Titel: Ueber Seidenraupenzucht.
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXXII., S. 440
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LXXXII. Ueber Seidenraupenzucht. (Fortsezung von polyt. Journ. B. XVI. S. 243.) Ueber Seidenraupenzucht. Herr Gill fuͤhrt am angefuͤhrten Orte, nachdem er mit Barrington's Bemerkungen zu Ende kam, die Versuche der Frau Anna Williams zu Gravesend an, welche schon im Jahre 1778 von der Society for the Encouragement etc. 20 Guineen Belohnung erhielt. Sie bruͤtete 244 Seidenraupen aus, und erhielt davon 3 Loth sehr schoͤne Seide, tiefgoldgelbe, weiße und apfelgruͤne. Die Seide war, nach Aussage von Leuten, die Seide in Italien ziehen sahen, so schoͤn, wie die beste italiaͤnische. Die gute Frau zog sie das ganze Jahr uͤber. Am 14. October 1777 hatte sie 47, die einen Monat alt waren, und sich jezt einspannen, und schoͤne Cocons gaben; allein aus einem Versehen in Verwahrung der Eyer hatte sie dieselben auch viel fruͤher, als die Maulbeer-Baͤume ausschlugen. Sie fuͤtterte sie anfangs mit Salat, nach der Aͤhnlichkeit der Form der Blaͤtter urtheilend, endlich aber mit Brombeeren, und die Raupen gediehen trefflich, und wuchsen schnell. Sie nahm die Blaͤtter nur von den jungen Schoͤßlingen, und entfernte alle Stacheln. Sie versuchte ferner auch Ulmenblaͤtter, und auch diese wurden gierig gefressen: eben so fraßen sie auch Blaͤtter und Blumen der Primeln (Primula veris, eliator und vulgaris). Sobald die Raupen spaͤter Maulbeer-Blaͤtter gekostet hatten, ruͤhrten sie diese Pflanzen nicht mehr an. Eine rothe Blume ruͤhren sie nie an: sie fahren mit Abscheu davon zuruͤk. Mad. Williams fuͤtterte ihre Thierchen in einer warmen Hutschachtel, und hielt sie sehr reinlich: sie fuͤtterte sie aber, so oft sie konnte, mit bethauten Blaͤttern. Sie bemerkte sehr richtig, daß durch das gewaltthaͤtige Abstreichen der Raupen von den Blaͤttern nach der lezten Haͤutung, wo sie anfangen Faden zu ziehen, viele Seide verloren geht, und daß man den Thierchen uͤberhaupt nicht leicht Ruhe genug goͤnnen kann. Zum Spinnen that sie sie in Papier-Tuͤten. Sie meynt, wenn sie Salat genug im Winter haben koͤnnte, koͤnnte sie diese Thiere auch im Winter ziehen: denn sie erhielt mehrere Raupen bei diesem Futter im December. Sie meynt, daß der Umstand, daß diese Thierchen von der Rechten zur Linken spinnen, einen Wink beim Abhaspeln der Seide geben koͤnnte. Sie wand die Seide ab, ohne die Puppe zu toͤdten. – Man sieht aus diesen Bemerkungen der guten Frau Williams, daß Manches im Jahre 1777 bekannt war, was man gegenwaͤrtig fuͤr neu haͤlt. Im Maͤrz- und April-Hefte l. J. theilt Hr. Gill, S. 184 und 213 aus dem IV. und V. B. der Transactions of the Society for the Encouragement of Arts die Bemerkungen des Fraͤuleins Henriette Rhodes mit, welche von der Gesellschaft dafuͤr die große silberne Medaille erhielt. Sie zog im May 1783. 