Titel: | Erfindung gewisser Verbesserungen an Betten, Bettstellen, Sofas, Sesseln und anderen Schiffs-Meubeln; worauf Samuel Pratt, Feld-Equipagen-Fabrikant, New-Bond-Street, Parish St. George, Hanover Square, City of Westminster, in Folge einer Mittheilung eines im Auslande wohnenden Fremden, und eigener Entdekungen sich am 18. October 1826 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. LXVI., S. 234 |
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LXVI.
Erfindung gewisser Verbesserungen an Betten,
Bettstellen, Sofas, Sesseln und anderen Schiffs-Meubeln; worauf Samuel Pratt,
Feld-Equipagen-Fabrikant, New-Bond-Street, Parish St. George, Hanover Square, City of
Westminster, in Folge einer Mittheilung eines im Auslande wohnenden Fremden,64) und eigener Entdekungen sich am 18. October
1826 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Arts. Mai 1827. S.
117.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.65)
Pratt's, Erfindung gewisser Verbesserungen an Betten
etc.
Der Hauptzwek dieser Erfindung ist, einen elastischen,
schwingenden Siz, oder ein solches Lager oder Bett fuͤr den Schiffsgebrauch
zu verfertigen, wodurch die unangenehmen Wirkungen, welche einige Leute von der
Bewegung des Schiffes empfinden, und die man Seekrankheit nennt, vermieden
werden.
Dieser verbesserte Apparat kann auf verschiedene Weise eingerichtet werden. Die
Hauptsache ist, das Gestell des Sizes oder Lagers auf Gefuͤgen oder Zapfen
aufzuhaͤngen, die sich unter rechten Winkeln gegen einander drehen66) , Size und Lager elastisch zu machen, und das sich schwingende Gestell mit
Spiral-Federn aus Metall zu versehen.
Nachdem das Gestell, auf welches die Kissen fuͤr Size oder Sofas oder Betten
gelegt werden, aus Holz in gehoͤriger Groͤße und Form verfertigt
worden ist, wird der untere Theil desselben mit gespanntem Canevaß
uͤberzogen, und mit staͤrkerem Gewebe gekreuzt: auch kann das
gewoͤhnliche Grundlager bei Sesseln, Sofas und Betten hierzu verwendet
werden.67) Auf dieses Unterlager kommt die gehoͤrige Anzahl von Spiralfedern aus
gewundenem Stahl-Drahte in Form einer Sand-Uhr, wie zwei an ihrer Spize vereinte
Kegel.68)
Die unteren Theile dieser Federn werden auf dem Canevaß angenaͤht, und die
oberen mittelst Bindfaden in aufrechter Lage erhalten, die man wie ein Nez
uͤber dieselben zieht. Oben auf diese Federn kommt wieder eine Lage Canevaß,
und dann eine duͤnne Lage von Roßhaar oder Wolle, worauf der aͤußere
Ueberzug zu liegen kommt, nach dem Geschmake des Fabrikanten.69)
Es ist offenbar, daß diese Vorrichtung nach Art der Sessel, Sofas, Betten, die man
verfertigen will, verschieden seyn muß; es ist also bloß noͤthig, die
Errichtung des Schwing-Gestelles an einem kleinen Ruhelager zu zeigen, da bei den
groͤsseren nur die Dimensionen geaͤndert werden duͤrfen, ohne
daß man von der Hauptidee abzuweichen braucht.
Fig. 15.
zeigt ein solches Sofa von vorne mit dem Holzwerke und dem Schwing-Gestelle, worauf
das Kissen, a, a, ruht, welches auf obige Weise
verfertigt und durch die Stahlfedern elastisch gemacht wurde, die man in punctirten
Linien angedeutet sieht.
Die Form des hoͤlzernen Gestelles, d.i. des Gestelles, worauf auf das Kissen ruht, kann auf
eine geschmakvolle Weise nach der Mode eingerichtet werden; das Schwinggestell unten
aber erlaubt keine Abaͤnderung70) , außer in der Dimension, und in der Anwendung einer groͤßeren oder
geringeren Anzahl von Federn, oder eines Gegengewichtes unten, je nachdem man
naͤmlich einen Stuhl, ein Sofa oder ein Bett verfertigen will. Fig. 16. ist
ein Grundriß oder eine horizontale Ansicht des Schwinggestelltes, wodurch noch
deutlicher, als in der vorigen Figur, die Art und Weise angedeutet wird, wie die
Seitenfedern unten anzubringen sind, um dem Schwinggestelle bei seinen Schwingungen
zu begegnen. Der obere Rand des Schwinggestelles, den man bei, b, b, Fig. 15. sieht, ist aus
geschlagenem Eisen, worauf die Matraze fuͤr das Sofa, oder der Polster
fuͤr den Sessel befestigt ist. c, c, sind Stangen
oder Arme, die den oberen Rand mit der unteren Stange, d,
d, verbinden, an deren Stelle auch eine Kiste mit Gewichten angebracht
werden kann, e, e, sind Spiral-Federn, die an den Seiten
und Enden der unteren Stange angebracht werden, und diese Federn werden durch
Boͤke gehalten, die von dem Boden-Gestelle, f, f,
auslaufen. Statt dieser Boͤke kann auch ein Metallrand oder eine Metallplatte
um den unteren Theil dieser Vorrichtung angebracht werden, damit die Federn sich
dagegen stuͤzen koͤnnen.
