Titel: Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, und dessen Preisaufgaben für 1823 und 1824.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XCI., S. 500
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XCI. Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, und dessen Preisaufgaben für 1823 und 1824. Preisaufgaben für 1823 und 1824. Von der Gruͤndung dieses musterhaften Vereins und seinem zwekmaͤsigen Statut haben wir im 4. B. dieses Journals S. 486. Nachricht gegeben, eben so auch die im vorigen Jahre von dieser Gesellschaft ausgesezte 15 Preisaufgaben im 7. B. S. 485. mitgetheilt. Der Termin zur Loͤsung jener Preisaufgaben ist bis Ende Dezember 1823 verlaͤngert worden. Die folgenden neuen Preisaufgaben sind am Ende Dezember 1824 zu loͤsen. Die Bedingungen, welche der Preisbewerber zu erfuͤllen hat, sind in den §§. 27, 28 und 29 des Statuts des Vereins (polytechnisches Journal Bd. 4. S. 493) enthalten. Der Herr Minister fuͤr Handel und Gewerbe hat dem Vereine von Neuem einen ausgezeichneten Beweis seiner besondern Theilnahme an dem gemeinnuͤzigen und wahrhaft patriotischen Wirken desselben gegeben. Sr. Excellenz haben aus den Fonds ihres Ministeriums zu drei der ausgesezten Preise einen Zuschuß von 500 Rthlr. zu einem jeden derselben bewilligt, durch welche außerordentlichen Zulagen zwei Preise auf Ein Tausend, und der dritte auf Sechs Hundert Thaler erhoͤht worden ist. Der Verein fuͤhlt sich bewogen, Sr. Excellenz fuͤr diese Zusicherung oͤffentlich Dank abzustatten. I. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Ein Tausend Thaler, fuͤr die Darstellung des Eisendrahts zur Fabrikation der Wollkrazen, Streichen, in einem Werke des preußischen Staats, von gleicher Guͤte und zu gleichen Preisen, als der Draht aus l'Aigle in Frankreich, in den Nummern von 10 bis 28 steigend. Es muͤssen jaͤhrlich wenigstens 300 Centner dargestellt werden koͤnnen.“ II. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Ein Tausend Thaler, fuͤr die Darstellung von Leder zur Streichenfabrikation in einer Gerberei des preußischen Staats, welches dem Niederlaͤndischen an Guͤte gleich kommt, nicht theurer ist, und zwar in einem solchen Umfange, daß jaͤhrlich wenigstens 500 Centner geliefert werden koͤnnen.“ III. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Sechs Hundert Thaler, Demjenigen, welcher ein Verfahren mittheilt, das preußische Kupfer dergestalt von fremden Bestandtheilen zu reinigen, daß es einen Metallglanz habe, und moͤglichst lange sowohl im Tiegel geschmolzen, als in Stangen ausgegossen, behalte, leicht dehnbar, gut zu schmieden, und zu Legierungen mit Gold voͤllig brauchbar sey, wovon aber der Centner hoͤchstens 10 Rthlr. mehr, als das gewoͤhnliche preußische Kupfer, kosten darf.“ IV. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Zwei Hundert Thaler, fuͤr die Einrichtung einer Fabrik im preußischen Staate, worin eine zu erfindende Metallkomposition verarbeitet wird, welche in der Farbe dem 12loͤthigen Silber gleich kommt, gleich diesem zu Loͤffeln, Leuchtern und andern getriebenen Gegenstaͤnden verarbeitet werden kann, in den gewoͤhnlichen Speisen unaufloͤslich ist, keine nachtheiligen Einwirkungen auf die Gesundheit auszuuͤben vermag, und hoͤchstens ein Sechstheil des Silberwerths kostet.“ V. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Fuͤnf Hundert Thaler, fuͤr die Loͤsung folgender Preisaufgabe:“ „In welchem Abstande, und von welchen Dimensionen, wirken Gegenstaͤnde dadurch nachtheilig auf Windmuͤhlen, daß sie diesen Maschinen den Wind entziehen, und unter welchen Verhaͤltnissen kann man solche als nicht nachtheilig ansehn?“ „Der Antwort muͤssen entscheidende Versuche zur Grundlage dienen, bei welchen zugleich die Wirkungen des Windes, fuͤr verschiedene Geschwindigkeiten desselben, angegeben sind. Auch sind die Gegenstaͤnde, welche Wind auffangen, nicht allein in wagerechter Richtung, sondern auch uͤber und unter dem Horizonte desjenigen Gegenstandes anzunehmen, welchem der Wind entzogen wird; so wie es auch noͤthig ist, das Instrument genau zu beschreiben, welches zur Beobachtung der Geschwindigkeit des Windes diente. Das beobachtete Verfahren, und die Angabe der verschiedenen Geschwindigkeiten des Windes in preuß. Fußmaaße, mit Beruͤcksichtigung der Wirkung des Windes in preuß. Pfunden ausgedruͤkt, wuͤrde umstaͤndlich auseinander zu sezen seyn.