Titel: Beschreibung einer Klappenschleuße. Von Adolph Marin in Lemberg.
Autor: Adolph Marin
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXIX., S. 411
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LXXIX. Beschreibung einer Klappenschleuße. Von Adolph Marin in Lemberg. Mit Abbildungen auf Tab. IX. Marin's, Beschreibung einer Klappenschleuße. Diese Klappenschleuße erhaͤlt das Wasser in der normalmaͤßigen Hoͤhe, oͤffnet und schließt sich von selbst, je nachdem sich der Wasserspiegel uͤber die normalmaͤßige Hoͤhe erhoͤhet oder erniedriget hat. Das Selbstoͤffnen und Schließen dieser Klappenschleuße nach veraͤnderten Wasserspiegel, gruͤndet sich auf folgenden theoretischen Saz. Es sey Fig. 11. ein Gefaͤß ABCD, bis EF, mit Wasser angefuͤllt, so ist wie bekannt, der Schwerpunkt des Seitendrukes, den das Wasser auf die Seitenflaͤche EC, ausuͤbt, in einem Dritttheile von c, gegen E, in G. Ist nun der Schwerpunkt des Wasserstandes EC in einem Dritttheile in G, mittelst einer beweglichen Achse unterstuͤzt; so kann keine Bewegung erfolgen, weil beide Hebel im Verhaͤltnisse gegen einander gleich schwer belastet sind. Wird nun das Gefaͤß mit Wasser uͤber E, z.B. bis A, gefuͤllt, so muß sich offenbar auch der Schwerpunkt andern, der z.B. in H, kaͤme, wodurch natuͤrlich auch der obere Hebelsarm AG, mehr als der untere Hebelsarm GC, belastet wird. Da nun der Wendepunkt der Achse in G, unveraͤndert verblieben, der Schwerpunkt aber sich in H, veraͤndert hat, daher solcher nicht unterstuͤzt, und zum Fallen genoͤthiget wird, so muß die Klappe begreiflich eine Bewegung nach IK, machen. Nach Maßgabe des erhoͤheten Wasserspiegels oͤffnet sich auch die Klappe, so wie bei einer Wage, in so lange, bis die Zustroͤmung der Wassermasse der Ausstroͤmung gleich seyn wird, wo sodann die Klappe z.B. nach CD, im Beharrungs-Zustande verbleibt. Wird die Zustroͤmung der Wassermasse gegen die Ausstroͤmung immer vergroͤßert, so oͤffnet sich die Klappe bis zur Horizontale ef, Fig. 12, und die Fluth kann unbeschadet der Klappe die wegen ihrer horizontalen Lage dem Wasser eine kleine Flaͤche, daher auch wenig Widerstand entgegensezt, schnell abfließen. Das Zuschließen der Klappe geschieht erst dann, wenn der Druk des Wassers auf die Oberflaͤche der Klappe aufhoͤrt, und der Wasserspiegel sich bis zur Achse erniedriget hat. Dieses duͤrfte zu der Vermuthung Anlaß geben, daß diese Schleußenklappe mehr Wasser, als es erforderlich waͤre, ausfließen laͤßt; allein da sich bei dem Oeffnen der Klappe der Wasserspiegel auf eine nicht betraͤchtliche Laͤnge erniedriget, so schließt sich die Klappe noch immer fruͤher, als die hintern Fluthen kommen, und das Wasser erlangt dadurch bald seine vorige Normalhoͤhe. Wenn auch Baͤume, Wurzel und anderes Materials durch die Fluthen fortgefuͤhrt werden, so kann es der Klappe, wegen ihrer tiefen Lage und wegen ihrer Beweglichkeit, womit sie jeden Stoß ausweicht, nicht im geringsten einen Schaden zufuͤgen. Es duͤrfte vielleicht zu befuͤrchten seyn, daß wenn Schlamm und anderes Flußmateriale, sich vor die Klappe ansezt, die Klappe gehindert waͤre, sich zu oͤffnen. Da aber wegen der Stauchung des Wassers, die durch die Klappe verursacht wird, die Kraft des Wassers gemindert wird, so muß natuͤrlich das groͤbere Flußmateriale weiter oben liegen bleiben und nur das leichte Flußmaterial kann sich vor die Klappe ansezen, das nur etwas specifisch schwerer, als das Wasser ist; daher die Klappe sich bei etwas mehr erhoͤhtem Wasserstande oͤffnen muß. Es gibt daher fast keinen denkbaren Fall, daß die Klappe nach vermehrter Fluch sich nicht von selbst oͤffnen sollte. Nach erfolgter Oeffnung wird durch die Schnelligkeit des Wassers der Vor- und Hinterfluthen die Schleuße ganz gereinigt, und die Klappe kann sich wieder nach Ablauf der Fluth gut schließen. Hier duͤrften sich wohl Faͤlle ereignen, daß durch Wurzel oder Baͤume das gaͤnzliche Zuschließen der Klappe verhindert wird, allein nach uͤberstandener Gefahr laͤßt sich eher eine Abhilfe machen, als vor derselben. Es ist bekannt, daß wenn bei den gebraͤuchlichen Schleußen die Fluthen schnell anwachsen, die Schuͤzen oͤfters mit Lebensgefahr gezogen werden muͤssen, vorzuͤglich aber, wenn die