Titel: Ueber irdene Kochgeschirre, in Hinsicht auf die Unschädlichkeit ihres Gebrauches. Vom Cav. Luigi Bossi, Mitglieds des k. k. Institutes der Wissenschaften und Künste zu Mailand.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. LXXXIX., S. 303
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LXXXIX. Ueber irdene Kochgeschirre, in Hinsicht auf die Unschaͤdlichkeit ihres Gebrauches. Vom Cav. Luigi Bossi, Mitglieds des k. k. Institutes der Wissenschaften und Kuͤnste zu Mailand. Aus den Jahrbuͤchern des k. k. polyt. InstitutesBd. X. S. 54. Bossi, uͤber irdene Kochgeschirre. 1) Im fuͤnf und fuͤnfzigsten Bande der Annales de Chimie handelt Poitevin weitlaͤufig uͤber die Gefahren, welchen die Gesundheit zuweilen durch den Gebrauch schlecht verfertigter, thoͤnerner Geschirre ausgesezt ist. Dieser Gegenstand hat mir wichtig genug geschienen, um neue Untersuchungen zu veranlassen, um so mehr, da jener beruͤhmte Pharmaceut sich zu den, die Toͤpferkunst betreffenden, vielleicht der meisten Aufmerksamkeit wuͤrdigen Details nicht herabgelassen, und auch nicht alle verschiedenen Arten von Glasuren beruͤhrt hat, welche, fehlerhaft angewendet, oder durch den Gebrauch veraͤndert, der Gesundheit schaͤdlich werden koͤnnen. 2) Zahlreich und verschiedenartig sind die Mangel, welche man an den nicht mit hinreichender Genauigkeit und Geschiklichkeit verfertigten Thongeschirren wahrnimmt; und von diesen habe ich weitlaͤufig gesprochen in meinen Zusaͤzen zu dem chemischen Versuche von Parkes, welcher insbesondere das Porzellan betrifft, aber auch auf andere Arten von Thonwaare ausgedehnt ist. Einige dieser Fehler sind indeß nur der Schoͤnheit des Fabrikates nachtheilig, und als solche werden gemeiniglich angefuͤhrt: das Abschuppen der Glasur; das Zusammenfließen der Glasur, welches dann Statt findet, wenn die Geschirre beim Brennen von der Feuchtigkeit des Brennmaterials getroffen werden, wodurch die Glasurmasse in groͤßeren und kleineren Tropfen sich sammelt, und unter, dieser Gestalt verglaset wird, statt sich gleichfoͤrmig uͤber die ganze Oberflaͤche auszubreiten; die Fleken, welche entstehen, wenn die Geschirre wegen geringer Lebhaftigkeit der Flamme beim Brennen stellenweise rauchig oder schwarz werden; das Eintroknen (dissecamento), wobei die Geschirre rauh und matt aus dem Ofen kommen, weil die Glasur von der erdigen Masse eingesaugt worden ist; endlich die Spruͤnge oder Risse, welche entstehen, wenn die Masse des Geschirres und die Glasur sich nicht in gleichem Verhaͤltnisse beim Abkuͤhlen zusammenziehen, wodurch die leztere in eine unzaͤhlige Menge kleiner Theilchen getrennt wird, deren Zwischenraͤume zwar an neuen Gefaͤßen dem Auge nicht sehr bemerkbar sind, doch aber beim Gebrauche sehr sichtbar werden, besonders wenn fette Substanzen in dieselben eindringen und darin verweilen. 3) Man betrachtet, wie ich schon erwaͤhnte, diese Fehler bloß als nachtheilig fuͤr das aͤußere Ansehen der Geschirre, nicht aber fuͤr die Gesundheit, und diese Meinung wird von Poitevin getheilt. Aber diese Klassifikation der Fehler kann nur mit mehreren Ausnahmen zugegeben werden, obschon es wahr ist, daß jene oben angefuͤhrten Maͤngel nicht an und fuͤr sich schaͤdlich sind, sondern einige von ihnen die Entwikelung schaͤdlicher Principien bewirken oder erleichtern, waͤhrend andere beim Gebrauche die Verderbniß der Nahrungsmittel herbeifuͤhren, und auf diese Art der Gesundheit nachtheilig werden koͤnnen. Jene Fehler, welche oben mit den Namen des Rauchig- oder Flekig werden, und des Eintroknens bezeichnet worden sind, eben so das Zusammenstießen der Glasur in Tropfen, koͤnnen die Geschirre unansehnlich, aber nicht der Gesundheit schaͤdlich machen. Zuweilen indeß werden durch die sehr ungleiche Vertheilung der Glasur im leztern Falle die schaͤdlichen Metalloxyde zu sehr der Einwirkung ausgesezt, und das Eintroknen, wodurch die Waare rauh wird, wirkt manchmahl dadurch schaͤdlich, daß es den Geschirren die Faͤhigkeit ertheilt, fette und oͤhlige Stoffe zuruͤk zu halten, eben so wie die Spruͤnge in der Glasur. 4) Gerade dieser Umstand ist Ursache, daß die mit dem Fehler des Abschuppens, oder mit Spruͤngen in der Glasur behafteten Geschirre nicht als unschaͤdlich fuͤr die Gesundheit angesehen werden koͤnnen. Seit langer Zeit hat man die Anwendung der thoͤnernen Geschirre statt der metallenen, und besonders der kupfernen, empfohlen, weil man an lezteren die schaͤdliche Wirkung des Gruͤnspans, welcher bei abgenuzter und nicht erneuerter Verzinnung und Vernachlaͤßigung des Reinigens entsteht, oft genug erfahren hat. Hierbei ist jedoch vorausgesezt worden, daß die irdenen Geschirre sowohl im neuen Zustande frei seyen, als beim Gebrauche frei bleiben von solchen Fehlern, wodurch sie schaͤdlich, oder der Gesundheit gefaͤhrlich werden. Man zieht z.B. die unglasirten Gefaͤße, wegen ihrer Unschaͤdlichkeit und zugleich der Wohlfeilheit wegen, den glasirten vor. Wenn aber die Erde, aus welcher sie bestehen, nicht fein und gleichartig (homogen), wenn sie zu poroͤs, wenn ihre innere Oberflaͤche nicht glatt genug ist, wenn die Geschirre nicht stark genug gebrannt, oder aus irgend einer Ursache dem Zerspringen oder Abschuppen ausgesezt sind, so haben sie alle Nachtheile der glasirten Waare. In jene fast unsichtbaren