Titel: Ueber die Eigenschaften des Chlorkalkes, und das Verhalten des Chlors zu den Hydraten der Metalloxyde, von Emil Maximilian Dingler in Augsburg.
Autor: Dr. Emil Maximilian Dingler [GND]
Fundstelle: Band 26, Jahrgang 1827, Nr. LXII., S. 224
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LXII. Ueber die Eigenschaften des Chlorkalkes, und das Verhalten des Chlors zu den Hydraten der Metalloxyde, von Emil Maximilian Dingler in Augsburg. E. Dingler, uͤber das Verhalten des Chlors zu den Metalloxyden. Unter den einfachen nicht metallischen Koͤrpern haben das Jod und das Chlor die Eigenschaft, sich mit den Metalloxyden zu vereinigen, und damit salzartige Verbindungen darzustellen. Das Jod verbindet sich wie der Blaustoff mit den Metalloxyden geradezu; diese Verbindungen desselben sind aber noch sehr wenig untersucht. Das Chlor hingegen vereinigt sich mit Metalloxyden nur dann, wenn diese selbst zuvor eine chemische Verbindung mit Wasser eingegangen haben, und also im Zustande von Hydraten sind; es behaͤlt in seiner Vereinigung mit diesen Koͤrpern seine characteristische Eigenschaft bei, naͤmlich in Beruͤhrung mit gewissen oxydirbaren Substanzen das Wasser schnell zu zersezen, indem es den Wasserstoff desselben anzieht, und sich in Salzsaͤure (Chlorwasserstoffsaͤure) umaͤndert, waͤhrend der frei gewordene Sauerstoff an die verbrennliche Substanz geht, und auf dieselbe im Allgemeinen so wirkt, daß sie, wenn sie eine unorganische ist, in ein hoͤheres Oxyd umgeaͤndert, wenn sie aber eine organische ist (wie die Pigmente und die Miasmen) gaͤnzlich zerstoͤrt, das heißt entmischt, oder in neue Verbindungen aufgeloͤst wird. Die Verbindungen des Chlors mit Kali, Natron, Kalk und Bittererde sind schon lange bekannt, und in den technischen Kuͤnsten haͤufig mit großem Vortheile angewandt worden; sie zogen in der neueren Zeit auch die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Chemiker auf sich, aber bei weitem nicht in dem Grade, wie sie es wohl verdient haͤtten. Unter allen Verbindungen des Chlors mit Metalloxyden, ist jedoch keine bestaͤndiger, als die mit dem Kalke; diese ist daher auch am geeignetsten, um das chemische Verhalten dieser Koͤrper auszumitteln, und mit ihr habe ich mich deßwegen auch vorzugsweise beschaͤftigt. DaltonThomson's Annals of Phil. Bd.i. In Schweigg. Journ. der Chem. u. Phys. Bd. X. S. 445. stellte zuerst Versuche uͤber die Zusammensezung des Chlorkalkes an. Dieser beruͤhmte Chemiker zeigte, daß, wenn Chlorgas so lange uͤber Kalkhydrat geleitet wird, bis lezteres nichts mehr absorbirt, ein Chloruͤr entsteht, welches auf 2 Aequivalente Kalkhydrat 1 Aequivalent Chlor enthaͤlt, und sich durch Wasser auf die Art zersezt, daß die Haͤlfte des Kalkes abgeschieden wird, waͤhrend sich die andere Haͤlfte des Kalkes mit allem Chlor aufloͤst. Er nannte den troknen Chlorkalk, basischen Chlorkalk (Suboxymuriate of lime), und den aufgeloͤsten. Einfach-Chlorkalk (Simple oxymuriate of lime). Er stellte auch noch eine andere Verbindung von Chlor mit Kalk dar, die noch einmahl so viel Chlor enthaͤlt, als die Aufloͤsung des trokenen Chloruͤrs, welche er Doppelt-Chlorkalk (Binoxymuriate of lime) nannte. Leztere Verbindung erhielt er, indem er Chlorgas von seinem gleichen Volum Kalkwasser absorbiren ließ, oder indem er verduͤnnte Aufloͤsung von basischem Chlorkalk vorsichtig mit so viel Saͤure versezte, als noͤthig war, um die Haͤlfte ihres Kalkgehaltes zu saͤttigen. Ueber die Eigenschaften dieser verschiedenen Verbindungen hat uns jedoch Dalton wenig gesagt, und seine Absicht scheint hauptsaͤchlich nur die gewesen zu seyn, zu untersuchen, ob die Zusammensezung des Chlorkalkes sich mit der atomistischen Theorie vertraͤgt. Spaͤter stellte Welter,Annales de Chim. et de Phys. Bd. VII. S. 383. welcher Dalton's Abhandlung nicht gekannt zu haben scheint. Versuche uͤber die Zusammensezung des Chlorkalkes an, und gelangte auf ganz verschiedenem Wege zu demselben Resultate, welches in der Folge auch noch durch die Versuche von Grouvelle Annales de Chim. et de Phys. Bd. XVII. S. 37. bestaͤtiget wurde. Uebrigens waren die Methoden, deren sich Dalton und Welter bedienten, um die Zusammensezung ihres Chloruͤrs zu bestimmen, von der Art, daß sie nur annaͤhernde Resulte geben konnten. Ich selbst habe sehr viele Versuche angestellt, um zu zu erfahren, in welchem Verhaͤltnisse das Chlorgas von dem Kalkhydrate absorbirt wird, und mich dadurch uͤberzeugt, daß es sehr schwierig, wo nicht unmoͤglich ist, ein Chlorkalkhydrat darzustellen, das genau in dem von diesen beiden Chemikern angebenen stoͤchiometrischen Verhaͤltnisse zusammengesezt ist. Ich fand, daß, wenn sehr lange Chlorgas uͤber das reine Protohydrat des Kalkes geleitet, oder ein bedeutender pneumatischer Druk angewandt, oder das Kalkhydrat im Zustande eines staubigen Pulvers in einer Atmosphaͤre von Chlorgas bewegt wird, eine bei weitem groͤßere Quantitaͤt Chlor verschlukt wird. Es ist mir daher auch sehr wahrscheinlich, daß es gar kein basisches Kalkchloruͤr gibt, und daß das auf gewoͤhnliche Weise dargestellte, ein sehr verschiedenes Gemenge von neutralem, aus gleichen Aequivalenten Chlor- und Kalkhydrat bestehendem, und in Wasser vollkommen aufloͤslichem Chloruͤre, mit Kalkhydrat ist. Wenn es jedoch wirklich ein basisches Chloruͤr gibt, was aber gewiß sehr schwer zu beweisen seyn moͤchte, so wird dieses, wie ich glaube, dem dreifach basischen salzsauren Kalk eben so proportional seyn, wie das neutrale Chloruͤr dem neutralen salzsauren Kalke wirklich proportional ist. So viel ist aber gewiß, daß das mit Wasser vollkommen gesaͤttigte Kalkhydrat (welches auf 100 Th. Kalk 95 Th. Wasser enthaͤlt), leicht soviel Chlor aufnimmt, als noͤthig ist, es ganz in das neutrale Chloruͤr umzuaͤndern. Dieses hat zuerst Houtou-Labillardiere Journal de Pharm. Mai. 1826. Polytechn. Journ. Bd. XXI. S. 263. gezeigt, und ich habe mich davon oͤfters uͤberzeugt. Ure Quarterly Journ. of Sc. Lit. and the Arts. 1822. Polytechn. Journ. Bd. VIII. S. 451. gab sich viele Muͤhe, das Verhaͤltniß zu bestimmen, in welchem das Chlorgas von Kalkhydrat verschlukt wird, da es aber bei seinen Versuchen nie stoͤchiometrisch und constant war, so stellte er die ungereimte Behauptung auf, daß das Chlor sich mit dem Kalkhydrat in gar keinem bestimmten Verhaͤltnisse vereinigt, und daß daher auch der Chlorkalk ein Koͤrper ist, der eher einer Mischung oder hoͤchstens einer Salz-Aufloͤsung, als einer wahren chemischen Verbindung gleicht.Diese Meinung stellt Ure ohne alle Abaͤnderung noch in seinem Dictionary of Chemistry, London 1823, auf. Der Fehler, welchen Ure beging, ist dieser, daß er die Aufloͤsung des Chlorkalkes in Wasser nicht analysirte; er wuͤrde dann bald gefunden haben, daß diese immer auf 1 Aequiv. Kalk, 1 Aequiv. Chlor enthaͤlt, und also eine dem salzsauren Kalke proportionale Verbindung ist, wie schon Dalton und Welter gezeigt haben. Ich werde im Verlaufe dieser Abhandlung viele Thatsachen anfuͤhren, welche dieses außer allen Zweifel sezen. Das Chlor und der Kalk sind also in dem neutralen Chloruͤr so vereinigt, daß, wenn das Chlor sich mit so viel Wasserstoff verbindet, als noͤthig ist, es in Salzsaͤure umzuaͤndern, der neutrale Chlorkalk, dann neutralen salzsauren Kalk darstellt. Dem Gewichte nach besteht er aus: Kalk 35,603 = 1 Aeq. Wasser 11,243 = 1 Aeq. Chlor 44,265 = 1 Aeq. –––––– 91,111. Wenn man Chlorkalk, besonders gut gesaͤttigten, destillirt, so entwikelt sich viel Chlor, und gegen das Ende auch Sauerstoffgas nebst etwas Euchlorine. Der Ruͤkstand hat, wenn er nur so weit erhizt wurde, bis er troken geworden ist, alle bleichende Kraft verloren, und funkelt auf gluͤhenden Kohlen, obgleich, weniger lebhaft als das chlorsaure Kali. Wird er in diesem troknen Zustande nun in einer Retorte gegluͤht, so entwikelt sich viel Sauerstoffgas. Daraus geht hervor, daß der Chlorkalk beim Erhizen anfangs bloß Chlor verliert, dann aber, sich in Chlorcalcium und chlorsauren Kalk zersezt. Man sieht daher leicht ein, wie wichtig es ist, wenn ein moͤglichst gesaͤttigter und reiner Chlorkalk dargestellt werden soll, daß der durch die Verdichtung des Chlors frei gewordene Waͤrmestoff abgeleitet wird. Zu meinen Versuchen habe ich mir den Chlorkalk immer auf die Art dargestellt, daß ich Chlorgas, welches auf die gewoͤhnliche Weise aus einem Gemenge von Salz und Braunstein mit Schwefelsaͤure entwikelt wurde, zuerst durch Wasser leitete, um das salzsaure Gas zu absorbiren, welches es mit sich fuͤhren konnte, und dann in eine bleierne Roͤhre, welche reines Kalkhydrat enthielt. Ich gebrauchte dabei die Vorsicht, das Chlor sehr langsam zu entbinden, und die bleierne Roͤhre waͤhrend des Versuches bestaͤndig abzukuͤhlen. Es ist merkwuͤrdig, daß bei der Bereitung des Chlorkalkes, so vorsichtig man auch zu Werke gehen mag, stets etwas. salzsaurer Kalk gebildet wird, ohne daß jedoch chlorsaurer Kalk entsteht. Ich habe mich davon auf folgende Weise uͤberzeugt: ich zerrieb zwei Unzen meines Chlorkalkes in vier Unzen destillirten Wassers etwa eine Viertelstunde lang, und filtrirte sodann. Mit zwei anderen Unzen desselben Chlorkalkes verfuhr ich eben so, mit dem Unterschiede, daß ich fuͤnf Unzen Wasser anwandte. Endlich zog ich noch zwei Unzen dieses Chlorkalkes auf dieselbe Art mit neun Unzen Wasser aus. Von jeder der filtrirten Fluͤßigkeiten wurde sodann eine Quantitaͤt abgewogen, und ihr Kalkgehalt bestimmt; die Resultate aber wichen, als ich sie alle auf ein bestimmtes Gewicht der Fluͤßigkeit reducirte, bedeutend von einander ab, welches offenbar daher ruͤhrte, weil im ersten Falle die Quantitaͤt des Wassers allen im Chlorkalke enthaltenen salzsauren Kalk mit verhaͤltnißmaͤßig nur wenig Chlorkalk, im zweiten aber denselben mit mehr, und im dritten mit noch mehr Chlorkalk aufloͤsen konnte. Der Kalkgehalt der verschiedenen Aufloͤsungen wurde auf folgende Art bestimmt: die Fluͤßigkeit wurde zuerst in einem Digerirglase vorsichtig so lange