Titel: Ueber Ketten-Seile und ihren Nuzen. Von Hrn. Basil. Hall, Capitäne und F. R. S.
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXXI., S. 430
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LXXXI. Ueber Ketten-Seile und ihren Nuzen. Von Hrn. Basil. Hall, Capitaͤne und F. R. S. Aus dem Edinburgh Philosophical Journal. October. 1825. S. 317. (Im Auszuge.) Hall, uͤber Ketten-Seile und ihren Nuzen. Es unterliegt keinen Zweifel, daß Capitaͤn Samuel Brown der Erfinder der Ketten-Seile (Ketten-Taue, Chain-Cables) ist, und daß er es war, der die Einfuͤhrung derselben bei der Flotte vorschlug. Er that es im Januar 1808, und nahm im Februar ein Patent auf seine Erfindung. Ungefaͤhr um diese Zeit segelte er nach Westindien mit einem Schiffe, das groͤßten Theils mit seinen eisernen Seilen getakelt war. Der Erfolg dieses Versuches war so guͤnstig, daß, nach dem Ausspruche eines zur Untersuchung abgeordneten Ausschusses von See-Officieren, zwei Linien-Schiffe, eine Fregatte und eine Kriegs-Sloop den Befehl bekamen, sich mit Ketten von 100 Faden Laͤnge zu versehen. Im Jahre 1811 wurden mehrere Fregatten und Sloops auf gleiche Weise ausgeruͤstet, und die Versuche fielen, obschon Vorurteil und Unwissenheit allerlei Schwierigkeiten fanden, so erwuͤnscht aus, daß man vermuthen konnte, die eisernen Seile wuͤrden nach und nach die haͤnfenen, wenn nicht allgemein, doch großen Theiles ersezen. Im Jahre 1812 zeigte Hr. Brown eine neue Methode, die Kettenglied der an der Seite mittelst einer langen Schulter zu schließen, wodurch sie besser geschweißt werden konnten, und man hat zeither gefunden, daß, wenn solche Ketten einer Gewalt ausgesezt werden, die sie zu zerbrechen vermag, der Bruch nie an der Stelle Statt hat, wo sie geschweißt wurden. Hr. Brown gab den Gliedern der Kette verschiedene Formen; zuerst drehte er sie, und ließ sie ohne Stuͤz-Stift in ihrer Mitte. In demselben Jahre bediente er sich der hydrostatischen Presse, und erfand eine Maschine, mittelst welcher man die Staͤrke einer jeden Kette pruͤfen konnte, ehe sie die Werkstaͤtte verließ. Hr. Brown verdient also in allen Meeren den Dank aller Seeleute, deren gefahrvollem Leben er einen großen Theil der Schreknisse desselben entzog: nur ein Seemann, der da weiß, was es ist in stuͤrmischen Naͤchten sein Schiff, seiner Gefaͤhrten und sein eigenes Leben einigen, vielleicht halbabgefaulten, Faden Hanfes anvertrauen zu muͤssen, weiß, was er Hrn. Brown zu danken hat, dessen eiserne Taue nie faulen, nie von Korallen-Riffen abgeschnitten werden, und immer kraftvoll und wohl erhalten bleiben. Es war nicht zu vermuthen, daß eine Erfindung von so hohem Nuzen in unserem Lande lang in den Haͤnden eines einzigen Mannes bleiben wuͤrde. Die HHrn. Brunton und Comp. ließen sich im Jahre 1813 ein Patent auf verbesserte Ketten-Seile ertheilen. Die Verbesserung bestand, wie man sagte, darin, daß die Glieder nicht gedreht, sondern alle in einer und derselben Ebene lagen, und in der Mitte mit einem an seinen beiden Enden breiten Stuͤze Stifte versehen waren. So verfertigen sie jezt die HHrn. Brunton, und auch Capit. Brown und andere. Hr. Knowles schrieb die Erfindung dieser wichtigen Verbesserung in seinem Werke: An Inquiry into the means, which have been taken to préserve the British Navy Hrn. Capit. Brown zu, und dadurch entstand ein gewaltiger Streit zwischen Hrn. Knowles und den Patent-Traͤgern, aus welchem, obschon es kaum eines Zehntels des daruͤber verdorbenen Papieres bedurft haͤtte, nichts hervorgeht. Folgende Uebersicht zeigt die Starke der Seile bei der k. Flotte: Groͤße der Seile aus Hanf.    