Titel: Einige Worte über Herrn Perkins neueste Dampfmaschine. Zur Berichtigung der lezten in den englischen Journalen enthaltenen Nachrichten darüber geschrieben von M. D. Ernst Alban.
Autor: Dr. Ernst Alban [GND]
Fundstelle: Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LXXXIX., S. 347
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LXXXIX. Einige Worte uͤber Herrn Perkins neueste Dampfmaschine. Zur Berichtigung der lezten in den englischen Journalen enthaltenen Nachrichten daruͤber geschrieben von M. D. Ernst Alban. Alban's Bemerkungen uͤber Perkins Dampfmaschine. Die in oͤffentlichen englischen Journalen enthaltenen Nachrichten uͤber Hrn. Perkins neue Maschine in den St. Catharinendoks nehmen schon wieder den naͤmlichen Charakter an, den diejenigen uͤber seine erste in seiner Werkstaͤtte aufgestellte Maschine hatten, das heißt: der Laͤrm und das Getoͤse uͤber dieses neue Werk ist wieder so groß, daß wenn man nicht alle seine Kaltbluͤtigkeit zusammennimmt, man von neuem benebelt und uͤbertaͤubt werden kann. Demjenigen, der englische Prahlereien kennt und mit Ruhe zu beurtheilen und zu wuͤrdigen gewohnt geworden ist, wird aber in jenen Nachrichten die geringe Uebereinstimmung und Haltung nicht entgangen seyn, wodurch sich leider die Perkins'schen Bekanntmachungen bisher immer besonders ausgezeichnet haben, und man muß schon im Voraus zu einem gewissen Zweifelmuthe sich gedrungen fuͤhlen, wenn man hoͤrt und sieht, daß Hr. Perkins bei seinem exaltirten Temperamente168) groͤßtentheils die Mittheilungen wieder selbst uͤbernommen hat169) da aber, wo er nicht selbst zu sprechen scheint, von den naͤmlichen Panegyrikern wieder bedient wird, die bei seinem Auftreten mit seiner ersten Dampfmaschine zum Theil so sehr den Kopf verloren hatten, daß sie bei den Ausschweifungen ihrer aufgeregten Phantasie blind wurden gegen die ersten Grundsaͤze der Physik und Mechanik, zum Theil aber auch der guten geduldigen Wahrheit allerlei blendenden und verblendenden Tand umhingen, und mit ihrem Weihrauchfaße dermaßen beraͤucherten, daß sie in dem Rauche und Dufte verschwand, und man nur noch Rauch und Duft allein sah und roch.170) Um aber die geringe Haltung der neuesten Nachrichten darzuthun, will ich einiger der großen Abweichungen erwaͤhnen, die darin in der Bestimmung der Kraft der Maschine und des Kohlenverbrauchs derselben, also in der Hauptsache gefunden werden. So theilt z.B. das Register of arts and sciences, N. 101, 12. Mai 1827 eine oberflaͤchliche Beschreibung und Berechnung der Maschine mit, worin es heißt: die Kraft derselben sey die von 30 Pferden und der Dampf wirke darin mit 800 Pfund auf den Quadratzoll; und mich versicherte Hr. Perkins zur damahligen Zeit muͤndlich, daß der zu derselben gehoͤrige Generator hinreichend sey fuͤr eine Maschine von 60 Pferdekraͤften. Bald darauf verkuͤndigte das London Journal (im Aprilhefte S. 99), daß Hrn. Perkins Dampfmaschine mit einem Druke von 56 Atmosphaͤren (mit 817 Pf. auf den Quadratzoll) ohne alle Gefahr arbeite, und bei einem Druke von 27 Atmosphaͤren (394 Pf. auf den Quadratzoll) 60 Stoͤße in der Minute mache, daß bei ihrer Anwendung eine Ersparung der Haͤlfte des Brennmaterials und eines Drittels an Raum Statt finde etc. Das naͤmliche Journal theilt im Juliushefte (S. 284) mit, daß die Maschine in den St. Catharinendoks mit 2 anderen Maschinen in der Wette arbeite, von denen die eine die Kraft von 16, die andere die von 10 Pferden besize, hiernach zusammengenommen also eine Kraft von 26 Pferden leiste, indem ausdruͤklich steht, daß sie eben so viel Wasser als diese beiden pumpe; daß sie bei dieser Leistung nur 42 Pfund Kohlen pr. Stunde, also 2/3 weniger als die bisherigen Maschinen gebrauche. Darauf gibt das Repertory of Patent-Inventions, Septbr. 