1300 Seidenraupen, verlor hiervon nur ungefaͤhr 30, und erhielt von denselben beinahe 8 Loth Seide. Im folgenden Jahre ließ sie, am 12. Mai, in der Sonne an 10,000 Raupen ausfallen, und fuͤtterte sie in der ersten Woche mit Salat, dann mit Maulbeer-Blaͤttern, die sie sich nur mit der groͤßten Muͤhe und aͤußerst spaͤrlich auf einer Streke von 10 engl. Meilen in der Runde verschaffen konnte. Am Ende Junius waren die Raupen beinahe ausgewachsen, als sie mehrere Tausende derselben durch ein fuͤrchterliches Gewitter verlor, das bei ihr einschlug: es blieben ihr nur 2893; die uͤbrigen waren verbrannt und starben an den Folgen der Verwirrung. Die Geretteten spannen sich am 7. Julius ein. Sie reinigte die Raupen nur Ein Mahl in der Woche, und fuͤtterte sie taͤglich 3 Mahl. Von diesen 2893 Raupen, die sich alle einspannen, erhielt sie genau 1 Pfd. Seide, die sie selbst auf einer von ihr erfundenen (aber nicht beschriebenen), hoͤchst einfachen Maschine abwand. An sogenannten Galleten erhielt sie etwas mehr als 1/4 Pfund. Sie rechnet 30,000 Raupen auf 5 Pfund Seide, und, fuͤr diese, 36 große Maulbeer-Baͤume; zur Wartung rechnet sie nur zwei Personen. Außer Salat und Spinat wollten die Raupen kein anderes Futter anruͤhren, und auch dieses leztere war ihnen nicht zutraͤglich. Fraͤulein Rhodes wand die Seide ab, ohne die Puppe zu toͤdten. Sie warf die Cocons in siedendes Wasser, legte sie dann auf trokenes Papier, und sah immer, daß die Puppe wieder zu Leben kam, und zu gehoͤriger Zeit auskroch. Sie meynt daher, daß, das Toͤdten der Puppen in geheizten Oefen nicht bloß uͤberfluͤßig, sondern sogar schaͤdlich ist, und die Seide um Glanz und Staͤrke bringt. Im Jahre 1785 ließ sie die Raupen erst am 1. Junius ausfallen, um dieselben waͤrmer halten zu koͤnnen, und fuͤtterte sie einzig und allein mit Salat, bis zum 24. Junius, und hierauf mit Maulbeer-Blaͤttern. In weniger als einer Woche nach diesem Futterwechsel fingen sie an, sich einzuspinnen. In der lezten Haͤlfte des Julius war alle Arbeit mit diesen Thierchen voruͤber, und sie erhielt von 4000 Cocons 22 Loth reine Faden-Seide. Sie verlor bei diesem Salat-Futter kaum ein Duzend, und die Cocons waren eben so schoͤn, so groß, so schwer, wie die italiaͤnischen. Sie bemerkt, daß sie dem hochw. Hrn. Samuel Pullein, der in seiner Schrift uͤber Errichtung einer Seiden-Plantage in Georgia die Laͤnge eines Seidenfadens an einem Cocon zu 900 engl. Fuß und 2 Gran Schwere angibt, nachgemessen undund und nachgewogen hat: sie fand an ihren Cocons den Faden 1212 engl. Fuß lang, und 3 Gran schwer, und zwar von einer Raupe, die nur eine Woche lang Maulbeer-Blaͤtter als Futter bekam. Als sie, nach Frau Williams Rathe, ihre Raupen mit Ulmen-Blaͤttern zu fuͤttern versuchte, starben ihr bei diesem Futter 9 von 12, und die 3 uͤbrig gebliebenen konnten auch bei spaͤter gegebenen Maulbeer-Blaͤttern sich nicht mehr so erholen, daß sie zu spinnen vermochten. Sie versuchte vergebens Nuß-, Johannis-, Beeren-, Linden-, Saubohnen-, Erdbeeren-, Kastanien-, und Himbeeren-Blaͤtter. Lieber, als alle diese, fraßen die Raupen Kohlblaͤtter; allein auch von diesen nur wenig, und diese Blaͤtter wuͤrden, im Großen gefuͤttert, zu sehr stinken. Eine ihrer Freundinnen sagte ihr, daß diese Raupen Eschen-Blaͤtter gierig fraßen; allein, sie hatten nach einer