Titel: Ueber die Wirkung des Alters auf die Obstbäume, nebst einer Nachricht über einige neue Sorten von Nektarinen. Von Thom. Andr. Knight, Esqu. etc. Präsidenten der Londoner Horticultural Society.
Fundstelle: Band 19, Jahrgang 1826, Nr. XX., S. 92
Download: XML
XX. Ueber die Wirkung des Alters auf die Obstbaͤume, nebst einer Nachricht uͤber einige neue Sorten von Nektarinen. Von Thom. Andr. Knight, Esqu. etc. Praͤsidenten der Londoner Horticultural Society. Aus den Transactions of the Horticultural Society Vol. V. Part. V. in dem Philosophical Magazine and Journal. September. 1824. S. 194. (Im Auszuge.) Knight's Wirkung des Alters auf die Obstbaͤume. Ich wuͤnsche einige Beobachtungen uͤber die Erzeugung von Obst-Sorten, oder vielmehr uͤber die Frage: ob jede Sorte ihre Periode von Jugend, maͤnnlichem Alter und Greisen-Alter besizt, und nur fuͤr eine gewisse Dauer allein gebildet ist, oder ob jede sich fuͤr ewige Zeiten fortpflanzen laͤßt, ohne an Gesundheit und Kraft zu verlieren? hier mitzutheilen. Daß gewisse Sorten einiger Arten von Fruͤchten, die schon seit langer Zeit cultivirt wurden, jezt nicht mehr in demselben Boden und unter derselben Behandlung gedeihen, unter welcher und in welchem sie vor hundert Jahren gediehen sind, gilt als eine Thatsache, die uͤber allen Zweifel erhaben ist. Jeder Versuch, der auch nur die mindeste Aussicht des Gelingens der Fortpflanzung alter Aepfel- und Birnen-Sorten, die ehevor die Obstgaͤrten in Herefordshire zierten, gewaͤhren konnte, wurde sowohl von mir, als von anderen angestellt, ohne auch nur einen einzigen kraͤftigen und gesunden Baum zu erzielen, und ich glaube, daß alle weiteren Bemuͤhungen diese Sorten fortzupflangen seit einigen Jahren gaͤnzlich aufgegeben wurden. Ich habe in den Philosophical Transactions (Jahr 1810 S. 178.) Nachricht uͤber einige Versuche gegeben, die ich in der Absicht wiederholte, um zu sehen, welche Organe an den Baͤumen alter Sorten zuerst aufhoͤren, ihre Functionen zu verrichten, und das Resultat war, daß es die Blaͤtter sind. Ich hatte durch Ableger und Steklinge kleine Pflanzen von verschiedenen der kraͤnksten Baͤume alter Apfelsorten erhalten, und auf diese ein paar Zoll hoch uͤber der Erde Reiser neuer Saͤmlinge und uͤppig wachsender Sorten gepfropft, und die Wurzeln der schwaͤchsten und kraͤnksten Sorten thaten ihre Schuldigkeit noch vollkommen, und zeigten sich bei der nach mehreren Jahren angestellten Untersuchung frei von jedem Symptome von Krankheit. Der Versuch ward umgekehrt, und Pfropfreiser von alten Sorten wurden gepfropft. Als man in die jungen Triebe, die daraus hervorsproßten, mehrere Knospen neuer und uͤppig gedeihender Sorten aͤugelte, fand man im Herbste jede natuͤrliche Knospe der alten Sorte zerstoͤrt. Die eingeimpften Augen trieben im folgenden Fruͤhlinge freudig, und brachten kraͤftige Blaͤtter; jedes Symptom von Schwaͤche und Krankheit verschwand, und Holz und Rinde der erschoͤpftesten und kraͤnksten Sorten bildet jezt einen Theil der Stamme starker Apfelbaͤume, und zeigt nach 30 Jahren noch ebenso kraͤftige Gesundheit, als die uͤbrigen Theile der Staͤmme dieser Baͤume. Aus diesen Resultaten schloß ich, daß die Schwaͤche und Krankheit der alten Sorten von dem Mangel einer gehoͤrig bereiteten kreislaufenden Fluͤssigkeit herruͤhrt, und daß, wenn man diese durch kraͤftige Blaͤtter herstellt, die Rinde der geschwaͤchtesten Sorte wieder Kraft genug erhaͤlt, die nothwendigen Absonderungen zu erzeugen, und den Splint in den Stand zu sezen, alle seine Functionen gehoͤrig zu verrichten. Man hat gegen diesen Schluß den Einwurf gemacht, daß das Alter die Ursache der Schwaͤche und des Verfalles dieser alten seit vielen Jahren fortcultivirten Obstsorten ist; daß mehrere Saͤmlinge dieser Sorten eben so krank sind, als ihre Aeltern; und man hat behauptet, daß der Verfall unserer besten alten Obstsorten von einer Aufeinanderfolge unguͤnstiger Sommer herruͤhrt. Die Thatsache, daß mehrere Saͤmlinge alter kranker Sorten so kraͤnklich sind, wie ihre Aeltern, kann Niemand bezweifeln; sie beweist aber, wie es mir scheint, nicht mehr, als daß es in der Pflanzen-Welt so gut ererbte Krankheiten gibt, wie in der Thierwelt, und es ist wohl vernuͤnftiger Weise nicht zu erwarten, daß Aeltern, deren Leben auf eine widernatuͤrliche Weise uͤber die natuͤrliche Dauer desselben hinausgefristet wurde, und deren Leiber jaͤhrlich vor Krankheit in Stuͤke fallen, und in welchen alle Saͤfte krank sind, eine gesunde und starke Nachkommenschaft haben sollen. Wenn unser Klima sich wirklich verschlechtert hat, und dieß den Verfall unserer Obstbaͤume veranlaßte; wann hat diese Verschlechterung