mit Salzsaͤure versezt, bis kein Chlorgas mehr dadurch entbunden wurde, und nachdem hierauf die Saͤure in Ueberschuß zugesezt worden war, eine Viertelstunde im Sieden erhalten, hierauf noch warm bis zu einem geringen Saͤureuͤberschuß mit kohlensaurem Natron neutralisirt, und endlich in der Kaͤlte mit sauerkleesaurem Ammoniak gefaͤllt; aus diesem Niederschlage wurde ihr Kalkgehalt auf gewoͤhnliche Weise bestimmt. Schon Welter hat gezeigt, daß bei der Absorbtion des Chlors durch Kalkhydrat kein chlorsaurer Kalk sich bildet; er bestimmte naͤmlich das Volum einer Indigaufloͤsung, welches durch das Chlor, das er aus einer bekannten Quantitaͤt Braunstein mittelst Salzsaͤure erhalten konnte, entfaͤrbt wurde, und fand, daß dieses Chlor von seiner bleichenden Kraft nichts verlor, wenn es an Kalk gebunden wurde, ehe man es mit der Indigaufloͤsung in Beruͤhrung brachte. Da dieser Versuch aber offenbar kein sicheres Resultat geben konnte, wenn der chlorsaure Kalk nur in geringer Menge bei der Absorbtion des Chlors durch das Kalkhydrat gebildet wurde, so schlug ich einen anderen Weg ein, um mich von der Richtigkeit dieser Angabe zu uͤberzeugen, und benuzte dazu die Eigenschaft des Aezammoniaks, den Chlorkalk in salzsauren Kalk umzuaͤndern. Eine Aufloͤsung von sorgfaͤltig bereitetem Chlorkalke wurde so mit concentrirtem Aezammoniak versezt, und damit gelinde erwaͤrmt, bis sie alle bleichende Kraft verloren hatte; darauf wurde die Fluͤßigkeit lange genug im Sieden erhalten, um das Ammoniak zu verjagen, worauf sie schwach mit Salzsaͤure angesaͤuert, mit salpetersaurem Silber gefaͤllt, und sodann filtrirt wurde. Die filtrirte Fluͤßigkeit wurde nun zur Vorsicht noch mit salpetersaurem Silber versezt, abgedampft, und der Ruͤkstand erhizt, um das chlorsaure Salz, wenn er solches enthielt, zu zersezen; er loͤste sich jedoch nach dem Erhizen in Wasser und Salpetersaͤure auf, ohne Chlorsilber zu hinterlassen. Es ist also erwiesen, daß bei einer sorgfaͤltigen Bereitung des Chlorkalkes kein chlorsaurer Kalk gebildet wird; wenn aber der Chlorkalk in großer Quantitaͤt auf einmahl dargestellt wird, und also eine ziemliche Erhizung desselben waͤhrend der Absorbtion des Chlors nicht vermieden werden kann, entstehen wohl Spuren von chlorsaurem Kalke, die ich nach dem angegebenen Verfahren darin gefunden habe. Wenn Chlorkalk, der nicht vollkommen mit Chlor gesaͤttigt worden ist, in Wasser aufgeloͤst wird, so enthaͤlt die Aufloͤsung jedesmahl, wie schon gesagt wurde, neutrales Chloruͤr nebst etwas salzsaurem Kalke, zugleich aber auch Kalkwasser; es kommt jedoch, wie ich gefunden habe, auch noch ein anderer Koͤrper in der Chlorkalk-Aufloͤsung, besonders wenn sie schon lange im Dunkeln aufbewahrt wurde, obgleich in sehr geringer Menge vor, naͤmlich oxydirtes Wasser. Schon im gewoͤhnlichen Tageslichte entbindet sie etwas Sauerstoffgas, indem das Wasser zersezt, und salzsaurer Kalk gebildet wird, der sich mit ihrem Alter immer vermehrt. Im Dunkeln kann man sie sehr lange aufbewahren, ohne daß sie eine betraͤchtliche Zersezung erleidet. Wenn man sie außer Beruͤhrung mit der Luft durch Sieden concentrirt, so entbindet sich Sauerstoffgas, und sie zersezt sich zum Theile in salzsauren Und chlorsauren Kalk. Um die Aufloͤslichkeit des Chlorkalkes in Wasser auszumitteln, zerrieb ich sorgfaͤltig bereitetes Chloruͤr in seinem doppelten Gewichte kalten Wassers, filtrirte es, und suͤßte es noch mit eben so viel Wasser aus, worauf ich es auspreßte. Den so moͤglichst von salzsaurem Kalke gereinigten Chlorkalk behandelte ich dann mit etwa seinem anderthalbfachen Gewichte Wasser von + 15° R., und filtrirte sodann. Die filtrirte Fluͤßigkeit pruͤfte ich nach der Methode, welche ich oben angab, als ich vom Gehalte des Chlorkalkes an salzsaurem Kalke sprach, auf ihren Kalkgehalt, und erhielt durch zwei uͤbereinstimmende Versuche aus 1000 Gran derselben 72,04 Gr. kohlensauren Kalk, welche 40,62 reinem Kalke entsprechen. Zieht man davon fuͤr das Kalkwasser 1,25 ab, so bleiben noch 39,37, welche 51,80 Kalkhydrat geben, die sich mit 48,67 Chlor verbinden. 1000 Gran der Fluͤßigkeit enthielten also 100,47 Gr. neutrales Chlorkalkhydrat, und 100 Theile Wasser loͤsen daher 11,17 reinen Chlorkalk auf. Nach Chevallier Bulletin univers. Octbr. 1826. Polytechn. Journal Bd. XIX. S. 106. soll man, um eine gesaͤttigte Aufloͤsung zu erhalten, 1 Theil Kalkchloruͤr in 10 Theilen Wasser aufloͤsen, und dieses Verhaͤltniß ist gewiß fuͤr die Praxis sehr zwekmaͤßig.Man wird leicht einsehen, daß das spec. Gew. der gesaͤttigten Aufloͤsung des reinen Chlorkalkes nicht viel groͤßer, als das des Wassers seyn kann. Ich habe es = 1097 gefunden, es ist aber schwer mit Genauigkeit zu bestimmen, weil die Aufloͤsung am Tageslichte immer etwas Sauerstoffgas entbindet. Verhalten des Chlorkalkes zu den Saͤuren. Schwefelsaͤure, Salpetersaͤure, Salzsaͤure u. f. w. entbinden aus dem Chlorkalke reines Chlorgas, welches, wenn ihm keine atmosphaͤrische Luft beigemengt ist, nicht nur vom Wasser, sondern auch von Queksilber und Kalilauge vollkommen verschlukt wird, und daher weder salzsaures Gas noch Sauerstoffgas enthaͤlt; das aus. Chlorkalk durch Saͤuren entbundene Gas explodirt auch nicht, wenn man es auf + 150° R. erhizt, und wird nach dem Erhizen noch wie zuvor von Queksilber und Kalilauge vollstaͤndig absorbirt. Dieses beweist, daß die Meinung von Berzelius, der das Kalkchloruͤr fuͤr chlorichtsauren Kalk haͤlt,Man sehe dessen Lehrbuch der Chemie. Deutsche Ausgabe, Dresden, 1826, Bd. II. S. 627. unrichtig ist; denn wenn dem wirklich so waͤre, muͤßte durch die Saͤuren aus dem Chlorkalke entweder. Chlorgas und Sauerstoffgas entbunden werden, und dann koͤnnte das Gas von Queksilber und Kalilauge nur zum Theile absorbirt werden, oder es muͤßte sich chlorichtsaures Gas entwikeln, welches sich aber beim Erhizen unter Explosion zersezt. Auch muͤßte der Chlorkalk, wenn er ein chlorichtsaures Salz waͤre, immer eine sehr betraͤchtliche Menge salzsauren Kalk enthalten, so daß er wohl sehr bald an der Luft zerfließen wuͤrde; er kann aber, wie ich mich uͤberzeugt habe, mehrere Wochen der Luft ausgesezt werden, ohne soviel Wasser anzuziehen, daß er wirklich zerfließt. Wird eine sehr verduͤnnte Chlorkalkaufloͤsung mit einer ebenfalls verduͤnnten Saͤure nach und nach und in solcher Menge versezt, daß die Saͤure nur die Haͤlfte des in der Fluͤßigkeit enthaltenen Kalkes saͤttigen kann, so entbindet sich wenig oder gar kein Chlor, sondern es wird von der anderen Haͤlfte des Chlorkalkes zuruͤkgehalten, so daß die Fluͤßigkeit dann nicht mehr neutralen, sondern sauren Chlorkalk enthaͤlt. Wird Chlorkalk der Luft ausgesezt, so aͤndert er sich allmaͤhlich in kohlensauren Kalk am, indem sich Chlorgas entbindet. Wenn man durch eine Aufloͤsung von Chlorkalk einen Strom Kohlensaͤure leitet, so entwikelt sich, wie Gaultier de Claubry Ann. de Chim. et de Phys. November. 1826. Polyt. Journal Bd. XXIII. S. 174. gezeigt hat, bald Chlor, indem sich kohlensaurer Kalk niederschlaͤgt, und wenn man die Arbeit lange genug fortsezt, wird dieses Gas gaͤnzlich aus seiner Verbindung ausgetrieben, so daß die Fluͤßigkeit alle entfaͤrbende Kraft verliert ein Theil des anfangs niedergefallenen kohlensauren Kalkes loͤst sich in der Folge in der uͤberschuͤssigen Kohlensaͤure wieder auf; bei dieser Zersezung des Chloruͤrs entsteht keine Salzsaͤure; ein Gramm Kalkchloruͤr braucht aber nach den Versuchen des genannten Chemikers mehrere Stunden zur vollstaͤndigen Zersezung. Weßwegen wird nun ein so großes Uebermaß von Kohlensaͤure erfordert, um alles Chlor auszutreiben? Offenbar deßwegen, weil nicht alles anfangs frei gewordene Chlor sich entwikelt, sondern von dem unzersezten Chlorkalke zuruͤkgehalten wird, der dadurch in sauren Chlorkalk umgeaͤndert wird, durch Kohlensaͤure nur sehr schwer zersezt werden kann, und mit dem sauren kohlensauren Kalk, den die Fluͤßigkeit enthaͤlt, wohl vertraͤglich ist. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den einfachen Koͤrpern. Durch reines Wasserstoffgas erleidet die Chlorkalkaufloͤsung eben so wenig eine Veraͤnderung, wie durch Stikgas und Sauerstoffgas. Das Jod wird, wenn man es mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergießt, bald in Jodsaͤure umgeaͤndert, daher sich jodsaurer Kalk niederschlaͤgt, und sich entweder Chlor entbindet, oder saurer Chlorkalk bildet. – Der Phosphor uͤberzieht sich darin mit einer weißen Rinde von phosphorsaurem Kalke, wodurch die weitere Einwirkung verhindert wird. – Wird fein gepulverter Schwefel mit einer gesaͤttigten Aufloͤsung von Chlorkalk uͤbergossen, so aͤndert er sich bald unter starker Erwaͤrmung in Schwefelsaͤure um, daher unter Entbindung von Chlor, schwefelsaurer Kalk niederfaͤllt. Selbst eine maͤßig verduͤnnte Chlorkalkaufloͤsung wirkt noch sehr rasch auf ihn. – Feingepuͤlverte Holzkohle bringt in der Chlorkalkaufloͤsung keine Veraͤnderung hervor. Unter den Metallen uͤberzieht sich das Zink darin mit weißem Zinkoxyde, das Queksilber mit dem rothen, stellenweise oraniengelben Oxyde. Eisenfeile aͤndert sich darin in Eisenoxydhydrat um. Dagegen bringen Zinn (als folio), Kupfer (gefeilt), Silber (aus salpetersaurem Silber mit Kupfer reducirt) und Gold (aus seiner Aufloͤsung mit Eisenvitriol niedergeschlagen), darin keine merkliche Veraͤnderung hervor. Verhalten des Chlorkalkes zu dem Schwefelwasserstoff und Phosphorwasserstoff. Schwefelwasserstoffgas wird von der Chlorkalkaufloͤsung schnell zersezt und vollstaͤndig absorbirt, wenn ihm kein reines Wasserstoffgas beigemengt war. Leitet man einen raschen Strom Schwefelwasserstoffgas durch eine gesaͤttigte Aufloͤsung von Chlorkalk, so erhizt sich die Fluͤßigkeit sehr stark, und es bildet sich ein reichlicher weißer Niederschlag, der aus schwefelsaurem Kalke besteht, und wenig oder gar keinen Schwefel enthaͤlt. In der Fluͤßigkeit, welche alle bleichende Kraft verloren hat, ist nun natuͤrlich viele freie Saͤure, indem sich anfangs salzsaurer Kalk, Wasser und Schwefelsaͤure gebildet, und leztere hierauf das Kalksalz zersezt hatte. – Wird eine gesaͤttigte Chlorkalkaufloͤsung mit ihrem sechsfachen Volum Wasser verduͤnnt, und dann Schwefelwasserstoffgas hindurch geleitet, so aͤndert sich der Chlorkalk in salzsauren Kalk um, aber es bildet sich dennoch ein wenig schwefelsaurer Kalk, und es entsteht daher auch etwas freie Saͤure; in diesem Falle entsteht nur ein geringer Niederschlag von Schwefel, und die Fluͤßigkeit bleibt milchig. Die beiden Phosphorwasserstoffgase werden von der Chlorkalkaufloͤsung, wenn sie kein reines Wasserstoffgas beigemengt enthalten, vollstaͤndig zersezt, indem sich phosphorsaurer Kalk niederschlaͤgt, salzsaurer Kalk bildet, und Chlor entwikelt. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zum Ammoniak. Versezt man die Aufloͤsung des Chlorkalkes mit concentrirtem Aez-Ammoniak, so entbindet sich Stikgas mit Aufbrausen, indem sich der Chlorkalk in neutralen salzsauren Kalk umaͤndert. Eine gelinde Erwaͤrmung reicht hin, die Zersezung des Chloruͤrs vollstaͤndig zu machen, und der Fluͤßigkeit dadurch alle bleichende Kraft zu nehmen. Das Ammoniak bringt jedoch (auch wenn es vollkommen frei von Kohlensaͤure ist) in der Chlorkalkaufloͤsung einen geringen Niederschlag hervor; dieser besteht aus Kalkhydrat, und ruͤhrt von der Wirkung des Ammoniaks auf das Kalkwasser her, welches, wie ich schon oben bemerkt habe, die Aufloͤsung des Chloruͤrs enthaͤlt. Wenn man ein Ammoniaksalz der Chlorkalkaufloͤsung zusezt, wird die Basis desselben eben so zersezt, wie wenn reines Ammoniak angewandt wird. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den Metalloxyden. Aezendes Kali und Natron bemaͤchtigen sich, wenn man sie der Aufloͤsung des Chloruͤrs zusezt, des Chlors, und faͤllen das Kalkhydrat. Die Aufloͤsungen der eigentlichen Kalksalze werden bekanntlich durch Kali und Natron nicht zersezt; der Chlorkalk ist aber bloß ein salzartiger Koͤrper, die Verbindung eines einfachen Koͤrpers mit dem Hydrate eines Metalloxydes, worin jener den electronegativen Bestandtheil ausmacht; es gibt keine Verbindung von Chlor mit Kalk, sondern bloß Verbindungen von Chlor mit Kalkhydrat, und eben daher auch keine Aufloͤsung von Chlorkalk (im strengen Sinne des Wortes), sondern bloß Aufloͤsungen von Chlorkalkhydrat. Wasserfreies Chromoxyd, wie man es durch Gluͤhen des chromsauren Queksilberoxyduls erhaͤlt), wird von der Chlorkalkaufloͤsung nur schwer angegriffen, aber nach und nach faͤrbt sich die Fluͤßigkeit doch von Chromsaͤure gelb. Chromoxydhydrat aber, wird, wenn man es mir uͤberschuͤssiger Chlorkalkaufloͤsung uͤbergießt, bald vollstaͤndig in Chromsaͤure umgeaͤndert, welche Chlor entwikelt; man erhaͤlt eine gelbe Fluͤßigkeit, welche aus chromsauren und salzsaurem Kalke nebst saurem Chlorkalke besteht. Vertheilt man hingegen Chromoxydhydrat im verhaͤltnißmaͤßig wenig Chlorkalkaufloͤsung, so faͤrbt sich die Fluͤßigkeit braunroth und Aezammoniak schlaͤgt daraus Chromoxyd nieder, waͤhrend sie hellgelb wird; sie hesteht also aus salzsaurem Kalke und saurem chromsauren Chromoxyde. Das unaufgeloͤst gebliebene Oxyd ertheilt, wenn man es auch sehr lange aussuͤßt, dem Wasser stets eine schwach gelbe Farbe; digerirt man es mit Essigsaͤure und essigsaurem Blei, so erhaͤlt man eine gruͤne Aufloͤsung von essigsaurem Chromoxyde und einen gelben Ruͤkstand von chromsaurem Blei; es enthaͤlt also neutrales chromsaures Chromoxyd beigemengt.Daß das fruͤher sogenannte braune Chromoxyd nichts als eine Verbindung des gruͤnen Oxydes mit Chromsaͤure ist, und daß das gruͤne Oxyd mit der Chromsaͤure auch ein aufloͤsliches Salz gibt, hat erst vor einiger Zeit Hr. Arnold Maus bewiesen. (Poggendorff's Annalen der Phys.u. Chem. Jahrg. 1827. Stuͤk 1. Polyt. Journ. Bd. XXV. S. 82.) Man darf also das gruͤne Chromoxyd nicht mehr Chromoxydul nennen. Eisenoxydrat und Zinkoxydhydrat wirken nicht merklich auf die Chlorkalkaufloͤsung. Uebergießt man Manganoxydul mit der Aufloͤsung des Chloruͤrs, so wird es zuerst braun, indem es sich in das Hyperoxydul umaͤndert, dann aber faͤngt es an sich aufzuloͤsen, und die Fluͤßigkeit violett zu faͤrben, indem es sich in Mangansaͤure verwandelt, ohne zuvor auf das schwarze Oxyd uͤberzugehen. Wird Bleioxydrat mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen, so faͤrbt es sich orange oder rothgelb, indem es sich in das zweite Oxyd oder die Verbindung des Bleihyperoxydes mit Bleioxyd umaͤndert. Bald darauf wird es braun, indem es in Bleihyperoxyd uͤbergeht. Weiter unten komme ich besonders auf den Koͤrper zu sprechen, der entsteht, wenn Bleioxyd auf nassem Wege hoͤher oxydirt wird. Uranoxyd mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen, erleidet keine Veraͤnderung. Kobaltoxyd und Nikeloxyd werden in Beruͤhrung mit Chlorkalkaufloͤsung sogleich schwarz, indem sie sich in die Hyperoxyde umaͤndern. Diese Hyperoxyde haben (vorzuͤglich wenn sie auf nassem Wege dargestellt sind), die merkwuͤrdige Eigenschaft aus der Aufloͤsung des Chlorkalkes langsam, aber continuirlich Sauerstoffgas zu entbinden, bis sie ganz oder doch bis auf die lezten Spuren in salzsauren Kalk umgeaͤndert ist, ohne daß diese Oxyde selbst dadurch die geringste Veraͤnderung erleiden, oder dieses Vermoͤgen durch laͤngeren Gebrauch zu diesem Zweke merklich verlieren. Ich kann mir diese Thatsache nicht anders erklaͤren, als durch die Annahme, daß der Chlorkalk eben so, wie er die Eigenschaft hat, in Beruͤhrung mit vielen hoͤher oxydirbaren Koͤrpern schnell das Wasser zu zersezen, und in salzsauren Kalk und Sauerstoff zu zerfallen, auch ein Bestreben hat, in Beruͤhrung mit gewissen hoch oxydirten, oder durch ihn keiner hoͤheren Oxydation faͤhigen Substanzen, sich langsam in salzsauren Kalk und oxydirtes Wasser zu zersezen. Das Nikeloxyd wird durch die Chlorkalkaufloͤsung zwar groͤßtentheils in das schwarze Oxyd, zu einem geringen Theile aber auch jedes Mahl in das zweite Hyperoxyd umgeaͤndert.Es gibt bekanntlich zwei Classen von Hyperoxyden; die einen loͤsen sich in Salzsaͤure unter Entbindung von Chlor auf; die anderen hingegen bilden damit ein salzsaures Salz und oxydirtes Wasser. Uebergießt man naͤmlich ein solches mittelst Chlorkalk dargestelltes und gut ausgesuͤßtes Nikelhyperoxyd mit sehr verduͤnnter Essigsaͤure, so loͤst sich ein Theil desselben schnell unter Entbindung von Sauerstoffgas auf, waͤhrend der andere gar nicht angegriffen wird. Dieses ruͤhrt offenbar daher, weil das zweite Hyperoxyd in Beruͤhrung mit der Saͤure in essigsaures Nikeloxyd und oxydirtes Wasser zerfaͤllt; lezteres aber sogleich durch das schwarze Oxyd zersezt wird. Das blaue Kupferoxydhydrat wird in der Chlorkalkaufloͤsung durch Verlust seines Hydratwassers schwarz, und wirkt dann auf den Chlorkalk gerade so, wie die Hyperoxyde des Kobalts und Nikels. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den neutralen in Wasser aufloͤslichen Metallsalzen. Die neutralen aufloͤslichen MetallsalzeHier sind die Salze der sogenannten Alkalien und Erden ausgeschlossen; auch ist vorausgesezt, daß das Metalloxyd in einer Saͤure aufgeloͤst ist, welche mit dem Kalke kein unaufloͤsliches Salz gibt, und auf welche das Chlor keine Wirkung hat. werden von dem neutralen Chlorkalke auf eine ganz verschiedene Weise zersezt, je nachdem naͤmlich das Metalloxyd unter diejenigen gehoͤrt, welche mit Salzsaͤure ein unaufloͤsliches Chlorid, oder unter diejenigen, welche damit ein aufloͤsliches salzsaures Salz geben. Die Salze derjenigen Metalloxyde, welche mit Salzsaͤure ein unaufloͤsliches Chlorid geben, werden von dem Chlorkalke durch doppelte Wahlverwandtschaft zersezt; die Saͤure des Metallsalzes geht an den Kalk, das Metalloxyd aber an das Chlor, auf welches es dann so wirkt, daß durch Wasserzersezung ein Chlorid entsteht, das sich niederschlaͤgt, und ein chlorsaures Salz, welches aufgeloͤst bleibt; hierbei wird jedoch vorausgesezt, daß beide Verbindungen im Momente ihrer Reaction im Verhaͤltnisse von gleichen Aequivalenten vorhanden sind, denn waͤre der Chlorkalk uͤberschuͤssig, so wuͤrde derjenige Theil desselben, welcher nicht zersezt worden ist, das entstandene chlorsaure Metallsalz auf dieselbe Art zersezen, wie das angewandte Metallsalz zersezt wurde. Auf die angefuͤhrte Weise werden also die Salze des Silberoxydes, Queksilberoxyduls, Bleioxydes und Wismuthoxydes zersezt. Die Salze derjenigen Metalloxyde aber, welche mit Salzsaͤure aufloͤsliche salzsaure Salze bilden, werden von dem Chlorkalke nach folgendem Geseze zersezt: der Chlorkalk verliert die Haͤlfte des Kalkes, welche sich mit der Saͤure des Metallsalzes vereinigt, und also eine entsprechende Menge des Metalloxydes niederschlaͤgt; die andere Haͤlfte des Kalkes bleibt mir allem Chlor als saurer Chlorkalk in der Aufloͤsung, welche Verbindung keine faͤllende Eigenschaft hat. 1 Aequiv. des Metallsalzes erfordert also zur vollstaͤndigen Zersezung 2 Aequiv. Chlorkalk. Hierher gehoͤren nun z.B. salpetersaures Uranoxyd, salpetersaures und salzsaures Zinkoxyd, salzsaures Titanoxyd u.s.w. Wenn jedoch das Metalloxyd mit der Saͤure, welche es aufgeloͤst enthaͤlt, ein basisches Salz bilden kann, so wird bei dieser Zersezung niemals das reine Metalloxyd, sondern stets das basische Salz niedergeschlagen, und in diesem Falle erfordert daher 1 Aequiv. des Metallsalzes nicht ganz 2 Aequiv. Chlorkalk zur vollstaͤndigen Zersezung. Dieß ist z.B. bei dem salpetersauren und salzsauren Kupferoxyde der Fall. Nach diesen beiden Gesezen werden die Salze aller Metalloxyde, welche mit Salzsaͤure aufloͤsliche salzsaure Salze geben, zersezt; es versteht sich jedoch von selbst, daß man nur wenige derselben in den angegebenen stoͤchiometrischen Verhaͤltnissen wirklich mit Chlorkalk zersezen kann, weil theils das Chlor der einen Haͤlfte des Kalkes sich zu schnell entbindet, um von der anderen vollstaͤndig zuruͤkgehalten zu werden, theils auch viele Metalloxyde und basische Metallsalze sogleich im Momente ihrer Praͤcipitation auf den sauren und neutralen Chlorkalk eigenthuͤmliche Wirkungen ausuͤben; dazu kommt noch, daß der saure Chlorkalk aus dem Kobalt-, Nikel- und Mangansalzen durch seine oxydirende Einwirkung einen Theil der Basis als Hyperoxyd ausfaͤllt. Ich will nun Beispiele von einzelnen Metallsalzen anfuͤhren: 1) Salpetersaures Silberoxyd. Dieses Salz, mit Chlorkalk zersezt, gibt salpetersauren Kalk, Chlorsilber, welches niederfaͤllt, und chlorsaures Silberoxyd, das aufgeloͤst bleibt.Hr. Gay-Lussac hat dieses zuerst bewiesen, (Annales de Chimie. Bd. XI. S. 109.) Das Kalkwasser, welches die Chlorkalkaufloͤsung enthaͤlt, faͤllt etwas Silberoxyd aus, das waͤhrend der Reaction auf den Chlorkalk wirkt. Sauerstoffgas entbindet, und sich groͤßtentheils in Chlorsilber umaͤndert. 