Mahlzeit genug davon, und die Weinblaͤtter, die ihr ein Freund empfahl, wollten sie gar nicht angehen. Sehr naïv, und mit einer, gescheidten Maͤdchen immer eigenen, kleinen Bosheit, bemerkt sie: daß, da der gelehrte Herr Barrington sagt: „man koͤnnte vielleicht das Futter entdeken, welches die Seidenraupe am besten naͤhrt, wenn man beachten wollte, was fuͤr ein Insect noch etwas anderes, als Maulbeer-Blaͤtter frißt, es sehr zu bedauern ist, daß diesem gelehrten Erforscher der Phaͤnomene der Natur der kleine Umstand entging, daß kein anderes Insect die Blaͤtter der Maulbeer-Baͤume frißt, ja sogar kein anderes Insect auf dem Maulbeer-Baͤume wohnt.“ Eben so lustig macht sie sich uͤber den Jesuiten Du Halde, der jeden kleinen Laͤrm fuͤr nachtheilig bei der Seidenraupen-Zucht erklaͤrt, und bestaͤtigt unsere fruͤher mitgetheilten Bemerkungen hieruͤber durch die ihrigen. Nur die Blize, meynt sie, waͤren den Seidenraupen gefaͤhrlich, wie anderen kleinen Insecten durch die Kraͤfte der Electricitaͤt, worin sie sich indessen, unseren Erfahrungen zu Folge, taͤuschte. Sehr richtig hielt sie schon im Jahre 1785 zwei Seiden-Ernten in Einem Jahre selbst in England moͤglich. Im Jahre 1786 zog sie mehr als 30,000 Raupen gluͤklich heran, als Anfangs Julius, wo die Raupen bereits ausgewachsen waren, eine in der Geschichte der Witterung Englands beispiellose Kaͤlte eintrat, die kaum geringer war, als sie sonst in den strengeren Winter-Monaten zu seyn pflegt. Die Raupen, welche schon anfingen zu spinnen, verpuppten sich ohne alles Gespinnst. Fraͤulein Rhodes anatomirte einige halb erstarrte Raupen, und fand, daß der klebrige Stoff, aus welchem die Raupen ihre Seide spinnen, durch die Kaͤlte so sehr verdikt war, daß er zaͤhe wie eine sehnige Masse geworden ist. Ungluͤklicher Weise hatte sie ihre Raupen an einem Orte, der nicht geheizt werden konnte, und ein sehr großer Theil derselben ging zu Grunde. Diejenigen Raupen, die in ein warmes Zimmer gebracht werden konnten, spannen nach den verderblichen Einwirkungen dieser Kaͤlte, eben so gut, wie vorher; zum Beweise, daß Kaͤlte diesen Thieren nicht lebensgefaͤhrlich ist, sondern sie bloß am Spinnen hindert. Sie raͤth daher, so wie wir oben gethan haben, die Seidenraupen immer an solchen Orten zu halten, die man, noͤthigen Falles, heizen kann. Sie berechnet, daß die Auslagen bei der Seidenraupen-Zucht mit dem Ertrage des vierten Theiles der gewonnenen Seide hinreichend gedekt sind, und erklaͤrt festiglich, ihre Versuche nicht aufzugeben, bis sie nicht 5 Pfund Seide eigenhaͤndig gezogen hat. Ihre Beharrlichkeit veranlaßte einen Hrn. Agar, um Camden Town, 8000 weiße Maulbeer-Baͤume zu pflanzen. Am Schluße preist Fraͤulein Rhodes ein Werk uͤber Seidenraupen-Zucht, das wohl nur wenige Litteratoren kennen werden: Essay on the Silk-worm, by Henr. Barham, Esqu. 1719. Sie erklaͤrt es fuͤr das Beste, das sie kennen lernte. Wir sind also seit 100 Jahren in dieser Hinsicht um nicht viel kluͤger geworden. –––––––– Hr. Gill theilt im April-Hefte l. J. S. 167 den Aufsaz des Hrn. de Chazal auf Isle de France aus dem XLII. B. der