Durchmesser des Eisens, welches die Kettenglieder bildet, um als Aequivalent          fuͤr Seile aus Hanf zu dienen. 25 bis 23 Zoll   – –     –     –    2 1/8 Zoll. 22 –   21   –     – –     –     –    2         – 20 –   18 1/2   –     – –     –     –    1 7/8   – 18 –   17 1/2   –     – –     –     –    1 3/4   – 17 –   16 1/2   –     – –     –     –    1 5/8   – 16 –   15   –     – –     –     –    1 1/2   – 14 1/2 –   14   –     – –     –     –    1 3/8   – 12 1/2 –   13   –     – –     –     –    1 1/4   – 12 1/2 –   11   –     – –     –     –    1 1/8   – 10 1/2 –   10   –     – –     –     –    1         –   9 1/2 –     9   –     – –     –     –       7/8   –   8 1/2 –     7 1/2   –     – –     –     –       3/4   –   7 –     6 1/2   –     – –     –     –   11/16   –   6 –     5   –     – –     –     –       5/8   – 150 Faden oder 1 1/2, Kabel sind fuͤr alle Linien-Schiffe gestattet; 200 Faden oder 2 Kabel fuͤr Fregatten, Sloops und Brigs; kleinere Schiffe, die weniger als 60 Mann Bemannung haben, werden ganz mit eisernen Kabeln versehen. Die Methode, eiserne Seile statt haͤnfener zu gebrauchen, lernt sich taͤglich besser kennen, so wie auch ihr Werth taͤglich mehr erkannt wird, selbst von denjenigen, die die Vortheile derselben bisher noch nicht ganz zu durchschauen vermochten. Man haͤlt, heute zu Tage, kein Schiff fuͤr geborgen, das nicht wenigstens Ein solches Kabel besizt. Diese Seile sind aͤußerst bequem in der Anwendung, und lassen sich beinahe unter allen Umstaͤnden gebrauchen. Wenn sie ein Mahl die Probe ausgehalten haben, kann man sich darauf verlassen, und darin besteht ihr Hauptvorzug vor den Seilen aus Hanf, da ein gewoͤhnliches Seil, auch wenn es nicht gebraucht wurde, in dem Maße an Werth verliert, als es alt wird. Wenn es aber selbst im schoͤnsten Wetter und in dem besten Ankergrunde gebraucht wird, wird es immer schlechter, bloß durch das Naßwerden und Troknen, durch die Reibung. Gegen alle diese Nachtheile ist man bei der Kette gesichert. Die Methode die Staͤrke der Seile aus Hanf und aus Eisen dadurch zu pruͤfen, daß man ein neues haͤnfenes Seil und eine neue Kette an einander knuͤpft, und beide so lang spannt, bis das eine oder die andere reißt, ist unbillig: man versuche nur dasselbe an alten Seilen aus Eisen und aus Hanf. Und dann ist auch die Abnuͤzung an zwei aus Hanf verfertigten Seilen nicht immer dieselbe; das eine kann 6 Wochen lang gebraucht, und doch nicht schlechter geworden seyn, waͤhrend das andere in 6 Tagen, in 6 Stunden unbrauchbar werden kann. Unter eben den unvermeidlichen und nicht vorzusehenden Umstaͤnden, die den lezten Fall herbeifuͤhrten, ist die Kette, wenn sie die Probe bestanden hat, allerdings besser als vorher. Bei Schiffen, die im Canale ein Paar Stunden von der Werfte entfernt kreuzen, hat es allerdings nichts zu sagen, wenn ein Kabel sich abreibt; man kann sich auf der Stelle ein neues holen; aber auf weit entlegenen Stationen ohne Werfte, vorzuͤglich in Suͤd-America, wo man ein Kabel gar nicht ersezen kann, ist dieß ein Punct, von welchem sehr oft das Leben der Mannschaft abhaͤngt. Unternehmungen von der hoͤchsten Wichtigkeit muͤssen unterbleiben, wenn man sich nicht auf die Ankertaue verlassen kann, und zahllose Handels-Speculationen muͤssen aufgegeben werden, oder werden hoͤchst gefahrvoll, weil man, nicht zu jeder Jahreszeit und an jeder Kuͤste mit