2) Salpetersaures Queksilberoxydul. Es gibt, wenn man es mit Chlorkalk zersezt, salpetersauren Kalk, Queksilberchloruͤr (Calomel) und chlorsaures Queksilberoxydul. Das Kalkwasser, welches die Chlorkalkaufloͤsung enthaͤlt, faͤllt außerdem etwas Queksilberoxyd. War der Chlorkalk uͤberschuͤssig, so aͤndert er das niedergeschlagene Queksilberchloruͤr durch seine oxydirende Einwirkung in basisches Queksilberchlorid (basisches salzsaures Queksilberoxyd) um. 3) Essigsaures Bleioxyd. Durch die erste Einwirkung des Chlorkalkes auf dieses Metallsalz entsteht essigsaurer Kalk, Chlorblei und chlorsaures Bleioxyd. Da die Wirkung des Chlors auf das Bleioxyd aber nicht sehr energisch ist, so wird der Chlorkalk auch bei uͤberschuͤssigem Bleisalze nicht vollstaͤndig zersezt, wovon die Folge diese ist, daß das gefaͤllte Chlorblei nach und nach eine roͤthlichgelbe Farbe annimmt, im dem es durch die oxydirende Einwirkung des Chlorkalkes zum Theile in Bleihyperoxydul und Salzsaͤure zerfaͤllt, welche leztere sodann zuerst Chlor aus dem noch unzersezten Chlorkalke entbindet, und hierauf Essigsaͤure aus dem essigsauren Kalke frei macht. In dem hierbei angenommenen Falle, wenn naͤmlich das Bleisalz in Ueberschuß angewandt wird, entsteht kein braunes Bleioxyd, sondern der Niederschlag ist permanent roͤthlichgelb, mit mehr Chlorkalk versezt, wird er aber bald braun. 4) Salpetersaures Wismuthoxyd. Da die Aufloͤsung dieses Salzes immer sauer ist, so entbindet sie etwas Chlor aus dem Chlorkalke; uͤbrigens faͤllt Chlorwismuth nieder und die Fluͤßigkeit enthaͤlt chlorsaures Wismuthoxyd. 5) Salpetersaures und salzsaures Zinkoxyd geben mit Chlorkalkaufloͤsung einen Niederschlag von Zinkoxydhydrat. Der saure Chlorkalk, welcher durch diese Einwirkung entsteht, loͤst theils etwas Zinkoxyd als neutrales Chlorzinkoxyd wieder auf, theils verbindet sich auch ein Theil des Niederschlages mit Chlor zu einem unaufloͤslichen basischen Chloruͤr. Dieser Niederschlag hat daher die Eigenschaft, wenn er gut ausgesuͤßt worden ist, sich in concentrirter Salpetersaͤure unter Entbindung von Chlor zu einer Fluͤßigkeit aufzuloͤsen, welche mit salpetersaurem Silber versezt, bloß opalisirt, ohne Chlorsilber niederzuschlagen. – Aus einer sehr diluirten Aufloͤsung von schwefelsaurem Zinkoxyde schlaͤgt Chlorkalk nicht Zinkoxyd, sondern basisches schwefelsaures Zinkoxyd nieder. 6) Salpetersaures Uranoxyd gibt mit Chlorkalk einen Niederschlag von Uranoxyd; uͤbrigens entsteht salpetersaurer Kalk und saurer Chlorkalk. 7) Salzsaures Titanoxyd. Das neutrale Salz (so wie man es durch Abrauchen der salzsauren Aufloͤsung des Titanoxydes im Marienbade oder durch Neutralisation derselben mit Alkalien erhaͤlt) gibt, wenn es vollkommen eisenfrei ist, mit Chlorkalk einen weißen Niederschlag von Titanoxyd; bei dem geringsten Eisengehalt der Titanaufloͤsung aber wird der Niederschlag gelblich; uͤbrigens entsteht salzsaurer Kalk und saurer Chlorkalk. 8) Salpetersaures oder salzsaures Kupferoxyd gibt mit Chlorkalk einen Niederschlag von basischem salpetersaurem oder salzsaurem Kupferoxyde. Der saure Chlorkalk, welchen die Fluͤßigkeit nun enthaͤlt, loͤst bald etwas Kupferoxyd zu neutralem Chlorkupferoxyde auf, welches die Fluͤßigkeit blau faͤrbt, und ein Theil des im Niederschlage enthaltenen Kupferoxydes verbindet sich auch mit Chlor zu einem in Wasser unaufloͤslichen basischen Kupferoxydchloruͤr; der Niederschlag hat daher die Eigenschaft, sich in Saͤuren unter Entbindung von Chlor aufzuloͤsen. 9) Salzsaures Queksilberoxyd. Wird eine sehr diluirte Aufloͤsung desselben mit der Aufloͤsung des Chlorkalkes versezt, so entsteht anfangs kein Niederschlag; bald aber scheidet sich ein dunkelrothes, fast schwaͤrzliches Pulver von basischem Queksilberchloride ab. Eine maͤßig verduͤnnte Sublimataufloͤsung gibt mit der Chlorkalkaufloͤsung anfangs einen gelben Niederschlag, der von dem Kalkwasser herruͤhrt, dann aber einen braunrothen von basischem Queksilberchloride. Uebrigens wird das salzsaure Queksilberoxyd, eben so wie das salpetersaure, selbst durch einen großen Ueberschuß von Chlorkalk nicht vollstaͤndig zersezt. – Salpetersaures Queksilberoxyd wird anfangs wegen des Kalkwassers weiß, dann gelb gefaͤllt; hierauf aber bildet sich, was merkwuͤrdig list, ein reichlicher schoͤn scharlachrother Niederschlag von basischem Queksilberchloride. 10) Salzsaures Eisenoxydul. Das neutrale Salz gibt mit Chlorkalk sogleich einen Niederschlag, der das Eisen groͤßtentheils als Oxyd enthaͤlt. Versezt man eine ziemlich diluirte Aufloͤsung dieses Salzes mit verhaͤltnißmaͤßig wenig Chlorkalk, so bildet sich derselbe Niederschlag; der mit dem salzsauren Kalk entstandene saure Chlorkalk aber zerfaͤllt augenbliklich in Salzsaͤure und salzsauren Kalk, indem dadurch das aufgeloͤst gebliebene Eisenoxydul oxydirt wird. Wenn man mit dem Zusaze des Chlorkalkes noch lange genug fortfaͤhrt, so erhaͤlt man zulezt uͤber dem Niederschlage eine Fluͤßigkeit, welche das Eisen als ziemlich neutrales salzsaures Eisenoxyd enthaͤlt, nicht die mindeste bleichende Kraft besizt, und sich unter Abscheidung eines basischen Eisenoxydsalzes bald zersezt. 11) Salpetersaures Eisenoxyd. Eine moͤglichst gesaͤttigte Aufloͤsung dieses Salzes gibt in diluirtem Zustande mit Chlorkalk sogleich einen Niederschlag von dem uͤberbasischen Eisenoxydsalze; uͤbrigens entsteht salpetersaurer Kalk und saurer Chlorkalk. 12) Salpetersaures Kobaltoxyd gibt mit Chlorkalk unter Bildung von salpetersaurem Kalke und saurem Chlorkalke sogleich einen schwarzen Niederschlag von Kobalthyperoxyd, der Sauerstoffgas aus der uͤberstehenden Fluͤßigkeit zu entbinden anfaͤngt. 13) Salpetersaures Nikeloxyd verhaͤlt sich eben so; der Niederschlag ist Nikelhyperoxyd. – Mittelst des Chlorkalkes kann man leicht ziemlich geringe Quantitaͤten Kobalt in den Nikelsalzen auffinden. Wenn man naͤmlich die sehr diluirte Aufloͤsung des kobalthaltigen Nikelsalzes mit soviel Chlorkalkaufloͤsung versezt, daß leztere hoͤchstens die Haͤlfte des Metallsalzes zersezen kann, und die Fluͤßigkeit, sobald die Sauerstoffgas-Entbindung aufgehoͤrt hat, in ein Glas gießt, das verschlossen werden kann, und welches man fast ganz damit anfuͤllt, so wird sie, wenn sich der Niederschlag gesezt hat, eine schwache rosenrothe Farbe angenommen haben, welche sie beibehaͤlt, so lange das Gefaͤß verschlossen bleibt; wenn man aber dasselbe oͤffnet, faͤllt die geringe Menge Kobalt, welche aufgeloͤst blieb, bald als Hyperoxyd nieder, und die Fluͤßigkeit erscheint nun gruͤn. Sollte die Nikelaufloͤsung freie Saͤure enthalten, so muß sie neutralisirt werden, ehe man sie mit Chlorkalk versezt. Wenn man den Versuch in nicht zu kleinen Maßstabe anstellt, ist es gar nicht noͤthig, die Fluͤßigkeit in ein nachher zu verschließendes Glas zu bringen, um die Erscheinung zu beobachten. Ein nach Laugier's Methode von Kobalt gereinigtes Nikelsalz zeigt dieses Verhalten niemals. 13) Salzsaures Manganoxydul. Durch Chlorkalk entsteht auch in der sehr verduͤnnten Aufloͤsung desselben ein brauner Niederschlag von Manganhyperoxydul; uͤbrigens bildet sich salzsaurer Kalk und saurer Chlorkalk; dieser leztere hat wie der neutrale die Eigenschaft, das Manganoxyd in Saͤure umzuaͤndern, daher sich die Fluͤßigkeit nach und nach von mangansaurem Kalke violett faͤrbt. 14) Salzsaures Chromoxyd. Eine sehr verduͤnnte Aufloͤsung desselben gibt mit Chlorkalk einen Niederschlag von Chromoxydhydrat, der aber schnell verschwindet, waͤhrend sich die Fluͤßigkeit gelb faͤrbt, indem alles Chromoxyd bei hinreichendem Zusaze von Chorkalk nach und nach in Chromsaͤure umgeaͤndert wird, die sich mit dem Kalke vereinigt und Chlor entwikelt. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den unauflichen Metallsalzen mit Sauerstoffsaͤuren. Auf diese Salze kann der Chlorkalk bloß durch Oxydation ihrer Basis zersezend einwirken. Wird naͤmlich ein solches Salz, dessen Basis ein Hyperoxyd (das mit Salzsaͤure Chlor entbindet), bilden kann, mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen, so verwandelt sich lezterer in salzsauren Kalk, die Basis des Metallsalzes wird hyperoxydirt, und die Saͤure desselben in Freiheit gesezt; diese wirkt sodann auf den salzsauren Kalk, und den unzersezten Chlorkalk; daher sich Chlor entbindet. Beispiele: 1) Schwefelsaures Bleioxyd. Das Salz wird, wenn man es mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergießt, unter Entbindung von Chlor bald roͤthlichgelb (indem sich das Bleioxyd in Hyperoxydul umaͤndert), und endlich, wenn genug Chlorkalk vorhanden war, braun. Der Bodensaz wird also zulezt Bleihyperoxyd und schwefelsauren Kalk, vielleicht auch noch unzerseztes schwefelsaures Blei, die Fluͤßigkeit aber salzsauren Kalk und sauren Chlorkalk enthalten. 2) Phosphorsaures Bleioxyd. Es zeigt ein ganz aͤhnliches Verhalten, wird aber schwieriger zersezt. Dasselbe ist der Fall mit 3) chromsaurem Bleioxyde. 4) Phosphorsaures Nikeloxyd. Mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen, wird es schwarz, indem sich das Nikeloxyd in Hyperoxyd umaͤndert; die frei gewordene Phosphorsaͤure schlaͤgt phosphorsauren Kalk nieder, es entbindet sich Chlor, und durch die Einwirkung des schwarzen Nikeloxydes auf den entstandenen sauren Chlorkalk auch Sauerstoffgas. 