“ VI. Die goldene Denzmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Zwei Hundert Thaler, fuͤr die Mittheilung eines Pyrometers oder Pyroskops zur Messung der Waͤrmegrade von der Temperatur des siedenden Wassers, oder doch von der schwachen, Rothgluͤhhize an, bis zur hoͤchsten Stufe des Porcellanfeuers anwendbar, welches in seinen Gradabstufungen wenigstens die halbe Genauigkeit des Queksilber-Thermometers erreicht.“ „Es muß wenig zerbrechlich, und nicht kostbar seyn, sogleich ohne erst abgekuͤhlt zu werden, durch den Anblik die Gradbestimmung ergeben, in seiner Anwendung einfach, und von jedem gewoͤhnlichen Arbeitsmanne zu handhaben seyn; endlich bei jedem Ziegel-, Toͤpfer-, Steingut- und Porzellanofen, ohne weitere veraͤndernde Vorrichtung desselben, sich anbringen lassen.“ VII. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die Darstellung und vollstaͤndige Mittheilung des Verfahrens, das Glas feurig weinroth zu faͤrben, und außer der goldenen Denkmuͤnze noch Ein Hundert und Funfzig Thaler, fuͤr die Darstellung eines tiefen reinen Scharlachroths, mit Vermeidung des orangen und gelblichen Scheins, verbunden mit der Mittheilung des Verfahrens.“ „Das Scharlachroth muß dem an den Fenstern im noͤrdlichen Seitenschiff des Koͤln Domes, oder an den Gewandern der Stifter eines Fensters in der Lorenzer Kirche zu Nuͤrnberg, von Volkamer, oder an den Gewaͤndern eines Johannes, und von Donatoren gleich seyn, die sich im Besize des Geh. Ober-Finanzraths Beuth in Berlin befinden.“ „Beide Farben muͤssen, wie bei den alten Glasmalereien, einen feinen Ueberzug auf der Scheibe bilden, und eben so fest damit verbunden seyn, auch das Einbrennen einer leichtfluͤssigen Schattenfritte gestatten, ohne der Farbe Eintrag zu thun. Endlich muͤssen Scheiben dieses rothen Glases, wenigstens einen Quadratfuß groß, ganz gleichmaͤßig gefaͤrbt geliefert werden.“ VIII. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Ein Hundert Thaler, fuͤr die Darstellung und Mittheilung des Verfahrens zur Fertigung einer blauen Farbe, welche an Schoͤnheit, Kraft und Fuͤlle den Ultramarin, besonders in der Oelmalerei, ersezen kann, und weniger kostet.“ IX. „Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die Mittheilung eines Verfahrens, die rothen Farben, welche bisher nur allein durch die fremden Farbehoͤlzer dargestellt werden konnten, durch inlaͤndische Vegetabilien zu ersezen, aus welchen dieselben eben so schoͤn und wohlfeil, als bei dem Preise jener Hoͤlzer im Jahre 1823, dargestellt werden koͤnnen.“ X. Die silberne Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem Ein Hundert Thaler, fuͤr die Darstellung von gebrannten Dachziegeln, aus Materialien, die sich in der Naͤhe von Berlin in hinreichender Menge finden, die nur zwei Linien dik, auf der aͤußeren Flaͤche glasirt, beim Verkaufe in Berlin nicht theurer, als gewoͤhnliche Dachziegel, und auch nicht zerbrechlicher sind, als diese, endlich aber auch durch die Art, sie einzudeken, nicht theurer werden. Die Mittheilung des Verfahrens ist Erfoderniß, wenn eine Anlage zur Fertigung derselben im Großen nicht Statt findet.“ XI. Die silberne Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die Verfertigung einer dunkelschwarzen Tinte, die so in das Papier eindringt, daß sie sich nicht auswaschen laͤßt, fluͤssig und so dauerhaft ist, daß die damit dargestellten Schriftzuͤge weder durch Saͤuren und Alkalien weggeschafft werden koͤnnen, noch durch Luft oder Licht verbleichen, und die nicht theurer ist, als die gewoͤhnliche schwarze Tinte.