Zwischenraͤume oder Spruͤnge etc. dringen naͤmlich (vorzuͤglich wenn die Geschirre, wie das bei den gemeinen Arten gewoͤhnlich ist, sehr poroͤs, oder nur schwach gebrannt sind), die Fluͤßigkeiten ein, veraͤndern sich, verderben, und bilden eine Schwefelwasserstoff-Verbindung, welche nun auch das Verderben aller jener Substanzen nach sich zieht, die man spaͤterhin in den naͤmlichen Gefaͤßen aufbewahren will. 5) Ich werde diese Theorie durch einige sehr einfache Versuche, und von mir gemachte Beobachtungen bestaͤtigen. Einige frisch gepreßte Oehle, uͤberdieß noch solche, welche weniger zum Ranzigwerden geneigt sind, wurden nach einander zu gleichen Quantitaͤten in ein neues glasirtes Gefaͤß von Fayance (Majolika), welches selbst unter dem Vergroͤserungsglase keinen Fehler und keine Spruͤnge zeigte, und in ein anderes Gefaͤß von gleicher Form eingefuͤllt, dessen Glasur schon dem freien Auge mit feinen schwaͤrzlichen Linien oder Glasur-Spruͤngen nezartig bedekt erschien. Dieses Gefaͤß war achtes Wedgewood, schon mehrmahl gebraucht, und noch mit fetten und oͤhligen Substanzen angefuͤllt (impraͤgnirt). Die Erfahrung zeigte, daß die Oehle sich im ersten Geschirre sehr lange Zeit ohne ranzig zu werden erhielten, dagegen in dem zweiten schon nach vier, sechs oder hoͤchstens acht Tagen verdorben waren. Diese Beobachtung kann denjenigen zur Nachricht dienen, welche das Oehl in Kruͤgen, Toͤpfen oder anderen Gefaͤßen von Thon aufbewahren, und sich oft beklagen, dasselbe veraͤndert, truͤb, oder von uͤblem Geruche zu finden. Es ist offenbar, daß diese Veraͤnderung von der Schwefelwasserstoff-Verbindung herruͤhrt, welche sich aus den fetten und oͤhligen Theilen gebildet hat, die von den fruͤher eingefuͤllten Fluͤßigkeiten in den kleinen Zwischenraͤumen zuruͤkgeblieben sind. 6. Seit einiger Zeit ist bei uns auch der Gebrauch eingefuͤhrt worden, den Wein in glasirten irdenen Faͤßchen aufzubewahren. Dieser Wein haͤlt sich zuweilen vortrefflich; zuweilen wird er truͤb, ohne sich je zu klaͤren; manchmahl geschieht es auch, daß er verdirbt, oder wenigstens sauer wird. Es ist leicht einzusehen, daß dieß von keiner anderen Ursache, als von der Ungleichheit, Rauhigkeit oder den Spruͤngen der im Inneren der Gefaͤße befindlichen Glasur herruͤhret, in welchen sich Reste von dem fruͤheren Inhalte gesammelt, und lange Zeit aufgehalten haben. Eine Fluͤßigkeit von was immer fuͤr einer Art, welche einen sauren Bestandtheil enthaͤlt, und die man vollkommen klar erhalten will, wird sich nie in irdenen Gefaͤßen aufbewahren lassen, deren Glasur eine rauhe Oberflaͤche, oder die erwaͤhnten Spruͤnge zeigt, und so zur Bildung einer schaͤdlichen Schwefelwasserstoff-Verbindung hat Gelegenheit geben koͤnnen. 7) Man gieße reines Brunnenwasser in ein neues, gut glasirtes Gefaͤß, und zugleich eine andere Portion des naͤmlichen Wassers in ein gar nicht glasirtes und schlecht gebranntes, oder auf der Oberflaͤche rauhes Geschirr, in welchem durch laͤngere Zeit verschiedene, besonders fette und oͤhlige Substanzen aufbewahrt worden sind. Nach einigen Minuten untersuche man einen Tropfen aus dem ersten Gefaͤße durch das Mikroskop, und man wird darin keine Spur von Infusionsthierchen entdeken. Gleichzeitig bringe man unter die Linse einen Tropfen von dem Wasser des zweiten Gefaͤßes, und man wird ihn von solchen Thieren verschiedener Art wimmeln sehen. Ich habe diese Beobachtung selbst bei einem in der Glasur oder im Brennen fehlerhaft gewordenen Gefaͤße gemacht, welches nach langem Gebrauche mit der groͤßten Sorgfalt gewaschen und gescheuert worden war. Wenn man in das erste der zwei Gefaͤße Weingeist schuͤttet, so bleibt er darin unveraͤndert, waͤhrend der naͤmliche Weingeist im zweiten (fehlerhaften) Gefaͤße binnen Kurzem eine bemerkbare braͤunliche Farbe erhaͤlt. Gießt man endlich in ein gut glasirtes Geschirr einige Tropfen Salpetersaͤure, so bewirken dieselben kein Aufbrausen, welches sogleich mehr oder weniger. Statt findet, wenn man ein Gefaͤß nimmt, welches schon gebraucht ist, es mag nun unglasirt, rauh und schlecht gebrannt, oder in der Glasur mit jenen oft erwaͤhnten Spruͤngen versehen seyn. 8) Man wird es nun erklaͤrlich finden, daß Brunnenwasser bei langer Aufbewahrung in irdenen Gefaͤßen gewoͤhnlich einen unangenehmen Geruch und Geschmak annimmt, waͤhrend es in glaͤsernen oder in gut verfertigten, inwendig ganz glatten, und besonders in neuen steingutenen Geschirren, mehrere Jahre lang unveraͤndert bleibt. Jene Gefaͤße, wenn sie schlecht oder gar nicht glasirt, und nicht hinreichend gebrannt sind, theilen dem Wasser einen Thongeschmak mit, der noch am wenigsten unangenehm ist. Sind sie aber, obwohl gut gebrannt, rauh auf der Oberflaͤche, oder ist ihre Glasur zersprungen, und haben sie vorher andere Maͤßigkeiten, oder auch nur Wasser, in welchem, sich bei langem Stehen ein Bodensaz bildet, enthalten, so erhaͤlt das spaͤter eingefuͤllte Wasser einen ekelhaften und schaͤdlichen Geschmak durch die Schwefelwasserstoff-Verbindung, welche sich darin aufloͤst. Jedermann kennt die Hydrocérames, welche die Eigenschaft haben, das Wasser abzukuͤhlen, und ihm einen Thongeruch mitzutheilen, der den Spaniern angenehm ist. Ich habe an vielen solchen unglasirten und innenwendig sehr glatten Gefaͤßen bemerkt, daß nach langem Gebrauche das hineingegossene Wasser sich etwas truͤbte, wodurch sie aufhoͤrten, brauchbar zu seyn. Dieß scheint, meiner Meinung nach, die Ursache zu seyn, warum man angefangen hat, diese Geschirre mit einer aus dem naͤmlichen rothen Thone bereiteten Glasur zu uͤberziehen. 