1827, S. 181 einen ausfuͤhrlichen Bericht, wo es heißt, daß die Maschine mit 23 1/2 Atmosphaͤren Druk arbeite, daß sie 2 zwoͤlfzoͤllige Pumpen mit 4 Fuß Hub treibe und 1200 Pf. Kohlen in 12 Stunden, jede Stunde also uͤber einen Bushel (84 Pf.) Kohlen gebrauche, daher 2/3 der bisherigen bei Watt'schen Maschinen noͤthigen Feuerung erspare. Endlich findet sich noch eine Nachricht in Gill's technical Repository, Sptbr. 1827, S. 170, wo die Kraft der Maschine wieder auf die von 26 Pferden angegeben wird, indem sie fuͤr 2 Watt'sche Maschinen, eine von 16 Pferden, die andere von 10 mir einem Druke von 35 Atmosphaͤren gearbeitet haben soll. Ihr Hohlenverbrauch wird hier wieder auf 1 Bushel eines Gemenges von Coaks und Steinkohlen fuͤr die Stunde, und ihre Ersparung an 2/3 des bisherigen Brennmaterialbedarfs angegeben. Wer fuͤhlt nicht die außerordentlichen Abweichungen in diesen Angaben, nicht das zum Theil ganz Widersprechende der Behauptungen. Einmal ist der Effekt der Maschine auf 30, dann auf 26, dann wieder auf 16 Pferdekraͤfte berechnet, einmal arbeitet sie fuͤr eine 16pferdige Watt'sche Dampfmaschine allein, dann wieder fuͤr 2, dann gebraucht sie in einer Stunde bei einer Leistung von 30 Pferdekraͤften nur 42 Pf. Kohlen, dann bei der von 16 Pferden wieder 84 Pf. fuͤr die naͤmliche Zeit; einmal wird der Druk der Daͤmpfe auf den von 56, dann wieder auf den von 23 Atmosphaͤren angegeben. Und wenn man auch annimmt, daß eine Maschine, die auf eine Kraft von 30 Pferden calculirt ist, moͤglicher Weise mit der Haͤlfte des bei wirklicher Leistung dieser Kraft verwandten Brennmaterials, auch die Haͤlfte dieser Kraft zu produciren, also unter ihrer gesezlichen Leistung gehalten werden koͤnne, so ist doch eine Dampfmaschine von 16 Pferdekraͤften mit der Haͤlfte des fuͤr diese Leistung daraus zu berechnenden Brennmaterialverbrauchs nicht auf das Doppelte ihres Effektes zu bringen, wenigstens nicht anhaltend zu bringen, selbst in dem Falle, daß man zugeben wollte, sie koͤnne momentan eine so große Steigerung mit einem und demselben Entwiklungsapparate zulassen.171) Zur Befoͤrderung und Aufklaͤrung der Wahrheit sey es mir erlaubt, hier dasjenige unparteiisch und unumwunden mitzutheilen, was ich uͤber diese neue Perkins'sche Maschine theils bei ihrer fruͤhern Arbeit in Herrn Perkins Werkstaͤtte, theils bei ihrer spaͤtern Anwendung in den St. Catharinendoks erfahren und in lezteren als sehr haͤufiger, ja fast taͤglicher vielstuͤndiger Augenzeuge bis zur Mitte des Augustmonats gesehen habe. Da die Sache Interesse hat, so will ich so ausfuͤhrlich als moͤglich berichten. Es war am 23. April, als ich zum ersten Mahle in Gesellschaft des Hrn. Porter und des Engineers Beale zum Hrn. Perkins ging, um seine neue in den Zeitungen angekuͤndigte und dem Publikum zur Schau ausgestellte High pressure safety engine, wie er sie nannte, zu sehen. Die Maschine war gerade nicht im Gange, jedoch zeigte uns Hr. Perkins dieselbe in allen ihren