Sicherheit vor Anker liegen kann. In oͤkonomischer Hinsicht sind diese eisernen Taue bei der Ausruͤstung der k. Flotte fuͤr das ganze Land aͤußerst wichtig. Ich segelte in dem k. Schiffe Conway im Juli 1820 von Portsmouth nach Suͤd-America, und kehrte im Anfange des Jahres 1823 nach England zuruͤk. Auf meiner Commission lief ich in 36 verschiedenen Haͤfen und Rehden ein, und in mehreren oͤfters; uͤberdieß mußte viel an den Kuͤsten und selbst in Stroͤmen gefahren werden: es gab hier mehr zu Ankern, als bei manchen anderen Fahrten von derselben Dauer. Aus Erfahrung unter aͤhnlichen Klimaten darf ich sagen, daß sechs neue Ankertaue von dem besten Hanfe bei diesem Dienste vollkommen darauf gegangen seyn wuͤrden, die wenigstens 650 Pfund Sterl. gekostet hatten. Wir hatten aber ein eisernes Tau, und reichten folglich mit einem aus Hanfe, das noch beigegeben wurde, hin. Lezteres ging ganz darauf, und das eiserne, das kaum 200 Pfund Sterl. kostete, kam so gut zuruͤk, als es auslief; es ward gepruͤft. Ich wuͤrde es bei Wieder-Ausruͤstung des Schiffes jedem neuen vorgezogen haben. Waͤhrend dieser Reise forderte der Dienst oͤfters, daß in Haͤfen selbst an felsigen Stellen geankert werden mußte, und an solchen Plaͤzen, wo das beste Ankertau aus Hanf bei einer einzigen Fluth abgerieben worden waͤre; daß man auf offenen Kuͤsten vor Anker liegen mußte, denen sich vor Einfuͤhrung der eisernen Kabel kein Schiff naͤhern durfte; und ich sah Kauffahrer, die mit eisernen Ankertauen versehen waren, an diesen Kuͤsten, die andere Schiffe fuͤrchten mußten, eintraͤglichen Handel treiben. Es ist allerdings muͤhevoll, ein eisernes Ankertau bei einer Tiefe von mehr als 20 oder 25 Faden zu gebrauchen; das Gewicht derselben und jenes des Ankers zugleich macht es zuweilen schwierig und fuͤr jeden Fall langweilig, den Anker zu lichten. Vor einigen Jahren, als ich noch wenig Erfahrung im Gebrauche dieser Ketten-Taue hatte, mußte ich auf einer Korallen-Bank im chinesischen Meere in ungefaͤhr 35 Faden Tiefe ankern. Ich dachte nicht an das Moment der Bewegung, welches die Kette bei dem Hinabrollen in eine solche Tiefe bekommen mußte, und vernachlaͤßigte die gehoͤrige Vorsicht: alle hundert Faden meiner Kette fuhren mit beschleunigter Geschwindigkeit und furchtbarem Getoͤse zum Loche hinaus, und gaben dem Schiffe zulezt einen solchen Stoß, daß man denselben von einem Ende zum anderen verspuͤrte: alles dieß war das Werk von einigen Secunden. Wir hatten vier Stunden lang saure Muͤhe um den Anker zu lichten. Unsere Schiffe haben, so viel ich weiß, keine Vorrichtung, um in tiefem Ankergrunde mit eisernen Ankertauen vor Anker zu gehenWir haben im polyt. Journ. das Patent des Hrn. Yetts hieruͤber aus dem Repertory of Patent-Invent. S. 139 mitgetheilt. A. d. Ueb. ich fand aber eine solche auf einem americanischen Schiffe, die gute Dienste leistet, und Beachtung und Nachahmung verdient. Eine 10 Faden lange Kette war auf die gewoͤhnliche Weise an dem Anker befestigt, und am Ende derselben war mittelst dreier Schwaͤnze aus kleinen Ketten, die an einem Dreheringe befestigt waren, ein Ankerseil aus Hanf angelassen. Das eiserne Tau kommt auf diese Weise auf dem Grunde zu liegen, und leidet folglich nichts durch das Abreiben, waͤhrend der uͤbrige Theil aus Hanf hinlaͤnglich gespannt wird, um von den im Grunde befindlichen Klippen frei zu werden. Man moͤchte vielleicht beim ersten Anblike sagen, daß Eisen und Hanf sich nicht wohl in einander einlassen; Erfahrung zeigt hier