9) Aus allen diesen Beobachtungen ziehe ich einige wichtige Folgerungen. Die erste derselben ist, daß einige Schriftsteller sehr irrig das Abschuppen und die Spruͤnge der Glasur unter die fuͤr die Gesundheit unschaͤdlichen Fehler irdener Geschirre zaͤhlen. Die zweite: daß auch das Zusammenstießen der Glasur in Tropfen, und der oben (2) mit dem Namen des Eintroknens bezeichnete Fehler, der Gesundheit gefaͤhrlich werden koͤnnen, indem insbesondere die mit dem leztern Fehler behafteten Gefaͤße, gleich denen, deren Glasur zersprungen ist, dem Eindringen von Fluͤßigkeiten unterliegen, die dann, vorzuͤglich wenn sie fettartiger oder oͤhliger Natur sind, auf die schon erlaͤuterte Art das Verderben aller spaͤter eingefuͤllten Fluͤßigkeiten bewirken. 10) Die dritte Folgerung aus den angezeigten Beobachtungen ist, daß auch unglasirte Toͤpferwaaren, deren Masse zu sehr poroͤs, oder im Innern nicht hinreichend geglaͤttet, zu schwach gebrannt, oder durch zu starkes Brennen rauh ist, dem naͤmlichen Nachtheile unterliegen, indem ihre Oberflaͤche ebenfalls eine Menge kleiner Hoͤhlungen oder Vertiefungen darbiethet, in welchen sich Fluͤßigkeiten sammeln, und aufhalten koͤnnen. Der in Rede stehende Fehler findet sich an schlecht verfertigtem Steingute, gleichwie an gemeiner Toͤpferwaare. Die aus dem besten piemontesischen und paduanischen Thon beleiteten Gefaͤße koͤnnen nicht lange Zeit zum Kuͤchengebrauche verwendet, und muͤssen zuweilen selbst von den Landleuten verworfen werden, weil sie, wenn taͤglich Fleisch darin gekocht wird, und die Bruͤhe darin stehen bleibt, dann aber der Gebrauch einige Zeit hindurch unterbleibt, von den in den Poren zuruͤkbleibenden Fett-Theilen einen widerlichen Geruch annehmen, der unzerstoͤrbar ist, und sich oft den spaͤter in den naͤmlichen Toͤpfen gekochten Speisen mittheilt. Das Naͤmliche geschieht mit den sehr bekannten Geschirren aus Topf- oder Lavezsteinen. 11) Endlich kann aus den oben angefuͤhrten Thatsachen noch eine Folgerung gezogen werden, naͤmlich die, daß es raͤthlich ist, zum haͤufigeren haͤuslichen Gebrauche, vorzuͤglich zum Kochen und zur Aufbewahrung der Nahrungsmittel (insbesondere fetter und oͤhliger Art), keine andern unter den unglasirten Thongeschirren zu brauchen, als solche, welche aus einer sehr gleichartigen (homogenen), wohl durchgearbeiteten, von groben Sandkoͤrnern (welche leicht herausfallen, und dann leere Raͤume hinterlassen) freien, nicht zu poroͤsen und nicht zum Springen geneigten Erde verfertigt, innenwendig recht glatt, und gut, aber nicht zu stark gebrannt sind; daß man ferner diese Geschirre sorgfaͤltig rein halten, sie aber vor dem Reiben mit harten Koͤrpern in Acht nehmen muͤsse, weil dadurch feine Poren sich oͤffnen, in welche nachher Fluͤßigkeiten eindringen koͤnnen, die durch ihren Aufenthalt auf die schon erlaͤuterte Art schaͤdlich wirken. Die Tuͤrken, wenigstens die in Konstantinopel und der Nachbarschaft, sind in dieser Beziehung gluͤklicher als wir; denn ihre, aus einem rothen Thone bestehenden nicht glasirten Geschirre sind von marmorartiger Glaͤtte, und daher allen jenen Fehlern nicht unterworfen, welche an unseren Geschirren so oft und in so hohem Grade bemerkt werden. Es ist freilich wahr, daß die von mir beobachteten Gefaͤße dieser Art, besonders die am staͤrksten gebrannten, als eine Gattung unglasirten Porzellans anzusehen waren, und auch, wie dieses, am Stahle Funken gaben. Auch ist unser Steingut mit gleichen Eigenschaften versehen, und wuͤrde daher in vielen Faͤllen, vorzuͤglich zur Aufbewahrung von Fluͤßigkeiten, den gewoͤhnlichen Thongeschirren vorzuziehen seyn; allein es ist meist nicht hinreichend im Innern geglaͤttet, ein Fehler, dessen Nachtheil bereits auseinander gesezt wurde, und der es begreiflich macht, warum z.B. das Bier, welches doch in manchen steingutenen Kruͤgen sich gut erhaͤlt, in anderen verdirbt, oder wenigstens truͤb wird. 12) Es ergibt sich endlich aus dem bisher Gesagten, daß alle Geschirre, sobald sich an denselben die erwaͤhnten Spruͤnge in der Glasur, oder Rauhigkeiten und Unebenheiten, vorzuͤglich auf der innern Seite, zeigen, außer Gebrauch gesezt, oder wenigstens nicht mehr zum Kochen der Speisen und zum langem Aufbewahren von Fluͤßigkeiten angewendet werden sollen. Die erwaͤhnten Glasurspruͤnge sind, wenn sie an neuen Geschirren schon vorkommen, nicht schwer zu bemerken; der Gebrauch macht sie aber oft erst recht sichtbar, weil sie sich dabei mit fetten oder anderen Substanzen anfuͤllen, und dann als feine schwaͤrzliche Linien erscheinen, die sich nicht nur an weißer, sondern auch an farbig glasirter Waare recht gut unterscheiden lassen. 