Titel: Ueber die Sägemühle des Hrn. de Nicéville. Bericht der HHrn. Woisard, Munier, Lemoyne, Glavet, Segard und Didion. In den Abhandlungen der Société des Sciences, arts etc. de Metz. Mai. 1827. S. 167.
Fundstelle: Band 28, Jahrgang 1828, Nr. VI., S. 34
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VI. Ueber die Saͤgemuͤhle des Hrn. de Nicéville. Bericht der HHrn. Woisard, Munier, Lemoyne, Glavet, Segard und Didion. In den Abhandlungen der Société des Sciences, arts etc. de Metz. Mai. 1827. S. 167. Aus dem Bulletin des Sciences technologiques. Januar. 1828. S. 61. de Nicéville, uͤber eine Saͤgemuͤhle. Die Saͤgemuͤhle des Hrn. de Nicéville hat gerade senkrechte Saͤgen und Rundsaͤgen: hier nur von den ersteren. Hr. de Nicéville zieht die Saͤgeblaͤtter aus der Fabrik des Hrn. Mougin d. aͤlt. zu Paris allen uͤbrigen vor. Die Saͤgeblaͤtter, welche bei der Probe aufgezogen wurden, waren 162 Millimeter breit, und 2,5 Millimeter dik. Die Zaͤhne hatten die Form rechtwinkeliger Dreieke. Die Seite des rechten Winkels, welche das Holz zu schneiden hatte, war 18 Millimeter lang; die andere Seite des rechten Winkels bildete die Basis des Zahnes, hatte 15 Millimeter, und der Abstand zwischen den beiden Spizen der zunaͤchst stehenden Zaͤhne war 2 Centimeter; so daß also von dem Ende des einen Zahnes bis zum Anfange des anderen 5 Millimeter uͤbrig blieben. Das Geleise, welches man den Saͤgen gibt, haͤngt von der Dike und von der Elasticitaͤt des Holzes ab, und quilt zwischen 1 und 2 Millimeter, so daß die Breite des Schnittes oder Zuges der Saͤge zwischen 3,5 und 4,5 Millimeter wechselt. Der Rahmen, welcher das Saͤgeblatt fuͤhrt, besteht aus zwei senkrechten Leisten von geschlagenen Eisen, welche durch zwei Querleisten aus Gußeisen verbunden sind. An lezteren sind die Saͤgeblaͤtter mittelst Buͤgeln befestigt, wovon jeder aus zwei Stuͤken besteht, die durch einen Bolzen vereinigt sind. Der obere Buͤgel eines jeden Saͤgeblattes endet sich in einen Haken, auf welchen man einen Hebel einwirken laͤßt, wenn man dieses Blatt spannen will. Ueber der oberen Querleiste, in einer Entfernung von ungefaͤhr 8 Centimeter, sind zwei lange eiserne Schrauben befestigt, welche einen weiteren Zwischenraum zwischen sich lassen, als die Breite des Raumes betraͤgt, den die angewendeten Blaͤtter fassen. Zwei andere Schrauben sind auf dieselbe Weise in einer Entfernung von 8 Centimetern uͤber der unteren Querleiste angebracht. Zwei hoͤlzerne Knechte, die an ihrer unteren Seite walzenfoͤrmig ausgehoͤhlt sind, stuͤzen sich auf jedes Schrauben-System. Der erstere obere und der erste untere Knecht sind so breit, als die Entfernung, die man zwischen dem ersten Saͤgeblatte und der ersten senkrechten Leiste des Rahmens herstellen will; allen uͤbrigen gibt man gleiche Breite mit der Entfernung zwischen zwei und zwei neben einander stehenden Blaͤttern. Alle diese Knechte sind auf Weise eingestellt: die ersteren zwischen der ersten senkrechten Leiste des Rahmens und dem ersten Blatte; die uͤbrigen zwischen den Blaͤttern, die man aufziehen will. Man zieht sie mittelst der Schraubenmuͤtter oder Schraubenniete an, die zu den vier Schrauben gehoͤren, und in einigen Minuten ist ein System von parallelen Saͤgeblaͤttern hergestellt, wovon je zwei und zwei so weit von einander entfernt sind, als die Dike der Pfosten oder Bretter fordert, die man aus dem Baume schneiden will. Diese einfache und sinnreiche Vorrichtung laͤßt das Stellen der Blaͤtter, welches auf anderen Saͤgemuͤhlen durch ein bloßes Umhertappen geschieht, das viele Zeit verdirbt, und doch keine Genauigkeit gibt, mit aller Schnelligkeit und Puͤnctlichkeit verrichten. Wenn der Baum, den man zersaͤgen will, nicht sehr dik ist, so zittern und schwingen sich die Blaͤtter waͤhrend der ganzen Zeit ihres Durchganges, und dieses Zittern schadet der Regelmaͤßigkeit ihres Fortganges. Um diesen Nachtheil zu beseitigen, bringt man zwischen die Blaͤtter neue, den vorigen aͤhnliche, Knechte, und zieht dieselben mittelst zweier Schrauben