Titel: Ueber die Stoß- oder Steig-Räder aus Stahl des Hrn. Duchemin, Uhrmachers zu Paris, place du Châtelet, N. 3. zu Paris. Bericht des Hrn. Francoeur, im Namen des Ausschusses der mechanischen Künste.
Fundstelle: Band 26, Jahrgang 1827, Nr. II., S. 16
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II. Ueber die Stoß- oder Steig-Raͤder aus Stahl des Hrn. Duchemin, Uhrmachers zu Paris, place du Châtelet, N. 3. zu Paris. Bericht des Hrn. Francoeur, im Namen des Ausschusses der mechanischen Kuͤnste. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. N. 276. S. 207. Duchemin, uͤber die Stoß- oder Steig-Raͤder. Die meisten Fabrik-Uhren haben eine Spindel-Hemmung (échappement à verge). Das Rad, welches auf die Stahl-Fluͤgel der Unruhe schlaͤgt, um dadurch die in der Schwingung verlorne Kraft wieder zu erhalten, ist horizontal und aus Messing: man nennt es das Stoß- oder Steig-Rad (roue de rencontre). Die Reibung zwischen diesen beiden Stuͤken wiederholt sich so oft, daß die Uhr dadurch bald unbrauchbar wird. Indessen ist diese Art von Hemmung so einfach, daß man sie bei allen Fabrik-Uhren jeder anderen vorzieht, weil sie wenig kostet, kein Oehl braucht, und selbst dann noch zuweilen die Uhr fortgehen laͤßt, wann sie bereits fast ganz hin ist. Man erweiset also der Uhrmacherkunst einen Dienst, wenn man eine so nuͤzliche Vorrichtung verbessern hilft: und dieß hat Hr. Duchemin gethan. Es scheint beim ersten Augenblike etwas Außerordentliches, daß die spizigen schiefen Zaͤhne eines messingenen Rades der Reibung besser widerstehen, als die Stahlplaͤttchen, auf welche sie stoßen. Die Ursache hiervon beruͤhr auf zwei Umstaͤnden: 1) kommen die Zaͤhne sechs und ein halbes Mahl weniger in Beruͤhrung, als die Fluͤgel; denn auf zwei Fluͤgel kommen 13 Zaͤhne. 2) Weil der Rand des Zahnes sich, durch den Gebrauch abnuͤzt und zuschleift, ohne dabei die gehoͤrige Form zu verlieren, waͤhrend die oft wiederholten Stoͤße auf die Fluͤgel dieselben anfangs um ihre Politur bringen, und endlich aushoͤhlen. Man weiß uͤberdieß, daß einige Arten von Messing diesen Nachtheilen mehr unterworfen sind, als andere. Indessen hatten die Uhrmacher bisher kein anderes Mittel, diesem Nachtheile abzuhelfen, als sehr guten, sehr gleichkoͤrnigen und gut gehaͤmmerten Messing zu waͤhlen. Sie schaͤzen vorzuͤglich den Messing von den Bodenstuͤken der Talgkessel, die ihnen am besten zu taugen scheinen. Hr. Duchemin hat bemerkt, daß, wenn man Steig-Raͤder von gehaͤrtetem Stahle nimmt, die Fluͤgel sich nicht so, oder wenigstens weit langsamer abnuͤzen, und schlaͤgt aber vor, bei der Spindel-Hemmung den Stahl statt des Messinges fuͤr die Steig-Raͤder zu gebrauchen. Man hat bisher Messing bei diesen Raͤdern vorgezogen, weil bekanntlich ein Metall, das sich auf seines Gleichen reibt, eine weit staͤrkere Reibung erzeugt, als wenn zwei verschiedene Metalle sich auf einander reiben. Diese Thatsache ist richtig, obschon man sie bisher noch nicht erklaͤren konnte. Da aber bei einer Uhr die Triebkraft immer staͤrker ist, als man sie zur Erzeugung der Bewegung braucht, so hat es nichts zu sagen, wenn Stahl auf Stahl laͤuft, vorausgesezt, daß die Reibung die Theile, die mit einander in Beruͤhrung kommen, nicht zerstoͤrt; und dieß ist, nach den Erfahrungen des Hrn. Duchemin, gerade hier der Fall. Er hat bei Taschen- und Wand-Uhren statt des Messinges Stahl zu den Raͤdern genommen, und gesehen, daß selbst bei Beibehaltung der alten Spindel-Lappen oder Fluͤgel, wenn er die Zaͤhne auf andere Puncte derselben eingreifen ließ, die Uhr gut und regelmaͤßig fortging. Ich habe solche Uhren bei ihm gesehen, die bereits ein Jahr lang gingen, und noch nicht die mindeste Spur von Abreibung zeigten. Man verfertigt an den sogenannten Cylinder-Uhren den Cylinder und sein Rad schon seit langer Zeit aus Stahl, und man fand nicht, daß diese Stuͤke sich abnuͤzten, wenn sie gehoͤrig verfertigt wurden. Man bedient sich heute zu Tage kaum mehr der Rubin-Cylinder, weil sie zu theuer kommen. Hr. Duchemin gibt jedoch etwas Oehl auf die Fluͤgel. Die Gesellschaft billigt diese Verbesserung des Hrn. Duchemin, und wuͤnscht, sie verbreitet zu sehen.