13) Man wird sagen (und auch Poitevin ist dieser Meinung), daß alle bis jezt besprochenen Fehler der thoͤnernen Geschirre mehr dem Auge unangenehm, als der Gesundheit schaͤdlich seyen, oder daß wenigstens die Gefahr eines Schadens sehr weit entfernt liege. Gewiß ist es, daß es sich hier nicht von direkt giftigen Eigenschaften oder innerer Schaͤdlichkeit handelt, wie bei den Fehlern der zweiten Klasse, von welchen ich sogleich sprechen werde. Aber kann denn die fortwaͤhrende Bildung einer Schwefelwasserstoff-Verbindung unschaͤdlich genannt werden? Kann das allmaͤhliche Verderben der Nahrungsmittel, besonders bei dem weniger vermoͤglichen Theile des Volkes der die ungesund gewordenen Geschirre nicht so leicht gegen neue umzutauschen vermag, und durch die Roth sich an jede Art von Nahrung gewoͤhnt, nicht im Lauft der Zeit vielleicht eine merkliche Veraͤnderung der Gesundheit, ja sogar schwere Krankheiten und den Tod veranlassen, traurige Folgen, die dann, aus Unwissenheit, andern Ursachen zugeschrieben werden? 14) Ich komme nun zu der zweiten Klasse von Fehlern, durch welche die thoͤnernen Geschirre der Gesundheit nachtheilig werden, Fehler, welche man zwar allgemein als schaͤdlich anerkennt, bei denen man aber vielleicht nicht alle Umstaͤnde beruͤksichtigt, durch, welche der Schaden oder die Gefahr vergroͤßere wird. Diese Fehler sind hauptsaͤchlich zwei, naͤmlich die Blasen in der Glasur, und die unvollkommene Verglasung der Glasurmasse, welche in zu schwachem Brennen ihren Grund hat. Diesen beiden Mangeln moͤchte ich noch einige andere beifuͤgen, welche gewoͤhnlich von schlechter Zusammensezung der Glasur herruͤhren. Es ist hier noͤthig zu bemerken, daß diese Fehler sowohl die Fayance (Majolika), als alle anderen glasirten Thonwaaren minderer Qualitaͤt treffen, niemahls aber das Porzellan, welches wegen der bessern Auswahl der Glasur, dem zweimaligen und staͤrkern Brennen, von jedem Verdachte der Schaͤdlichkeit entfernt ist. Die Blasen, welche sich in der Glasur bilden sind vielleicht der am seltensten vorkommende Fehler, der zugleich am wenigsten Furcht einfloͤßen darf. Oft sind diese Blasen offen, gegen die Wand des Gefaͤßes hin concav. Sie entstehen, wenn die Glasur wegen zu schnellen Troknens fehlerhaft bleibt, und dann wegen zu geringer Hize im Brennofen sich nicht vollkommen in Gestalt einer glasigen Rinde uͤber die Oberflaͤche des Geschirres auszubreiten vermag. Die in den Hoͤhlungen der offenen Blasen eingeschlossenen Metalloxyde koͤnnen sicherlich immer im Stande seyn zu schaden, wenn sie von den fetten oder gar sauren Nahrungsmitteln, welche man in solche Gefaͤße gibt, aufgeloͤst werden. Man koͤnnte noch hinzufuͤgen, daß auch in diese, gewoͤhnlich mit sehr kleinen Oeffnungen versehenen. Hoͤhlungen fette oder oͤhlige Substanzen eindringen, und hierdurch auf gleiche Art schaͤdlich werden koͤnnen, wie in den Spruͤngen der Glasur, von welchen fruͤher die Rede war. Allein, wie schon erwaͤhnt, kommen die Blasen nicht sehr haͤufig vor (da zwei Umstaͤnde zu ihrer Bildung zusammenwirken muͤssen, naͤmlich das zu schnelle Troknen der Glasur, und das zu schwache Brennen); sie sind uͤberdieß leicht genug zu bemerken, so daß man die damit behafteten Geschirre ausschießen kann, und endlich enthalten sie die Metalloxyde nicht immer in einem solchen Zustande, daß sie schaͤdlich werden koͤnnen. 16) Bedeutender ist die schaͤdliche Wirkung des unvollkommenen, d.h. zu schwachen Brennens der Geschirre an sich. Es geschieht zuweilen, daß die Geschirre im Ofen nicht einem hinreichenden Hizegrade ausgesezt sind. Dann bleibt die Glasur, statt sich vollkommen zu verglasen, und mit der Thonmasse der Geschirre zu vereinigen, an die leztere bloß angeklebt, manchmahl sogar noch im pulverigen Zustande; und die Metalloxyde koͤnnen außerordentlich leicht von den in die Gefaͤße eingefuͤllten Fluͤßigkeiten aufgenommen werden. Da Bleioxyd ein Bestandteil fast aller Glasuren ist, so ist leicht einzusehen, daß auf diese Art alle Folgen einer langsamen Bleivergiftung, die eben so bekannt, als schreklich sind, eintreten muͤssen. Ueberdieß sind auch alle andern Metalloxyde, welche zur Glasur, oder zur Mahlerei auf Thongeschirre verwendet werden, von schaͤdlicher Natur, und sie muͤssen gefaͤhrlich werden, wenn die Verglasung unvollkommen vor sich gegangen ist. 17) Es sey mir erlaubt, hier eine kleine Abschweifung zu machen, um in Kuͤrze uͤber die Verfertigungsart der gemeineren Toͤpferwaaren, und die Zusammensezung ihrer Glasuren zu sprechen, so weit dieß naͤmlich zur Aufklaͤrung des behandelten Gegenstandes beitragen kann. Das braune Steingut (le majoliche brune e le terraglie) wird im Allgemeinen aus einer eisenhaltigen Erde bereitet, das weiße hingegen, wenn sich kein dazu tauglicher Thon vorfindet, aus einer Mischung von eisenschuͤssigem Thone, magerem (d.h. sehr viel Quarzsand enthaltendem) Thone, etwas Kalk oder Gyps, und poroͤser Kreide, welche den Teig weniger dicht macht, und zugleich dazu beitragt, daß er nach dem Brennen weiß erscheint. Diese Ingredienzien sind in verschiedenen Fabriken verschieden. Im venetianischlombardischen Koͤnigreiche wird haͤufig die Erde von Vicenza gebraucht; in Piemont wendet man den bittererdehaltigen Thon von Castellamonte und Baldissero an. An manchen Orten, wo man keinen sandhaltigen Thon besizt, sezt man der Masse gemahlenen Quarz zu; anderswo vernachlaͤßigt man den Zusaz des kohlensauren oder schwefelsauren Kalkes. Es ist aber ein bestaͤndiger Grundsaz, daß, so wie jene verschiedenen Erden nicht immer in gleichem Zustande der Verbindung gefunden werden, auch mehr oder weniger bedeutende Unterschiede beim Brennen, und