aber, daß dieses recht gut, und ohne Nachtheil fuͤr den weicheren Stoff geschehen kann. Dieser Umstand fuͤhrt uns zur Betrachtung eines anderen wichtigen durch Erfahrung bestaͤtigten Resultates. Als man zuerst Ketten-Taue einfuͤhrte, glaubte man, daß ein Schiff mit einem einzigen solchen Taue nicht sicher vor Anker liegen koͤnne, und daß man deren zwei braucht: man hielt es naͤmlich fuͤr ausgemacht, daß, wenn ein Schiff an einem Hanf- und Kettenseile zugleich vor Anker liegt, und beide Seile sich in dem Loche, durch welches sie aus dem Schiffe treten, verwikeln, was durch das Schaukeln und Drehen bei der Fluch oͤfters geschieht, das Ketten-Tau das Tau aus Hanf durchschneiden wuͤrde. Nun hat aber die Erfahrung gezeigt, daß dieß von Ketten-Tauen weniger zu besorgen ist, als von jedem anderen, und daß zwei nasse Taue aus Hanf, wenn sie quer uͤber einander laufen, sich ehe an einander abreiben und sich ehe durchschneiden, als ein Tau aus Eisen ein Tau aus Hanf durchschneidet: die Glieder der Kette sind naͤmlich glatt und werken nicht mit soviel Reibung. Ueberdieß bewegt sich auch eine eiserne Kette nicht so stark, denn ihr groͤßeres Gewicht macht, daß sie ruhiger liegen bleibt. Diesem hoͤchst wichtigen Umstaͤnde, den man in den fruͤheren Perioden dieser Erfindung nicht vorsehen konnte, hat man jedoch spaͤter in einigen Faͤllen durch zu große Vorsichtigkeit wohlgemeinter Unwissenheit auf eine sehr absurde Weise entgegen arbeiten wollen. Wenn man sich haͤnfener Taue bedient, pflegt man allgemein an jenen Stellen derselben, die der Reibung am meisten bloß gestellt sind, ein duͤnneres Seil so rings um dieselben umzuwinden, daß das Tau dadurch an diesen Stellen um ein Drittel diker wird: eine muͤhselige, aber unerlaͤßliche Vorsicht; die Reibung hat dann nur an dem Ueberzuge Statt, waͤhrend das Tau selbst geschuͤzt bleibt. Diese Vorsicht ist, bei einem Ketten-Taue durchaus nicht noͤthig. Indessen winden doch diejenigen, die immer gewohnt sind, nach der „Daumen-Regel“ Rule of thumb.“ Das englische Aequivalent fuͤr das franzoͤsische Daumen-Spiel (jeu du pouce), das wir ehrliche Deutsche geradezu „Geldzaͤhlen“ nennen. Wer in England nach der Daumen-Regel lebt, sucht sich per fas et nefas immer eine kleine Beschaͤftigung fuͤr seinen Daumen. Das Umwinden der eisernen Taue mit Striken ist uͤberfluͤßig und schaͤdlich; aber es traͤgt ein Paar Pfunde unter den Daumen.A. d. Ueb. zu legen, (und uͤberdieß uͤber nichts nachdenken), wenn sie irgendwo vor Anker liegen muͤssen, auch um die eisernen Taue duͤnnere Seile um, und machen dadurch erst die glatte und unschuldige Kette zur boͤsartigsten Feile. Wo immer eine solche umwundene eiserne Kette auf ein Hanf-Tau zu liegen kommt, wird lezteres in kurzer Zeit davon durchschnitten. Man muß gestehen, daß ein Ketten-Tau anfangs etwas schwer zu handhaben ist; etwas Uebung macht jedoch die Fuͤhrung desselben außerordentlich leicht. Man braucht nicht den zehnten Theil der Zeit, den man zur Befestigung eines Hanf-Taues an dem Anker noͤthig hat, zur Befestigung eines eisernen Taues an demselben: losgemacht ist es in einem Augenblike. Und auch in dieser Hinsicht hat es einen großen Vortheil voraus, daß es durch das oftmahlige Anlegen und Abnehmen nicht so leidet, wie das Seil aus Hanf, welches dadurch, daß es lang in dem Anker eingezogen ist, zumahl bei schlechter Witterung, sehr verdorben wird. Ein Schiff mit einem eisernen Anker-Taue kann ohne alle Muͤhe, ohne allen Nachtheil fuͤr das Anker-Tau, jeden Augenblik