Titel: Ueber den Jodgehalt des Mineral-Wassers zu Heilbrunn in Bayern.
Autor: Dr. Emil Maximilian Dingler [GND]
Fundstelle: Band 19, Jahrgang 1826, Nr. XLIX., S. 181
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XLIX. Ueber den Jodgehalt des Mineral-Wassers zu Heilbrunn in Bayern. Von Emil Dingler in Augsburg. Dingler, uͤber den Jodgehalt des Mineral-Wassers etc. Herr Hofrath und Academiker Dr. August Vogel in Muͤnchen hat der koͤnigl. Academie der Wissenschaften daselbst am 12. Novber. 1825 seine sehr interessante Entdekung mitgetheilt, daß ein Mineral-Wasser zu Heilbrunn bei Toͤlz im Isarkreise Bayerns, unter den Landleuten dieser Gegend als sehr wirksam in Krankheiten des Druͤsensystems und namentlich gegen den Kropf bekannt, unter seinen Bestandtheilen Jod enthaͤlt, welches darin, nach seinen Versuchen, als Hydriodsaͤure an Natrum gebunden ist. Dieses Wasser hat daher die Eigenschaft, daß es, mit Staͤrke-Aufloͤsung versezt, auf Zusaz von Salpetersaͤure, eine dunkelblaue Farbe annimmt. Da ich bald nach der Bekanntmachung jener Entdekung durch die Guͤte der HHrn. Rentbeamten Dr. Mayer in Toͤlz, und Pfarrer Gattinger in Heilbrunn in Besiz einer betraͤchtlichen Quantitaͤt dieses Wassers kam, so glaubte ich dieselbe nicht besser, als zu Versuchen verwenden zu koͤnnen, ob die Ausscheidung des Jods aus demselben leicht und vortheilhaft zu bewerkstelligen sey. 10000 Theile dieses Wassers hinterließen nach dem Abdampfen 59,34 Theile scharf getrokneten Ruͤkstand, welcher nur 0,67 in Wasser unaufloͤsliche, aus kohlensaurem Kalk, kohlensaurer Talkerde, Eisenoxyd und etwas Kieselerde bestehende Theile enthielt. Die aufloͤslichen Theile bestehen aus Kochsalz, kohlensaurem Natrum, und Jod-Natrium. Einen Theil des durch Verdampfen einer großen Quantitaͤt des WassersWill man sich zum Verdampfen dieses Wassers kupferner Gefaͤße bedienen, so muß es vorher mit Schwefelsaͤure neutralisirt werden, weil diese Gefaͤße sonst durch das im Wasser enthaltene kohlensaure Natrum stark angegriffen wuͤrden. erhaltenen Salzruͤkstandes, uͤbergoß ich in einer langhalsigen Retorte mit seinem doppelten Gewichte concentrirter (vorher mit 1/4 Wasser verduͤnnter) Schwefelsaͤure, worauf ich die Retorte gelind erhizte. Sie war noch nicht bedeutend heiß geworden, als sie sich mit einem schoͤn violetten Dampf anfuͤllte, der sich bald gaͤnzlich am Halse derselben zu metallisch glaͤnzenden dunkelgrauen Krystallgruppen verdichtete. Die Jodkrystalle wurden nun aus dem Halse der Retorte genommen, damit sie nicht von dem nachfolgendem wasserhaltigen salzsauren Gase aufgeloͤst wuͤrden. Als die Entbindung von salzsaurem Gase nachließ, unterbrach ich die Destillation, und sezte dem Ruͤkstande nach dem Erkalten der Retorte etwas fein geriebenen Braunstem zu, wodurch bei erneuerter Destillation noch etwas Jod gewonnen wurde. Die Quantitaͤt des im Ganzen ausgeschiedenen Jods war jedoch im Verhaͤltniß zu der angewandten Salzmasse sehr unbetraͤchtlich. Um nun aus der uͤbrigen Quantitaͤt des beim Verdampfen des Wassers gebliebenen Ruͤkstandes durch eine einzige Destillation alles Jod zu gewinnen, extrahirte ich denselben mit Alcohol. Die geistige Aufloͤsung wurde in einer Retorte mit Vorlage abgeraucht und der gebliebene Ruͤkstand sodann mit der gehoͤrigen Menge Schwefelsaͤure und Manganhyperoxyd destillirt. Die in diesem Versuche erhaltene Menge Jod entsprach der in dem vorigen gewonnenen Quantitaͤt. Wenn mir nun diese Versuche schon die Ueberzeugung gaben, daß dieses Wasser wohl niemahls eine vortheilhafte Anwendung zur Darstellung des Jods gestatten duͤrfte, so bestaͤrkte mich darin das Resultat der quantitativen Analyse nur noch mehr. Das arithmetrische Mittel der unbedeutend abweichenden Resultate mehrerer Analysen ergab, daß in 10000 Theilen Wasser 0,778 Th. Jod-Natrium enthalten sind, welche 0,654 Theile Jod enthalten. Diesem zufolge betraͤgt die Quantitaͤt des Jods in einem Pfunde Wasser, zu 16 Unzen, einen halben Gran. Durch andere Versuche habe ich mich uͤberzeugt, daß das im Wasser enthaltene kohlensaure Natrum, bei dem so unbedeutenden Gehalte desselben an erdigen kohlensauren Salzen, sich zwar leicht durch Krystallisation gewinnen laͤßt, daß aber auch dieses Nebenproduct keineswegs die Ausscheidung einer