Titel: Vorschlag, die Gewinnung des Silbers betreffend; von Leopold Gmelin.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XCI., S. 322
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XCI. Vorschlag, die Gewinnung des Silbers betreffend; von Leopold Gmelin. (Aus Poggendorff's Annalen der Phys. und Chemie. Jahrg. 1827. 4. St. S. 615–619.) Gmelin's, Vorschlag, die Gewinnung des Silbers betreffend. Man pflegt das Silber aus seinen Erzen theils durch Blei, theils durch Queksilber auszuziehen. Die leztere Methode empfiehlt sich in unseren holzarmen Zeiten immer mehr, doch ist ihr der hohe Preis des Queksilbers, von welchem immer ein Theil verloren geht, entgegen. Sie scheint nach der genauen Beschreibung, welche Lampadius hiervon in seiner Huͤttenkunde gibt, auf der Halsbruͤker Huͤtte bei Freiberg in einer moͤglichst hohen Vollkommenheit ausgefuͤhrt zu werden. Das gepulverte Erz wird mit Kochsalz geroͤstet, wobei das darin enthaltene Silber in Chlorsilber (Hornsilber, salzsaures Silber) uͤbergeht, und sich zugleich schwefelsaures Natrum erzeugt. Dieses Gemenge wird dann in hoͤchst feingepulvertem Zustande in Faͤssern mit Wasser und Eisen, und zulezt auch mit Queksilber bewegt, welches das durch das Eisen reducirte Silber aufnimmt. Mein Vorschlag waͤre, statt dieser lezteren Operation das mit Kochsalz geroͤstete und fein gepulverte Erz, erst mit Wasser auszuwaschen, dann mit Ammoniak zu behandeln, welches bekanntlich das Chlorsilber, auch das geschmolzene, mit großer Leichtigkeit aufloͤst. Zu diesem Zweke waͤre das mit Kochsalz geroͤstete, und sehr fein gepulverte Erz in Faͤsser zu faͤllen, welche etwa nach Art einer Realschen Presse im Großen eingerichtet waͤren, nur daß sich vielleicht der Ausfluß unten mit einem Hahne muͤßte verschließen lassen koͤnnen, um hierdurch ein laͤngeres Verweilen des Ammoniaks im Fasse moͤglich zu machen. Durch Wasser haͤtte man dann zuerst aus dem Erze das waͤhrend des Roͤstens gebildete Glaubersalz, so wie vielleicht gebildete Kupfer-, Eisen- und andere Salze auszuziehen. Darauf folgte die Ausziehung durch Ammoniak. Dieses im reinen Zustande sehr kostbare Mittel laͤßt sich fuͤr einen solchen Zwek sehr wohlfeil erhalten, indem man das unreine kohlensaure Ammoniak, wie es durch Destillation thierischer Theile in Salmiak-Fabriken gewonnen wird, in Faͤssern einige Zeit mit geloͤschtem Kalke in Beruͤhrung laͤßt, und bewegt, bis es seine Kohlensaͤure ganz oder groͤßten Theils verloren hat. Wahrscheinlich wuͤrde es vorteilhaft seyn, das in das mit Erz gefuͤllte Faß gelassene Ammoniak einige Zeit darin verweilen zu lassen, bevor man dasselbe unten ablaͤßt, um so mit der kleinstmoͤglichsten Menge desselben die voͤllige Aufloͤsung des Chlorsilbers zu bewirken. Dieses koͤnnte jedoch auch durch wiederholtes Aufgießen des bereits Durchgelaufenen bewerkstelligt werden. Truͤbt sich die durchgelaufene Fluͤßigkeit nicht mehr bei Zusaz einer Saͤure, so ist alles Chlorsilber ausgezogen. Zulezt koͤnnte man wieder Wasser ins Faß lassen, um damit alles Ammoniak auszutreiben. Diese ammoniakalische Loͤsung wuͤrde zuerst in einem eisernen Destillirapparate nur so weit zu erhizen seyn, bis alles oder das meiste Ammoniak uͤbergegangen waͤre, welches im vorgeschlagenen Wasser aufgesammelt, und bei der folgenden Ausziehung wieder benuͤzt wird. Diese Operation kann nicht viel Brennmaterial kosten, da das Wasser sein Ammoniak noch weit unter seinem Siedpuncte verliert. Die in der Destillirblase ruͤkstaͤndige Fluͤßigkeit, aus welcher sich bereits das meiste Chlorsilber niedergesezt haben wird, waͤre dann in ein anderes eisernes Gefaͤß abzulassen, und mit sehr wenig Schwefelsaͤure