5) Phosphorsaures Kobaltoxyd zeigt ein ganz aͤhnliches Verhalten. 6) Phosphorsaures Manganoxydul. Durch die Einwirkung des Chlorkalkes entsteht braunes Manganoxyd, phosphorsaurer Kalk schlaͤgt sich nieder, Chlor entbindet sich, und das Oxyd faͤngt dann an, sich in Mangansaͤure umzuaͤndern, daher sich die Fluͤßigkeit violett faͤrbt. – Dagegen erleiden 7) phosphorsaures Kupferoxyd und Zinkoxyd durch den Chlorkalk keine Veraͤnderung. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den unaufloͤslichen Chloriden. Die Wirkung des Chlorkalkes auf diese Verbindung ist seinem Verhalten zu den vorhergehenden Koͤrpern analog. Chlorblei zerfaͤllt in Beruͤhrung mit Chlorkalk in Bleioxyd und Salzsaͤure, und aͤndert sich unter Entbindung von Chlor zuerst in das roͤthlichgelbe, und dann in das braune Bleioxyd um. – Queksilberchloruͤr (Calomel) wird in der Chlorkalkaufloͤsung zuerst gelb, dann braun, indem es sich in das basische Queksilberchlorid umaͤndert. – Chlorsilber erleidet durch Chlorkalk keine Veraͤnderung. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den Schwefelmetallen. Wenn die, den neutralen schwefelsauren Salzen proportionalen, und auf nassem Wege dargestellten Schwefelmetalle mit der noͤthigen Menge Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen werden, so aͤndern sie sich unter Freiwerden von Waͤrme in die schwefelsauren Salze um, waͤhrend der Chlorkalk in salzsauren Kalk umgeaͤndert wird; ist das schwefelsaure Salz in Wasser aufloͤslich, so tritt nun eine Zersezung durch doppelte Wahlverwandtschaft ein, es schlaͤgt sich schwefelsaurer Kalk nieder, und das mit Schwefel vereinigt gewesene Metall bleibt als salzsaures Salz aufgeloͤst. – Werden die Schwefelmetalle mit Chlorkalk in Ueberschuß versezt, so wirkt lezterer auf die schwefelsauren Salze in dem Augenblike, wo sie entstanden sind, sogleich so, wie ich es bei den Metallsalzen angegeben habe. – Beispiele: 1) Schwefelkupfer. Wird es in frisch gefaͤlltem Zustande so mit Chlorkalk versezt, daß dieser zur Oxydation desselben gerade hinreicht, so bildet sich schwefelsaures Kupferoxyd, das aber mit dem entstandenen satzsauren Kalk sogleich durch gegenseitige Zersezung einen Niederschlag von schwefelsaurem Kalke hervorbringt, waͤhrend salzsaures Kupferoxyd aufgeloͤst bleibt. 2) Schwefelnikel, vorsichtig mit der Aufloͤsung des Chlorkalkes versezt, gibt einen vollkommen weißen Niederschlag von schwefelsaurem Kalke und eine gruͤne Aufloͤsung von salzsaurem Nikeloxyde. Die geringste Menge Chlorkalk, welche man sodann noch zusezt wird schwarzes Nikeloxyd niederschlagen. Versezt man das Schwefelnikel sogleich mit uͤberschuͤssigem Chlorkalke, so wird sich, indem schwarzes Nikeloxyd gefaͤllt wird, augenbliklich Chlor, und dann allmaͤhlich Sauerstoffgas entwikeln. 3) Schwefelkobalt zeigt ein ganz aͤhnliches Verhalten. 4) Schwefelblei. Uebergießt man es mit Chlorkalk, so aͤndert es sich in schwefelsaures Blei, und endlich, wenn genug Chlorkalk vorhanden war, unter Entbindung von Chlor in mit schwefelsaurem Kalk vermengtes Bleihyperoxyd um. 5) Schwefelantimon (Kermes) aͤndert sich, in der Chlorkalkaufloͤsung nach und nach unter Entbindung von Chlor in ein weißes Pulver um, das aus basischem schwefelsaurem Antimonoxyde und schwefelsaurem Kalke besteht. Verhalten des neutralen Chlorkalkes zu den Jodmetallen und den jodwasserstoffsauren Salzen. Auf die Jodmetalle wirkt der Chlorkalk so, daß er das Metall oxydirt, wodurch das Jod abgeschieden wird; dieses wird sodann, wenn uͤberschuͤssiger Chlorkalk vorhanden war, davon in Jodsaͤure umgeaͤndert, daher sich jodsaurer Kalk niederschlaͤgt, und Chlor entwikelt. Uebergießt man Jodblei vorsichtig mit Chlorkalkaufloͤsung, so aͤndert sich das Blei in das roͤthlichgelbe Oxyd um, das Jod aber scheidet sich in Substanz aus, und faͤrbt die den salzsauren Kalk enthaltende Fluͤßigkeit, welche nicht die mindeste bleichende Kraft besizt, gelb. Sezt man mehr Chlorkalk zu, so wird das Jod in Jodsaͤure umgeaͤndert, jodsaurer Kalk schlaͤgt sich nieder, Chlor entwikelt sich, und das Bleihyperoxydul wird braun. Ich habe erwartet, daß der Chlorkalk, wie er die Schwefelmetalle in schwefelsaure Salze umaͤndert, so auch die Jodmetalle in jodsaure Salze umaͤndern wurde. Man weiß aus den schoͤnen Versuchen Thenard's uͤber das oxydirte Wasser, (Wasserstoffhyperoxyd), daß es die Schwefelmetalle ebenfalls in schwefelsaure Salze umaͤndert; da Thenard aber das Verhalten des oxydirten Wassers zu den Jodmetallen nicht ausmittelte, so war ich nun begierig zu erfahren, ob es auf dieselben eben so wirkt, wie der Chlorkalk. Ich uͤbergoß Jodblei auf einem Uhrglase mit verduͤnntem oxydirten Wasser; das Joduͤr zerfiel bald in schwarzbraunes Bleioxyd und Jod; aber aus dem uͤberschuͤssigen oxydirten Wasser wurde durch das Bleihyperoxyd so schnell Sauerstoffgas entbunden, daß es nicht auf das Jod wirken konnte.Ich habe gefunden, daß das Jod auch durch ein sehr verduͤnntes oxydirtes Wasser eben so wie durch Chlorkalk bald in Jodsaͤure umgeaͤndert wird. – Thenard's Versuche uͤber das oxydirte Wasser findet man vollstaͤndig zusammengestellt, in seinem Traité de Chimie. Paris. 1824. Bd. II. S. 41 – 102. Als ich nun die Fluͤßigkeit abgoß, uͤber das Uhrglas ein kleineres stuͤrzte, und darauf den Bodensaz mittelst einer Weingeistlampe erhizte, konnte ich bald den purpurrothen Dampf des Jods bemerken. Das oxydirte Wasser zersezte also das Joduͤr eben so, wie der Chlorkalk. Werden die beiden Queksilberjoduͤre mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen, so erhaͤlt man nicht Queksilberoxyd, sondern basisches Queksilberchlorid nebst jodsaurem Kalke, indem das durch die Jodsaͤure ausgeschiedene Chlor sogleich auf das Queksilberoxyd wirkt. Auf die jodwasserstoffsauren Salze wirkt der Chlorkalk so, daß er den Wasserstoff der Saͤure oxydirt, daher die Salzbasis, wenn sie in Wasser unaufloͤslich ist, mit Jod vermengt, niederfaͤllt. Wird jodwasserstoffsaures Zinkoxyd mit Chlorkalkaufloͤsung versezt, so entsteht salzsaurer Kalt und Zinkoxyd mit Jod gemengt, faͤllt nieder; ein Ueberschuß von Chlorkalk verwandelt dann das Jod in jodsauren Kalk. Ueber den sauren Chlorkalk. Diese Verbindung kann nur in vielem Wasser aufgeloͤst existiren; und ich habe bereits oben zwei von Dalton herruͤhrende Verfahrungsarten angegeben, wonach man sie darstellen kann. Ich habe sie mir oͤfters zu Versuchen auf die Art bereitet, daß ich durch eine verduͤnnte Aufloͤsung von Chlorkalk so lange Chlorgas leitete, als noch etwas absorbirt wurde, oder vielmehr bis die Fluͤßigkeit im neutralen salzsauren Zink oder Kupfer, und in der ersten Zeit auch im neutralen salzsauren Mangan keinen Niederschlag mehr hervorbrachte. Der saure Chlorkalk, welcher auf 1 Aequiv. Kalkhydrat 2 Aequiv. Chlor enthaͤlt, faͤllt naͤmlich die neutralen Salze aller derjenigen Metalloxyde nicht, welche in Salzsaͤure aufloͤslich sind, und kein Hyperoxyd erster Classe bilden. Aus den Aufloͤsungen der Kobalt-, Nikel- und Mangansalze aber schlaͤgt er nach einiger Zeit einen Theil ihrer Basis als Hyperoxyd nieder, jedoch bloß durch seine oxydirende Einwirkung. Da er auch in sehr verduͤnntem Zustande noch wirksam ist, so kann man darin leicht Schwefelkupfer als schwefelsaures Kupferoxyd und Schwefelnikel als schwefelsaures Nikeloxyd vollstaͤndig aufloͤsen. – Kobaltoxydhydrat wird im sauren Chlorkalk momentan schwarz, und die Fluͤßigkeit faͤrbt sich auch von salzsaurem Kobalt schwach rosenroth. Nikeloxydhydrat aber nimmt zuerst eine dunklere gruͤne Farbe an, die es einige Zeit beibehaͤlt, bald aber wird es schwarz, und die Fluͤßigkeit faͤrbt sich von salzsaurem Nikeloxyde gruͤn; bei der Einwirkung des sauren Chlorkalkes auf diese Oxyde entsteht also ein Hyperoxyd, neutraler salzsaurer Kalk und freie Salzsaͤure, die einen Theil des Metalloxydes aufloͤst. – Der saure Chlorkalk oxydirt und bleicht uͤbrigens weit schneller und energischer, als der neutrale, und ist uͤberhaupt eine sehr schwache und zersezbare Verbindung; vielleicht wird davon, wenn man ihm in Zukunft mehr Aufmerksamkeit schenkt, manche vortheilhafte Anwendung in der Bleichkunst gemacht werden koͤnnen. Doͤbereiner sagt in einer im Jahre 1813 uͤber die Chloralkalien geschriebenen Abhandlung: „Vermischt man die Chloralkalien (1 Theil derselben) mit vielen (20–30 Theilen) schwach mit Schwefelsaͤure angesaͤuerten Wasser, so entlassen sie alles ihr Chlor, aber nicht in Gasgestalt, sondern es bleibt dasselbe mit dem Wasser verbunden, und stellt ein liquides Chlor dar, welches energisch auf den farbigen Theil der Linnen und der Baumwolle wirkt, und als Bleichfluͤßigkeit sich fast wirksamer zeigt, als das auf die gewoͤhnliche Art mit Chlor geschwaͤngerte Wasser. Als der Chlorkalk auf diese Art zum Bleichen roher Baumwolle und Linnen-Waaren angewandt wurde, brachte dieß den Vortheil, daß die damit gebleichten Waaren auf dem Lager nicht gelblich wurden, was geschieht, wenn sie mit nicht voͤllig eisenfreiem Chlorwasser entfaͤrbt werden.