so geringen Menge Jod lohnend machen wuͤrde. 10000 Theile des Wassers enthalten nach meiner Analyse 6,91 Theile basisch kohlensaures Natrum. Dagegen ist es mehr als wahrscheinlich, daß dieses Wasser in der Heilkunde in vielen Faͤllen statt der jezt gebraͤuchlichen Jod-Tinktur und des hydriodsauren Kali angewendet, und dadurch ein bedeutender Handelsartikel herbeigefuͤhrt werden. Die Methode, deren ich mich zur Bestimmung des Jodgehalts dieses Wassers bediente, ist folgende: Eine gewogene Quantitaͤt des Wassers wurde beinahe bis zur Trokenheit verdunstet, der Ruͤkstand mit einer angemessenen Menge destillirten Wassers verduͤnnt, mit Salpetersaͤure neutralisirt, und darauf die klare Fluͤßigkeit mit salpetersaurem Silber gefuͤllt. Der entstandene Niederschlag wurde so lange mit concentrirter Aezammoniak-Fluͤßigkeit behandelt, als diese noch Hornsilber aufloͤste. Aus dem zuruͤkgebliebenen Jod-Silber wurde sodann der Jodgehalt des in Untersuchung genommenen Wassers berechnet. Das Jod-Silber ist jedoch bekanntlich in Ammoniak nicht ganz unaufloͤslich. Durch eigends deßhalb angestellte Versuche habe ich mich aber uͤberzeugt, daß die Quantitaͤt des Jod-Silbers, welche bei der Behandlung eines aus Hornsilber und Jod-Silber bestehenden Niederschlags, mit Ammoniak, von diesem Alkali aufgeloͤst wird, nur einige Hunderttheile von dem Gewichte des zuruͤkbleibenden Jod-Silbers betraͤgt, welche fuͤglich vernachlaͤßigt werden koͤnnen. Dabei wird jedoch vorausgesezt, daß der Niederschlag eine, das Jod-Silber nicht zu sehr uͤberwiegende Menge Hornsilber, enthaͤlt. Ich will hier noch ein anderes Verfahren angeben, um den Jodgehalt zu bestimmen, dessen ich mich mit Erfolg zur Controlle bediente. Wenn hydriodsaures Natrum mit salzsauren (salzsaure Talkerde ausgenommen), und anderen Salzen in Wasser aufgeloͤst ist, so laͤßt sich leicht alles Jod aus demselben in Verbindung mit Staͤrke ausfaͤllen, wenn man in der Fluͤßigkeit eine angemessene Quantitaͤt sehr fein gepulverte Staͤrke moͤglichst gleichmaͤßig vertheilt, und derselben sodann etwas concentrirte Salpetersaͤure, (am besten solche, welche salpetrichte Saͤure enthaͤlt), oder etwas Chlorwasser (nachdem man sie vorher mit Schwefelsaͤure versezt hat) unter bestaͤndigen Umruͤhren zusezt. Nachdem sich die Jod-Staͤrke abgesezt hat, wird der groͤßte Theil der Fluͤßigkeit klar abgegossen, die Jod-Staͤrke auf ein Filter gegeben, und mit kaltem Wasser gut ausgesuͤßt, worauf man das Filter troknet. Man kann dabei keinen Verlust an Jod erleiden, wenn man nur darauf achtet, die Jod-Staͤrke nicht lange in feuchtem Zustande in Beruͤhrung mit der Luft zu lassen. Es handelt sich nun bloß darum, das Jod so von der Staͤrke zu trennen, daß es in Verbindung mit einem Metalle dargestellt wird, womit es ein unaufloͤsliches Joduͤr gibt. Folgendes Verfahren schien mir dazu am zwekmaͤßigsten: Die Jod-Staͤrke wird in einer angemessenen Menge Wassers suspendirt, und sodann durch dasselbe ein Strom Schwefel-Wasserstoffgas geleitet. In wenigen Augenbliken wird sie dadurch vollstaͤndig entfaͤrbt, indem sich alles Jod als Hydriodsaͤure in dem Wasser aufloͤst. Die Fluͤßigkeit enthaͤlt nun außerdem noch Schwefelwasserstoff. Versezt man sie jezt mit einem Ueberschuß von frisch gefaͤllten und gut ausgesuͤßtem Eisenoxyd, so verbindet sich ein Theil desselben mit der Hydriodsaͤure, waͤhrend ein anderer auf Kosten des Schwefel-Wasserstoffs auf schwarzes Oxyd zuruͤkgebracht wird, so daß die Fluͤßigkeit bald gaͤnzlich ihren Geruch verliert. Man filtrirt nun, suͤßt das Filter mit kaltem Wasser aus, und zersezt die filtrirte Fluͤßigkeit, welche das hydriodsaure Eisen enthaͤlt, mit salpetersaurem Queksilber-Oxydul oder salpetersaurem Silber. Ich glaube, daß man durch dieses Verfahren den Jodgehalt solcher natuͤrlichen Wasser mit Schaͤrfe bestimmen koͤnnte, welche diesen merkwuͤrdigen Stoff in sehr geringer Quantitaͤt enthalten, wenn man dieselben verrauchen, die zerfließlichen Salze mit Alcohol ausziehen, und sodann aus der waͤsserigen Aufloͤsung derselben das Jod in Verbindung mit Staͤrke mit der gehoͤrigen Vorsicht ausfaͤllen wuͤrde. Wenn die waͤsserige Aufloͤsung aber auch salzsaure Talkerde enthielte, so muͤßte dieselbe zuvor in der Waͤrme mit kohlensaurem Natrum zersezt werden.