in der Wirkung der Glasur auf die Erde selbst entstehen. Wenn z.B. das Eisen in groͤßerer Menge in der Erde enthalten, oder die Kieselerde darin im Ueberfluße vorhanden ist, so wirkt die schmelzende Glasur als Fluß auf die Thonmasse, greift sie an, und die Stuͤke erleiden eine Verunstaltung, welche indessen ohne Folgen fuͤr die Unschaͤdlichkeit der Geschirre ist. Wenn hingegen die Erde zu poroͤs ist, so saugt sie die fluͤßige Glasur ein, und bleibt auf der Oberflaͤche rauh, durch welchen Fehler sie zu dem schon auseinandergesezten Nachtheile (3, 4) Veranlassung gibt. 18) Die weiße Glasur besteht aus Kieselsand, der nur etwas kalkhaltig ist, aus Blei und aus Zinn, welche drei Stoffe zusammen, mittelst einiger Fluͤsse, in eine Glasfritte verwandelt, und dann mit Wasser gemahlen werden. Aus denselben Substanzen wird auch die braune Glasur bereitet, welche bloß noch, zur Hervorbringung der Farbe, einen Zusaz von Braunstein erhaͤlt. Die Veraͤnderungen, welche mit der Glasur vorgehen, waͤhrend sich dieselbe im geschmolzenen Zustande auf den Geschirren befindet, haͤngen nicht so sehr von dem Zustande, in welchem die verarbeitete Erde im Ofen sich befindet, und von der Dike der schmelzbaren Schichte, womit die Geschirre bedekt sind, ab; als von verschiedenen andern Umstaͤnden: von der groͤßern oder geringern Schmelzbarkeit des Sandes, von der Reinheit des Bleies, des Zinnes und der als Flußmittel angewendeten salzigen Substanzen, von dem Grade der Feinheit, welchen die Glasurmasse beim Mahlen erlangt hat, und von der groͤßern oder geringern Hize, welche zur Verwandlung der Glasur-Materialien in ein Glas angewendet worden ist. Von diesen Umstaͤnden koͤnnen der erste und dritte in ihren Folgen fuͤr die Unschaͤdlichkeit der Geschirre nicht gleichguͤltig seyn. 19) Die gemeinen Toͤpferwaaren, und auch die geringeren Sorten von Steingut, werden meist aus einem etwas Kalk und Bittererde enthaltenden Thone, und aus Quarzsand oder gepochtem Quarze (der oft ein Viertel der Masse ausmacht) bereitet. Die Glasur der braunen Geschirre besteht aus Sand, Bleioxyd (Mennige oder Glatte), und Braunstein; jene der gelben aus Sand und Mennige. Wenn die Verglasung nicht vollkommen ist, so bleiben jene Oxyde auf der Oberflaͤche, so zu sagen, bloß liegen, werden von sauren Fluͤßigkeiten, welche man in den Gefaͤßen zubereitet oder aufbewahrt, aufgeloͤst, und bringen die schon (16) beruͤhrten schlimmen Folgen hervor. Es kommen im Handel taͤglich Geschirre vor, deren Glasur sich, besonders an den Eken und Kanten, außerordentlich leicht abnuzt, zum Beweise, daß die Verglasung wegen Mangel an Hize nicht vollkommen geschehen ist. 20) Nicht weniger schaͤdlich als das Bleioxyd sind die andern Metalloxyde, welche zur Hervorbringung verschiedengefaͤrbter Glasuren angewendet werden. Die gruͤne Farbe bringt man durch Kupfer oder Kupferoxyd hervor, welches der Gesundheit wenigstens eben so sehr, wo nicht noch in hoͤherem Grade, nachteilig ist als Blei; zur rothen Farbe verwendet man EisenoxydDie Eisenoxyde haben wohl keinen nachtheiligen Einfluß auf die Gesundheit. A. d. R., zur blauen KobaltAlles im Handel vorkommende Kobaltoxyd (Schmalte) enthaͤlt Arsenik; daher verbreitet auch das damit geblaute Papier beim Verglimmen immer Arsenikgeruch. A. d. R., zur braunen (wie schon erwaͤhnt) Braunstein. Dieses sind die faͤrbenden Oxyde, welche zum Glasiren und Bemahlen der wohlfeileren Geschirre dienen; aber fuͤr eben so schaͤdlich muß man jene ansehen, welche bei kostbareren Gefaͤßen zur Hervorbringung vieler andern Farbenabstufungen benuzt werden. Gelb erzeugt man zuweilen durch Bleioxyd oder Antimonoxyd, von welchen das leztere anerkannter Maßen der Gesundheit schaͤdlich ist. Durch Eisenoxyd bringt man eine schoͤne schwarze Farbe hervor, durch Manganoxyd eine violette, durch Kupferoxyd eine rothe; die schoͤnste gelbe Farbe aber durch Antimonoxyd, Spießglanzsafran, und selbst durch metallisches Arsenik, welches gepulvert und mit dem weißen Oxyde gemischt wird. Wie groß und zahlreich sind die Gefahren, welche unter diesen Umstaͤnden aus einer schlecht geschmolzenen Glasur entstehen koͤnnen und muͤssen! 21) Es wird nicht unzwekmaͤßig seyn, wenn ich nun noch einige Worte uͤber die Fluͤsse (Flußmittel) sage, welche mit in die Zusammensezung der Glasur und der aus den Metalloxyden bereiteten Farben eingehen. Der weißen Glasur werden bis 30 p. Ct. Kochsalz zugesezt; bei den gefaͤrbten Glaͤsern dient zuweilen Bleioxyd (Mennige) zum Flußmittel, wenn dieses aber die Farben, zu veraͤndern im Stande ist, so nimmt man statt desselben Borax und Salpeter. Zuweilen wird auch weißes Antimonoxyd gebraucht, und man vermehrt dann die Menge des Kochsalzes. Man benuzt noch andere salzige Flußmittel, und wendet fuͤr das Kobaltoxyd noch Arsenik, verschiedene salzige Fluͤsse, und ein aus Borax, Salpeter und schweißtreibendem Spießglanze bestehendes Glas an. Ich habe den technischen Gebrauch dieser verschiedenen Substanzen, und vorzuͤglich der salzigen, nur angefuͤhrt, um daraus eine praktische Bemerkung abzuleiten, welche bis jezt noch von Niemanden gemacht worden ist. Durch die Zusammensezung der gefaͤrbten Glasuren werden verschiedene Glaser gebildet, in welche allerlei Salze, als Kochsalz, Borax, Salpeter und verschiedene Antimon- und