Theilen und gab uns uͤber die Struktur und das Princip derselben folgende muͤndliche Aufklaͤrungen: Die Kraft derselben sey die von 30 Pferden; der Dampfcylinder habe 8 Zoll Durchmesser, und der Kolben 20 Zoll Hub, der Dampf werde bei 1/8 der Hublaͤnge im Cylinder abgeschnitten und wirke mit 800 Pf. auf den Quadratzoll, aber nur einseitig im Cylinder, indem er nur angewandt wuͤrde, den Kolben abwaͤrts zu treiben, waͤhrend die Traͤgheit des Schwungrades ihn wieder aufwaͤrts zuruͤk bringe. Die Kolbenstange arbeitete, wie wir uns durch den Augenschein uͤberzeugten, im Boden des Cylinders durch eine Stopfbuͤchse, und bewegte durch eine Blaͤuelstange eine Kurbel. Zur Leitung des unteren Kolbenstangenendes dienten 2 Raͤder, die zwischen Fuͤhrern liefen. Das Einlassen des Dampfes geschah durch ein Ventil. Dieses wurde durch eine Nase an der Schwungradwelle gehoben und bei 1/8 Fuͤllung des Cylinders mit Dampf wieder niedergelassen. Die Exhaustion geschah beim niedrigsten Stande des Kolbens durch das gefensterte untere Ende der Waͤnde des Cylinders, unter dessen Oeffnungen dann der Kolben herabgeht, wenn er sich dem Ende seines Laufes naͤhert. Der entwischende Dampf faͤhrt in ein gebogenes Rohr, das zum Condensator dient. Dieser Condensator hat ganz die Einrichtung, wie ich einen schon vor 10 Jahren in Rostok bei einer Maschine mit mittlerem Druke baute, deren Construktion ich damals dem Hrn. Prof. Floͤrke daselbst mittheilte.172) Er ist an seinem unteren Ende durch eine Klappe geschlossen, die der Dampf beim Eindringen in denselben aufstoͤßt, um das beim vorigen Hube eingesprizte Wasser mit der etwa eingedrungenen Luft herauszublasen. Hr. Perkins versicherte, daß er bei der Einrichtung des Condensators nur so viel Einsprizungswasser fuͤr denselben gebrauche, als Speisewasser fuͤr den Generator noͤthig ist. Dasselbe sollte durch eine aufsteigende Roͤhre mit einem Hahne in den Condensator gefuͤhrt werden. (?) Der Hahn wurde durch eine Nase an der Schwungradwelle in den noͤthigen Zeitmomenten geoͤffnet. Das aus dem Condensator geblasene und erwaͤrmte Einsprizungswasser wurde in einem Recipienten gesammelt und zur Cisterne der Speisepumpe geleitet, waͤhrend der zuerst aus demselben blasende Dampf durch ein Abzugsrohr in den Schornstein abzog. Das Schwungrad der Maschine hatte nur 8 Fuß Durchmesser, und war sehr schmaͤchtig. Es konnte hoͤchstens 8 bis 10 Centner wiegen, Hr. Perkins gab seine Schwere aber auf 1800 Pfund (?) an.173) Das Einstroͤmen der Daͤmpfe in die Maschine regulirt Hr. Perkins durch einen gewoͤhnlichen Gouverneur, der auf ein Ventil wirkt, das durch ein Schraubengewinde mit 3 Gaͤngen bewegt wird, welches an dem Stiele desselben angebracht ist und sich in einer an der Stopfbuͤchse angebrachten Mutter dreht. Sowohl das Regulir- als das Dampf- oder Steuerungsventil fuͤr den Dampfcylinder haben lange perpendikulaͤr stehende Stopfbuͤchsen, in welchen sich eine Wassersaͤule haͤlt, die das zu starke Durchdringen der Hize nach der Stopfbuͤchse des Ventilstiels verhindert. Beide Ventilbuͤchsen waren blau angelaufen, das Dampfrohr weniger. Die Ventile sind von Stahl und Kegel, die in Size mit fast ganz scharfen Raͤndern fallen. Die Struktur der Ventilkammern und ihrer Stopfbuͤchsen ist in dem zweiten Patente des Hrn. Perkins (siehe Dingler's polyt. Journal, Bd. 13, S. 304), was er im Juni 1823 nahm, angegeben. Dieß