Titel: Ueber eine verbesserte Methode, die Spizen an Aeznadeln und Griffeln (Dry-Points) zu bilden und zu schärfen. Von Hrn. Edm. Turrell, Kupferstecher.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XLIX., S. 283
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XLIX. Ueber eine verbesserte Methode, die Spizen an Aeznadeln und Griffeln (Dry-Points) zu bilden und zu schärfen. Von Hrn. Edm. Turrell, KupferstecherHerr Turrell hat das Kupfer in Hrn. Gill's Repository selbst gestochen, und wir muͤßen gestehen, daß er seinen Griffel dabei hoͤchst kegelfoͤrmig gespitzt haben mußte. A. d. Ueb.. Aus Hrn. Gill's technical Repository. N. X. S. 254. Im Auszuge uͤbersezt. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Turrell's Methode, die Spizen an Aeznadeln und Griffeln zu bilden und zu schärfen. Es war immer eine schwere Aufgabe, den Aeznadeln jene schoͤne kegelfoͤrmige Spize zu geben, die zur Bildung einer reinen, d.i., gleich breiten Linie auf der Kupfertafel mittelst eines Lineales noͤthig ist. Diese kegelfoͤrmige Form an der Spize der Aeznadel ist deßwegen durchaus noͤthig, weil, wo man viele Linien auf einer Kupferplatte ziehen muß, die Nadel oder die Spize derselben ihre Lage immerdar aͤndert, und folglich nur, wenn die Spize gehoͤrig kegelfoͤrmig und centrirt ist, bei gleichem Druke und bei gleicher Neigung der Nadel gegen die Kupferplatte immerdar dieselbe Breite der Linie zum Vorscheine kommen kann. Wenn die Spiz statt vollkommen kegelfoͤrmig zu seyn, kleine Rippen oder Kanten an ihrer Oberflaͤche hat, so ist es offenbar, daß, wenn man Linien mit einer solchen Nadel zieht, und diese, waͤhrend dieser Zeit, sich auch nur im Mindesten wendet, Linien von hoͤchst ungleicher Breite zum Vorscheine kommen muͤßen: das Aezwasser macht das Uebel noch aͤrger; denn es macht die breiteren Stellen nur noch breiter, indem es dieselben mehr angreift, als die feineren. Die meisten Kupferstecher spizen ihre Nadeln so, daß sie diese in einer engen, in einem orientalischen Oelsteine gezogenen Furche hin und herschieben, und dabei bestaͤndig um ihre Achse drehen. Es ist offenbar, daß die kegelfoͤrmige Form auf diese Weise hoͤchstens durch Zufall entstehen kann; denn man wird immer erst in allen verschiedenen Richtungen versuchen muͤßen, ob die Spize wirklich kegelfoͤrmig ist. Die Ungleichheit in den Linien ist indessen nicht der einzige Nachtheil, der aus einer nicht gehoͤrig geformten Spize auf obige Weise entsteht: in Landschaften und anderen Kupferstichen ist noch eine Menge anderer feiner Arbeit (die man trokene Arbeit (dry-point) nennt) ohne Salpeter-Saͤure zu vollenden, und die Linien muͤßen hier bloß durch den Druk, den man der Hand gibt, eingegraben werden. Wenn nun der Griffel (den man hier auch dry-point nennt) nicht ein vollkommener Kegel ist, so wird man finden, daß er der Hand des Kuͤnstlers durchaus nicht folgen will, sondern bald da bald dort hin ausweicht, je nachdem naͤmlich die Unebenheiten und Rippen an seiner Oberflaͤche da oder dort zu liegen kommen: die Arbeit wird dadurch muͤhevoll, und uͤberdieß noch unsicher; denn nur ein vollkommen kegelfoͤrmiger Griffel folgt der Hand gleich willig nach allen