bereit seyn, den Anker fallen zu lassen, ein nicht zu berechnender Vortheil, da dadurch so vielen Schiffbruͤchen vorgebeugt wird. Die am mindesten kostspielige Weise mit einem Schiffe vor Anker zu liegen, ist die mit zwei Ketten, und die Zeit ist, wie es scheint, nicht sehr fern, wo dieß allgemein eingefuͤhrt seyn wird. In den suͤdamericanischen Stationen, wo die Witterung gewoͤhnlich gut war, war eine Bog-Anker-Kette seewaͤrts, und eine Strom-Kette gegen die Kuͤste hin, hinreichend: die Abnuͤzung war, in diesem Falle, unbedeutend. Sir Thomas Hardy, dem die Flotte und die Schiff-Fahrts-Kunst uͤberhaupt soviel zu verdanken hat, hat eine einfache Methode ausgedacht, um mit zwei Ketten vor Anker zu liegen, so daß, das Schiff mag wie immer umgetrieben werden, die Ketten in dem Loche sich niemahls verwikeln. Diese bestand darin, daß man die Stromkette aus ihrem eigenen Theile herausnahm, und wieder an einem Drehe-Ringe anmachte, deren sich mehrere in Zwischenraͤumen an der Bog-Kette befinden. Auf diese Weise ritt das Schiff, waͤhrend es vor Anker lag, und der Theil der Bog-Kette (bower-chain), der uͤber dem Wasser war, ward zum Zaume. Derselbe Sir Hardy hat auch einen doppelten Zaum vorgerichtet, um das Schiff mit der Mitte des Kabels, oder zwischen den zwei Bog-Kabeln reiten zu lassen: wahrscheinlich werden noch alle Schiffe der k. Flotte mit den hierzu noͤthigen Ketten versehen werden. Man wird sagen, daß alles dieß so klar und einfach ist, daß es dem Erfinder wenig Ehre macht; gilt dieses nicht aber auch von der eisernen Kette selbst, nachdem sie einmahl erfunden ist? Gerade darin liegt das wahre praktische Genie, daß es Grundsaͤze zu benuͤzen weiß, die die gemeinen Koͤpfe mit Fuͤssen treten. Einfachheit, worin das Wesentliche aller zwekmaͤßigen Vorrichtungen besteht, charakterisirt auch alle Erfindungen des Sir Hardy, keine aber mehr, als seinen Aufhaͤlter des Ketten-Kabels, der nicht allgemein bekannt ist, und besonders beschrieben zu werden verdient. An der unteren Seite des Balkens, der den vordersten Theil der Stelle bildet, wo das Ketten-Kabel heraufkommt, ist ein starker kranichhalsiger eiserner Haken befestigt, beinahe so dik, als der Vorderarm eines Mannes an der Handwurzel, und so groß, als der Kreis, den ein Mann mit beiden Armen, wenn seine beiden Haͤnde in einander liegen, spannen kann. Ein Ende dieser Krummen ist an dem Balken befestigt, laͤßt sich aber um den Bolzen in horizontaler Richtung frei bewegen. Man seze nun das Ketten-Tau kommt in der Eke in dem Gange unter den Fallthuͤren herauf, so daß der gleichfalls in der Nahe dieser Eke befindliche kranichhalsige Haͤlter die Kette umfaßt, so wird, wenn ein starkes Tau an dem Ende dieses Kraniches eingehaͤkelt wird, das Ketten-Tau dicht an der unteren Deke aufgezogen, so daß die Kette dicht gegen den Balken fest gebunden wird. Die Kraft dieses Haͤlters ist so groß, daß er die Kette noͤthigen Falles jeden Augenblik aufhaͤlt, die Geschwindigkeit derselben mag auch noch so bedeutend geworden seyn. Dieß vermochte bisher kein anderer Haͤlter. Man hat seit zwei Jahren noch immer einige Desiderata denen nachgeholfen werden muß. Das Erste ist Verbesserung der Weise, die Ketten-Laͤngen los zu lassen. Wenn man nicht immer genau auf die Stifte sieht, welche die Bolzen in ihrer Stelle halten, so rosten sie ein, und werden nur durch langes Haͤmmern wieder beweglich. Da es nun oͤfters nothwendig wird, die Kette fallen zu lassen (denn dieses Tau kann nicht gekappt werden), so