gilt auch von dem Kolben den Hrn. Perkins gebraucht. Er baut ihn aus einer sehr weichen Art Messing, die, wie man mir sagte, aus 1 Theil Zinn, 7 Theilen Kupfer und 1 Theil Zink besteht.174) Derselbe soll in sehr großer Hize und bei sehr hohem Druke in dem gußeisernen Cylinder vollkommen dicht arbeiten und keine Schmiere noͤthig haben. (?)175) Ein Stuͤk eines Ringes von einem solchen Kolben zeigte mir Hr. Perkins. Es war ohne besonders große Verlezungen und ziemlich gut erhalten. Ich erfuhr aber nicht, wie lange und in welcher Hize es gearbeitet. Der Generator dieser Maschine bestand aus 20 Roͤhren, die auswendig vierseitig (5 Zoll im Quadrat) und 4 Fuß lang waren. Der innere cylindrische Wasserkanal war 1 1/2 Zoll im Lichten weit, mitunter auch etwas daruͤber. Hr. Perkins legte ein großes Gewicht auf die bedeutende Metalldike dieser Roͤhren und hoffte, dadurch die Erhizung des Wassers und die Dampfentwiklung darin besonders zu befoͤrdern (?) Die Verbindung dieser Roͤhren geschah durch gußeiserne massive Stuͤke, in welchen ein gekruͤmmter Verbindungskanal fuͤr 2 und 2 Roͤhren, beinahe in der Form eines C, gegossen war. Die Verbindung dieses Canals mit den Roͤhren geschah durch geschmiedete eiserne Doppelkegel, deren konische Enden in die Oeffnungen durch Huͤlfe von Schrauben hineingezwaͤngt wurden. Alle Entwiklungsroͤhren waren so mit einander verbunden, daß sie einen fortlaufenden Canal bildeten, in dessen aͤußerstes Ende die Drukpumpe das Speisewasser foͤrdert. Zwischen der 15. und 16. Roͤhre lag die von Hrn. Perkins sogenannte Pressurevalve (Drukventil), welche etwa mit 50 bis 60 Atmosphaͤren belastet wird. Sie soll das unter diesem Druke in den ersten 15 Roͤhren stark erhizte Wasser mit jedem Stoße der Drukpumpe in die 5 lezten Roͤhren, die gleich uͤber dem Feuerplaze des Ofens liegen und die groͤßte Hize empfangen, uͤbertreten lassen. In diesen 5 lezten leeren und bis zur Gluͤhhize geheizten Roͤhren aber soll das Wasser, was bei dem Austreten aus der Pressurevalve sich nicht ganz in Dampf verwandeln moͤchte, noch vollends verdampft werden. Diese Aeußerung des Herrn Perkins mußte mich um so mehr befremden, als sie seinem vielbesprochenen und in seiner Patenterklaͤrung dargestellten Principe gerade entgegenlaͤuft.176) Aus dem lezten dieser 5 Roͤhren geht der Dampf in den Recipienten, ein sehr starkes Gefaͤß von etwa 8 Zoll innern Durchmesser und 3 Fuß Hoͤhe. Zur Beobachtung des Drukes der Daͤmpfe darin bediente sich Hr. Perkins des Zeigers, den er schon bei seiner ersten Maschine anwandte. Am Recipienten waren 2 Haͤhne zur Beobachtung des Wasserstandes darin angebracht. Auf demselben stand ein Sicherheitsventil, aus dem ich spaͤter mehrere Mahle den Dampf habe ausblasen hoͤren, wenn die Maschine angehalten wurde.177) Der Staͤmpel der Drukpumpe hatte ohngefaͤhr 2 1/2, Zoll Durchmesser. Mit dem Drukhebel derselben war durch ein Gelenk eine Drukstange verbunden, die durch eine excentrische Vorrichtung an der Schwungradwelle in Bewegung gesezt wurde. Durch eine Stellschraube konnte der Verbindungspunkt der Stange mit dem Drukhebel dem Hypomochlio des leztern naͤher gebracht und so der Hub beliebig vergroͤßert oder vermindert werden. Die Lage der verschiedenen Roͤhren im Ofen ersah ich aus einer Zeichnung, die mir Hr. Perkins von demselben zeigte. Alle 20 Roͤhren lagen in 3 Reihen unter einander, von