Der obere Rand, b, b, des Schwinggestelles ist mittelst
der Gefuͤge, g, g, an dem zweiten Rande, h, h, befestigt, und dieser durch aͤhnliche
Gefuͤge, i, mit den senkrechten Stuͤzen,
k, verbunden.
Auf diese Weise schwingt sich der Polster oder die Matraze auf Unterlagen, die sich
frei auf ihren Verbindungen schaukeln, und mit welchen das elastische Kissen
zugleich nachgibt; wenn mehrere Personen auf dem Sofa sizen, so wird die Wirkung des
Schlingerns und Stampfens des Schiffes groͤßten Theils = 0. Diese Kissen und
Sofas koͤnnen auch auf dem Lande gebraucht werden (!)71)
Der Herausgeber (Hr. W. Newton) fuͤhlt großes
Vergnuͤgen, im Stande zu seyn, von dieser Erfindung aus eigener Erfahrung zu
sprechen, da er das Gluͤk haͤtte, diesen Apparat vor kurzer Zeit auf
einer Reise nach Paris benuͤzen zu koͤnnen, bei welcher Gelegenheit er
ihn zu einem, nach seiner Ansicht entscheidenden. Versuche verwendete, sowohl am
Borde des Schiffes, als Mittel gegen die Seekrankheit, als zu Land, als Sizpolster
auf der Reise (!).
Leute, die nicht an die See gewohnt sind, leiden bei einer kurzen Seereise, wenn das
Meer unruhig ist, gewoͤhnlich an der Seekrankheit. Schreiber dieses ist der
Seekrankheit besonders unterworfen, und erlaubt sich daher sagen zu duͤrfen,
daß sein Versuch ein beweisender Versuch ist. Sobald er in das Paketboth trat, das
uͤber den Canal faͤhrt, sezte er sich auf diesen neuen Apparat, und
blieb 2 Stunden lang auf demselben, ohne die mindeste Spur von Seekrankheit zu
empfinden, obschon mehrere Personen neben, ihm bedeutend an derselben litten. Er
dachte, daß dieß vielleicht einem besonderen Zustande seines Magens in diesem
Augenblike zuzuschreiben seyn koͤnnte, der ihn jezt weniger, als
gewoͤhnlich, fuͤr die Seekrankheit empfindlich machte, und ließ sich
verfuͤhren, seinen Siz zu verlassen, und auf das Verdek zu gehen: er
haͤtte aber kaum 20 Schritte auf demselben gethan, als die Bewegung des
Schiffes die Seekrankheit in ihm erzeugte, so daß er kaum Zeit haͤtte, seinen
Siz zu erreichen, auf welchem sie augenbliklich verschwand. Er blieb gesund; denn er
verließ seinen Siz nicht wieder, bis er in dem Hafen einlief.72)
„(Hr. Newton beschreibt uns nun die Vortheile
seines elastischen Sizpolsters in einer franzoͤsischen Diligence sehr
breit; wir glauben die Beschreibung dieser Vortheile ad
posteriora a priori weglassen zu duͤrfen.)“
Mehrere Personen haben mit dem Patent-Traͤger eine viertaͤgige
Probfahrt in einem Bothe im Canale gemacht, und der Erfolg war der oben angegebene.
Es ist also kein Zweifel, daß diese elastischen „(!)“ Polster
am Borde eines Schiffes fuͤr jeden Fall große Erleichterung bei der
Seekrankheit, wenn nicht gaͤnzliche Beseitigung derselben zu bewirken
vermoͤgen.
Wir empfehlen dem Patent-Traͤger dringend, einige solche elastische
Stuͤhle in die Haupthafen Englands, vorzuͤglich nach Dover, Brighton,
Holyhead und Liverpool zu senden, und sie Reisenden zu lehnen. Schwaͤchlichen
Personen wuͤrde dieß eine wahre Wohlthat seyn, und er wuͤrde dabei
wahrscheinlich sehr viel gewinnen.73)
Es scheint uns, daß Betten, Sofas, Stuͤhle und viele andere
Hausgeraͤthe, so wie auch Kutschen-Kissen und Reissattel von dem
Patent-Traͤger auf dieselbe Weise mit Spiralfedern verfertigt werden
koͤnnen, und wohlfeiler kommen, als aͤhnliche Meubeln mit Roßhaar oder
Wolle ausgestopft; fuͤr jeden Fall sind sie weit elastischer als
leztere.74)
Tafeln
