Titel: Ueber das Schleifen und Polieren der Glas-Linsen zu optischen Instrumenten.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. LXXXVI., S. 473
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LXXXVI. Ueber das Schleifen und Polieren der Glas-Linsen zu optischen Instrumenten. Von Hrn Thom. Gill, in dessen technical Repository. T. II. N. 6. S. 364.Hr. Gill verdankt die hier mitgetheilten Notizen einem alten und erfahrenen Arbeiter, der ehevor bei dem beruͤhmten optischen Instrumenten-Macher, Hrn. Tully, in Arbeit stand. Obschon unsere baierischen optischen Instrumente gegenwaͤrtig einen solchen Grad von Vollkommenheit erreicht haben, daß sie den englischen nicht bloß gleich kommen, sondern in Hinsicht auf Wohlfeilheit vor denselben den Vorzug verdienen, so glauben wir doch durch Uebersezung dieses Artikels nicht eine ganz uͤberfluͤßige Arbeit unternommen zu haben. Man lernt hiedurch wenigstens das Verfahren der Englaͤnder kennen. A. d. Ueb. Gill, über das Schleifen und Polieren des Glas-Linsen. Ueber die Masse der Schleifer fuͤr Convex- und Concav-Glaͤser. Man befestigt einen Demant-Splitter, wie die Glaser beim Schneiden des Glases, am Ende eines hoͤlzernen Stabes in einer solchen Lage, daß man mit demselben schneiden kann, und bringt in gehoͤriger Entfernung, nach der Laͤnge der Brennweiten, welche die Linsen erhalten sollen, Loͤcher in diesem Stabe an. Hierauf befestigt man ein Stuͤk Kronen- oder Tafelglas auf einem Tische oder auf einer Werkbank gehoͤrig, und stekt durch eines der oben erwaͤhnten Loͤcher in dem Stabe einen Stift, den man gleichfalls auf dem Tische befestigt, und der als Mittelpunkt dient. Hierauf schneidet man das Glas mit dem Demante durch, und erhaͤlt auf diese Weise Masse fuͤr die convexen und fuͤr die concaven Linsen zugleich. Die Kanten dieser Masse werden dann an einander auf folgende Weise abgerieben oder abgeschliffen. Eines derselben wird auf einem mit Schmergel und Wasser befeuchteten Tische festgehalten, und das andere, unter steter Abwechselung der Seiten und Enden, solange gerieben, bis die krummen Linien vollendet sind. Die Arbeiter ziehen zu solchen Massen allgemein jene Stuͤke von Kronenglas vor, welche noch Theile der zugerundeten Kanten der halbkreisfoͤrmigen Glastafeln an sich haben. Ueber die Model zum Gießen der Schleifer. Man dreht aus vollkommen ausgereiftem Holze, genau nach der Kruͤmmung der Masse und in gehoͤriger Dike fuͤr die Schleifer, convexe und concave Model mit kurzen walzenfoͤrmigen Zapfen an der Ruͤkseite und mit Schraubenloͤchern in denselben, um sie auf dem Baume oder auf der Doke der Lade anzuschrauben. Ueber die Schleifer. Aus jedem dieser Model muß ein Schleifer aus Gußeisen und einer aus Messing gegossen werden, und jeder der lezteren muß ruͤkwaͤrts mit Schraubenloͤchern versehen seyn, damit er auf der Doke der Lade befestigt, und hoͤchst genau nach dem Maße zugedreht werden kann. Um alle Spuren der Drehewerkzeuge zu entfernen, werden Stuͤke von alten zerbrochenen flachen Feilen, in oder auf eine der beiden Oberflaͤchen gelegt, nachdem der Ruͤken der Feilenstuͤke vorlaͤufig mit einer hinlaͤnglich diken Lage des spaͤter zu beschreibenden Kittes belegt wurde. Der andere correspondirende convexe oder concave Schleifer wird darin solang uͤber Feuer erhizt, bis darauf getroͤpfeltes Wasser zischt und Blasen schlaͤgt, wo er dann alsogleich auf den Kitt der Feilenstuͤke aufgesezt und augenbliklich mit einem in kaltes Wasser getauchten Schwamme, mit welchem man seinen Ruͤken abwischt, abgekuͤhlt wird. Die Feilenstuͤke muͤssen dann uͤber alle Theile der gedrehten Oberflaͤche hingerieben werden, damit das Kaliber derselben so genau