Arsenik-Praͤparate eingehen. Wenn man nun bedenkt, daß manche der faͤrbenden oxyde, besonders Kobalt- und Kupferoxyd, so wie die Mischungen, welchen sie zugesezt werden, um verschiedene Farbenabstufungen fuͤr die Mahlerei darzustellen, schwer schmelzbar sind, oder keine hinreichend lebhaften Farben liefern, wenn ihnen nicht eine große Menge salziger Substanzen in den Fluͤssen beigemischt wird; so ist klar, daß dergleichen mit Salzen uͤberladene Glaser bei laͤngerer Beruͤhrung mit (besonders saueren) Fluͤßigkeiten, welche man in die Geschirre einfuͤllt, zersezt oder wenigstens theilweise aufgeloͤst werden, und dann die, meist giftigen Metalloxyde, entbloͤst zuruͤklassen muͤssen. Es ist nicht viele Jahre her, daß in Piemont auf ein Mahl mehrere Tausende von schwarzen Flaschen verfertigt wurden, zu welchen Bleioxyd, und als Flußmittel, eine uͤbergroße Menge von Soda verwendet wurde. Der Erfolg war, daß aller in diesen Flaschen aufbewahrte Wein durch Zersezung des Glases getruͤbt wurde; und die Fabrikanten wurden gerichtlich zu bedeutendem Schadenersaze verurtheilt. Das naͤmliche Ereigniß fand neuerlich (1824) in der Lombardie Statt, und die anerkannter Maßen hoͤchst rechtlichen Fabrikanten, deren Glassaz vielleicht durch Unwissenheit oder Uebereilung eines untergeordneten Arbeiters in der Zusammensezung veraͤndert worden war, bothen in den oͤffentlichen Blaͤttern freiwillig den Austausch der schon verkauften, fehlerhaft befundenen Flaschen an. Wenn nun dieß bei dem festeren Glase der schwarzen Flaschen geschehen kann, wie viel leichter noch bei den verschiedenfarbigen Glaͤsern auf Toͤpferwaaren, bei welchen man oft nichts als den moͤglich schoͤnsten Eindruk auf das Auge zu erreichen strebt, und sich daher nicht scheut, salzige Materien in großer Menge zuzusezen, um die faͤrbenden oxyde zum Schmelzen zu bringen. Und sieht man nicht in der That Blumen und andere Gemaͤhlde auf Thongeschirren, oft nach kurzem Gebrauche der leztern, ganz oder theilweise verschwinden, ja die weiße Glasur selbst angegriffen? 22) Einige Bemerkungen verdient noch die Zusammensezung dir weißen Glasur', welche auf der Fayance (Majolika) die gewoͤhnlichste ist. Wenn dieselbe aus einem Gemische von 3 Theilen Blei und 1 Theil Zinn gebildet wird, so ist diese Mischung in einem Ofen bei der Rothgluͤhhize zu kalziniren. Wird aber jenes Verhaͤltniß abgeaͤndert (was oft geschieht, weil man an Zinn ersparen will), so bleibt die Kalzination bei der genannten Temperatur unvollkommen, und meist vernachlaͤßigt man, die Erhizung weiter zu treiben, um den Aufwand von Brennstoff nicht zu vergroͤßern. In den bessern Fabriken wird der durch das Gluͤhen oxydirte Theil des Metallgemisches von Zeit zu Zeit weggenommen, und mit der Operation fortgefahren, bis man ganz aufgearbeitet hat; dann aber bringt man, weil noch immer einzelne Koͤrner der Oxydation entgangen sind, das Ganze auf Ein Mahl wieder in den Ofen, und kalzinirt es noch so lange, bis es durchaus eine gleiche Farbe zeigt. Wein nicht uͤberall wird so sorgfaͤltig verfahren, und eine Nachlaͤßigkeit in diesem Punkte ist nicht ohne Einfluß auf die Unschaͤdlichkeit der Glasur. Dem beschriebenen Gemenge von Zinnoxyd und Bleioxyd wird gewoͤhnlich ein gleiches Gewicht Sand und ein Viertel bis ein Drittel Kochsalz zugesezt. Die Mischung dieser Substanzen schmelzt man im Brennofen zu Glas. Von diesem ist der untere Theil immer nur unvollkommen geschmolzen, allein die Fabrikanten nehmen hierauf gewoͤhnlich keine Ruͤksicht, sondern mahlen alles zusammen, und brauchen es als Glasur, obschon es zuweilen geschieht, daß die Geschirre nicht schoͤn weiß, sondern grau, oder durch schwarze Fleken entstellt aus dem Ofen kommen. Die Fabrikanten haben in der Regel nur das aͤußere Ansehen ihrer Produkte im Auge, aber jene unvollkommene Schmelzung kann nicht gleichguͤltige Folgen fuͤr die Gesundheit haben. Endlich hat man in einigen Fabriken, wo man an Zinn ersparen will, die Gewohnheit, zur Vermehrung der Weiße und Leichtfluͤßigkeit der Glasur die Menge des Sandes bis auf die Haͤlfte zu vermindern, dafuͤr aber den Zusaz von Kochsalz zu vergroͤßern, wodurch nothwendig die Haͤrte und Festigkeit der Glasur leidet. Nicht alle Fabrikanten wenden gleichen Fleiß an, um die Glasur den verschiedenen Thonarten, woraus die Geschirre bestehen, anzupassen; und doch sind nicht alle Thonarten zur Annahme einer und derselben Glasur geeignet. Von einer Unaufmerksamkeit in dieser Hinsicht kommen das Abschuppen, die Spruͤnge, Luftblasen, und viele andere Fehler der Geschirre her, welche nicht nur der Schoͤnheit der Geschirre nachtheilig sind, sondern bei dem Gebrauche derselben auch die Gesundheit beeintraͤchtigen. Diese Bemerkung findet auch genau ihre Anwendung auf jene gemeineren Gefaͤße, deren Glasur kein Zinn enthaͤlt. 23) Ich glaube nunmehr, alle bedeutenden Umstaͤnde beruͤhrt zu haben, von welchen die Schaͤdlichkeit der thoͤnernen Geschirre ihren Ursprung nehmen kann. Es handelt sich jezt um die Mittel, durch welche jenen Fehlern abgeholfen, und die Gefahr entfernt werden kann. Es ist gewiß, daß eine Einmischung in den Verkauf der Toͤpferwaaren, der polizeilichen Verwaltung nicht unwuͤrdig waͤre; denn man weiß, daß gerade die als Ausschuß von den Fabrikanten selbst abgesonderten Geschirre wegen