Transactions of the Society for the Encouragement mit, in welchem derselbe durch seine Agenten 116 Pfund auf dieser Insel gezogene Seide uͤbersandte, und die große, goldene Medaille dafuͤr erhielt. Ehe die Englaͤnder Isle de France und Bourbon eroberten, hatte Napoleon sich bemuͤht, Seidenraupenzucht auf dieser Insel durch Geld und Leute zu foͤrdern, ohne daß seinen menschenfreundlichen Bemuͤhungen entsprochen worden waͤre. Der englische Gouverneur, Sir R. T. Farguhar war gluͤklicher. Er ließ Seidenwurm-Eyer aus Bengalen kommen, und vertraute diese Hrn. Chazal, der am 20. Maͤrz 1816. 80,000 Cocons davon erhielt, von welchen die 25,000 besten zur Nachzucht fuͤr das naͤchste Jahr aufbewahrt wurden. Der Rest wurde abgewunden, und gab 180 franzoͤsische Unzen Eyer. Hr. Chazal bemerkt sehr richtig, daß man nie vergessen duͤrfte, daß die Seidenraupen sich schneller entwikeln, als die Blaͤtter an den Maulbeer-Baͤumen. Er cultivirte, soviel er vermochte, den weißen und den bengal'schen Maulbeer-Baum, pflanzte die Staͤmme 3 Fuß weit, und ließ sie nicht hoͤher als 4–5 Fuß hoch wachsen, um desto leichter die Blaͤtter einsammeln zu koͤnnen. Wenn sie altern, muͤssen sie bis auf den Grund niedergeschnitten werden, um neue kraͤftige Triebe zu erhalten; in guten Plantagen muß dieß mit einer gewissen Menge von 4 Jahr zu 4 Jahr so geschehen. Hr. Chazal hat auf ungefaͤhr 40 Arpens 200,000 solche Maulbeer-Straͤucher. Das milde Klima von Isle de France gewaͤhrt bei der Seidenzucht große Vortheile: sie koͤnnen beinahe wie in Bengalen gehalten werden, und die Seide ist beinahe von derselben Qualitaͤt. Indessen gewoͤhnten die Raupen erst in der vierten Generation sich vollkommen an das Klima. In Bengalen hat man jaͤhrlich 5 Seiden-Ernten. Die englischen Seidenzeug-Fabrikanten konnten sich anfangs in diese Seide nicht finden, bis ein Kenner derselben, Hr. Winkworth, das Pfd. zwischen 14 bis 16 Shillings (à 36 kr. d. Shil.) schaͤzte. Sie verhaͤlt sich, im Ganzen, wie die indische Seide. Hr. Gill theilt in demselben Hefte S. 245. auch noch des hochw. Hrn. Swayne Bemerkungen uͤber Seidenraupenzucht in England aus dem V. Bande der Transactions of the Society for the Encouragement of Arts mit. Herr Swayne ist eben so, wie seine Vorgaͤnger und Vorgaͤngerinnen, uͤberzeugt, daß die Seidenraupen in England so gut, wie in Italien gezogen werden koͤnnen; behauptet aber, und mit Recht, daß kein anderes Futter, als das der Maulbeer-Blaͤtter, denselben angemessen und natuͤrlich ist. Er glaubt, daß sie bei Salatfutter sich zwar erhalten, aber nie so groß und so gut werden koͤnnen, als bei Maulbeerblaͤttern; woran wir, auf Fraͤulein's Rhodes Wahrhaftigkeit bauend, zweifeln: allein, die Hauptsache bei diesem widernatuͤrlichen Futter der Seidenraupen ist die große Frage: ob die Seidenraupen bei demselben noch nach Jahren so gut und schoͤn seyn werden, wie Miß Rhodes sie fand; ob sie, nach mehreren Generationen nicht endlich so ausarten muͤssen, daß man von ihnen keinen Nuzen mehr haben kann? Wenn wir sehen, daß das animal omnivorum, genannt Mensch, das unzerstoͤrbarste Thier unter