denen die obere 8, die untern beiden jede 6 derselben enthielten. Nachdem die Hize alle Roͤhrenreihen durchstrichen, steigt sie noch in einem Kanale des Ofens abwaͤrts178), ehe sie in den Schornstein entweicht. Der Recipient steht nach vorne im Ofen mit eingemauert. Hr. Perkins versicherte mich, daß er bei voller Wirkung der Maschine in der Stunde nicht mehr als einen halben Bushel Steinkohlen gebrauche. Er fuͤgte hinzu, daß dieser Generator hinreichend sey fuͤr eine Maschine von 60 Pferdekraͤften (?)179) Die Kraft der Maschine maß Hr. Perkins durch die Friktion eines Hebels, der auf der Peripherie des Schwungrades lag. An dem Ende desselben ist ein Gewichtskasten angehaͤngt, in welchen Hr. Perkins nach seiner Versicherung 400 Pfund (?) legt. Die Entfernung des Reibepunktes vom Hypomochlio des Hebels verhielt sich zu der vom Aufhaͤngepunkte des Gewichtkastens wie 1 zu 7. An dem Stuͤke Holz, was unter dem Reibungspunkte des Hebels gelegt war und gegen die Peripherie des Schwungrades druͤkte, zeigte sich leine Spur von Erhizung.180) Den 27. April war ich wiederum bei Hrn. Perkins in der Gesellschaft des Hrn. Baukondukteurs Wedding aus Berlin, und sah die Maschine im Gange. Anstatt der 60 Umgaͤnge, von denen Hr. Perkins gesagt, machte dieselbe die ganze Zeit meines Daseyns nur 30 bis 40 in der Minute. Der Gewichtkasten des Hebels war hoͤchstens mit 90 bis 100 Pfund belastet. Das Duodezschwungraͤdchen erhielt die Umdrehung der Kurbel gleichmaͤßig, und der Zeiger des Recipienten zeigte den Druk von 24 Atmosphaͤren in demselben.181) Die Drukpumpe machte noch keinen vollen Zoll (ohngefaͤhr 3/4 Zoll Hub, injicirte also kaum 4 Kubikzoll Wasser bei jedem Hube, und dennoch fand Hr. Perkins bei Oeffnung des Probehahns am Recipienten, daß der Dampf mit Wasser uͤberladen war. Hr. Perkins versicherte troz dem zum zweiten Mahle, daß sein Generator fuͤr eine Maschine von 60 Pferdekraͤften hinreichend seyn wuͤrde. Spaͤter wurde diese Maschine (es war gegen Ende des Junimonats) in den St. Catharinendoks aufgestellt. Sie stand neben einer gewoͤhnlichen Watt'schen Dampfmaschine von 14 Pferdekraͤften, die mit einem Kessel fuͤr eine Dampfmaschine von 20 Pferdekraͤften betrieben wurde, deren Kraft also fuͤglich auf 16 Pferdekraft gebracht werden konnte. Dieselbe hob in 2 vierzehnzoͤlligen Wasserpumpen das Wasser aus den Doks 30 Fuß hoch, und vermochte mit dieser Last 20 bis 24 Umgaͤnge in der Minute und eben so viele Hube an jeder der Pumpe zu machen. Das war aber auch die nothwendige regelmaͤßige Geschwindigkeit der Maschine, die sie bei 4 Fuß Hub annehmen mußte, wenn sie die Kraft von 16 Pferden hervorbringen sollte. Da diese Geschwindigkeit fuͤr die beiden Pumpen, deren jede, wie ich mich wohl 20 Mahl uͤberzeugte, nur 3 Fuß 6 Zoll Hub hatte, zu groß war, so ließ man die Maschine in der Regel nur mit 15 Umgaͤngen pr. Minute arbeiten, indem man die regulirende Klappe fuͤr das Einlassen der Daͤmpfe in den Cylinder bedeutend schloß. Bei einem solchen Gange, der der Kraft von hoͤchstens 12 Pferden entsprach, verbrauchte die Maschine in 12 Stunden 18 Bushel Steinkohlen, wie ich mich selbst uͤberzeugt habe, also in Tag und Nacht 1 Chalderon Kohlen (nicht wie in einer der Nachrichten steht, 1 Chalderon in 12 Stunden). Da ich mit dem diese Maschine bedienenden Maschinenwaͤrter auf einen freundschaftlichen Fuß stand, so konnte