Titel: Ueber die Methoden, wodurch man sich von der Reinheit des schwefelsauren Chinins versichern kann. Von R. Phillips, Mitglied der königl. Akademie.
Fundstelle: Band 28, Jahrgang 1828, Nr. LV., S. 219
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LV. Ueber die Methoden, wodurch man sich von der Reinheit des schwefelsauren Chinins versichern kann. Von R. Phillips, Mitglied der koͤnigl. Akademie. Aus dem Philosoph. Mag. and Annals of Philos. Febr. 1828. S. 141. Phillips Methoden, sich von der Reinheit des Chinins zu versichern. Die große Nachfrage nach diesem wichtigen Arzneimittel und der hohe Preis, um welchen es nothwendigerweise verkauft werden muß, haben solche Leute, welche kein Mittel scheuen, um Geld zu gewinnen, gereizt, es auf vielfache Weise und oft durch Substanzen, welche nicht leicht zu entdeken sind, zu verfaͤlschen. Da ich seit Kurzem oͤfters verschiedene Muster von schwefelsaurem Chinin zur Untersuchung erhielt, so hielt ich es fuͤr nuͤzlich, die verschiedenen Verfahrungsweisen, welche man zu diesem Zweke anwenden kann, bekannt zu machen: ich theile das Folgende mit desto groͤßerem Vertrauen mit, da mich mein Freund Hr. John T. Barry aus Lombardstreet bei meinen Versuchen unterstuͤzte, welcher geschikte Chemiker diese Pruͤfungsmittel oͤfters anzuwenden Gelegenheit hatte, und dem ich daher auch den groͤßten Theil der Bemerkungen und Thatsachen zu verdanken habe, die in dieser Abhandlung entwikelt sind. Reines schwefelsaures Chinin hat die Gestalt von kleinen faserigen Krystallen, ist geruchlos und hat einen bitteren Geschmak. Wenn gewisse vegetabilische Substanzen, wie z.B. Starke oder Zuker, damit vermengt sind, koͤnnen sie bemerkt werden, wenn man das Praͤparat nur mit einem Vergroͤßerungsglase betrachtet. 1) Wenn das schwefelsaure Chinin mit einer betraͤchtlichen Menge einer fremden Substanz vermengt ist, wird man sie meistens entdeken koͤnnen, wenn man das fragliche Salz in ungefaͤhr dreihundert Mahl soviel Wasser aufloͤst – also Einen Gran schwefelsaures Chinin in fuͤnf Drachmen siedendem destillirtem Wasser. Beim Erkalten der Fluͤßigkeit wird reines schwefelsaures Chinin in federfoͤrmigen Krystallen sich nach 24 Stunden abgesezt haben, wenn keine Verfaͤlschung Statt fand. 2) Man wird gut thun, wenn man auch den Geschmak von einer als rein bekannten Qualitaͤt schwefelsauren Chinins mit dem eines anderen Musters vergleicht. Wenn man einen Gran reinen schwefelsauren Chinins in beinahe anderthalb Pfund oder 10,500 Gran Wasser aufloͤst, wird die Fluͤßigkeit dadurch noch ziemlich bitter. 3) Die reinen und kohlensauren Alkalien bringen immer, wenn sie nur in geringem Ueberschusse vorhanden sind, bei der gewoͤhnlichen Temperatur in einer Aufloͤsung von schwefelsaurem Chinin einen sehr merklichen Niederschlag hervor, wenn leztere auch nur den tausendsten Theil ihres Gewichtes, oder weniger als einen Gran Chininsalz in zwei Unzen Wasser enthaͤlt. 4) Eine Aufloͤsung von Gaͤrbestoff bringt einen sehr merklichen Niederschlag in einer waͤsserigen Aufloͤsung von schwefelsaurem Chinin hervor, die nur 1/10,000 ihres Gewichtes von dem Salz enthaͤlt, vorausgesezt, daß keine freie Saͤure vorhanden ist. Am beßten wendet man dazu den Gaͤrbestoff des Kino an. Es ist jedoch zu bemerken, daß die Salze von Morphin, Cinchonin, Strychnin u.s.w. ebenso durch den Gaͤrbestoff gefaͤllt werden; aber diese werden nicht leicht mit dem schwefelsauren Chinin vermengt. 