als moͤglich ausfaͤllt, und endlich muͤssen zur lezten Vollendung, wie man weiter unten sehen wird, Linsenbloͤke darin geschliffen werden. Vorbereitung der Glaͤser zum Schleifen. Das Glas, welches zu Linsen geschliffen werden soll, muß von gehoͤriger Guͤte und Dike, und soviel moͤglich frei von Adern und Blaͤschen seyn. Mit den bekannten eisernen Instrumenten wird es in gleich große kreisfoͤrmige Stuͤke geschnitten (oder, wie man in der Kunstsprache sagt, ausgebissen, nibbled). Gewoͤhnlich werden sieben solche Glaͤser auf einmal geschliffen; naͤmlich eines in der Mitte, die sechs anderen rings um dasselbe umher. Ehe sie indessen in dem messingenen Schleifer ihre Vollendung erhalten, werden sie, jedes einzeln fuͤr sich, in den Schleifern aus Gußeisen rauh geschliffen, in welcher Absicht sie an ihrem Ruͤken mit einer hinlaͤnglichen Menge von geschmolzenem Kitt aus einem Loͤffel nach und nach begossen werden, so daß ein Zapfen hiedurch entsteht, bei welchem man das Glas halten kann. Man darf nie mehr Kitt aufgießen, als ohne abzulaufen, darauf haften bleibt, und dieses Aufgießen muß so oft wiederholt werden, bis die Kittlagen die gehoͤrige Dike auf dem Glase erlangt haben. Diese Glaͤser werden nun in oder auf dem Schleifer aus Gußeisen mit dem unter dem Namen Smergel N. 2 oder Korn-Schmergel (corn emery) bekannten Schmergel und Wasser bearbeitet, bis ihre Oberflaͤchen beinahe convex oder concav werden; der Schleifer kommt in einen flachen hoͤlzernen Trog, um den Schmergel aufzufangen und aufzusammeln, der dann wieder auf die unten zu beschreibende Weise zur Vollendung des Schliffes geschlaͤmmt wird. Ueber den Kitt zur Befestigung der Glaͤser an den Schleifern. Dieser Kitt besteht aus gemeinem Peche und gesiebter Holz-Asche der Zwiebak-Baͤker; diese beiden Stoffe werden in gehoͤriger Menge so zusammengeschmolzen, daß sie, nach der verschiedenen Temperatur der Luft, eine Masse von gehoͤriger Dichtheit darbiethen. Ueber die Vollendung des Schliffes der Linsen. Nachdem die rauh geschliffenen Glaser auf die oben beschriebene Weise mit ihren Flaͤchen in oder auf die Oberflaͤche eines der erwaͤhnten messingenen Schleifer gebracht wurden, und der Kitt auf dem Ruͤken derselben vorlaͤufig auf die gehoͤrige Dike zuruͤkgefuͤhrt und durch Anwendung eines erhizten flachen Eisens gehoͤrig geebnet wurde, wird einer der Schleifer aus Gußeisen auf die oben beschriebene Weise gehizt, und auf den Kitt an der Ruͤkseite der Linsen aufgesezt, und, wie oben, alsogleich abgekuͤhlt. Man muß bei dem Aufkitten der sieben Glaͤser auf den messingenen Schleifer dafuͤr sorgen, daß das beßte Glas in die Mitte kommt, indem dieses die beßte Linse gibt, und daß nie eines der uͤbrigen Glaͤser das andere beruͤhrt, sondern immer etwas von den andern entfernt steht. So sind nun die Glaͤser zur Vollendung des Schliffes fertig. Ueber die Bereitung des Schmergels durch das Schlaͤmmen. Der zum rauhen Schliffe in den eisernen Schleifern gebrauchte Schmergel wird so geschlaͤmmt, daß man, in Bezug auf Feinheit, 6 verschiedene Sorten daraus erhaͤlt. Er wird in dieser Hinsicht in ein großes, mit Wasser beinahe voll gefuͤlltes, Gefaͤß gethan, und dann aufgeruͤhrt. Man laͤßt ihm ungefaͤhr eine Viertel-Minute Zeit, sich zu sezen, und gießt ihm dann in ein anderes großes Gefaͤß uͤber, und so fort in folgenden Zwischenraͤumen der Zeit in andere Gefaͤße. Auf diese Weise wird N. 1, der Schmergel der ersten Viertel-Minute; N. 2, der Schmergel der ersten Minute; N. 3, der der zweiten; N. 4, der der sechsten; N. 5, der der fuͤnfzehnten; N. 6, der der dreißigsten. Nachdem der Schmergel die so eben angegebene, gehoͤrige Zeit uͤber in den großen Gefaͤßen, in