allen, bei fortgeseztem Gebrauche gewisser ihm widernatuͤrlicher Nahrungsmittel zwar fortbestehen, und sich sogar fortpflanzen kann, aber dabei so entartet, daß man an ihm nimmermehr jene Art zu erkennen vermag, deren Ideale in dem Apoll von Belvedere und in der Venus Medicis nachgebildet sind; was laͤßt sich von den Assimilations-Kraͤften eines so zarten Insektes, wie die Seidenraupe, erwarten? Es wird, es muß bei widernatuͤrlichem Futter ausarten. Hierauf bitten wir diejenigen aufmerksam zu seyn, welche, so unbedingt, ein neues Futter fuͤr die Seidenraupe vorschlagen und lobpreisen. Wo ein Jahrtausend fuͤr eine Erfahrung spricht, gehoͤrt ein Jahrtausend dazu, um diese Erfahrung zu widerlegen. Hr. Swayne bemerkt, daß, bei einer Seidenraupenzucht im Großen der Salat, wenn er auch eben so gut waͤre, als Maulbeerblaͤtter, mehr Raum bei seiner Cultur einnehmen wuͤrde, als die noͤthige Anzahl von Maulbeerbaͤumen, hieruͤber kann aber auch nur Erfahrung in vergleichenden Versuchen entscheiden. Hr. Swayne versuchte mehrere Pflanzen, mit welchen Miß Rhodes ihre Raupen auffuͤtterte, und fand, daß die Raupen entweder nichts von denselben fraßen, oder daß dieses Futter ihnen schadete. Er bestaͤtigt uͤbrigens die kleine Bosheit der Miß Rhodes gegen die gelehrte Peruͤke des Hrn. Barrington: daß gar kein anderes Insekt, nicht einmal eine Blattlaus, sich von Maulbeerblaͤttern naͤhrt; faͤllt aber dabei in eben so gelehrte Grillen, wie der honourable Daines Barrington, und wie unsere heutigen Natur-Systemler alle: er findet eine natuͤrliche Verwandtschaft zwischen dem Maulbeerbaume und der Nessel, dem Buchsbaume, der Birke und der Erle; ist aber doch weise genug, keine dieser Pflanzen zu empfehlen, und gegen jedes Surrogat fuͤr den Maulbeerbaum zu warnen, indem der Maulbeerbaum in jedem, auch sehr mittelmaͤßigen, Boden gedeiht. Er fuͤhrt das Beispiel zweier Maulbeerbaͤume an, wovon jeder, erst vor 15 oder 16 Jahren aus Ablegern gezogen, schon vor 2 oder 3 Jahren fuͤr 3000 Raupen Futter darbieten konnte. Ein Hauptgrund, sagt er, den man bei uns fuͤr ein Surrogat fuͤr Maulbeerblaͤtter anfuͤhrt, ist dieser, daß die Maulbeerbaͤume in England erst Ende Mai's oder Anfangs Junius ausschlagen; und daß man die Seidenraupen daselbst schon Anfangs Mai's und noch fruͤher ausfallen laͤßt. Ein Hauptfehler, wie er sehr richtig bemerkt, der bloß durch kindische Neugierde und Ungeduld veranlaßt wird, indem man die Eier, ungeschikt genug, in Kasten in geheizten Zimmern aufbewahrt, und dann aus Neugierde in die Sonne und in die warme Fruͤhlingsluft bringt. – Sie muͤssen in Kellern in Blechbuͤchsen aufbewahrt werden, bis die Maulbeerbaͤume Blaͤtter getrieben haben. Man kann die Eyer zu jeder beliebigen Jahreszeit ausfallen lassen, wenn man sie gehoͤrig aufbewahrt hat, und es bedarf durchaus nicht einer feierlichen Prozession, die der bigote, verdorbene Italiener mit denselben haͤlt, um die Raupen aus denselben auskriechen zu lassen: die Waͤrme der allmaͤchtigen Sonne vermag mehr als die stinkende Glut eines ekelhaften Weihrauchfasses. – Hr. Swayne empfiehlt sehr richtig, das volle