ihres geringen Preises von der aͤrmern Volksklasse gesucht werden. Da ich jedoch nur zur Aufklaͤrung der Fabrikanten und des konsumirenden Publikums schreibe, so werde ich mich darauf beschranken, einige fuͤr beide brauchbare Bemerkungen mitzutheilen, welche als Folgerungen aus dem Bisherigen angesehen werden koͤnnen. 24) Es ist außer Zweifel, daß durch groͤßeren Fleiß bei der Fabrikation, besonders der gemeineren Arten von Toͤpferwaaren (die wegen der geringen Preise, um welche sie verkauft werden sollen, gewoͤhnlich die meiste Vernachlaͤßigung erfahren), die meisten jener Fehler, und insbesondere alle jene, welche fuͤr die Gesundheit schaͤdlich sind, vermieden werden koͤnnten. Gewiß waͤre es moͤglich, mehr Sorgfalt beim Zubereiten, Reinigen, Mischen, Sieben, Kneten, und bei der Absonderung der Steinchen und großen Sandkoͤrner anzuwenden. Aber die groͤßte Aufmerksamkeit muͤßte auf die Zusammensezung und Anbringung der Glasur gerichtet werden. Ich werde hier nicht von den durch Metalloxyde gefaͤrbten Glaͤsern sprechen, welche zur Mahlerei bestimmt sind, weil diese selten bei der Verfertigung der gemeinen Toͤpferwaaren, sondern fast ausschließlich bei feineren Geschirren gebraucht werden, deren Erzeugung gewoͤhnlich sorgfaͤltiger betrieben wird; und weil die weiße Glasur selbst oft diesen Glasern zur Grundlage dient. Ich will mich auf die Bemerkung beschranken, daß die Bestandteile der erwaͤhnten Glaͤser sehr genau gerieben und mit einander gemischt, daß bei der Versezung derselben mit Flußmittel ein gewisses Verhaͤltniß von salzartigen Materien nicht uͤberschritten werden soll, daß die zuweilen als Grundlage dienenden Glasfluͤsse vollkommen geschmolzen, und beim Brennen die Geschirre einer Hize ausgesezt seyn muͤssen, welche hinreichend ist, um sowohl die Glasur als die Farben der Mahlerei vollkommen zu schmelzen oder zu verglasen. In Betreff der weißen Glasur folgt aus den vorausgeschickten Bemerkungen nothwendig: 1) daß die Glasur so viel als moͤglich der Natur und Beschaffenheit der Erde (die bald mehr bald weniger rein, bald mehr bald weniger poroͤs ist) angemessen seyn muͤsse, so zwar, daß man nie einerlei Glasur auf verschiedene Erden anwenden darf. 2) Daß Blei und Zinn ganz rein und in dem zwekmaͤßigsten Verhaͤltnisse angewendet werden muͤssen. 3) Daß diese Metalle mit der groͤßten Sorgfalt kalzinirt, und erst dann aus dem Ofen genommen werden muͤssen, wann sie vollstaͤndig oxydirt sind; ferner daß man endlich noch ein Mahl das Ganze der Hize aussezen muß, um sich zu versichern, daß gar kein Theilchen der Oxydation zu entgehen vermag. 4) Daß beim Kalziniren jenes Metallgemisches die Hize groͤßer seyn muß, wenn man die Menge des Zinns vermehrt. 5) Daß die Schmelzung der beiden Metalloxyde mit den uͤbrigen Glasurmaterialien (Sand und Kochsalz) vollstaͤndig geschehen muͤsse, so zwar, daß der untere Theil der Masse gleich dem obern vollkommen fluͤßig wird; daß aber, geschaͤhe dieses nicht, der untere Theil abzusondern, und fuͤr sich allein neuerdings umzuschmelzen sey. 6) Daß bei der Zusammensezung der Glasur die Menge des den Metalloxyden zuzusezenden Sandes nicht zu sehr vermindert, und jene des Kochsalzes nicht uͤbermaͤßig vergroͤßert werden duͤrfe. 7) Daß die Glasur sorgfaͤltig gemahlen, gut im Wasser vertheilt, von hinreichender Konsistenz sey, um gleichfoͤrmig die Oberflaͤche der Geschirre uͤberziehen zu koͤnnen. 8) Endlich, daß man die Glasur nicht zu schnell troknen lassen darf, damit keine Blasen entstehen; daß man suchen muß, das Zusammenfließen der Glasur in Tropfen, und das Einsaugen derselben durch die Erde der Geschirre zu verhindern; und daß die Dike der Glasur jederzeit jener der Geschirre entsprechend seyn muͤsse, weil außerdem durch die ungleiche Zusammenziehung beider die schaͤdlichen Spruͤnge in der Glasur entstehen. Mit diesen Vorsichts-Maßregeln, welche von Seite der Fabrikanten keine Erhoͤhung der Kosten, sondern nur vergroͤßerte Sorgfalt noͤthig machen, wuͤrden die thoͤnernen Geschirre von dem groͤßten Theile der Fehler befreit werden, welche einige Gefahr fuͤr die Gesundheit bringen. Ein anderer Theil der Sorge muß auf das Brennen der Geschirre verwendet werden, und dieser ist der wichtigste. Es ist noͤthig, die gebildeten und glasirten Gefaͤße einem Hizegrade auszusezen, der die Erde hart zu brennen, und die Glasur vollkommen zu schmelzen vermag; es ist noͤthig, ein Brennmaterial anzuwenden, das auf keine Art die Beschaffenheit der Glasur zu veraͤndern vermag. In lezterer Beziehung ist uͤberall nichts zu fuͤrchten, wo man (wie in der Lombardie) weder Steinkohlen, noch Torf, sondern bloß Holz zum Brennen anwendet. Da aber das Holz an vielen Orten immer seltener und theurer wird, so geschieht es zuweilen, daß, um an demselben zu ersparen, die Hize nicht bis zu dem noͤthigen Grade verstaͤrkt wird. Ich muß die Fabrikanten erinnern, daß doch gerade hiervon die Vollkommenheit, Schoͤnheit und Unschaͤdlichkeit ihrer Produkte vorzuͤglich abhaͤngt; daß der schlimmste und schaͤdlichste Fehler der Geschirre durch zu schwaches und ungleichfoͤrmiges Brennen verursacht wird; daß ein zu schwaches oder zu langsames Feuer die Glasur verhindert, sich gleichfoͤrmig als eine vollkommen verglasete Rinde uͤber die Oberflaͤche zu verbreiten, wodurch Blasen und Hoͤhlungen