welchen er sich zu Boden sezte, gestanden ist, koͤmmt er in kleine irdene Gefaͤße, die sorgfaͤltig mit Papier bedekt werden, damit kein Staub hineinfaͤllt, und ihre respectiven Nummern, 1–6, erhalten. Ueber das Gestell und den Griff der Schleifer. Ein gehoͤrig gebildetetes Gestell von hinlaͤnglicher Hoͤhe und nicht hu großer Breite an der Basis muß auf dem Boden der Werkstaͤtte fest geschraubt werden. Oben auf dem Gestelle ist ein Blok von Gußeisen mit einer maͤnnlichen Schraube befestigt, die dasselbe Caliber, wie jene an der Doke der Lade, besizt, und auf diese wird die weibliche Schraube am Ruͤken des messingenen Schleifers eingeschraubt. In die weibliche Schraube am Ruͤken des Schleifers aus Gußeisen kommt ein Griff aus Franzosenholz oder irgend einem anderen harten Holz in Form einer Zwiebel, oder eines der Quere nach breiteren Sphaͤroides von solcher Groͤße, daß man ihn leicht mit der Hand paken kann: dieser Griff hat eine maͤnnliche Schraube, mit welcher er in die weibliche des eisernen Schleifers paßt. Auf diese Weise sind diese beiden Schleifer zur Arbeit hergerichtet, welche auf folgende Art geschieht. Ueber die Art des Schleifens in diesen Schleifern. Man nimmt mit dem Finger etwas von dem mit Wasser zu einem diken Breie angeruͤhrten Schmergel N. 1 aus dem Gefaͤße, und streicht es so ziemlich gleichfoͤrmig uͤber die Oberflaͤche des messingenen Schleifers hin. Um jedoch den Schmergel noch mehr gleichfoͤrmig zu vertheilen, und zu verhindern, daß er sich nicht in Kluͤmpchen sammle, wird ein Stuͤk vorher geschliffenes Glas von gleicher Kruͤmmung mit dem Schleifer in demselben umher getrieben, und die aͤußere Kante des Schleifers mit einem feuchten Schwamme von allem Schmergel gereinigt. Hierauf wird der Linsen-Blok in oder auf den messingenen Schleifer gesezt, und das Schleifen auf folgende Art fortgesezt. Der Arbeiter faßt den Griff des Blokes mit seiner Rechten, und gibt ihm eine laͤnglich eifoͤrmige Bewegung uͤber den Schleifer hin, indem er denselben etwas uͤber den Rand desselben hinausfuͤhrt, und gibt bei jedem zweiten Zuge dem Bloke einen Dreher mit der linken Hand. Zu gleicher Zeit geht er allmaͤhlich um das Gestell herum, abwechselnd ruͤkwaͤrts und vorwaͤrts, so daß jeder Theil des Schleifers gleiche Reibung erhaͤlt. Sobald der Schmergel sich an das Glas anlegt, und aufhoͤrt zu schneiden, muß er mit einem nassen Schwamme sowohl von dem Schleifer als von den Linsen abgewischt werden, wobei man wohl Acht geben muß, daß nichts von demselben in den Zwischenraͤumen zwischen den Linsen zuruͤkbleibt. Auf dieselbe Weise wird der Schmergel von der zweiten Nummer aufgetragen, u.s.f., bis jede Nummer durchgearbeitet wurde. N. 6 muß jedoch zweimal aufgetragen werden, um die Oberflaͤche der Linse zum Polieren desto tauglicher, und feiner zu machen. Wenn indessen waͤhrend dieser Operation einige Rize an der Oberflaͤche der Linsen, auch nur unter dem Vergroͤßerungs-Glase, sich zeigten, so muß das Schleifen wiederholt werden. Man muß ferner alle moͤgliche Sorge tragen, daß der Schwamm von den verschiedenen Sorten des Schmergels waͤhrend der Arbeit rein gewaschen wird. Ueber das Polieren der Linsen. Man hizt einen Schleifer und belegt ihn mit Kitt. Bei großen Linsen muß er mit dikem, eigens dazu verfertigten, Wollen-Tuche, bei kleineren mit gewoͤhnlichem Wollen-Tuche, und bei noch kleineren mit Kasimir gefuͤttert werden: jede dieser Fuͤtterungen muß auf den heißen Kitt aufgelegt und dann auf oder in den aus dem Bloke befestigten Linsen so lang bearbeitet werden, bis sie die Kruͤmmung derselben angenommen hat. Die Poren dieser Tuͤcher werden hierauf mit Wasser und dem Schmergel N. 6 (oder mit dem