ich alle diese Umstaͤnde sehr genau erfahren, und mich von allem selbst uͤberzeugen. Hrn. Perkins Maschine arbeitete an den Pumpen mit der naͤmlichen Geschwindigkeit bis zu 16 Huben in der Minute, in welcher Zeit seine Maschine an 70 Umgaͤnge machen mußte. Sein Kohlenverbrauch war, wie mir und andern sein Vormann Hr. Hornblower wohl 10 Mahl wiederhohlt hat, 1 Bushel Steinkohlen (nicht Coaks und Steinkohlen gemischt)182) in der Stunde und daruͤber.183) Die Maschine wollte zuerst diese Leistung nicht hervorbringen. Hr. Perkins fand, daß er den Feuerplaz zu klein eingerichtet hatte, und ließ ihn bedeutend vergroͤßern, auch bemerkte ich, daß er den Kessel um 6 Roͤhren (keine unbedeutende Zugabe) vergroͤßert hatte.184) Die Maschine stand so wankend und war so leicht gebaut, ihre Kraft arbeitete auch in solcher Hoͤhe uͤber dem Boden des Gebaͤudes, daß sie von allen Seiten gestuͤzt und ihre einzelnen Theile unter sich zusammen geklammert und gebolzt werden mußten. Auch hatte Hr. Perkins derselben ein neues, wenigstens 3 Mahl so schweres Schwungrad gegeben als sie in seiner Werkstaͤtte besaß. Demohnerachtet fand ich bei 70 Umgaͤngen Auf- und Niedergang des Kolbens ungleich. An der Schwungradwelle war zuerst ein 22 zoͤlliges Getriebe angebracht, was in ein 7 fuͤßiges Stirnrad eingriff, das die Pumpen durch eine Kurbel und ein gewoͤhnliches Gestaͤnge in Betrieb sezte. Dieses Betriebe verwechselte Hr. Perkins aber sogleich mit einem 17 zoͤlligen. Der an den Roͤhren vor dem Drukventile (pressurevalve) befindliche Zeiger zeigte gewoͤhnlich 50 bis 60 Atmosphaͤren Druk, waͤhrend der am Recipienten nie uͤber 20 stieg, sich gewoͤhnlich aber nur auf 17 hielt. Beide Instrumente, sowohl das an den Roͤhren als das am Recipienten angebrachte, schienen mir sehr unvollkommen zu wirken, da der Zeiger nie die mindeste Bewegung verrieth und gewoͤhnlich stehen blieb, wenn ich ihn bedeutend vor- oder zuruͤkstellte. An der Pressurevalve hoͤrte man deutlich ein gleichfoͤrmiges Brausen, und das Gewicht derselben sah ich nie in der geringsten Bewegung. Uebrigens war der Generator an allen seinen Theilen sehr gut dicht. Die Drukpumpe foͤrderte ohngefaͤhr 4 Kubikzoll Wasser bei jedem Umgange der Maschine in denselben. Der Dampfcylinder arbeitete groͤßtentheils mit drittel und halber Fuͤllung, und die Steuerung machte ein solches Geraͤusch und schlug und zitterte so gewaltsam, daß von ihrer langen Dauer und Erhaltung nicht viel zu erwarten steht. Die Maschine arbeitete nur dann und wann, und in der ersten Zeit war alle Augenblike daran etwas zerbrochen und mußte reparirt werden, wodurch ihr Gang oͤfters unterbrochen wurde. Dieß laͤßt sich indessen bei einer Maschine nach einem neuen Principe einigermaßen entschuldigen, und ich habe deshalb Hrn. Perkins stets in Schuz genommen, wenn man in den Doks sich daruͤber movirte. Vielleicht waͤre diese Unannehmlichkeit aber vermieden worden, haͤtte Herr Perkins seine Maschine staͤrker gebaut. Die unverantwortliche Leichtigkeit und Unhaltbarkeit in ihrer Struktur und Zusammensezung ist um so mehr zu verwundern, als sie nur mit einer Leistung von hoͤchstens 12 Pferdekraͤften im Gange war und fuͤr eine Kraft von 30 gebaut wurde. Eine solche Kraft haͤtte sie unfehlbar in Truͤmmer zerschellt. Wenn man die im Register of Arts and Sciences l. c. nach einem Maaßstabe gelieferte Zeichnung derselben genau