Titel: Ueber den Erfolg des Ringelns an Feigenbäumen, mit Bemerkungen über die Cultur und Fortpflanzung derselben. Von Sir Charles Miles Lambert Morck, Baronet, F. H. S.
Fundstelle: Band 16, Jahrgang 1825, Nr. XXXIV., S. 118
Download: XML
XXXIV. Ueber den Erfolg des Ringelns an Feigenbäumen, mit Bemerkungen über die Cultur und Fortpflanzung derselben. Von Sir Charles Miles Lambert Morck, Baronet, F. H. S. Aus dem Repertory of Arts, Manufactures and Agriculture. December 1824. S. 39. (Im gedraͤngten Auszuge.) Morck, über den Erfolg des Ringelns an Feigenbäumen. Sir Charles ringelte einen Feigenbaum; der Stamm unter dem Ringe hoͤrte auf diker zu werden, ward aber uͤber dem Ringe noch weit schneller diker, als vorher; die Aeste, welche sich nach dieser Operation entwikelten, hatten kuͤrzere Glieder; der Baum brachte im Fruͤhjahre und mitten im Sommer in solchem Ueberflusse Feigen, daß auf manchem Aste 8 bis 10 aus einer Laͤnge von eben so viel Zoll fassen; die Feigen wuchsen schnell, schienen groß und gesund; allein der Baum gehoͤrte zu denjenigen, die ihre Fruͤchte vor der Reife fallen lassen, und verlor auf diese Weise alle Feigen, ehe sie reif waren. Er erwartete zweierlei Wirkung von dem Ringeln: 1tens, haͤufigere Fruͤchte; 2tens, daß die Frucht ausreifen wuͤrde. Die erstere hatte im Uebermaaße statt; es waren oft 2 Feigen an einem Gliede. Die leztere blieb unerfuͤllt; alle Fruͤchte sielen ab. Bei Oeffnung der meisten Fruͤchte zeigten sich bloß unentwickelte Staubbeutel und Staubgefaͤße, Bluͤmchen mit Staubbeuteln an dem Auge, und Bluͤmchen mit Narben an dem unteren Theile, welche leztere aber unvollkommen und klein waren. Das Ringeln aͤndert also in dem Baue der Bluͤmchen nichtsWie kommt es aber, daß das Insekt, Cynips Tsenes genannt, durch sein Eyerlegen in die Feigen, durch die schon vor 2000 Jahren bekannte Caprification, die Feigen vor dem Abfallen so sehr bewahrt, daß ein Baum, an welchem die Caprification nicht vorgenommen wurde, kaum 10 Pfund traͤgt, und ein anderer, der caprificirt wurde, und dadurch seine Fruͤchte behaͤlt, 100 Pfund liefert? A. d. Ueb.. Die Society bemerkte dieselben Erfolge des Ringelns, wie Sir Charles. Sir Charles versuchte das Ringeln noch ein Mahl an der weißen Marseiller-Feige, die er in einem kleinen Feigenhause an der Wand zog, und die immer ihre, obgleich wenigen, Fruͤchte zur vollen Reife brachte. Die Fruͤhlings-Feigen waren nur wenig, vielleicht weil sie schon im Herbste kamen, und im Fruͤhling abfielen. Nach der Mitte des Sommers sezten sich aber an den Fruͤhlings-Zweigen der geringelten Aeste eine Menge Fruͤchte an; meistens 6 bis 8 an den meisten Zweigen, zuweilen zwei an einem Gliede, die sich dann bei dem Ausreifen beruͤhrten. Sie fingen an, Ende Junius zu erscheinen und reiften Anfangs Oktobers. Sie waren noch ein Mahl so groß, als gewoͤhnlich, und von guter Qualitaͤt; die Thraͤne erschien bei ihrer Reife am Auge, und fiel selbst von einigen herab. Sir Charles spaltete eine Feige mit seinem Messer, als sie den vierten Theil ihres Wachsthumes erreicht hatte, von dem Auge an bis nahe an ihren Stiel, und stekte einen kleinen Buͤschel Staubbeutel, den er aus einer Staubbeutel tragenden Feige ausschnitt, in den Spalt. Die Feige litt durch diesen Spalt durchaus nicht, sie ward groͤßer und reifte am 23ten August, ungefaͤhr 6 Wochen vor allen anderen Sommer-Feigen, an diesem Baume, obschon einige derselben uͤber und unter ihr standen. Nur bei dem lezten Ausreifen der Frucht, nachdem die Fruchtknoten fleischig zu werden anfingen, zeigte sich eine Folge des Spaltes; der Spalt ward naͤmlich faul und die Faͤulniß jezte sich bis auf die aͤußere Haut fort, so daß man die Feige nicht bis zur vollen Reife konnte haͤngen lassen. Einige Samen waren bereits vollkommen ausgereift, und sanken im Wasser unter. Die zweite oder Sommer-Ernte dieses Feigenbaumes, der ungefaͤhr 45 □ Fuß an der Mauer des Feigen-Hauses bekleidet, betrug an den geringelten Westen ungefaͤhr 200 Stuͤke. Die nicht geringelten Aeste brachten sehr wenig Feigen, und diese schwollen nicht uͤber die Haͤlfte der Groͤße der geringelten. Die ungefaͤhr 1/4 Zoll breit abgeloͤsten Ringe waren großen Theils noch im Sommer verheilt, und mit neuer Rinde bedekt. „Wir verstehen uns, wie ich glaube,“ sagt Sir Charles „unter allen unseren Baͤumen noch am Wenigsten auf den Feigenbaum Feigenbaum, der doch unter allen, wenn man seine Eigenheiten kennt, am leichtesten zu behandeln ist. Kein Baum laͤßt sich leichter fortpflanzen. Ich sandte im vorigen April von London aus zwei Feigenreiser auf mein Gut in einem Briefe mit der Post; so klein waren sie. Und diesen Herbst habe ich von einem dieser Reiser drei, von dem anderen zwei Feigen gepfluͤkt. Man kann den Feigenbaum in seinem unnuͤzen uͤppigen Wachstum durch das Ringeln zuruͤkhalten, so daß er selbst schon in einer sehr geringen Groͤße sehr fruchtbar wird. Man kann ihn durch Hize und fluͤssigen Duͤnger treiben, wenn man ihn haͤufig begießt, und eine groͤßere Menge ausgereifter Fruͤchte, als von keinem anderen Baume, dadurch erhalten. Man kann ersparte Aeste von einem in Freien wachsenden Feigenbaume ringeln, dieselben in einem gespaltenen Topfe mit Erde umgeben, in welche sie bald Wurzeln schlagen werden; und dann im Herbste von dem Mutterstamme trennen. In ein Glashaus gebracht, werden sie im naͤchsten Sommer Fruͤchte tragen. „Ich glaube auch“ sagt Sir Charles „daß der Feigenbaum sich leicht aͤugeln laͤßt, wenn man es gerade haben wollte. Ich habe drei Knospen in Saftzweige eines Feigenbaumes, der im Glashause stand, im vorigen Sommer gesezt: sie sind noch jezt, im November, am Leben.“