“ (Schwgg. Journ. der Chem. u. Phys. Bd. IX. S. 12.) Offenbar ist es nicht das Wasser, sondern der Kalk, oder das Alkali uͤberhaupt, wodurch in diesem Falle das Chlor zuruͤkgehalten wird, und der dadurch gebildete saure Chlorkalk ist eigentlich das Wirksame. –––––––– Dieses sind die Versuche, welche ich mit dem Chlorkalke angestellt habe; ich haͤtte sie leicht noch viel weiter ausdehnen koͤnnen, aber schon diese sind, wie ich glaube, mehr als hinreichend, die Natur und das chemische Verhalten dieses merkwuͤrdigen Koͤrpers in's Klare zu sezen. Ich habe auch Versuche uͤber seine Wirkung auf die organischen Substanzen angefangen, bin aber damit noch nicht so weit vorgeruͤkt, daß ich sie bekannt machen koͤnnte. Unter diesen biethen die Pigmente ein ganz vorzuͤgliches Interesse dar. Kommt der Chlorkalk mit ihnen in Beruͤhrung, so wird das Wasser zersezt, es entsteht salzsaurer Kalk, und dem Pigmente wird Sauerstoff abgegeben, wodurch es gaͤnzlich zerstoͤrt, oder entmischt wird. Schon Humphry Davy hat gezeigt, daß die Wirkung des Chlors auf die Pigmente nicht darin besteht, daß jenes ihnen Wasserstoff entzieht, sondern darin, daß es durch Zersezung des Wassers Sauerstoff an sie abgibt, denn vollkommen von Feuchtigkeit befreites Chlorgas hat auf ganz trokne Pigmente gar keine Wirkung. Aus den angefuͤhrten Thatsachen ergibt sich, daß in vielen Faͤllen das Chlorkalkhydrat, wenn es in Beruͤhrung mit brennbaren Koͤrpern in salzsauren Kalk und Sauerstoff zerfaͤllt, die Wirkung des oxydirten Wassers hervorbringt; in vielen anderen aber wirkt es nicht nur bei weitem energischer, sondern bringt auch Resultate hervor, die man durch jenes gar nicht erlangen kann. So erleiden (wasserfreies) Chromoxyd, Schwefel, schwefelsaures Blei, phosphorsaures Nikel, und viele andere Koͤrper durch das oxydirte Wasser gar keine Veraͤnderung. Merkwuͤrdig ist jedoch, daß man die Hyperoxyde des Zinkes, Kupfers u.s.w. durch Chlorkalk oder irgend ein anderes Chloralkali nicht darstellen kann. – Ich gehe nun zu dem zweiten Theile meiner Abhandlung uͤber. Ueber das Verhalten des Chlors zu den Hydraten der Metalloxyde im Allgemeinen. Einige dieser Substanzen vereinigen sich mit dem Chlor, und stellen so Oxydochloruͤre dar, wie der Kalk und die Bittererde; diese Metalloxyde sind immer solche, welche mit Salzsaͤure und Chlorsaͤure schwer krystallisirbare Verbindungen eingehen. Andere hingegen, wie Kali und Natron, welche mit Salzsaͤure und Chlorsaͤure leicht krystallisirbare Salze geben, verbinden sich, wenn sie mit Chlor in Beruͤhrung kommen, zwar wohl damit, aber nur voruͤbergehend, indem durch Zersezung des Wassers ein salzsaures und chlorsaures Salz entsteht. Mehrere Metalloxyde, wie Zinnoxydhydrat und Alaunerdehydrat vereinigen sich gar nicht mit Chlor. Diejenigen Metalloxydhydrate endlich, welche ein Hyperoxydul, oder Hyperoxyd erster Classe bilden koͤnnen, wie Bleioxyd, Manganoxydul, Kobaltoxyd und Nikeloxyd, gehen ebenfalls mit Chlor keine Verbindung ein, sondern wenn das Chlor mit ihnen in Beruͤhrung kommt, wird das Wasser zersezt, der Wasserstoff desselben verbindet sich mit dem Chlor, wodurch einerseits Salzsaͤure entsteht, die sich mit einem Theile des Metalloxydes vereinigt, der frei gewordene Sauerstoff aber geht nicht an einen anderen Theil des Chlors, sondern an einen Theil des Metalloxydes, und andererseits entsteht also ein Hyperoxydul oder Hyperoxyd. Verhalten des Chlors zum Kali. Das Chlorgas wird von Kaliaufloͤsung bekanntlich sehr begierig verschlukt; war die Kaliaufloͤsung sehr verduͤnnt, so erhaͤlt man ein mehr oder weniger gesaͤttigtes Chloruͤr, war sie aber concentrirt, so zersezt sich das Chloruͤr, in dem Maße, als es sich bildet zu einem großen Theile in salzsaures und chlorsaures Kali. Schon waͤhrend des Versuches entbindet sich jedoch, wie Berthollet Essai de statique chim. Bd. II. S. 183, auch in Gehlen's neues allg. Journ. d. Chem. Bd.i. S. 631. gezeigt hat, nachdem schon viel Chlor verdichtet wurde. Sauerstoffgas, selbst im Dunkeln. Noch mehr ist dieses, wie Gay-Lussac In seiner Abhandlung uͤber das Jod, Annales de Chimie, B. 94. In Schweigg. Journ. der Chem. und Phys. Bd. XIV. S. 96. bewies, der Fall, wenn die Chlorkaliaufloͤsung abgedampft wird. Es findet also bei dem Chlorkali eine aͤhnliche Zersezung Statt, wie bei dem Chlorkalke. Das Chlor gibt mit Kali und Natron eben so, wie mit Kalk zwei verschiedene Chloruͤre, ein neutrales und ein saures. Um ersteres zu erhalten, muß man, wie schon Dalton und Doͤbereiner angaben, eine verduͤnnte Chlorkalkaufloͤsung mit einfachkohlensaurem Kali oder Natron zersezen; saures Chlorkali oder Natron kann man sich nach einem aͤhnlichen Verfahren darstellen, wie ich es zur Bereitung des sauren Chlorkalkes angab, indem man naͤmlich in eine sehr verduͤnnte Kali- oder Natronaufloͤsung so lange Chlorgas leitet, bis sie im neutralen salzsauren Kupferoxyde, und in der ersten Zeit auch im neutralen salzsauren Manganoxyde keinen Niederschlag mehr hervorbringt. Das basische und saure Chlorkali und Chlornatron haben uͤbrigens aͤhnliche Eigenschaften wie die analogen Verbindungen des Kalks.Ich kann mich bei dieser Gelegenheit nicht enthalten, folgende Bemerkung zu machen. Das einfachkohlensaure Kali zerfaͤllt, wenn Chlorgas in die Aufloͤsung desselben geleitet wird, in Chlorkali und doppeltkohlensaures Kali; eben so hat die Essigsaͤure (und bei gehoͤriger Verduͤnnung alle Saͤuren), die Eigenschaft sich eines Theiles der Basis desselben zu bemaͤchtigen, und einen anderen Theil des Salzes dadurch in das doppeltsaure umzuaͤndern. Eine aͤhnliche Einwirkung, wie das Chlor, hat auch der Schwefel, wie Lowitz. (Crell's chem. Annalen Jahrg. 1800. Stuͤk 1. S. 54.) fand. Wird naͤmlich Schwefel mit einfachkohlensaurem Kali digerirt, so bildet sich einerseits schwefelwasserstoffsaures und hyposchweflichsaures, andererseits doppeltkohlensaures Kali. Die Chemiker haben sich uͤber die Nomenclatur der kohlensauren Alkalien noch nicht vereinigt. Einige Schriftsteller, wie Thenard (Traité de Chimie, Paris 1824), nennen das einfach kohlensaure Kali, basisches, und das doppeltkohlensaure, neutrales Salz, andere hingegen nennen ersteres neutrales, und lezteres, saures Salz. Das einfach kohlensaure Kali besizt naͤmlich die sogenannte alkalische Reaction, waͤhrend es doch nach stoͤchiometrischen Gesezen als ein neutrales Salz betrachtet werden muß. Das doppeltkohlensaure aber reagirt auch nicht sauer, sondern vielmehr alkalisch, obgleich in sehr geringem Grade. Wenn jedoch das einfach kohlensaure Kali alkalisch reagirt, d.h., wenn es dem gelben Pigmente der Curcumaͤwurzel, eine braune, dem blauen der Veilchen eine gruͤne, und dem rothen des Fernambucs eine violette Farbe mittheilt, so geschieht dieses meiner Meinung nach, nicht dadurch, daß Kalisalz als ein basisches Salz dem Pigmente Alkali abgibt, sondern dadurch, daß das Pigmet als ein electronegativer Koͤrper eben so, wie die Essigsaͤure das Chlor und der Schwefel das einfach kohlensaure Kali zersezt, naͤmlich in reines Kali, das mit dem Pigmente eine salzartige Verbindung eingeht, und in doppeltkohlensaures Kali; wenn ferner das doppeltkohlensaure Kali nicht sauer, sondern in sehr geringem Grade alkalisch reagirt, so ruͤhrt dieses, wie ich glaube, daher, weil das Pigment der Kohlensaͤure, als einer sehr schwachen Saͤure, einigermaßen das Gleichgewicht halten kann. Von dem kohlensauren Natron gilt dasselbe, was ich hier von dem kohlensauren Kali gesagt habe. Chlorbittererde. Das Bittererdechloruͤr wurde in der neuern Zeit von Humphry Davy zum Bleichen solcher Baumwollzeuge empfohlen, auf welche bei dem Cattundruken eine hochrothe oder eine sogenannte Schoͤnfarbe gesezt werden soll. Grouvelle Annal. de Chim. et de Phys. Bd. XVII. S. 40. hat dasselbe analysirt und gefunden, daß es auf 1 Aequiv. Chlor, 1 Aequiv. Bittererdehydrat enthaͤlt, und in Wasser also vollkommen aufloͤslich ist. Die Versuche, welche ich mit der Aufloͤsung desselben anstellte, haben gezeigt, daß es die Pigmente nicht so schnell entfaͤrbt, als der Chlorkalk, und auch die unorganischen Koͤrper nicht leicht oxydirt. So aͤnderte die Aufloͤsung der Chlorbittererde das Kobaltoxydhydrat bloß in das gruͤne, und das Nikeloxydhydrat nur in das schwarzblaue Oxyd um. In dem schwefelsauren Kupfer und schwefelsauren Zink brachte sie gar keine Veraͤnderung hervor; auf das salzsaure Chromoxyd und schwefelsaure Eisenoxydul wirkte sie nur schwach, und auf das salzsaure Nikeloxyd deßgleichen. Salpetersaures Queksilberoxydul, Silberoxyd und Bleioxyd wurden dadurch weiß gefaͤllt, aber das gefaͤllte Chlorblei erlitt auch keine weitere Veraͤnderung. Auch im salzsauren Manganoxydul brachte sie erst nach laͤngerer Zeit einen geringen Niederschlag hervor. Verhalten des Chlors zur Alaunerde. Alaunerdehydrat verschlukt nach Grouvelle kein Chlorgas. Wilson Encycl. der Kuͤnste und Wiss. von Ersch und Gruber. Bd. XI. S. 6. gab eine technische Vorschrift an, um Chloralaunerde darzustellen, welche darin besteht, daß man Chlorkalkaufloͤsung von 1,00 spec. Gew. mit Alaunaufloͤsung von 1,10 spec. Gew. praͤcipitiren soll; es wird dann, nach seiner Angabe, Gyps niedergeschlagenniedergeschagen, und Chloralaunerde bleibt in der Aufloͤsung, die eine vortreffliche Bleichfluͤßigkeit ist. Da ich die Angabe von Grouvelle bestaͤtigt fand, und mir die Existenz einer Chloralaunerde daher sehr zweifelhaft wurde, so untersuchte ich das Verhalten des Chlorkalkes zum Alaune, und fand, daß, wenn eine sehr diluirte Aufloͤsung von Alaun mit Chlorkalkaufloͤsung gefaͤllt wird, basische schwefelsaure Alaunerde niederfaͤllt, waͤhrend saurer Chlorkalk entsteht; ich versezte nun auch eine gesaͤttigte Alaunaufloͤsung mit einer gesaͤttigten Chlorkalkaufloͤsung, bis kein Niederschlag mehr entstand; dieser zeigte sich, als ich ihn untersuchte, aus Alaunerde und schwefelsaurem Kalke nebst ein wenig basisch schwefelsaurer Alaunerde bestehend; die Fluͤßigkeit enthielt nur eine Spur Schwefelsaͤure, an Kalk gebunden, uͤbrigens saures Chlorkali; es gibt also keine Chloralaunerde, und die Wirkungen, welche ihr Wilson zuschrieb, gehoͤren dem sauren Chlorkali an. Wenn man Chlorgas durch Alaunerdehydrat leitet, das in Wasser vertheilt ist, so loͤst sich nur ein geringer Theil derselben als salzsaure und chlorsaure Alaunerde auf. Verhalten des Chlors zu einigen anderen Metalloxyden. Das Silberoxyd aͤndert sich, wenn es mit Wasser und Chlor in Beruͤhrung kommt, in Chlorsilber und chlorsaures Silberoxyd um. Es entzieht auch das Chlor den aufgeloͤsten neutralen Chloralien, indem es sich in Chlorsilber verwandelt. Das Zinkoxydhydrat und Kupferoxydhydrat geben mit Chlor nach Grouvelle aufloͤsliche Verbindungen, die 1 Aequiv. Chlor auf 1 Aequiv. des Metalloxydes enthalten. Ich habe gefunden, daß jedes dieser beiden Metalloxyde mit Chlor auch eine