ihren Anfang genommen? Es ist schon mehr als 40 Jahre, seit ich meine Versuche in der Hoffnung gesunde Baͤume aus den alten Sorten des Cider-Obstes in Herefordshire zu ziehen angestellt habe, und ich weiß, daß mein seliger Vater, der ein sehr competenter Richter in diesem Falle gewesen ist, und als alter Mann starb, da ich noch ein Kind war, noch ehe ich geboren wurde, die immer zunehmende Schwaͤche dieser Sorten beklagte. Auch Parkinson, der unter Elisabeth lebte, klagte uͤber die schlechten Sommer in der lezten Haͤlfte seines Lebens. Die Trauben reiften, sagt er, nicht mehr aus, wie ehemahls, oder, wie ich glaube, es ist wahrscheinlicher, daß sie ihm in seinen alten Tagen nicht mehr so suͤß schmekten, wie sie ihm einst als Schuljungen geschmekt haben mochten. Daß durch die Einfluͤsse mehrerer zusammenwirkender Ursachen eine Veraͤnderung in unserem Klima Statt gehabt haben mag, ist nicht unwahrscheinlich, schwerlich aber war dieselbe so stark, daß sie solche Wirkungen haͤtte hervorbringen koͤnnen. Jede bedeutende Veraͤnderung des Klimas haͤtte auf die neuen Sorten eben so gut, wie auf die alten, einigen Einfluß haben muͤssen; da aber die lezteren allein litten, so scheint dieß von dem Baue derselben abzuhaͤngen. Wenn die Blaͤtter nach und nach anfangen ihren Dienst zu versagen, so muß ein immer zunehmender Grad von Schwaͤche entstehen, der der Krankheit und dem gaͤnzlichen Verfalle voraus geht; und dieß habe ich an einigen noch nicht gar zu alten Aepfel- und Birnen-Sorten bemerkt. Sie sind noch nicht krank; sie bluͤhen haͤufig und zuweilen freudig; aber sie tragen selten viele Fruͤchte, und sie erholten sich, wenn sie auch nur wenig Fruͤchte gebracht haben, nur sehr langsam aus ihrem dadurch erzeugten Zustande von Erschoͤpfung. Wenn dieser Zustand, wie ich uͤberzeugt bin, durch die unzureichende Kraft der Blaͤtter hervorgebracht wird, so entsteht die wichtige Frage: wann, in welchem Alter entsteht bei jeder Sorte dieses Nachlassen der Kraͤfte? Die Beobachtungen, welche ich zu machen Gelegenheit hatte, lassen mich annehmen, daß dieser Zustand dann beginnt, wann der Vaterstamm, dem gewoͤhnlichen Laufe der Natur nach, anfaͤngt altersschwach zu werden, und ich fuͤrchte, daß der groͤßte Theil der Obstsorten verschiedener Arten von Fruͤchten, die man jezt in den Katalogen der Handelsgaͤrtner aufgezeichnet findet, bereits uͤber jene Periode hinausgelebt hat, in welcher diese Baͤume die Aufmerksamkeit des Gartenfreundes verdienten. Diese Bemerkung wuͤnsche ich vorzuͤglich von Pfirsichen und Nektarinen geltend zu machen, von welchen man Sorten, die eben so vortrefflich und noch gesuͤnder und staͤrker sind, als die aͤlteren, leicht aus den Kernen ziehen kann, die in Treibhaͤusern ausreiften, und sogar an den Waͤnden unserer Gaͤrten. Ich habe der Gesellschaft im vorigen Herbste mehrere neue Sorten von Nektarinen geschikt, die in meinem Pfirsichhause aus Kernen der Elruge mit dem Blumenstaube der fruͤhen Violett-Nektarine (carly violet Nectarine) gezogen wurden. Sie kamen aus Knospen, die ich auf die Tragzweige alter Pfirsiche und Nektarinen an den Waͤnden meines Gartens pfropfte, da ich die urspruͤnglichen Saͤmlinge nicht mehr in meinem Garten hatte. Ich verwendete alle Aufmerksamkeit, um die Fruͤchte, aus welchen die Samen genommen wurden, den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit erreichen zu lassen, und der ganze uͤbrige Ertrag der Baͤume, welche sie trugen, so wie jener, von welchen der Blumenstaub genommen wurde, wurde in dem vorigen Sommer beinahe gaͤnzlich geopfert, damit beide so gesund und stark als moͤglich werden konnten. Ich zog das Treibhaus der freien Wand vor, damit das Holz und die Bluͤthen den hoͤchsten Grad von Reife erreichen konnten. Ich schweige uͤber die Nektarinen, die ich sandte, und bemerke bloß, daß in jedem so schlechten Sommer, wie der lezte (1823) war, die Steine oder Kerne, verhaͤltnißmaͤßig zur Frucht, immer groͤßer ausfallen, als in einem guten Sommer. Von den Baͤumen selbst aber, oder vielmehr von den Zweigen (denn ich habe wenige Baͤume aufbewahrt), kann ich mit aller Zufriedenheit sprechen. Das Holz der meisten hat vollkommner ausgereift, und traͤgt staͤrkere und reichlichere Bluͤthen als irgend ein Zweig der Sorten, aus welchen sie hervorgegangen sind; und ich bin uͤberzeugt, daß einige dieser neuen Sorten, und vorzuͤglich eine derselbenDiese Sorte geht jezt unter dem Nahmen Downtown-Nectarine, von dem Wohnsize des Hrn. Praͤsidenten, der zu Downtown lebt.A. d. Ueb., fortfahren wird in Lagen zu bluͤhen und in Sommern auszureifen, die fuͤr jede der aͤlteren Sorten, aus welchen sie hervorgegangen sind, zu kalt sind.