Richtungen. Ich habe mir sehr oft eine mechanische Vorrichtung gewuͤnscht, durch welche dieses Spizen auf eine sichere und bestimmte Weise geschehen koͤnnte; endlich gelang es mir, ein wohlfeiles Werkzeug auszudenken, das meiner Erwartung vollkommen entsprach. Die erste Bedingung bei dieser Vorrichtung war, daß die zu spizende Nadel so nahe als moͤglich an ihrer Spize gehalten und schnell um ihre Achse gedreht werden kann; daß das hiezu noͤthige Werkzeug einfach, stets zum Gebrauche fertig und tragbar ist. Zweitens: daß dieselbe Vorrichtung Nadeln von verschiedener Dike und in verschiedenen Griffen halten kann, da die meisten Kupferstecher Nadeln, die in ihrem Griffe unbeweglich fest stehen, den abzuschraubenden vorziehen. Diese Bedingungen sind in folgender Vorrichtung erfuͤllt. Fig. 7 Tab. VII. zeigt in a ein Stuͤk Glokenspeise oder Kanonengut in Form einer hohlen Doke, worin die Aeznadel oder der Griffel b, in dem Griffe c befestigt, festgehalten wird. Das Ende der Nadel oder des Griffels wird nahe an der Spize d mittelst des gespaltenen, mit einer Schraube versehenen, Zwingers e, und eines darauf passenden Halsbandes f, festgehalten. g ist ein Theil dieser Doke, der in eine Art von Rolle ausgehoͤhlt ist, mittelst welcher dieselbe durch einen Drehbogen gedreht werden kann, wenn die Doke in ein Gestell mit den noͤthigen Lagern oder Halsbaͤndern, das man an irgend einem Tische anschraubt, eingesezt wird. hh sind die zwei walzenfoͤrmigen Haͤlse oder Zapfen, die in die Lager oder Halsbaͤnder zu liegen kommen, und um welche sich die Doke a dreht, wenn der Drehebogen an der Rolle g angebracht wird. Fig. 8 stellt Fig. 7 in den Lagern des Gestelles l liegend vor, das, wie gesagt, an irgend einem Tische mittelst der in punctirten Linien angezeigten Schraube m angeschraubt seyn kann. Der obere Theil dieses Gestelles hat die Form eines Halbringes ii, mit 2 Ohren, welche in eine Schraube, kk, passen, wodurch die Doke in ihrer Lage erhalten und gehoͤrig befestigt wird. Fig. 9 stellt Fig. 8 von der Seite dar, wo man den oberen Theil des Gestelles deutlicher sieht, vorzuͤglich die Ohren und Schrauben kk. Die punctirte Linie g zeigt die Lage der Rolle, wenn die Doke sich an ihrem Plaze befindet. Fig. 10 zeigt den holen Zwinger e in senkrechtem Durchschnitte: der innere Theil von d bis e ist etwas kegelfoͤrmig zulaufend: der breitere Theil ist zunaͤchst bei e. Der aͤußere Theil von e gegen n ist gleichfalls kegelfoͤrmig, aber mehr stumpf als der innere. Die auf diese Weise kegelfoͤrmig gebildeten Theile sind kreuzweise und parallel gespalten bis zu den Loͤchern op, die unter rechten Winkeln auf einander gebohrt sind. Der Theil q ist hohl und weit genug, um jeden Griff einer Aeznadel von mittlerer Groͤße aufnehmen zu koͤnnen. Der aͤußere Umfang von q ist mit einer Schraube s versehen, die in eine Schraubenmutter an dem Ende der Doke paßt. Fig. 11 zeigt einen senkrechten Durchschnitt des Halsbandes f, welches auf den Theil n, in Fig. 4 aufgeschraubt wird. Das kleine Halsband v, welches auf den aͤußeren Kegel des Zwingers bei e aufgedruͤkt wird, schließt und druͤkt, wenn die Schraube wirkt, auf die Aeznadel, und haͤlt sie in ihrer Lage fest, wenn