muß das Losmachen eines Theiles der Kette von dem anderen so leicht als moͤglich gemacht werden. Der Fehler an den Stiften scheint darin zu liegen, daß sie gleich hoch mit den Bolzen stehen; wenn man sie so vorgerichtet haͤtte, daß sie nicht ganz bei dem Loche hinaustraͤten, allenfalls mit einer Schulter, die mit einer Verengerung in dem Loche correspondirt; so hatte man den Stift mit irgend einer Spize erreichen, und leicht Herausheben koͤnnen, waͤhrend durch das gegenwaͤrtige Haͤmmern der Stift oͤfters nur noch fester eingenietet wird. Zweitens sollte jedes mit Ketten-Tauen versehene Schiff große und feste Fesseln, statt der Ringe fuͤr Hanfseile, an den Ankern haben. Die eisernen Ketten beißen zu kurz an dem Ringe ein, als daß sie denselben nicht leicht brechen koͤnnten. Ich selbst habe vier Ringe an den Schiffen der k. Flotte auf diese Weise abgekneipt gesehen. Ich glaube alle Schiffe der k. Flotte sind jezt mit solchen Fesseln versehen: alle Schiffe sollten sie haben. Ich habe gehoͤrt, daß Ketten-Bothen eingefuͤhrt sind; ich habe sie aber nicht gesehen, so wuͤnschenswerth sie auch sind; es ist aber noͤthig sie mit einer Vorrichtung zu versehen, durch welche die schreklichen Unfaͤlle im Falle des Brechens derselben vermieden werden koͤnnen. Fuͤr jeden Fall muß man suchen die haͤnfenen Kneiper zu beseitigen, die nicht bloß unzulaͤnglich, sondern selbst kostbar sind. Eine Vorrichtung nach Art der eisernen Klammern, mit welchen man große Steine pakt und hebt, laͤßt sich leicht zu diesem Zweke benuͤzen: ich meyne solche Kneiper, die ihren Gegenstand desto fester paken, je mehr man daran zieht. Die Schweife dieser Kneiper koͤnnten von der gewoͤhnlichen Art seyn, vorzuͤglich wenn der Bothe auch von Hanf ist; ich zweifle aber sehr, ob Eisen zu diesem Zweke mit Erfolg angewendet werden kann, da die Gefahr fuͤr die Leute, die sie handhaben muͤssen, so groß, ja beinahe unvermeidlich ist. Es ist Ungluͤk genug, wenn ein haͤnfener Bothe bricht; das Reißen einer Kette wuͤrde jeden Mann von dem Verdeke raffen. Es ist der Aufmerksamkeit eines Mannes von den Talenten des Cap. Brown werth, eine solche Schwierigkeit zu beseitigen, und vielleicht ist es durch wechselseitige Anpassung der verschiedenen Eigenschaften eines Seiles und des Eisens moͤglich, eine Kette in der Mitte des Bothens eben so anzubringen, wie ein Herz in einem vierstraͤngigen Seile, und auf diese Weise die Staͤrke des einen zu gewinnen, ohne die Reibung und die schuͤzende Eigenschaft des anderen zu verlieren. Was uͤbrigens den Gebrauch des Eisens auf Schiffen betrifft, so beschraͤnkt er sich nur noch auf Spindeln fuͤr Ankerwinden, Stuͤzen fuͤr Mastbaͤume, und Bogspriete, Topsegel-Hemden und Baͤnder (die nur bei Kauffahrdei-Schiffen allein gebraͤuchlich sind, aber auch in der Flotte gebraucht zu werden verdienten), Oehl- und Firniß-Faͤsser und andere Kleinigkeiten. Eine der neuesten und wichtigsten Anwendungen des Eisens auf Schiffen ist die der vier Kubik-Fuß haltenden Wasserbehaͤlter: eine hoͤchst wohlthaͤtige Erfindung fuͤr Seefahrer, durch welche das Wasser eine lange Zeit uͤber unverdorben erhalten werden kann. Ich fuͤllte einst meinen eisernen Wasserbehaͤlter zu Portsmouth, und nachdem ich das Wasser vier Mahl durch die Wendekreise durch und um Cap Horn herum, weiter als um die ganze Erde, gefuͤhrt hatte, brachte ich es nach zwei Jahren wieder in demselben Gefaͤße nicht im mindesten entfaͤrbt, und in jeder Hinsicht eben so gut zuruͤk. als ich es von der Quelle nahm.