anzusaͤuern, worauf die Reduction durch hineingelegte Eisenstuͤke leicht erfolgen wird. Des Abtreibens wird das so hergestellte Silber, wegen wahrscheinlicher Beimischung von Kupfer, ohne Zweifel beduͤrfen. Diese Methode scheint wegen groͤßerer Wohlfeilheit des zur Ausziehung anzuwendenden Materials, welches uͤbrigens auch hier wiederholt dient, und wegen groͤßerer Kuͤrze, den Vorzug vor der Amalgamation zu haben. Nur folgende zwei Zweifel moͤchten hierbei zu beseitigen seyn. 1) Es koͤnnte im geroͤsteten Erze auch metallisches Silber vorkommen, welches entweder urspruͤnglich darin vorhanden gewesen waͤre, und sich beim Roͤsten nicht in Chlorsilber verwandelt haͤtte, oder welches erst beim Roͤsten aus dem Schwefelsilber des Erzes sich abgeschieden haͤtte. Dieses wuͤrde dann nicht vom Ammoniak aufgenommen werden. Sollte dieser Fall wirklich eintreten, so wuͤrde es sich fragen, ob man nicht durch mehrmahliges Roͤsten unter einem geringen Zusaze von Kochsalz, Schwefelsaͤure und Braunstein, oder auch nasses Behandeln mit diesen drei Mitteln, dahin gelangt, alles Silber in der Gestalt des Chlorsilbers zu erhalten? 2) Weniger ist wohl zu befuͤrchten, das sich das Ammoniak mit zu viel Kupferoxyd uͤberladen moͤge. Denn das sich beim Roͤsten oxydirende Kupfer findet wahrscheinlich eine hinreichende Menge von Schwefel- oder Salzsaͤure vor, und laͤßt sich in dieser Gestalt vor der Behandlung mit Ammoniak durch Wasser ausziehen, und hieraus durch Caͤmentation darstellen. Bei Silbererzen, welche zugleich Gold enthalten, wuͤrde diese Methode keine Anwendung finden. Entfernt von Silberbergwerken, und daher außer Stande, selbst eine Pruͤfung dieser Methode vorzunehmen, lade ich die fuͤr das Fortschreiten der Metallurgie sich interessirenden Huͤttenmaͤnner ein, wenigstens im Kleinen den Versuch anzustellen, und ihre Resultate bekannt zu machen. –––––––––– Nachschrift. Vorstehender Vorschlag wurde bereits im Sommer 1826 dem Herausgeber der Annalen fuͤr Physik und Chemie zum Einruͤken in dieselben uͤberschikt. Da mich im Herbste desselben Jahres eine Reise nach Dresden und Berlin uͤber Freiberg fuͤhrte, so benuͤzte ich diese Gelegenheit, um mir auf der Halsbruͤckner Huͤtte eine sehr kleine Menge des mit Kochsalz geroͤsteten und wieder gepulverten Silbererzes auszubitten. Der Hr. Herausgeber der Annalen hielt auf mein Ersuchen die Bekanntmachung des Vorschlages zuruͤk, bis ich dieses Erz untersucht haben wuͤrde. Bei dieser Untersuchung ergab sich Folgendes: Waͤsseriges Ammoniak, laͤngere Zeit damit zusammengestellt, und dann abgegossen, erschien sehr blaßblau, durch geringen Kupfergehalt, truͤbte sich aber nicht im Geringsten beim Uebersaͤttigen mit Saͤuren. Es wurde hierauf dieses mit Ammoniak behandelte Erz mit waͤsserigem Chlore einige Tage zusammengestellt, und nach dem Abgießen desselben wieder mit Ammoniak behandelt. Nun zog dieses wirklich Chlorsilber aus, denn es truͤbte sich mit Salzsaͤure, und gab einen geringen sich am Lichte schwaͤrzenden Niederschlag. Hieraus geht hervor, daß in dem von mir untersuchten Erze wenigstens bei weitem das meiste Silber im metallischen Zustande enthalten war, und daß man dieses vor der Behandlung mit Ammoniak auf eine solche Weise zu behandeln haben wuͤrde, wie unter 1) angegeben ist. Sollte aber denn nicht der Roͤstungsproceß mit Kochsalz ganz erspart werden koͤnnen, so daß man bloß das fein gepulverte Erz im ungeroͤsteten Zustande (oder wenn es viel Schwefel enthielt, im fuͤr sich geroͤsteten) mit Braunstein, Kochsalz und Schwefelsaͤure erwaͤrmte, mit Wasser auswuͤsche, und dann mit Ammoniak behandelte? Die Hauptfrage bleibt immer, ob das Ausbringen auch vollstaͤndig ist?