an, nachdem man sie so hoch gestellt, daß sie den Baum nicht beruͤhren koͤnnen, wenn der Rahmen in seinem Laufe auf den niedrigsten Punct herabgestiegen ist. Auf diese Art verkuͤrzt man gewisser Massen die Laͤnge der Blaͤtter, und verstaͤrkt dadurch das ganze System der Saͤgen, welchem man hiermit zugleich seine Bewegung erleichtert. Diese Vorrichtung hat ein junger Zimmermann, Hr. Herder, ausgedacht. Die Bewegung wird dem Rahmen mittelst zwei Stoß-Stangen mitgetheilt, die sich einer Seits an der oberen Querleiste, anderer Seits an zwei Flugraͤdern befestigen, welche auf einer horizontalen Achse parallel mit der Ebene des Rahmens angebracht sind. Diese Vorrichtung mit zwei Stoß-Stangen wurde von den HHrn. Calla bei ihrer Saͤgemuͤhle angebrachtPolytechn. Journ. Bd. XXII. S. 468. A. d. R., diese Herren befestigten sie aber in gleichen Entfernungen an beiden Querleisten, waͤhrend Hr. de Nicéville sie nur an der oberen Querleiste angebracht hat. In Folge dieser Einrichtung, die hier wegen der geringen Hoͤhe der Werkstaͤtte nothwendig war, bleibt der Winkel, welchen die Stoß-Stangen mit den Pfeilern Hilden, welche den Rahmen leiten, innerhalb sehr enger Graͤnzen gehalten, und der Druk auf die Pfeiler um vieles vermindert. In der Maschine der HHrn. Calla werden die Stoß-Stangen mittelst zweier Kurbeln in Bewegung gesezt, die an einer Achse mit einem Flugrade befestigt sind, waͤhrend bei Hrn. de Nicéville diese Kurbeln durch die beiden Flugraͤder ersezt werden. Was aber diese beiden Saͤge-Maschinen vorzuͤglich unterscheidet, ist die Art, wie der Rahmen in seiner Bewegung geleitet wird. Die HHrn. Calla wendeten Reibungs-Walzen an, zwischen welchen der Rahmen gehalten wird. Hr. de Nicéville, der dadurch die Festigkeit und Haltbarkeit der Maschine beeintraͤchtigt glaubte, hat folgende Vorrichtung angewendet. Auf der Verlaͤngerung der beiden Querleisten des Rahmens sind acht staͤhlerne Messer angebracht, die wie ein dreiseitiges Prisma gebildet sind, und deren Vorsprung ungefaͤhr dreizehn Millimeter betraͤgt. Vier dieser Messer sind auf der oberen Querleiste befestigt, naͤmlich zwei vorne und zwei ruͤkwaͤrts. Die vier anderen Messer sind auf der unteren Querleiste so befestigt, daß sie Verlaͤngerung der ersteren bilden. Acht kupferne Falze nehmen diese Messer auf, und leiten sie in ihren Bewegungen. Die vier ersteren sind auf zwei langen Stuͤken Eichenholz, die von dem Boden der unteren Abtheilung aufsteigen, und an den Balken des oberen Stokwerkes sich enden, uͤberdies aber nur noch durch Strebebalken an ihrem Fuße, und durch einen starken Querbalken uͤber dem Raume, in welchem der Rahmen sich bewegen muß, verstaͤrkt sind. Die vier anderen Falze sind auf vier hoͤlzernen Pfeilern aufgezogen, die in einer gehoͤrigen Entfernung von den oben erwaͤhnten eichenen Pfosten befestigt sind, und mittelst Knechten aus hartem Holze, die sie hindern, sich einander zu naͤhern, und mittelst Schraubenbolzen mit Nieten, die sie hindern sich von einander zu entfernen, in ihrer Lage fest gehalten werden. Diese Vorrichtung forderte von Seite des Zimmermannes viele Geschiklichkeit, indem die Messer genau in die Falze passen, und die beweglichen Pfeiler sehr genau gestellt werden mußten. Hr. Herder hat allen Forderungen entsprochen: die Maschine arbeitet mit aller moͤglichen Leichtigkeit, und scheint uns alle noͤthige Festigkeit zu besizen. Eine auf der Welle, an welcher die Stoß-Stangen, die den Rahmen fuͤhren, befestigt sind, angebrachte Rolle, und ein Laufriemen ohne Ende, der uͤber diese Rolle und uͤber eine Trommel laͤuft, die eine zweite Welle parallel mit der ersteren fuͤhrt, theilt die Bewegung, von einer Welle der andern mit. Die Rolle des Hrn. de Nicéville hat 4,42 Meter im Umfange, und die Trommel 7,24 Meter. Der Laufriemen hat ungefaͤhr 15 Meter Laͤnge, und 19 Centimeter Breite. Er ist aus saͤmischen oder sogenannten weißen Leder (cuir de Hongrie), und an jedem Rande mit einer kleinen Einfassung von 3 Centimetern Breite eingefaßt. Man braucht keine Drukrolle, und