pruͤft, so wird man diese meine Behauptung bewahrheitet finden. Ich habe die Maschine bis zur Mitte Augusts fast jedesmahl, wenn sie in Arbeit war, zu beobachten Gelegenheit gehabt, und alle meine Beobachtungen genau gemacht und gesammelt. Ich darf sie als der strengsten Wahrheit gemaͤß verbuͤrgen. Der Aufseher der Perkins'schen Maschine hat mir zu jeder Zeit den Eintritt erlaubt, zumahl da er fruͤher bei mir gearbeitet hatte und mich sehr wohl kannte. Die Maschine hat waͤhrend meines Daseyns wohl einmahl fuͤr, die zwei obenerwaͤhnten Maschinen gearbeitet, d.h. aber mit der gewoͤhnlichen Kraft und Geschwindigkeit, mit den naͤmlichen Pumpen und unter allen Umstaͤnden, worin sie fuͤr die eine in Thaͤtigkeit war. Ob man deshalb ihre Kraft auf die der beiden anzuschlagen berechtigt sey, will ich nicht entscheiden. Zu der Zeit war wenig Grundwasser in den Doks (es war recht in den heißen Tagen des Augusts), daher konnte ihre Arbeit mit den 2 gewoͤhnlichen von ihr betriebenen Pumpen hinreichen, um dieses zu gewaͤltigen. Man sieht aber hier, welche Auslegungsgabe die Perkins'schen Panegyriker haben, und wie sie, wie die Biene, aus jeder Blume, und sey sie noch so schlecht, Honig zu saugen wissen, und das große Publikum, worin die Mehrheit aus Laien besteht, und es nur einige wenige wissenschaftliche und ruhige Beobachter gibt, zu verblenden. –––––––––– Ich bemerke schließlich noch, daß es durchaus nicht meine Absicht ist, die Talente und den Erfindungsgeist des Hrn. Perkins, so wie seine Beharrlichkeit und Ausdauer in Verfolgung einer wichtigen Angelegenheit, die ich anerkenne und aufrichtig schaͤze, herabzuwuͤrdigen und zu verkleinern, sondern erklaͤre, daß mich lediglich das Interesse der Wissenschaft leitet und ich dahin zu streben wuͤnsche, physikalische durch die Erfahrungen eines halben Jahrhunderts tausendfach bestaͤtigte Wahrheiten nicht durch unrichtige und uͤbereilte Beobachtungen und prahlerische Ankuͤndigungen befangener Unwissenden unverdient herabwuͤrdigen und umstoßen zu lassen. Die Wahrheit ist das Licht, wonach alle Wissenschaften emporstreben, sie zu befoͤrdern ist die Pflicht jedes Denkers und Forschers. Ob ich ihr in Hinsicht der Perkins'schen Erfindungen treu und unbefangen von dem Schwindel der Zeit nachgestrebt und in diesem Streben gluͤklich gewesen bin, uͤberlasse ich deutschen Vaterlandsfreunden, so wie allen wissenschaftlich Denkenden und Handelnden meiner Zeitgenossen, wenn sie das, was ich naͤchstens zur Beurtheilung der Perkins'schen Verbesserung der Dampfmaschinen oͤffentlich mitzutheilen mir vorbehalte, mit Unbefangenheit und Schonung gelesen haben. Sollte ich in dem Vorgehenden Hrn. Perkins Mittheilungen und Exklamationen etwas scharf beurtheilt haben, so verdient er oͤffentliche Ruͤgen in so ferne, als er mit dem wissenschaftlichen Publikum hin und wieder zu arg gespielt und es dadurch einigermaßen beleidigt hat. Und obgleich ich glaube, daß Hr. Perkins nach unendlichen Muͤhseligkeiten und nach Aufopferung unermeßlicher Summen endlich sein Ziel erreichen wird, so bin ich doch auch zugleich uͤberzeugt, daß er bei mehr physikalischen Kenntnissen, mehr Ruhe und weniger Laͤrmen dasselbe weit eher erlangen koͤnnte. Moͤge es ihm nur nie an Muth, und was die Hauptsache ist, an dem nervus rerum gerendarum fehlen! – Stubbendorf bei Tessin im Meklenburg-Schwerinschen, den 5. Febr. 1828.