aufloͤsung kommen, hasple dann in diesem Bade die Waare, breit auseinandergehalten, mittelst der Winde so lange hin und wieder, bis die weißen Stellen vollkommen hergestellt sind. Die Waare wird nun schnell herausgenommen, gewaschen, gewalkt, uͤbernacht auf die Bleichwiese ausgelegt, wieder gewaschen und an der Luft abgetroknet. Es laͤßt sich uͤbrigens bei dieser Art zu bleichen, das quantitative Verhaͤltniß der bleichenden Fluͤßigkeit zum Wasser so wenig, wie die Temperatur derselben, fuͤr die verschiedenen Fabrikate genau bestimmen. Man muß sich dabei nach der Schwaͤche oder Starke des eingesalbten Grundes und nach der Intensitaͤt der Farben richten, wozu viele Uebung gehoͤrt. Es ist hoͤchst wichtig, die Konzentration der Bleichfluͤßigkeit vor der Anwendung sorgfaͤltig durch Indigpraͤzipat zu pruͤfen, und sie bei mehr freier Chlorine in der Verbindung eher zu schwach, als zu stark anzuwenden, weil sonst die Farben nach dem Auswaschen, Walken und Abtroknen fahl, mager und ohne Luͤster zum Vorschein kommen, ein Uebel, welches an der nassen Waare weit schwerer, als an der trokenen zu erkennen ist. Sehr haͤufig findet man diese durch fehlerhafte Manipulation entstandene Eigenschaft an den großbritannischen Calico-Mustern im weißen Grunde mit rothen Dessein. Bei einer sachgemaͤßen, genauen und sorgfaͤltigen Behandlung nehmen die rothen mit Krapp gefaͤrbten Waaren in dem Chlorinnatronbade einen besondern das Auge ansprechenden Farbenton an, welcher den meisten englischen und schottischen rothen weißboden Calicos eigen ist, und darin besteht, daß sich die Farbe ohne sonderlichen Glanz in's Rosafarbige neigt, wodurch sich der Karakter der eigentlichen Krappfarbe verlaͤugnet. Dieser Umstand veranlaßte in Deutschland viele und mancherlei Versuche, um sich jene Nuancen zu verschaffen, aber die Resultate entsprachen nie der Erwartung. Die Ursache des Mißlingens war der falsche Weg, auf welchem man das Gesuchte zu finden glaubte. Man glaubte, daß die Britten sich anderer Bindungsmittel fuͤr den Druk bedienten, oder durch Melange verschiedener rothfaͤrbender Pigmente ihren Zwek erreichten, und da man von dieser Meinung bei den Versuchen ausgieng, so mußte man sich in dem Erfolge getaͤuscht sehen. Durch die Anwendung des Chlorinnatron beim Bleichen der krapprothen Farben enthuͤllte sich mir das Geheimniß der englischen und schottischen Manufakturen, indem ich dieselben Resultate erhielt. Das Chlorinnatron bereite ich mir also: „Zur Entwiklung der Chlorine beschike ich den Entwiklungs-Ballon mit 10 Pfund trokenem Kochsalz, 4 1/2 Pfund Braunstein, 7 Pfund franzoͤsischer Schwefelsaͤure, 7 Pfund Wasser. Zur kaustischen Natronlauge nehme ich 10 Pfund fein gepulverte Soda, die so lange mit kochendem Wasser ausgelaugt wird, bis die ablaufende Fluͤßigkeit keinen alkalischen Geschmak mehr erzeugt. In dieser Sodalauge lasse ich 6 Pfund frisch gebrannten Kalks loͤschen, das Ganze wohl untereinander ruͤhren, in den Laugenapparat gießen, und die helle kaustische Sodalauge, welche 24 Maaß (á 2 Pfd. Fluͤßigkeit) betraͤgt, in den Vorlage-Ballon bringen. Wenn die Entwiklungsroͤhre in die Vorlage auf einen halben Zoll vom Boden eingestekt, und von der Vorlage aus eine andere Roͤhre in einen steinernen mit Kalkhidrat angefuͤllten Hafen eingefuͤgt ist, lutire ich das Ganze, und gieße in den Entwiklungs-Ballon auf das Gemenge von Braunstein und Kochsalz die mit Wasser geschwaͤchte Schwefelsaͤure in zwei gleichen Portionen ein. Die Entwiklung der Chlorine wird 24 Stunden kalt unterhalten, und hernach Feuer gegeben, so lange, bis keine Chlorine mehr uͤbergebt. Nun lasse ich den Apparat auseinander legen, und es zeigt sich nur die Fluͤßigkeit in der Vorlage als Chlorinnatron (chlorsaure Soda). Den Kalkhafen kann man noch einigemale, um das Kalkhidrat vollkommen mit Chorine zu saͤttigen, bei der naͤchstfolgenden Operationen vorsezen, und das gesaͤttigte Produkt als Chlorinkalk benuzen. H) Seifenbad zur Belebung der krapprothen Farben. Zur Belebung und angenehmen Abaͤnderung der krapprothen Farben in den Kattundrukereien und Faͤrbereien eignet sich kein Agens besser, als die Seife, sowohl Oel- als Fettseife. Man pflegt damit folgendergestalt zu verfahren: „Wenn die gefaͤrbte Waare mittelst eines der Baͤder A) B) C) D) oder E) und des Ausliegens auf der Bleichwiese, von dem in den weißen Grund abgesezten Pigment vollkommen befreit ist, so, daß sie ganz als Kaufmannsgut zu betrachten ist, werden zu 16 Stuͤken 5/4 breiter und 46 Ellen langer Waare 2 Pfund gewoͤhnlicher Seife klein geschnitten in einen großen glasurten Topf gethan, kochendes Wasser daruͤber gegossen, und mit einem Quirl so lange gedreht, bis die Seife vollkommen zergangen ist, und mit dem Wasser eine homogene Fluͤßigkeit bildet. Man richtet nun den Kessel mit dem erfoderlichen Wasser vor, so, daß die Fluͤßigkeit eine Temperatur von 70–78° Reaum. erreicht, schuͤttet die Haͤlfte der Seifenloͤsung hinzu, ruͤhrt das Fluidum gut um, und bringt 8 Stuͤke uͤber den Haspel in das Bad. Hier wird die Waare 3, 4, 5, 6 bis 8 mal hin und wieder getrieben, je nachdem die rothe Farbe weniger oder mehr in's Braͤunliche sich neigt, alsdann herausgenommen, und in Flußwasser von dem anklebenden Seifenwasser gut gereiniget. Man bringt nun in den Kessel die andere Haͤlfte der Seifenloͤsung und verfaͤhrt mit den uͤbrigen Stuͤken eben so. Soll das Weiß gegen das Licht gehalten einen blaͤulichen Schein erhalten, so gebraucht man hiezu ein indigo-blaugefaͤrbtes Wasser, wie S. 42. Anm. 94. angegeben wurde. Die Modifikation der krapprothen Farbe durch das Seifenbad gruͤndet sich auf die Einwirkung des alkalischen Salzes in der Seife. Leztere wird zum Theil zersezt, und das alkalische, in Beruͤhrung mit den farbigen Theilen gekommene Salz bewirkt die erwaͤhnte Veraͤnderung. Eine aͤhnliche Erscheinung findet bei der tuͤrkisch rothgefaͤrbten Waare durch die Avivage und Rosage statt, wo die Oelseife und die Salze des Zinns eine so wichtige Rolle spielen. (Die Fortsezung, welche die Leinwand-Bleiche behandelt etc. folgt im naͤchsten Hefte.)