Fluthen bei der Nacht kommen, und die Schuͤzen zu ziehen vergessen werden, so gibt solches oͤfters Anlaß zu großen Uͤberschwemmungen. Die hier beschriebene Schleußenklappe erfordert keiner sorgfaͤltigen Aufsicht, indem man ganz beruhigt seyn kann, daß sie sich bei anwachsenden Fluthen von sich selbst oͤffnet. Wieviel wuͤrde dadurch fuͤr das Aufsichtspersonale erspart und viel Ungluͤk vermieden werden? Wie diese Klappenschleuße ihrem Zwek im Großen entsprechen wird, kann nur die Erfahrung lehren. Versuche im Kleinen, haben genuͤgende Resultate gegeben, und die Schleußenklappen dienen vorzuͤglich bei Baͤchen, die wenig Gefalle haben, zu ihrer Reinigung; weil sich die Klappen nach aufgestauchtem Wasser schnell oͤffnen, und durch diese große auslaufende Wassermasse allen Schlamm mit sich fortfuͤhren. Die Verfertigung dieser Klappenschleuße geschieht auf folgende Art (Fig. 13.): Die ganze Schleuste wird, bis auf die Schuͤze, wie eine jede andere Schleuste gemacht. Anstatt der Schuͤze wird eine bewegliche Klappe, die um ein 1/4 Theil hoͤher als der normalmaͤßige Wasserstand ist, verfertiget. In der Entfernung eines dritten Theils des hoͤchsten Wasserstandes wird an der Klappe von g, gegen a, ein Balken, der an beiden Enden mit Zapfen versehen ist, befestigt, und diese Klappe, die um einige Zoll schmaler als die Breite der Schleußenoͤffnung ist, wird in die Pfanne, die sich in dem Schleußenjoche befinden, gebracht, und nach einer etwas wenig schiefen Richtung cc, (damit die Klappe besser an die Leisten druͤkt und wasserdichter macht) gestellt und einstweilen befestiget. Es werden sodann einige Zoll breite Leisten an die auswendige Schleußenjoche unter der Achse dargestellt, von beiden Seiten wie ab, befestiget, daß solche an der Klappe fest anliegen, das gleiche geschieht am Schleußenbau in S. Auf eben diese Art werden 2 Stuͤk Leisten wie ed, an die beiden Schleußenjoche inwendig angemacht. Bei den Zapfen muͤssen die Leisten sorgfaͤltig ausgeschnitten werden, damit nicht viel Wasser verloren gehe. Endlich wird auf der kuͤrzern Seite der Klappe ein Kasten mnog, gemacht, der mit Steinen dergestalt anzufuͤllen koͤmmt, daß die Klappe, wenn sie auch bis an die Achse ins Wasser kommt, demnach die kuͤrzere Seite der Klappe schwerer, als die laͤngere, bleibt. Um das zu schnelle Umschlagen der Klappe, bei zu jaͤher Fluch fuͤr die Klappe unschaͤdlich zu machen, wird entweder ein Pfahl in K, eingetrieben, und etwas hoͤher als die Achse abgeschnitten, oder es muͤssen in I, von beiden Seiten der Baken kurze Balken hervorragen, worauf die Klappe beim Umschlagen sich stuͤzen kann. Sollte diese Klappenschleuße auf eine bedeutende Laͤnge gemacht werden, so muͤßten die Zapfen, die mittelst eiserner Schienen verbunden sind, unter dem Baum wie in b, und dd, angebracht seyn. In b, werden sie in Pfannen, die im Schleußenjoche, und in dd, in Pfannen, die in den Stuͤzen aa, angebracht sind, sich bewegen. Die Stuͤzen aa, welche mit Bandstreben cc, versehen sind, sezen wegen ihrer tiefen Lage und geringen Flaͤche dem Wasser keinen Widerstand entgegen. Wollte man bei einem im Garten laufenden Bache das Vergnuͤgen sich verschaffen, daß eine solche Schleußenklappe alle Augenblike sich oͤffnen und schließen soll; so lasse man eine Klappe von 6''–12'' oder mehr Zollen von Blech verfertigen, seze es mittelst einer Achse von Eisendraht in einen hoͤlzernen Rahmen abcd, Fig. 16. die mit Vor- und Hinterfluthen versehen ist, beschwere die Klappe am untern Ende in i, dargestellt mit Blei, daß wenn selbe auch bis an der Achse in Wasser waͤre, die perpendikulaͤre Lage nicht verliere. Am Schleußenbaͤume in K, wird ein Stuͤk Blech in einer Zirkelhoͤhlung befestiget, damit das Wasser, wenn sich die Klappe oͤffnen soll, nicht zu fruͤh verloren gehe. Einige Schuhe vor der Schleuße oder am Ende der Balken in gh, wird ein Stuͤk Brett vorgemacht, damit daruͤber das Wasser in das Behaͤltniß bgdh, kommen kann, ist nun dieses kleine Behaͤltniß angefuͤllt, so oͤffnet sich die Klappe, schließt sich aber zugleich wieder zu, indem das Brett gh, die Zustroͤmung des andern Wassers in den Graben verhindert. Lemberg, am 3ten August 1825.

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