die Spize geschaͤrft wird. Fig. 12 stellt einen senkrechten Durchschnitt der Doke, des Zwingers und des Halsbandes in Verbindung dar, so wie naͤmlich diese Theile gestellt seyn muͤssen, wenn sie die Aeznadel halten, welche aber hier, der Deutlichkeit der Darstellung der Theile wegen, nicht gezeichnet ist. Die Theile sind hier so, wie in Fig. 8, verbunden, wo man die Spize sieht. Diese Vorrichtung wird auf folgende Weise gebraucht. Nachdem das Gestell mit der Doke gehoͤrig verbunden, und auf einem Tische angeschraubt wurde, wird der Zwinger e mit seinem Halsstuͤke f von der Doke abgenommen, und die zu spizende Nadel in den Zwinger e, wie Fig. 8 zeigt, eingesezt, und das Halsband f aufgeschraubt, welches auf n druͤkt, und die Nadel dadurch befestigt. Dann wird der Handgriff der Nadel durch die Doke durchgestekt, bis die Schraube s des Zwingers e in Beruͤhrung mit der Schrauben-Mutter an dem Ende der Doke kommt, in welche sie paßt, so daß alles, wie in Fig. 8, zu stehen kommt. Nun kommt die Schnur des Drehebogens uͤber die Rolle der Doke g, und wird mit der linken Hand getrieben, waͤhrend man in der Rechten ein kleines Stuͤk orientalischen Wezschiefers (Oelsteines) haͤlt, und dieses mit der Spize der Nadel in Beruͤhrung bringt. Waͤhrend der Bogen niedergezogen wird, wird der Stein vorwaͤrts geschoben, und diese Bewegung wird bei jedem Niedersteigen des Bogens wiederholt, wodurch man an seiner Nadel eine herrliche kegelfoͤrmige Spize erhaͤlt, welche spiziger oder stumpfer ausfaͤllt, je nachdem der Winkel verschieden ist, unter welchem der Stein gegen die Achse der Nadel schief gehalten wird. Wo man Aeznadeln von sehr verschiedener Groͤße hat, ist es besser zwei bis drei verschiedene Zwinger vorraͤthig zu haben, an welchen die inneren Theile, d und e, von verschiedener Groͤße sind: alles Uebrige bleibt unveraͤndert. Wenn der Wezstein stets fest und gleichfoͤrmig gehalten und fortgeschoben wird, wie der Bogen niedersteigt, so erhaͤlt man einen hoͤchst vollkommenen Kegel, wie er in Fig. 13 vergroͤßert erscheint, und zur sogenannten trokenen Arbeit nothwendig ist. Da man aber bei dem Aezen eine Nadel noͤthig hat, die auf dem Aezgrunde so frei wie moͤglich spielt, (vorzuͤglich wo Laub und dergleichen geaͤzt werden soll) so zieht man fuͤr diesen Fall gewoͤhnlich die Form Fig. 14 vor, welche man eben so leicht, wie den Kegel, erzeugen kann, wenn man den Stein waͤhrend seiner Bewegung hin und her den Winkel wechseln laͤßt, unter welchem er angehalten wird. Es ist allerdings etwas Uebung bei diesem Verfahren noͤthig; indessen kann man sich dieselbe leicht verschaffen, und die Sicherheit und Leichtigkeit des Erfolges lohnt die kleine Muͤhe, die man sich hiebei zu geben hat. Wo man keinen orientalischen Wezschiefer bei der Hand hat, dient auch ein flaches, ungefaͤhr einen Zoll breites, Stuͤk Eisen, das man an seiner Oberflaͤche, mit welcher es auf die oben angegebene Weise gegen die zu schaͤrfende Spize gehalten wird, mit einer Mischung aus Oel und Oelstein-Pulver bestreicht. Herr Gill bemerkt, daß ein Stuͤk Tafelglas eben so gut dazu verwendet werden kann.

Tafeln

Tafel Tab. VII
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