Ausschlagen der Maulbeerbaͤume abzuwarten, damit man 1) nie Mangel an Futter fuͤr die jungen Raupen zu besorgen hat; 2) einer milderen Temperatur der Luft fuͤr die Folge sicher ist, indem die Gaͤrtner allgemein milde Witterung prophezeien, wenn der Maulbeerbaum ausschlaͤgt. – Daß schon die alten Roͤmer den Maulbeerbaum arbor sapiens nannten, weil er seine junge Nase nicht leicht im Reife brennt, scheint ihm entgangen zu seyn, so wie es einem Englaͤnder nicht leicht einfallen wird, seinen Raupen bei einer zufaͤllig kuͤhleren Temperatur das zu geben, was er selbst nicht hat, eine gut geheizte Stube: denn in England hat man nur Kaminfeuer mit Steinkohlen, an welchen man an der einen Seite bratet, und an der andern friert: Pflanzen und Kranke waren in England bis zur neueren Heizung mit warmer Luft die einzigen Wesen, die sich einer freundlichen Waͤrme in geheizten Stuben zu erfreuen hatten; 3) damit der Maulbeerbaum selbst bereits Blaͤtter genug treiben konnte, um durch das Abnehmen derjenigen, deren man als Futter fuͤr die Raupen bedarf, nicht an seiner Gesundheit und an seinem Wuchse zu leiden, indem der Baum die Blaͤtter, wie das Thier seine Haut, zum Leben noͤthig hat. Wenn man daher die jungen Blaͤtter zu fruͤhe und zu haͤufig abpfluͤkt, wird der Baum geschwaͤcht, und an der weiteren Entwikelung der Blaͤtter gehindert. – Hr. Swayne haͤtte aber nicht vergessen sollen, zu bemerken, daß man jungen Raͤupchen immer nur junge zarte Blaͤtter als Futter geben darf: dieß ist auch der Wille der Natur. Da nun die Anpflanzung der Maulbeerbaͤume, fuͤr welche es kein Surrogat gibt, so wichtig ist, so pruͤft Hr. Swayne die drei verschiedenen Vermehrungs-Arten dieses Baumes durch Ableger, durch Samen und durch Steklinge. Die erstere ist in England die gewoͤhnlichste, und wird auch sogar bei Ulmen-Baͤumen, die stark gesucht werden, angewendet: sie wird aber bei staͤrkerer Nachfrage schwerlich hinreichen. Das Ziehen aus Samen ist nicht bloß langweilig, sondern auch ungewiß, da der Same bei uns selten gehoͤrig ausreift und man auf fremden Samen sich nicht wohl verlassen kann. – Indessen sollte, nach unserer Ansicht, dieß nebenher immer geschehen. Die Vermehrung durch Steklinge ist nur durch Beihuͤlfe kuͤnstlicher Waͤrme mit sicherem Erfolge moͤglich: denn es bleiben auch bei aller Sorgfalt nur gar zu viele im Freien aus. Hr. Swayne hat oͤfters bemerkt, daß, wenn man Feigenbaͤume schneidet, und die Aeste in Luͤmpchen huͤllt, um sie an der Wand zu befestigen, eine Menge Wuͤrzelchen unter dem Bande zum Vorscheine kommen. Er empfiehlt dieß auch bei den Zweigen der Maulbeerbaͤume zu thun, die man zu Steklingen verwenden will. Uns scheint etwas nasse Erde an der Stelle, wo man die Zweige abschneiden will, in der Naͤhe von Knospen einige Wochen vorher angebracht, noch zwekmaͤßiger. Hr. Swayne schlaͤgt vor, durch Preise fuͤr denjenigen, der die meisten Maulbeerbaͤume gezogen haben wird, zur Kultur aufzumuntern. Er konnte die Puppen nie am Leben erhalten, wenn er die Cocons in heißem Wasser abwand: bekanntlich kann man sie aber, nach Regas's Methode, auch im kalten