5) Schwefelsaures Chinin, von welchem man vermuthet, daß es Zuker, Gummi, oder andere in kaltem Wasser aufloͤsliche Substanzen enthaͤlt, kann dadurch gepruͤft werden, daß man ein und dieselbe Portion von dem Salze mehrmals mit kleinen Mengen Wasser bis zur Saͤttigung digerirt. Wenn das schwefelsaure Chinin rein ist, und alle Aufloͤsungen gehoͤrig gesaͤttigt wurden, werden sie denselben Geschmak und gleiches spezifisches Gewicht haben; auch werden dann gleiche Portionen davon beim Abdampfen gleiche Quantitaͤten festen Ruͤkstand geben. 6) Wenn man obiges Verfahren mit Alkohol, anstatt mit Wasser wiederholt, kann man Harz und einige andere Stoffe ausziehen, weil das schwefelsaure Chinin in Alkohol nur bis zu einem gewissen Grade aufloͤslich ist. 7) Wenn man in dem schwefelsauren Chinin eine weiße, in kaltem Wasser unaufloͤsliche Substanz findet, erhizt man die Mischung bis auf etwa 170° Fahr. (61° R.) Dadurch wird die Starke aufgeloͤst werden, und man kann dann ihre Gegenwart durch Zusaz; einer waͤsserigen Aufloͤsung von Jod entdeken, wodurch sich die Mischung blau faͤrben und endlich ein blauer Niederschlag entstehen wird. Das Jod muß in sehr geringer Menge zugesezt werden. 8) Schwefelsaures Chinin ist mit Ammoniaksalzen verfaͤlscht worden. Diese entdekt man, wenn man ein wenig von dem verdaͤchtigen Salze mit einer Kaliaufloͤsung versezt. Wenn irgend ein Ammoniaksalz vorhanden ist, wird man das Ammoniakgas leicht entweder durch den Geruch oder dadurch entdeken koͤnnen, daß man uͤber das Gemenge ein Stuͤk Curcumaͤpapier oder einen mit Essigsaͤure befeuchteten Glastab haͤlt. 9) Um auszumitteln, ob das schwefelsaure Chinin irgend ein Salz mit erdiger Basis enthaͤlt, wie z.B. schwefelsaure Bittererde oder schwefelsaurer Kalk, verbrennt man einen Theil davon in einem Silber- oder Platintiegel, oder auch in einer reinen Tobakpfeife. Das erdige Salz oder jede durch Hize nicht zersezbare Substanz wird sodann in dem Gesaͤße zuruͤkbleiben. 10) Um sich zu versichern, daß das schwefelsaure Chinin die gehoͤrige Menge Schwefelsaͤure und Chinin enthaͤlt, loͤst man ein wenig in reiner Salz- oder Salpetersaͤure auf, und sezt salzsaure oder salpetersaure Barytaufloͤsung zu: 60 Theile muͤssen dann 17,3 bis 17,4 schwefelsauren Baryt geben; diese Methode kann aber auch so abgeaͤndert werden, daß man den Niederschlag nicht zu troknen braucht. Man loͤst 60 Gran schwefelsaures Chinin in Wasser auf, das schwach mir Salzsaͤure oder Salpetersaͤure angesaͤuert ist, versezt die Fluͤßigkeit mit einer Aufloͤsung von 18 Gran salpetersaurem Buryt, und filtrirt den niedergefallenen schwefelsauren Baryt ab. Wird nun die klare Aufloͤsung mit salpetersaurem Baryt versezt, so sollte dadurch noch ein schwacher Niederschlag entstehen, denn 60 schwefelsaures Chinin enthalten 5,8 Gr. Schwefelsaͤure, die 19,1 salpetersaurem Baryt entspricht. Diese Probe dient bloß dazu, um auszumitteln, ob keine krystallisirte vegetabilische Substanz, ohne mit Schwefelsaure verbunden zu seyn, im schwefelsauren Chinin enthalten ist; auf die Ausmittelung der erdigen oder alkalischen schwefelsauren Salze ist schon Ruͤksicht genommen worden. 11) Das schwefelsaure Chinin soll nicht mehr als 8 bis 10 Procent Wasser verlieren, wenn man es so lange erhizt, bis es sein Krystallwasser verloren hat. Hr. Barry hat mir bemerkt, daß er einst ein Muster untersuchte, welches mehr als 40 Procent Wasser enthielt, das mechanisch in demselben vertheilt war.Ueber die Verfaͤlschung des schwefelsauren Chinins mit Boraxsaͤure und die Methode, sie zu entdeken, vergl. man polyt. Journ. Bd. XXVI. S. 175. A. d. R.