Titel: Thatsachen und Beobachtungen über das Bersten der Dampfkessel an Dampfmaschinen. Von Hrn. Erskine Hazard.
Fundstelle: Band 26, Jahrgang 1827, Nr. LXXXIX., S. 394
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LXXXIX. Thatsachen und Beobachtungen uͤber das Bersten der Dampfkessel an Dampfmaschinen. Von Hrn. Erskine Hazard. Aus dem Franklin-Journal, in Gill's technical Repository. October. 1827. S. 203. Hazard, uͤber das Bersten der Dampfkessel an Dampfmaschinen. Die Unfaͤlle des Berstens der Dampfkessel auf Dampfbothen, sowohl bei hohem als bei niedrigem Druke, macht es jedem, der diesen Gegenstand mit Aufmerksamkeit beachtete, zur Pflicht, alles dasjenige mitzutheilen, was einiges Licht uͤber die Ursache desselben verbreiten, und dadurch zur Verhuͤtung einer Wiederholung desselben beitragen kann. Mein Landsmann, Perkins, theilte mir folgende Erklaͤrung mit, die er auf den theoretischen Grundsaz stuͤzt: daß die Kraft des Dampfes nicht von der Temperatur allein, sondern vorzuͤglich von der Menge Wassers abhaͤngt, die in einem gegebenen Umfange desselben enthalten ist: d.h. in anderen Worten, daß seine Kraft von der Compression desselben abhaͤngt. Dieß stimmt mit der Erfahrung des sel. Obersten Alex. Anderson, der mir vor mehreren Jahren dieselbe Theorie aufstellte, und mir zugleich bemerkte, daß, wenn man mit Dampf destillirt, er immer fand, daß die waͤhrend einer gewissen Zeit erhaltene Fluͤßigkeit immer im genauen Verhaͤltnisse mit dem Druke innerhalb der Blase stand. Er schloß hieraus, daß atmosphaͤrischer Dampf, wenn er innerhalb eines Gefaͤßes so eingesperrt ist, daß er nicht mehr Wasser aufnehmen kann, gluͤhend heiß werden kann, ohne an Kraft zuzunehmen, oder das Gefaͤß zu zersprengen. Hr. Perkins versichert, daß seine Versuche ihm vollkommen dasselbe erwiesen. Er fuͤhrt zugleich eine Thatsache an, welche Hr. Williams, der Vorstand bei der Dublin- und Liverpool-Dampf-Compagnie, ihm mittheilte; naͤmlich folgende: die Leute am Borde eines Dampfbothes rochen Kienrauch, und erschraken hieruͤber, glaubend das Dampfboth brennte. Man suchte, und fand ein Stuͤk Kienholz oben auf einem der Dampfkessel, das beinahe zu Kohle verbrannt war; dieses Stuͤk befand sich in einer solchen Lage, daß es durchaus mit keiner anderen Waͤrme in Beruͤhrung kam, außer mit jener des Dekels des Dampfkessels. Die Maschine arbeitete damahls mit einem Druke, der kaum einige Pfunde uͤber jenen der Atmosphaͤre betrug. Als ich diese Thatsachen einem Capitaͤne eines unserer Delaware-Dampfboͤthe erzaͤhlte, sagte er mir, daß einmahl die bleiernen Gefuͤge an seiner Dampfmaschine geschmolzen waren, als der Dampfmesser lediglich den gewoͤhnlichen Druk anzeigte, bei welchem sie sonst zu arbeiten pflegt. In beiden Faͤllen stand aber das Wasser so niedrig in dem Kessel, daß der Dampf durch jenen Theil des Kessels gehizt wurde, welcher mit keinem Wasser in Beruͤhrung stand, und der dann roth gluͤhen mußte; der Dampf konnte natuͤrlich bei dieser Hize nicht abwaͤrts zu dem Wasser steigen. Nach Hrn. Perkins's Theorie ist die abstoßende Kraft der Hize die naͤchste Ursache des Zerspringens der Kessel. Diese war auch eines der Haupthindernisse, auf welches er im Verlaufe seiner Versuche mit Dampf von hohem Druke stieß. Er fand es in seinem Roͤhren-Generator unmoͤglich, das Wasser in staͤter Beruͤhrung mit dem Metalle zu erhalten, sobald dasselbe stark erhizt war, bis er auf die Idee der Druk-Klappe kam, die mit einem um 5 Atmosphaͤren hoͤheren Druke, als der Druk des Dampfes, beladen war. Das Wasser zog durch die uͤberheißen Roͤhren wie ein Drahtfaden in der Mitte hin, indem es von den Waͤnden der Roͤhren von allen Seiten nach der Mitte zuruͤkgestoßen wurde, wodurch nothwendig die Hize der Roͤhren noch mehr vermehrt wurde, und die Roͤhren endlich selbst zerstoͤrt