Wasser abhaspeln. Er hat sehr Recht, wenn er bemerkt, daß man die Raupen großer Gefahr aussezt, wenn man sie bei den beiden lezten Haͤutungen nur Ein Mal in der Woche reinigt; er verlangt aber zu viel, wenn er sie taͤglich gereinigt wissen will. Hr. Gill theilt in seinem technical Repository, Mai, 1825, S. 282. des hochw. Hrn. Swayne Beobachtungen uͤber Seidenzucht in England aus dem VIII. B. der Transact. of the Society of Encouragement mit, woraus wir hier einen Auszug mit unseren Bemerkungen liefern. Hr. Swayne empfiehlt das tragbare Gestell, welches Fig. 21. Tab. VIII. Bd. XVII. in diesem Journale abgebildet ist. So lang die Raupen noch sehr klein sind, haͤlt er sie auf papiernen Schiebern; wenn sie aber groͤßer werden, gibt er sie auf Schieber von Steifleinwand, und, wenn ihr Koth durch diese nicht mehr durchfallen kann, auf Huͤrden von Weidengeflecht. Unter den Schiebern aus Steifleinwand sind andere von Papier angebracht, auf welche der Koth durchfaͤllt, und die taͤglich wenigstens ein Mal gereinigt werden muͤssen. (Es ist offenbar, daß dieses Gestelle nur fuͤr einen Dilettanten gebaut, zu wenig luͤftig, zu kostbar, zu unbequem ist, und den Fehler hat, daß die unteren Schieber nicht groͤßer sind, als die oberen, so daß, wenn eine Raupe aus dem obersten Fache herabfaͤllt, sie bis auf den Boden faͤllt, waͤhrend sie nur bis auf das zweite Fach fallen wuͤrde, wenn dieses in jeder Dimension nur um einen Zoll groͤßer waͤre.) Statt der gewoͤhnlichen Papier-Duͤten zum Einspinnen waͤhlt er, damit das Thier nicht seine Seide an dem breiteren Ende der Duͤte umsonst verspinnt, Cylinder aus einem Octav-Blatte um den Finger gerollt, und knikt sie am Boden ein, wodurch sie fest genug halten, die Cocons leicht herausgenommen, und die Papiere selbst ein anderes Mal wieder gebraucht werden koͤnnen. (Dadurch werden aber auch die Cocons oft zu klein.) Er will bemerkt haben, daß die Seidenraupen sich gern in Klumpen an einander draͤngen, wie manche andere Raupen, und daß, wenn sie ein Mal durch Hunger in ihrer Entwikelung zuruͤkgeblieben sind, sie sich nie wieder erhohlen. Er fuͤtterte, zum Versuche, einige Raupen mit weißen, andere mit schwarzen Maulbeerblaͤttern, und andere mit Salatblaͤttern bis zu den lezten Haͤutungen, und dann mit schwarzen Maulbeerblaͤttern. Die auf diese leztere Weise gefuͤtterten Raupen wuchsen anfangs schneller, als die auf die beiden ersteren Arten gefuͤtterten, und waren blasser. Nachdem sie sich alle eingesponnen hatten, wogen 12 Cocons mit weißen Maulbeerblaͤttern gefuͤtterter Raupen (Nr. 1.) 7 PennyweightsEin Pennyweight = 24 Gran Troy Gew.A. d. Ueb., 2 Gran; 12 mit schwarzen Maulbeerblaͤttern gefuͤtterte (Nr. 2.), 6 Pennyweights 3 Gran; 12 anfangs mit Salat, dann mit schwarzen Maulbeerblaͤttern gefuͤtterte (Nr. 3.) 