“ Die Programme sind im Januar- und Februarheft 1823. der Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerb-Fleißes in Preußen auf S. 17–23. noch ausfuͤhrlicher beschrieben. Die Zahl der ordentlichen in Berlin wohnenden Vereins-Mitglieder betraͤgt jezt 221, die der in den Provinzen 237, und an auswaͤrtigen Ehrenmitgliedern 3. Der am Jahresschluß 1822 uͤbrig gebliebene Fond betrug Rthlr. 4886, 1 gr. 6 Pf. Auch enthaͤlt das angef. Heft der Verhandlungen eine Uebersicht seiner bisherigen Leistungen, die allerdings dem großen Zweke einer solchen gemeinnuͤzigen Anstalt entsprechen. Die Verwaltungs-Abtheilungen bestehen aber auch aus Maͤnnern, denen es wahrhaft um Gemeinnuͤzigkeit, keineswegs darum zu thun ist, blos in gedrukten Berichten als Theilnehmer derselben zu glaͤnzen, und wenn es sich um Gemeinwohl bei den Versammlungen handelt, alles, was nicht von ihnen ausgeht, oder wo ihre Verstandes-Kraͤfte nicht ausreichen, solches durch die leidenschaftlichste Oppositionen zu hintertreiben suchen. Daß dieser Verein aber auch bei der allerhoͤchsten Stelle wuͤrdevoll dasteht, davon gab der §. 5. der Kabinetsordre vom 7. July v. J. uͤber die Industrie-Ausstellung den sprechendsten Beweis, welchen wir deßhalb hier abdruken lassen. „Es findet eine Preisvertheilung fuͤr die ausgezeichnetsten Fabrikate, in goldenen, silbernen und ehernen Denkmuͤnzen bestehend, statt; auch beauftrage Ich Sie, Mir demnaͤchst diejenigen Gewerbtreibenden zu hoͤheren Auszeichnungen namhaft zu machen, welche durch wesentliche Verbesserungen in der Fabrikation und ausgezeichneten Betrieb ihres Gewerbes, einen bedeutenden Einfluß auf das Wohl der Provinz und den Absaz an Fabrikaten geuͤbt haben.“ Sr. Majestaͤt der Koͤnig von Preußen geruhten, ungeachtet Ihrer nahen Abreise nach Italien, die Ausstellung vorher mehrmals, so wie die uͤbrigen neugetroffenen Einrichtungen, Schule, Werkstaͤtten, Laboratorien zu besuchen, und waͤhlten an ausgezeichneten Fabrikaten, Klingen von P. Knecht in Solingen, Gewehre von Sturm in Suhl, Kattune von Dannenberger in Berlin, Sammetdruk von Goldschmidt und Burckardt aus, und bezeugten dem Damastfabrikanten Tob. Widemann uͤber seine Arbeiten Ihr besonderes Wohlgefallen durch ein Koͤnigl. Handschreiben. Das ganze Koͤnigl. Haus nahm die Fortschritte des preußischen Gewerbfleißes mit gleicher Theilnahme auf. Außerdem fanden auch die Modellwerkstatt, die Laboratorien, die Zeichenklassen des Gewerbeinstituts zahlreiche und theilnehmende Besichtiger. Der Staat trug die Kosten der Ausstellung. Die Einnahme von einem unbedeutenden Eintrittsgelde und aus dem Verkauf derber Waarenverzeichnisse ist ganz und ungetheilt dazu verwendet worden, Zoͤglinge aus denjenigen Regierungsbezirken, welche an der Preisvertheilung besonders Theil genommen haben, im Gewerbeinstitute zu unterhalten. Nach der oͤffentlich daruͤber gelegten Rechnung hat die Einnahme betragen 1791 Rthlr. 22 Sgr. 6 Pf.; sie ist auf die runde Summe von 1800 Rthlr. erhoͤht worden. Davon sind bewilligt: 600 Rthlr. zu Stipendien fuͤr fleißige Schuͤler aus Berlin, 600 Rthlr. desgleichen fuͤr den Aachner Regierungsbezirk; fuͤr den Duͤsseldorfer, Potsdamer und Liegnizer Regierungsbezirk, fuͤr jeden zu gleichem Zwek, 200 Rthlr. In Folge der Bestimmung zu 5) der oben angefuͤhrten Kabinetsorder haben des Koͤnigs Majestaͤt bei dem Ordensfeste, am 18. Januar 1823, in Folge der Ausstellung, das allgemeine Ehrenzeichen erster Klasse bewilligt: Hrn. John Cockerill, Fabrikunternehmer in Berlin; Hrn. A. v. Scheibler, Mitunternehmer der Tuchfabrik des Hauses Kuͤtemeyer in Eupen; Hrn. Lenzmann, Mitunternehmer der Tuchfabrik unter der Firma: v. Scheibler und Lenzmann in Montjoie; Hrn. Karl Gropius, Mitunternehmer der Gabainischen Seidenfabrik in Berlin; Hrn. Dannenberger, Besizer einer Kattunfabrik in Berlin; Hrn. Strobwasser, Besizer einer Lakirfabrik in Berlin. – Ferner haben Sr. Majestaͤt der Koͤnig dem Besizer einer chemischen Fabrik in Oranienburg, Hrn. Dr. Hempel, den Titel eines Komerzienraths zu verleihen geruht. Der umfassende Bericht dieser ersten Industrieausstellung in Preußen findet sich in dem angefuͤhrten Hefte der Verhandlungen dieses Vereins. D.