feinsten Niederschlage, der sich mit der Zeit in dem Fasse bildet, in welchem der Schwamm, nachdem man mit demselben die Schleifer abgewischt hat, bestaͤndig ausgewaschen wird) gleichfoͤrmig ausgefuͤllt, so daß sie eine ebene Oberflaͤche bilden. Nachdem alles erkaltet ist, wird Putty, oder eine Mischung aus Zinn- und Blei-Oxid aus einer mit einem durchloͤcherten Dekel versehenen zinnernen Buͤchse gleichfoͤrmig daruͤber gestreut, und etwas Wasser darauf gesprizt. Hierauf faͤngt man an zu Polieren; fuͤhrt aber waͤhrend dieser Operation die Zuͤge gerade vorwaͤrts und ruͤkwaͤrts uͤber den Schleifer, und nicht, wie vorher, in eifoͤrmiger Richtung: die uͤbrigen Richtungen muͤssen genau beachtet werden. Nachdem beide Seiten der Linsen auf obige Weise geschliffen und poliert wurden, muͤssen sie auf jeder derselben einzeln fuͤr sich ihre Vollendung erhalten, d.h., rectificirt werden. Ueber das Rectificiren der Linsen. Zu dieser Operation muͤssen kleine Schiefer aus folgender Metall-Composition gegossen werden, naͤmlich aus 1 Pf. Blei, 8 Unz. Spießglanz-Koͤnig. Diese Composition laͤßt sich leicht in der Lade mit Wasser befeuchteten Schleifern drehen. Um diese Schleifer zu verfertigen, dreht man ein Loch in ein Stuͤk Holz, welchem man die Form des zu erhaltenden Schleifers gibt, naͤmlich eine runde flache Oberflaͤche, die groß genug ist, die Linse zu fassen, wenn diese ausgekittet wird, mit einem Zapfen am Ruͤken zur Aufnahme einer weiblichen Schraube, welche auf folgende Weise darin gegossen wird. Man bringt die Doke der Lade in die Mitte des Loches, welches man in das Stuͤk Holz gemacht hat, und gießt die geschmolzene obige Metall-Composition in den auf diese Weise gebildeten Model. Nachdem alles erkaltet ist, dreht man den Schleifer in der Lade vollkommen aus, und macht seine flache Oberflaͤche dadurch rauh, daß man sie nach allen moͤglichen Richtungen zerkrazt, um den Kitt besser auf derselben halten zu machen. Ueber den Kitt zur Rectificirung der Linsen. Pech, 1 Pf.; Bienen-Wachs, 2 Loth; man schmilzt beide zusammen und seiht sie durch ein Tuch. Man nimmt zwei dieser Schleifer, nachdem sie mit dem warmen Kitte uͤberzogen wurden, und sezt sie nach und nach auf die nassen Oberflaͤchen der Linse, so daß sie die Kruͤmmung oder die Kruͤmmungen derselben genau annehmen. Der Kitt muß jedoch vorlaͤufig zwei Furchen oder Rinnen, die bis auf das Metall des Schleifers durchgehen, erhalten haben, und diese muͤssen wieder von zwei anderen Furchen zur Aufnahme des aͤußeren Polier-Materiales durchkreuzt werden. Die Linse wird alsogleich an jeder der beiden Oberflaͤchen des Kittes haften, sobald man sie nur anhaucht, und sich wieder eben so leicht abnehmen laßen, was bei dem Rectificiren durchaus nothwendig ist. Dieses Polieren oder Rectificiren geschieht mit dem feinsten geschlaͤmmten Putty, das man auf eine der Flaͤchen des Kittes auftraͤgt, waͤhrend die Linse auf der anderen gehalten wird. Das Putty kommt in ein Flaͤschchen mit Wasser, und nur dasjenige, was bei dem Aufruͤhren von demselben im Wasser schwebend erhalten wird, wird angewendet. Ueber das Centriren der Linsen. Dieß geschieht dadurch, daß man die Linse an dem einen Ende der hohlen Doke der Lade befestigt, welche mit einem Ringe von warmen Kitte eingefaßt wird. Man bringt nun einen Gegenstand vor die Linse, richtet ein Sehloch an dem entgegengesezten Ende der Doke gehoͤrig vor, und dreht dieselbe langsam um. Die Linse wird solang hin und her geschoben, bis der Gegenstand, wenn man denselben auf diese Weise beschaut, unverruͤkt erscheint. Nachdem nun der Kitt erkaltet ist, wird die Linse in der Lade mittelst eines schneidenden Demantes kreisfoͤrmig abgedreht.