basische Verbindung eingeht, welche in Wasser unaufloͤslich ist. Ich habe diese Verbindungen nicht naͤher untersucht, aber wahrscheinlich enthalten sie 2 Aequiv. des Metalloxydes auf 1 Aequiv. Chlor. Verhalten des Chlors zu den Metalloxyden, welche Hyperoxyde bilden. Kobaltoxydhydrat und Nikeloxydhydrat werden in Beruͤhrung mit Chlorgas augenbliklich schwarz, indem sie in ein Hyperoxyd und ein salzsaures Salz zerfallen. Manganoxydulhydrat wird in Beruͤhrung mit Chlorgas braun, und es entsteht Manganhyperoxydul und salzsaures Manganoxydul; durch laͤngere Einwirkung des Chlors aͤndert sich das Hyperoxydul in Hyperoxyd um. Bleioxydhydrat wird in Beruͤhrung mit Chlorgas zuerst roͤthlichgelb, dann braun, indem es sich anfangs in Chlorblei und Bleihyperoxydul, und spaͤter in Bleihyperoxyd umaͤndert. Bei der Einwirkung des Chlors auf diese vier Oxyde entsteht durchaus keine Chlorsaͤure. Wenn Kobaltoxyd und Nikeloxyd aus einer gemeinschaftlichen Aufloͤsung niedergeschlagen werden, welche auf 2 Aequiv. Kobaltoxyd, 3 Aequiv. Nikeloxyd enthaͤlt, und man leitet durch diese innig gemengten Oxyde, nachdem sie in Wasser vertheilt wurden, Chlorgas, so geht aller durch Zersezung des Wassers frei gewordene Sauerstoff an das Kobaltoxyd, welches die groͤßere Verwandschaft zum Sauerstoffe hat, und alle gebildete Salzsaͤure an das Nikeloxyd. Auf dieser interessanten Thatsache beruht Berthier's Methode, diese beiden Oxyde zu trennen. Ich habe gefunden, daß mehrere Metalloxydhydrate, die durch Chlor nicht in Hyperoxyde umgeaͤndert werden, wenn sie mit Kobaltoxyd oder Nikeloxyd innig gemengt werden (naͤmlich durch Praͤcipitation aus einer gemeinschaftlichen Aufloͤsung mit dem einen oder anderen) nachher durch die Einwirkung des Chlorgases in salzsaure Salze verwandelt werden, waͤhrend der Sauerstoff des zersezten Wassers an das Kobaltoxyd oder Nikeloxyd geht. Es versteht sich von selbst, daß, wenn weder das eine noch das andere Metalloxyd in einem solchen Gemenge in Ueberschuß vorhanden seyn soll, sie darin in solchem Verhaͤltnisse seyn muͤssen, daß, wenn das eine Metalloxyd allen Sauerstoff verlieren wuͤrde, dieser gerade hinreichend waͤre, das Kobaltoxyd oder Nikeloxyd zu hyperoxydiren. So entsteht, wenn uͤber ein Gemenge von uͤberschuͤssigem Zinkoxydhydrat mit Kobaltoxydhydrat oder Nikeloxydhydrat Chlorgas geleitet wird, keine Spur salzsaures Kobalt oder Nikel. Wird aber das Gemenge dieser Oxyde in Wasser zertheilt, und dann Chlorgas hindurch geleitet, so kann durch die Wirkung des Chlors auf das Wasser leicht freie Salzsaͤure entstehen, welche etwas Kobalt- oder Nikelhyperoxyd aufloͤst. Eben so entsteht, wenn Chlorgas uͤber ein Gemenge von uͤberschuͤssigem Queksilberoxydhydrat mit Kobaltoxyd oder Nikeloxyd geleitet wird, auch keine Spur eines Kobalt- oder Nikelsalzes. Als ich hingegen uͤber ein Gemenge von uͤberschuͤssigem Uranoxydhydrat mit Kobaltoxydhydrat, und von uͤberschuͤssigem Bittererdehydrat mit Manganoxydulhydrat Chlorgas leitete, entstand im erstern Falle ein wenig salzsaures Kobalt, und im leztern etwas salzsaures Mangan. Verhalten des Chlors zum essigsauren Manganoxydul. Schon Chenevix Gehlen's neues allgem, Journ. d. Chem. Bd.i. S. 583. hat gefunden, daß, wenn Chlorgas durch eine Aufloͤsung von essigsaurem Kali geleitet wird, die Essigsaͤure ausgetrieben, und Chlorkali gebildet wird, das beim Abdampfen in salzsaures und chlorsaures Kali zerfaͤllt. Dieses veranlaßte mich das Verhalten des Chlors zu dem essigsauren Mangan-, Blei-, Nikel- und Kobaltoxyd zu untersuchen. Leitet man Chlorgas durch, eine sehr verduͤnnte Aufloͤsung von neutralem essigsauren Manganoxydul, so faͤllt viel schwarzes Manganhyperoxydhydrat nieder. Ein wenig Manganhyperoxyd krystallisirt auch aus der mit Chlor gesaͤttigten Fluͤßigkeit durch Ruhe noch in kleinen Nadeln aus, die in Farbe und Glanz von dem natuͤrlichen krystallisirten Braunstein nicht verschieden sind. In der chlorhaltigen Fluͤßigkeit, welche freie Essigsaͤure und Salzsaͤure enthaͤlt, bringt Aezkali sodann noch einen reichlichen braunen Niederschlag von Manganhyperoxydul hervor. Ich stellte nun folgenden Versuch an, um zu erfahren, wieviel Mangan durch das Chlor als Hyperoxyd abgeschieden wird, und wieviel dagegen als Oxydul in Salzsaͤure und Essigsaͤure aufgeloͤst zuruͤkbleibt. Durch eine verduͤnnte Aufloͤsung von vollkommen reinem essigsaurem Manganoxydul (welche auf 100 Gran des krystallisirten Salzes etwa 6 Unzen Wasser enthielt), wurde lange genug ein Strom Chlorgas geleitet, und die Fluͤßigkeit darauf noch 24 Stunden bei Seite gestellt. Der schwarze Niederschlag wurde sodann auf einem gewogenen Filter gesammelt und gut ausgesuͤßt; nachdem sein Gewicht in scharf getroknetem Zustande bestimmt war, wurde ein guter Theil vom Filter genommen, und in einem Platintiegel auf der Spirituslampe erhizt, um ihn vollstaͤndig zu entwaͤssern; darnach wurde der Gewichtsverlust fuͤr alles auf dem Filter gebliebene Manganhyperoxyd bestimmt. Die Fluͤßigkeit wurde abgedampft, sowohl um sie mehr zu concentriren, als auch, um das Chlor, welches sie enthielt, theils zu verjagen, theils in Salzsaͤure umzuaͤndern, und darauf in der Waͤrme mit kohlensaurem Natron neutralisirt und gefaͤllt. Das gut ausgesuͤßte kohlensaure Manganoxydul wurde in einem Platintiegel in Salpetersaͤure aufgeloͤst, diese Aufloͤsung abgedampft, und der Ruͤkstand so lange erhizt, bis kein Salpetergas mehr entbunden wurde, und er sich vollstaͤndig in Manganhyperoxyd umgeaͤndert hatte. – Wenn essigsaures Manganoxydul durch Chlorgas zersezt wird, so haͤngt sich eine geringe Menge des gefaͤllten Manganoxydes sehr fest an die Seiten des Glascylinders an; dieses wurde bei meinem Versuche mit concentrirter Salzsaͤure aufgeloͤst, und der Mangangehalt dieser Aufloͤsung eben so bestimmt, wie das in Salzsaͤure und Essigsaͤure aufgeloͤst gebliebene Oxydul. Auf diese Art fand ich, daß 53,41 Theile Manganhyperoxyd durch das Chlor ausgeschieden wurden, waͤhrend die Fluͤssigkeit eine Quantitaͤt Manganoxydul enthielt, die 44,28 Th. Manganhyperoxyd entsprach; 53,41 gefaͤlltes Manganoxyd mußten 9,609 Sauerstoff aufnehmen, um von der Oxydationsstufe, worin sie aufgeloͤst waren, auf das schwarze Oxyd gebracht zu werden; es waren also 10,80 Wasser zersezt, und 1,194 Wasserstoff an 42,28 Chlor abgegeben worden; diese 42,28 Chlor entsprechen aber 53,40 Manganhyperoxyd; die Aufloͤsung enthielt also weniger Manganoxydul, oder der Niederschlag mehr Manganhyperoxyd, als darin haͤtte seyn muͤssen, wenn durch das Chlor alle Essigsaͤure ausgetrieben, und das Manganoxydul in Manganhyperoxyd und salzsaures Manganoxydul zersezt worden waͤre; dieser Versuch zeigt somit, daß durch das Chlor aus dem essigsauren Mangan, so lange schwarzes Oxyd niedergeschlagen wird, bis die frei gewordene Essigsaͤure der gebildeten Salzsaͤure das Gleichgewicht halten kann, denn die Salzsaͤure und Essigsaͤure sind offenbar nach der Faͤllung des Manganoxydes in das Manganoxydul, im Verhaͤltnisse ihrer Verwandtschaft getheilt.Ich habe so auf nassem Wege dargestelltes Manganhyperoxyd mit Chlorkalkaufloͤsung uͤbergossen, ohne daß jedoch eine aͤhnliche Zersezung des Chloruͤrs eingetreten waͤre, wie durch Kobalt- und Nikelhyperoxyd. Das Verhalten des Chlors zum essigsauren Mangan gibt ein treffliches Mittel an die Hand, sich vollkommen eisenfreies und reines Manganhyperoxyd zu Versuchen zu verschaffen. Wird ein Strom Chlorgas durch eine verduͤnnte Aufloͤsung von essigsauren Nikel oder Kobalt geleitet, so bringt es einen sehr geringen oder gar keinen Niederschlag hervor, aber diese Salze nehmen eine dunklere Farbe an. Versezt man nun die chlorhaltige Fluͤßigkeit mit aͤzendem oder kohlensaurem Kali, so bildet sich neutrales Chlorkali, welches Nikelhyperoxyd, oder Kobalthyperoxyd niederschlaͤgt. Aus einer diluirten Aufloͤsung von essigsaurem Blei schlaͤgt gasfoͤrmiges Chlor, wenn es hindurch geleitet wird, viel braunes Bleioxyd nieder; diese Beobachtung gehoͤrt jedoch nicht mir an, sondern dem Hrn. Hofr. Stromeyer, meinem hochverehrten Lehrer; da aber das Chlorblei, welches sich zugleich mit dem Bleihyperoxyd bildet, unaufloͤslich ist, so ist lezteres natuͤrlich damit vermengt, und hat daher die Eigenschaft mit Schwefelsaͤure, reiner Salpetersaͤure, u.s.w. Chlor zu entbinden. Wenn die Aufloͤsung des essigsauren Mangans oder Bleies mit Essigsaͤure versezt, und nachher Chlorgas hindurchgeleitet wird, so faͤllt weniger Hyperoxyd nieder. Aus den Aufloͤsungen des salzsauren Mangans und salpetersauren Bleies scheidet Chlorgas nur eine unbedeutende Menge schwarzes Manganoxyd und braunes Bleioxyd ab. In Wasser vertheiltes schwefelsaures Blei erleidet durch Chlor, wenn es hindurchgeleitet wird, gar keine Veraͤnderung. Ueber das auf nassem Wege dargestellte Bleihyperoxydul. Ich habe schon, als ich von den Eigenschaften des Chlorkalkes sprach, bemerkt, daß der Chlorkalk das Chlorblei in Bleihyperoxydul umaͤndert, wodurch es eine roͤthlich gelbe Farbe annimmt. Allein es ist sehr schwer lezteres auf diese Art rein von Chlorblei zu erhalten, oder das Chlorblei ganz in Bleihyperoxydul umzuaͤndern, ohne daß es wenigstens zum Theile in das braune Oxyd uͤbergeht. Eben so wird schwefelsaures Blei durch Chlorkalk leicht in Bleihyperoxydul umgeaͤndert, aber in diesem Falle ist es immer mit schwefelsaurem Kalke vermengt, und meistens entweder auch noch mit schwefelsaurem Bleie oder mit braunem Oxyde. Wenn man Chlorgas nicht zu lange uͤber Bleioxydhydrat leitet, so entsteht auch Bleihyperoxydul, aber dann ist es mit Chlorblei vermengt. (Wenn man das Chlor lange genug daruͤber leiten wuͤrde, wuͤrde sich das gebildete Bleihyperoxydul in Chlorblei und braunes Oxyd umaͤndern.) Es bleibt nun bloß noch ein Mittel uͤbrig, um dieses Oxyd moͤglichst rein zu erhalten, welches darin besteht, eine Bleiaufloͤsung mit oxydirtem Wasser zu versezen, und dann durch Aezkali zu faͤllen.Das auf nassem Wege dargestellte Bleihyperoxydul ist ein Hydrat, es