6 Pennyweights: indessen bestimmt dieser einzelne Versuch nichts, da die Seide nicht abgehaspelt, und nicht bemerkt wurde, ob bei Nr. 1. nicht mehr Weibchen als Maͤnnchen waren. Hr. Swayne berichtigt mit Recht die irrige Meinung, daß die Seidenwuͤrmer ihre Cocons durchfressen, indem sie bloß einen Saft von sich geben, welcher die klebrige Materie an der Seide aufloͤst; allein er geht vielleicht zu weit, wenn er glaubt, daß die Integritaͤt des Seidenfadens selbst dabei durchaus nicht leidet. Er findet, und mit Recht, das Klima Englands (und eben dieß gilt auch von dem unsrigen) geeigneter zur Seidenzucht, als das der Italiener, indem bei uns der Maulbeerbaum weit weniger vom Froste leidet, da er spaͤter treibt; indem wir nicht die schwuͤle Hize haben, die den Seidenraupen so nachtheilig ist; nicht so haͤufiges Blizen (das indessen nicht schadet). Er findet es, worin er sehr Recht hat, besser, die Seidenraupen, die man zur Nachzucht bestimmt hat, auf dem natuͤrlichen Wege ausfallen zu lassen, als sie ihrer Seidenhuͤllen zu berauben, und die nakten Puppen in Baumwolle, Kleien u. dgl. aufzubewahren, wo ihre Huͤlle zu troken wird, und das Thier in der Folge nur mit Muͤhe durchbrechen kann. Er ist gegen das Troknen oder vielmehr das Toͤdten der Puppen in geheizten Oefen, wobei die Guͤte der Seide leidet, und wuͤnscht ein Mittel, die getoͤdteten Puppen bis in den Winter so aufbewahren zu koͤnnen, daß keine Faͤulniß eintritt, wodurch die Seide leidet, und Weiber und Kinder die Seide dann abwinden koͤnnen, wann sie keine dringenderen Feldarbeiten haben. Dieses findet er in dem siedenden Wasser, mit welchem er alle Puppen, gegen die Erfahrungen der Miß Rhodes, zu toͤdten vermochte; er ließ sie, nach dem Eintauchen in siedendes Wasser, schnell und vollkommen troknen, und hatte sie dadurch getoͤdtet und vor Faͤulniß bewahrt. In einem spaͤtern Aufsaze gesteht Hr. Swayne selbst alles, was wir bereits oben gegen sein Gestell bemerkten, bei welchem er vorzuͤglich die Absicht hatte, dem Landmanne in seiner beschraͤnkten Wohnung eine Vorrichtung zu verschaffen, auf welcher er die Seidenraupen bei Tage in seinem Gaͤrtchen im Freien, und des Nachts oder bei schlechter Witterung in seiner Wohnung, allenfalls an der Deke aufgehaͤngt, ziehen koͤnnte. Er war auch mit den Schiebern aus Steifleinwand nicht laͤnger zufrieden, sondern zog Neze mit Maschen von 1/2 □ Zoll diesen und den Weidenhuͤrden vor. Er haͤlt es fuͤr sehr leicht moͤglich, in England Seidenraupen im Freien auf Gestellen, die mit grobem Canevaß bedekt sind, zu ziehen, und fuͤhrt hieruͤber seine Versuche an, die er selbst bei unguͤnstiger Witterung anstellte, und die vollkommen gelangen. Die Seidenraupen, die im Freien gehalten wurden, spannen sich sogar fruͤher ein, als die im Hause gezogenen. Er glaubt, daß die Farbe der Seide mehr von den Weibchen, als von dem Maͤnnchen abhaͤngt, indem er aus einem Weibchen, welches einen orangefarbenen Cocon spann, und einem Maͤnnchen, welches schwefelgelb spann, lauter orangefarbene Cocons als Nachkommen erhielt. Es wollte ihm nicht gelingen, aus Stellingen Maulbeer-Baͤume zu ziehen: er hoͤrte, daß aͤltere Zweige leichter wurzeln, als bloß einjaͤhrige Triebe. Er fand, daß der Ohrkaͤfer (Ohrenhuͤller in Baiern, Forficula auricularia), die Blaͤtter des weißen Maulbeerbaumes frißt, aber nicht die des schwarzen, die er, (wie es uns scheint mit Unrecht) den ersteren vorzieht.