werden mußten. Um diese abstoßende Kraft der Waͤrme zu zeigen, machte er ein Loch von einem Viertelzoll im Durchmesser in einen seiner Generatoren, und brachte einen Pfropfen in demselben an, den er wegnahm, wenn die Roͤhre an dieser Stelle rothgluͤhend war. Es kam weder Dampf noch Wasser bei diesem Loche zum Vorscheine, wann man den Pfropfen aus demselben auszog, sobald die Roͤhre daselbst roth gluͤhend war, obschon der Dampfdruk-Messer einen sehr hohen Grad des Drukes anzeigte. Man fuͤhrte einen Draht in das Loch ein, um sich zu uͤberzeugen, daß es vollkommen frei und durchgaͤngig war. Sobald man aber die Roͤhre bis zum Schwarzgluͤhen abkuͤhlte, fuͤhr der Dampf mit großer Gewalt bei dem Loche heraus. Ein anderer Versuch war dieser. Man hizte zwei Becher aus Gußeisen; den einen schwarz, den anderen rothgluͤhend, und goß dann in beide gleiche Mengen Wassers. In ersterem verdampfte das Wasser immer fruͤher.Unsere Leser werden sich an den Klaproth'schen Versuch erinnern, den wir neulich Bd. XXVI. S. 265 mittheilten. Man vergl. auch Doͤbereiner zur pneum. Chemie, B. II. S. 57–60. A. d. R. Ich habe oͤfters wahrgenommen, daß stark gluͤhendes Eisen in Schmieden in den Loͤschtrog geworfen, unter dem Wasser noch rothgluͤhend blieb, und doch keinen Dampf ausstieß, obschon es offenbar mit einer heißen Atmosphaͤre umgeben war. Dieß ist nie der Fall, wenn Zangen mit dem heißem Eisen in Wasser gestoßen werden, indem sie immer an einigen Stellen so heiß sind, daß sie Wasser gerade in Dampf verwandeln koͤnnen, aber nicht so heiß, daß sie das Wasser abhalten, mit ihnen in Beruͤhrung zu kommen, und die Hize nach und nach der ganzen Masse mitzutheilen. Nach obigen Thatsachen scheint Hrn. Perkin's Theorie uͤber das Zerspringen der Dampfkessel so ziemlich Beifall zu verdienen. Nach ihm hat naͤmlich das Zerspringen der Kessel dann Statt, wann das Wasser so tief sinkt, daß ein Theil des Kessels, der nicht mit Wasser bedekt ist, mit dem Feuer in Beruͤhrung kommt, rothgluͤhend wird, seine Hize dem Dampfe mittheilt, und nach und nach selbst denjenigen Theil des Kessels, der unter dem Wasser ist, rothgluͤhend macht, wo dann dieses Wasser von dem rothgluͤhend gewordenen Theile des Kessels durch den heißen Dampf, der uͤber dem Wasser in dem Kessel schwebt, in die Hoͤhe geworfen wird (wie wenn ein Topf waͤhrend des Kochens uͤberlaͤuft) und dieser Dampf, der jezt mit Wasser uͤberladen wird, seine uͤbermaͤßige Hize diesem Wasser mittheilt, und so augenbliklich Dampf von der hoͤchsten Staͤrke erzeugt, und die furchtbaren Explosionen veranlaßt. Bei dem lezten Unfaͤlle auf dem Dampfbothe Oliver Ellsworth weiß man nicht, wie der Wasserstand im Kessel war; wenn man aber annimmt, daß das Wasser in gehoͤriger Hoͤhe stand, konnte nicht das Schaukeln des Bothes in einer sehr hoch gehenden See einige Zeit uͤber einige Theile des Kessels dem Feuer so sehr aussezen, das sie rothgluͤhend wurden? Ließe sich dann obige Theorie nicht auch anwenden? Wann dieß der Fall waͤre, so koͤnnte man vielleicht dadurch noch mehr Sicherheit erhalten, daß man den Kessel mit Scheidewaͤnden versaͤhe, die, zwar nicht dampfdicht genug, um die regelmaͤßige Verbindung zwischen der Nachfuͤllungs-Pumpe und der Dampfroͤhre, und jedem Fache des Kessels zu verhindern, doch hinreichend waͤren, um zu verhuͤten, daß das Wasser in dem Kessel nicht in Masse von einem Ende zu dem anderen faͤhrt, und so einige Theile unbeschuͤzt gegen das Feuer laͤßt. Diese Scheidewaͤnde koͤnnten bloß aus ungehobelten Brettern bestehen, so daß man sie wegnehmen kann, wenn der Kessel ausgepuzt werden muß. Sie wuͤrden an und fuͤr sich die Dampferzeugung ehe beguͤnstigen, als verhindern. Das Bersten des Aetna wird einer Verstopfung der Nachfuͤllungs-Pumpe zugeschrieben. Hier ist also obige Theorie vollkommen anwendbar.