enthaͤlt wahrscheinlich 2 Aequiv. Bleioxyd auf 1 Aequiv. Bleihyperoxyd, aber die Schwierigkeit, es ganz rein zu erhalten, hat mich verhindert eine Analyse davon anzustellen. Das auf nassem Wege dargestellte Bleihyperoxydul zerfaͤllt durch verduͤnnte Schwefelsaͤure und Salpetersaͤure, ja sogar durch Essigsaͤure, Bernsteinsaͤure und Benzoesaͤure schon in der Kaͤlte bald in ein Bleisalz und braunes Bleioxyd. Durch maͤßig starke Essigsaͤure und verduͤnnte Schwefelsaͤure wird auch das auf trokenem Wege bereitete Bleihyperoxydul (die Mennige) sehr bald zersezt. Man sieht daher keinen Grund ein) warum man die Zersezung dieses Bleioxydes durch die Saͤuren nicht so erklaͤren soll, daß es unmittelbar in Bleioxyd und Bleihyperoxyd zerfaͤllt, welche beide darin schon existiren, und von welchen es eine chemische Verbindung ist. Schon Proust Gehlen's Journal der Phys., Chem. und Min. Bd. III. S. 450. aͤußerte diese Meinung, und von den neueren Chemikern sind ihr mehrere zugethan. – Uebrigens ist das Bleihyperoxydul nicht der einzige Koͤrper, welcher eine solche Verbindung eines basischen Oxydes mit einem Hyperoxyde darstellt; das gruͤne Kobaltoxyd ist bekanntlich eine solche Verbindung von Kobaltoxyd mit Kobalthyperoxyd, in welche es durch Essigsaͤure zersezt wird. Ich habe eine Methode entdekt, wodurch dieses Oxyd leicht vollkommen rein erhalten werden kann, welche darin besteht, Kobaltoxydhydrat mit Chlorbittererde-Aufloͤsung in der Kaͤlte zu behandeln. Mittelst der Chlorbittererde habe ich auch ein dem gruͤnen Kobaltoxyde entsprechendes Nikeloxyd dargestellt, welches eine dunkelblaue Farbe hat. Ueber diese Koͤrper behalte ich mir vor, bei einer anderen Gelegenheit mehr zu sagen; ich will hier nur noch bemerken, daß ich auch den von Buchholz zuerst aus salzsaurem Nikeloxyd dargestellten gelben Sublimat untersucht und gefunden habe, daß er nichts als das diesem Nikelsalze proportionale Chlornikel ist, und daß daher aus seiner Aufloͤsung durch Alkalien bloß das bekannte salzfaͤhige Oxyd gefaͤllt wird. Ueber das Manganhyperoxydul. Das Manganhyperoxydul (braune Manganoxyd), welches am reinsten erhalten wird, wenn man salzsaures Manganoxydul mit neutralem Chlorkalke oder neutralem Chlorkali faͤllt, oder was dasselbe ist, wenn man eine verduͤnnte Manganaufloͤsung zuerst mit Chlor saͤttigt, und dann mit Kali oder Natron, oder ihren einfach kohlensauren Salzen niederschlaͤgt, ist vielleicht eine chemische Verbindung von Manganoxydul mit Manganhyperoxyd, da es schon in der Kaͤlte durch verduͤnnte Schwefelsaͤure nach und nach in schwefelsaures Manganoxydul und schwarzes Oxyd zersezt wird. Hr. Prof. Pfaff Schweigger's Journ. fuͤr Phys.u. Chem. Bd. XXVII. S. 91. hat schon lange bewiesen, daß das Manganhyperoxydul durch Digestion mit verduͤnnter Schwefelsaͤure im Verhaͤltnisse von 1 : 2 in Hyperoxyd und Oxydul zerfaͤllt, aber diese Zersezung auf aͤhnliche Art erklaͤrt, wie Vauquelin die Zersezung der Mennige durch Salpetersaͤure erklaͤrte. Wenn jedoch das braune Manganoxyd wirklich eine solche Verbindung von Hyperoxyd mit Oxydul ist, so muͤssen diese Oxyde auf jeden Fall darin fester verbunden seyn, als die Bleioxyde in dem Bleihyperoxydul. Ich habe oͤfters reines Manganhyperoxyd (wie ich es aus essigsaurem Mangan durch Chlor erhielt), in der Kaͤlte in concentrirter Salzsaͤure aufgeloͤst, aber die Aufloͤsung entfaͤrbte sich immer in kurzer Zeit, wenn sie etwas verduͤnnt wurde, obgleich sie einen großen Saͤureuͤberschuß enthielt. Wenn die concentrirte braͤunliche oder die verduͤnnte violette Aufloͤsung des Manganhyperoxydes in Salzsaͤure oder Schwefelsaͤure mit Kali einen braunen Niederschlag gibt, so kann dieser uͤbrigens von etwas oxydirtem Wasser herruͤhren, das sich bei der Aufloͤsung dieses Hyperoxydes in Saͤuren bildet. Thenard hat gezeigt, daß das oxydirte Wasser durch Vermischen mit Saͤuren große Bestaͤndigkeit erlangt, so daß es dann durch die Hyperoxyde nicht mehr so leicht zersezt wird. Man sieht daher leicht ein, daß man das Manganhyperoxyd nur mit einem großen Ueberschusse stark verduͤnnter Schwefelsaͤure bei gelinder Waͤrme zu digeriren braucht, um sich von der Bildung des oxydirten Wassers bei der Aufloͤsung desselben in Samen, zu uͤberzeugen. Schon Giobert In Crell's chem. Annalen Jahrg. 1795, S. 543, aus den Ann. de Chim. Bd. XI. S. 178. hat gezeigt, daß bei einem solchen Verfahren nicht aller Sauerstoff entbunden, sondern zum Theile vom Wasser zuruͤkgehalten wird, aber bei dem damaligen Zustande der Wissenschaft angenommen, daß die Fluͤßigkeit oxydirte Schwefelsaͤure enthaͤlt. Er uͤbergoß 2 Unzen fein gepuͤlverten Braunstein mit 3 Unzen concentrirter Schwefelsaͤure, sezte noch. 12 Unzen destillirtes Wasser zu, und digerirte es bei einer Waͤrme von 60–70° R. 6 Stunden hindurch; hierauf ließ er es etwa 10 Minuten kochen, sezte noch 12 Unzen Wasser zu, und filtrirte nach dem Erkalten. „Man hat alsdann einen Braunsteinvitriol, sagt Giobert, mit sehr viel uͤberfluͤssiger Saͤure, welche mit Sauerstoff uͤberladen ist.“ Das Sonnenlicht entbindet nach Giobert's Versuchen Sauerstoff aus dieser Aufloͤsung; Pflanzenfarben werden davon merklich gebleicht, das blaue Pigment der Malven- und Veilchenblumen und vom Campechenholze wird im Augenblike zerstoͤrt; schwefelsaure Indigaufloͤsung wird bald entfaͤrbt, Linnen wird davon wie durch Chlor gebleicht u.s.w.Ich habe oͤfters die Beobachtung gemacht, daß der natuͤrliche Braunstein mit reiner Schwefelsaͤure etwas Chlor entwikelt, weil er ein wenig Kochsalz enthaͤlt; um alle Taͤuschung zu vermeiden, muß man ihn also mit Wasser auskochen, ehe man Giobert's Versuche damit wiederholt. Ueber einige Anwendungen, welche man von den Chloralkalien in der analytischen Chemie machen kann. Hr. Hofrath Stromeyer Goͤtting. gel. Anzeigen. 158. Stuͤk, den 4ten Oktbr. 1827. hat kuͤrzlich ein vortreffliches Verfahren bekannt gemacht, um das Mangan von Bittererde und auch von Kalk zu trennen. Er leitet naͤmlich durch die stark verduͤnnte saure Aufloͤsung dieser Koͤrper in Salzsaͤure, Chlorgas, und faͤllt sodann die mit Chlor gesaͤttigte Fluͤßigkeit vorsichtig in der Kaͤlte mit doppelt kohlensaurem Natron, so daß Kalk und Bittererde als doppeltkohlensaure Salze aufgeloͤst bleiben, waͤhrend das Mangan als Hyperoxydul gefaͤllt wird. Es versteht sich von selbst, daß, wenn die Aufloͤsung außer Kalk, Bittererde und Mangan, auch Alaunerde und Eisenoxyd enthaͤlt, diese lezteren zuvor nicht durch Aezammoniak abgeschieden werden duͤrfen, sondern man muß sie ebenfalls zuerst aus der angesaͤuerten und stark diluirten Aufloͤsung durch einfach kohlensaures Natron in der Kaͤlte mit der gehoͤrigen Vorsicht niederschlagen (ein Verfahren, welches eine bei weitem groͤßere Genauigkeit gewaͤhrt, als die Praͤcipitation mit Aezammoniak), hierauf die filtrirte Fluͤßigkeit, welche den Kalk, die Bittererde und das Mangan als doppelt kohlensaure Salze enthaͤlt, etwas in die Enge bringen, mit Salzsaͤure ansaͤuern, und dann das Mangan auf die angegebene Weise abscheiden. Man vergleiche Stromeyer's Analyse einer neuen Abaͤnderung des Magnesits am angefuͤhrten Orte. – Man sieht leicht ein, daß die Faͤllung des Manganhyperoxyduls hier auf die Art geschieht, daß sich einerseits neutrales Chlornatrum bildet, welches das Mangan niederschlaͤgt, und andererseits doppeltkohlensaures Natron und Kohlensaͤure, welche den Kalk und die Bittererde in Aufloͤsung erhalten. Ich habe gefunden, daß das Verfahren des Hrn. Hofr. Stromeyer eben so gut anwendbar ist, um Kobaltoxyd und Nikeloxyd von Kalk und Bittererde und auch von Uranoxyd zu trennen. Ich habe mich des Chlorkalkes oͤfters bedient, um das Mangan in Mineralwassern aufzusuchen. Ich faͤllte zu diesem Ende immer eine hinreichende Menge derselben mit Aezkali, und uͤbergoß den Niederschlag mit Chlorkalkaufloͤsung, die sich, wenn er Mangan enthaͤlt, von Mangansaͤure nach und nach violett faͤrbt. Es dauert jedoch ein Paar Wochen, bis die Faͤrbung eintritt, wenn der Mangangehalt eines solchen Niederschlages sehr gering ist. Auf die angegebene Weise fand ich das Mangan zuerst in dem Stahlwasser von Wisau (in Bayern), dann in dem Kissinger RagozywasserIn diesen Mineralwassern vermuthete der verdiente Hr. Medicinalrath Wetzler zuerst das Mangan, und auf sein Verlangen pruͤfte ich sie auch darauf., endlich selbst in dem Quellwasser um Augsburg. Das Mangan begleitet das Eisen sonst uͤberall im Mineralreiche, sollte es denn nicht eben so gut in allen eisenhaltigen natuͤrlichen Wassern enthalten seyn? Ich brauche es wohl nicht erst anzudeuten, daß man bei qualitativen Untersuchungen von Metallaufloͤsungen haͤufig von dem Chlorkalke oder dem Chlorkali und Natron wird guten Gebrauch machen koͤnnen, besonders als Reagens auf Kobalt-, Nikel- und Manganoxyd, da er noch empfindlicher, als das Aezkali ist. In der neuesten Zeit ist das Chlor als Reagens auf Brom nach Ballard's Methode sehr oft angewandt worden; das Chlor wirkt, was merkwuͤrdig ist, auf das jodwasserstoffsaure Natron bei sehr starker Verduͤnnung desselben, nach meinen Versuchen, ganz anders, als auf die bromwasserstoffsauren Salze; ersteres wird naͤmlich in Jodsaures Natrum umgeaͤndertSchon Hr. Hofrath Vogel fand, daß das Jod in dem Heilbrunner-Mineralwasser nicht mehr durch Staͤrke und Salpetersaͤure angezeigt wird, wenn ein Strom Chlor zuvor hindurchgeleitet wird, was offenbar daher ruͤhrt, weil es durch das Chlor in Jodsaͤure umgeaͤndert wird. (Kastner's Archiv. Bd. IX. S. 381.), leztere aber werden in ein salzsaures Salz und Brom, oder, wenn das Chlor lange genug hindurchgeleitet wurde, in ein salzsaures Salz und Chlorbrom umgeaͤndert. Ich will bei dieser Gelegenheit nur noch bemerken, daß es mir sehr wahrscheinlich ist, daß alles nach Ballard's Methode dargestellte Brom, etwas Chlorbrom enthaͤlt, woher es auch kommen mag, daß die stoͤchiometrische Zahl, welche Ballard dafuͤr fand, nicht mit derjenigen uͤbereinstimmt, die aus Liebig's Versuchen abgeleitet wurde.