die unten angefuͤhrten Versuche beweisen, daß die Geschwindigkeit des Umfanges der Trommel beinahe eben so groß ist, als die des Umfanges der Rolle. Die Welle, welche die Trommel fuͤhrt, fuͤhrt auch einen Triebstok, in welchen die Triebstoͤke eines Rades eingreifen, welches auf einer dritten, mit der vorigen beiden parallelen, Welle aufgezogen ist. Auf der Welle, welche dieses Rad fuͤhrt, ist das Wasserrad aufgezogen, das ganz nach Poncelet (polytechn. Journal Bd. XIX. S. 417.) eingerichtet ist. Ein Gestell des Schlittens, welcher den zu zersaͤgenden Baum fuͤhrt, ist mit sechs gekehlten Rollen versehen, die auf einer prismatischen Eisenbahn laufen, welche die Bewegung desselben leitet. Das andere Gestell fuͤhrt walzenfoͤrmige Rollen, die frei laufen, und sich auf eine horizontale Eisenstange stuͤzen, die in einem langen Stuͤke Holzes eingelassen ist. Der Schlitten tritt vor, wann der Rahmen niedersteigt. Der Mechanismus, welcher diese Bewegung hervorbringt, findet sich auf den meisten Saͤgemuͤhlen. Er besteht aus einem Zahnrade, welches von einem Geißfuße getrieben wird, den das Niedersteigen des Schlittens mittelst eines Hebelsystemes bewegt. Damit die Saͤgen beim Aufsteigen den Baum nicht in die Hoͤhe ziehen, befestigt man sie in ihrem Rahmen, so daß die Linie, welche durch die unteren Enden dieser Linie laͤuft, um ungefaͤhr drei Millimeter zuruͤkkommt. Man bedient sich hier ferner desselben Gegenhaltes, wie zu Anzin, (Bulletin d. l. Soc. d'Enc. N. 266., nur daß dieser vorne vor der Saͤge, und nicht wie im Bulletin ruͤkwaͤrts, angebracht seyn muß. Nun werden die Versuche erzaͤhlt. Der Zwek des ersten Versuches war zu sehen, ob der Riemen der Rolle eben dieselbe Geschwindigkeit gibt, wie der Trommel. Das Resultat fiel bestaͤtigend aus, und gleichfoͤrmig mit den, in eben dieser Absicht von Hrn. Poncelet zu Anzin angestellten Versuchen, nach welchen sich ergab, daß, wenn die Riemen gehoͤrig gespannt sind, kein Gleiten derselben Statt hat, und die Elasticitaͤt der Riemen keinen bedeutenden Einfluß auf die uͤbertragene Geschwindigkeit hat. Die uͤbrigen Versuche hatten den Zwek die Kraft zu bestimmen, welche Statt hat, wann die Maschine leer geht, und wann jedes Saͤgeblatt einzeln arbeitet. Die Commissaͤre fanden: 1) daß, wenn die Maschine leer geht, der Rahmen 90 Schwingungen in einer Minute macht, und daß hierzu eben so viel Kraft nothwendig ist, als um 12,148 Kilogr. Ein Meter hoch zu heben. Diese Kraft, in Pferdekraft verwandelt (zu 75 Kilogramm auf 1 Meter in Einer Secunde) gibt 2,69. 2) daß die Kraft, oder die Menge der Wirkung, die jedes arbeitende Saͤgeblatt noͤthig hat, 2,016 Kilogr. auf 1 Meter in einer Minute, oder 0,45 Pferdekraft betraͤgt, wenn dieses Blatt trokenes Eichenholz von 0,315 Meter Dike ist, der Rahmen sich 90 Mahl in dieser Zeit schwingt, und der Schlitten um 1,158 bei jeder Schwingung des Rahmens vorruͤkt. Man schloß hieraus, daß die Kraft, die zum Durchschneiden eines Quadrat-Meters trokenen Eichenholzes nothwendig ist, gleich ist einer Kraft, die 61,5 Kilogr. auf Ein Meter hebt. Hierbei ist die Reibung an den Theilen der Maschine selbst mit eingerechnetEs waͤre sehr zu wuͤnschen, daß dieser Saͤgemuͤhle eine Zeichnung beigefuͤgt waͤre. Die Saͤgemuͤhlen und die Kunst das Holz zu behauen, sind in Bayern, dessen Reichthum und ganzer Activ-Handel vorzuͤglich in Holz besteht, das nach Oesterreich und Holland geht, noch so sehr in dem rohesten Stande ihrer Kindheit, daß es, gelinde gesprochen, eine Schande fuͤr's Vaterland ist. Man versplittert in Bayern mehr Holz, als man in anderen Laͤndern verbraucht; was in anderen Laͤndern mit der Saͤge sorgfaͤltig geschnitten, und in ganzen Stuͤken noch zwekmaͤßig benuͤzt wird, wird in Bayern mit der Art des Zimmermannes zu Spaͤnen zerhauen. Man sehe einen bayer'schen Zimmerplaz an, und einen hollaͤndischen oder englischen, und vergleiche beide. Wer die Bayern ihr Holz zwekmaͤßiger benuͤzen, wer sie gute Saͤgemuͤhlen bauen lehren wird, wird sich die groͤßten Verdienste um sie erwerben.