entstehen, die immer nachtheilig sind. Es muß hier noch bemerkt werden, daß es nicht genug ist, eine hinreichende Menge von Brennmaterial anzuwenden, sondern daß dasselbe auch vollkommen troken seyn muß, weil die die Geschirre treffende Feuchtigkeit die Glasur zum Zusammenfließen in Tropfen, und so eine ungleiche Vertheilung derselben veranlaͤßt. Ich fuͤge den vorstehenden Bemerkungen endlich noch bei, daß der Mangel einer lebhaften Flamme die Geschirre rauchig und schwaͤrzlich macht, ein Fehler, der freilich keinen andern merklichen Einfluß als auf die Schoͤnheit des Fabrikates hat. Die zu schwach gebrannten Geschirre uͤbrigens, und jene, deren Glasur nicht vollkommen verglaset ist, koͤnnen noch ein Mahl in den Ofen eingesezt und mitgebrannt werden, damit sie die gewuͤnschten Eigenschaften erlangen; ein Verfahren, welches kein gewissenhafter Fabrikant auszuuͤben versaͤumen wird. 25) Es eruͤbrigen nunmehr bloß einige Warnungen an Private, fuͤr den Fall, daß die Unwissenheit oder Gewinnsucht der Fabrikanten alle so eben aufgestellten Grundsaͤze vernachlaͤßigen sollte. Die sogenannten Ausschuß-Geschirre sollten niemahls, auch nicht um den niedrigsten Preis, angekauft werden; dadurch wuͤrden die Fabrikanten vorsichtig gemacht, sie nicht in den Handel zu bringen. Diese Geschirre lassen sich indessen unter zwei Abtheilungen bringen. Wenn sie bloß in Bezug auf das aͤußere Ansehen, z.B. in der Form oder Farbe fehlerhaft, zu stark gebrannt oder rauchig sind, so koͤnnen sie ohne Gefahr zum gewoͤhnlichen Hausgebrauche verwendet werden. Wenn aber der Fehler von zu schwachem Brennen, von unvollstaͤndiger Schmelzung oder ungleicher Vertheilung der Glasur herruͤhrt, so sollten die Geschirre geradezu verworfen, und zu gar keinem Zweke angewendet werden. Es unterliegt zum Gluͤke keiner Schwierigkeit, beim ersten Blike jene Gefaͤße zu erkennen, welche im Brennofen nicht der hinreichenden Hize ausgesezt waren. Handelt es sich um unglasirte Stuͤke, so entbehren dieselben, im Vergleiche mit gut bereiteten, jener gleichfoͤrmigen und lebhaften ziegelrothen Farbe, die ein jedes Auge leicht unterscheidet; sie sind von erdartigem Ansehen, und die Oberflaͤche ist uͤberdieß immer rauh anzufuͤhlen, weil die Erde nicht hinreichend sich zusammengezogen hat. Was die glasirten Gefaͤße betrifft, so sind die fehlerhaften daran zu erkennen, daß ihrer Glasur der gewohnte Glanz, den Farben, wenn deren darauf sich befinden, die Lebhaftigkeit, der ganzen Oberflaͤche die vollkommene Glatte fehlt. Man kann oft schon beim bloßen Druͤken mit dem Finger wahrnehmen, daß die Glasur nicht genau mit der Masse des Geschirres verbunden, sondern nur gleichsam angeklebt ist, und somit einen noch aufloͤslichen Koͤrper bildet. Man muß immer solchen Geschirren mißtrauen, auf deren Oberflaͤche sich Tropfen oder andere Anhaͤufungen der Glasur befinden, an welchen Blasen oder kleine Loͤcher in der Glasur bemerkbar sind, oder welche einzelne, von der Glasur nicht vollkommen uͤberzogene Stellen, Unebenheiten, Hoͤker oder Spruͤnge in der Glasur zeigen. Alle diese Zeichen beweisen, daß die Glasur der Erde oder der Dichtheit der Geschirre nicht angemessen war; daß die Glasurmaterialien nicht hinlaͤnglich kalzinirt oder nicht fein gemahlen waren; daß die Glasur mit zu viel oder zu wenig Wasser angemacht war; daß sie nicht gleichfoͤrmig auf die Geschirre aufgetragen wurde; daß sie zu schnell troknete, im Ofen von der Feuchtigkeit getroffen wurde; oder endlich, daß die Hize nicht hinreichend war, um die vollkommene Verglasung zu bewirken. Eine wohl geschmolzene und fest am Geschirre haftende Glasur, sie sey nun weiß oder gefaͤrbt, nimmt nie einen Eindruk vom Fingernagel an, was aber oft Statt findet, wenn die Hize im Brennofen zu schwach war. In diesem Falle geschieht es ferner, daß die Glasur durch geringe Reibung abgenuzt wird, oder sich in kleinen Theilchen abloͤset, die Farben schon durch Ueberreiben mit einem rauhen Tuche fast verschwinden. Am meisten zu fuͤrchten sind jene Geschirre, deren Glasur noch fast pulverfoͤrmig ist, denn dieses pulveraͤhnliche Ansehen ist ein Zeichen, daß die Metalloxyde noch in solchem Zustande vorhanden sind, daß sie leicht aufgeloͤst, und der thierischen Oekonomie schaͤdlich werden koͤnnen. – Wenn es sich ferner um schon gebrauchte unglasirte oder glasirte Thoͤngeschirre handelt, so koͤnnen dieselben nicht mehr fuͤr unschaͤdlich gehalten werden, und zwar die unglasirten, wenn sie rauh anzufuͤhlen, sehr poroͤs, mit Hoͤhlen oder Spruͤngen behaftet sind; die glasirten aber, wenn sie schuppig, oder mit Glasurspruͤngen behaftet sind; vorzuͤglich wenn diese Spruͤnge schon mit fremden Substanzen angefuͤllt sind, und daher als seine schwarze Linien erscheinen. Ich will hier nicht von den Proben mit Salpetersaͤure und Schwefelsaͤure, oder andern chemischen Reagentien sprechen, denen die Geschirre unterworfen werden koͤnnen; denn einerseits sind dieselben fuͤr den gemeinen Mann nicht ausfuͤhrbar, anderseits passen sie nicht ans alle Umstaͤnde. Ich habe mir Muͤhe gegeben, die Regeln der Vorsicht nahmhaft zu machen, welche beim Einkaufe der thoͤnernen Geschirre anzurathen sind, und wuͤnsche nichts mehr, als dieselben von jenen Personen, deren Interesse sie betreffen, der Aufmerksamkeit gewuͤrdigt zu sehen.