Titel: Etwas über die Veredlung der Schafe in Frankreich, von Herrn G. Ternaux, der Aeltere.
Autor: G. Ternaux
Fundstelle: Band 30, Jahrgang 1828, Nr. CIXCII., S. 389
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CIXCII. Etwas uͤber die Veredlung der Schafe in Frankreich, von Herrn G. Ternaux, der Aeltere. (Beschluß.) Ternaux, uͤber die Veredlung der Schafe in Frankreich. X. Capitel.Hindernisse, die der Fortpflanzung der Merinos im Wege stehen. Die Besizer von Herden in den Umgebungen von Paris und in den dieser Hauptstadt zunaͤchst gelegenen Departementen, wie in dem Depart. der Seine und Oise, Seine und Marne, Oise, Marne, Loiret etc. koͤnnen ihre Wolle leicht zu regelmaͤßigen Preisen verkaufen; diejenigen hingegen, die außer diesem Bereiche liegen, haben schon mit weit mehr Schwierigkeiten zu kaͤmpfen. Der Grund hiervon ist dieser: die Wollenhaͤndler und Fabrikanten, die diese Departement bestaͤndig durchstreifen, um daselbst ihre Ankaͤufe zu machen, bestimmen durch ihre Concurrenz den wirklichen Werth, den die Wolle in Hinsicht auf ihre Anwendung haben muß. Die Besizer der Herden in entfernteren Departementen, welche nur selten oder gar nie Wollenkaͤufer sehen, die um feine Wolle fragen, sind dieses Vortheiles beraubt. Sie muͤssen ihre Wolle Unterhaͤndlern in den Fabrikoͤrtern oder in großen Staͤdten schiken. Außer dem, daß sie hier mit der Ungewißheit zu kaͤmpfen haben, ob sie ihr Zutrauen auch dem rechten Manne schenkten, macht dieses Versenden einer Waare, die bei dem ersten Waschen zwei Drittel oder auch drei Viertel ihres Gewichtes verliert, bedeutende Transportkosten. Wenn, um diesen Verlust zu vermeiden, den man bei gewaschener Wolle auf 3 bis 4 Sous schaͤzen kann, und der bei groͤßeren Entfernungen von Paris, wo der Preis fester und regelmaͤßiger steht, als irgend anderswo, zuweilen 5 bis 6 Sous betraͤgt, der Eigenthuͤmer versucht, die Wolle selbst zu sortiren, zu reinigen und zu waschen, so wird er aus den alsogleich anzugebenden Ursachen noch groͤßeren Verlust erleiden. Eine Merinosherde mag auf was immer fuͤr einer Stufe von Veredlung sich befinden, so wird immer ein großer Unterschied zwischen den Fließen in Hinsicht auf Feinheit der Wolle Statt haben. Aus dieser Ursache werden sie gewoͤhnlich immer in 5 bis 6 Classen getheilt. Der Arbeiter, der die Wolle sortirt, muß viele Uebung mit einer langen Erfahrung verbinden, weil man die Wolle nur dann kennen lernt, wann man sich bestaͤndig mit Verarbeitung derselben beschaͤftigt. Ein Schafwirth, der sich nur ein Mal im Jahre mit dieser Arbeit beschaͤftigt, naͤmlich bei der Schur, kann also nicht selbst sortiren. Nun kommt das Auslesen, welches darin besteht, daß man alle Theile des Fließes, die sehr ungleich sind, von einander abscheidet; daß man die Wolle von den Flanken und Schultern, vom Ruͤken, vom Bauche, von den Schenkeln, vom Halse, von den Fuͤßen, welche an allen diesen Theilen Wolle von verschiedener Qualitaͤt ist, und 5 bis 6 verschiedene Sorten gibt, zusammenlegt. Multiplicirt man diese 5 Wollensorten mit 6, so hat man 30 verschiedene Sorten, die bei Verfertigung der Wollenwaaren auf verschiedene Weise verwendet werden. Eine Herde mag noch so zahlreich seyn, so wird sie nie stark genug seyn, um das zu geben, was man in Spanien una pila nennt, in Frankreich une Partie, ja selbst nicht einige Ballen. Dadurch entsteht nun die große Schwierigkeit, dem Fabrikanten diese kleinen Haͤufchen Wolle zu verkaufen, da dieser es in seinem Interesse findet, gewoͤhnlich nur eine Sorte von Wolle zu jenem Fabrikate anzuwenden, das er verfertigt; und wenn er ja einwilligt, diese verschiedenen kleinen Partien zu kaufen, so geschieht es nur darum, daß er sie sehr wohlfeil bekommt, indem er selbst gezwungen ist, dasjenige, was er nicht brauchen kann, einer anderen Fabrik zu verkaufen. Die Waschkosten sind in der That gering; sie fordern aber eine Menge von Werkzeugen, und ein zu dieser Arbeit geeignetes Local: diese Arbeit gelingt auch den einzelnen Landwirthen in der Regel nie gehoͤrig. Um diesen Nachtheilen abzuhelfen, ist man mehrere Male auf den Gedanken gerathen, oͤffentliche Wollwaschanstalten zu errichten. Keine ist gelungen; vielleicht weil die meisten, die ihre Wolle nach denselben schikten, mit den erhaltenen Resultaten schlecht zufrieden waren. Eine Herde mag, wie gesagt, noch so groß seyn, so ist sie doch nie groß genug, um die schlechteren Wollensorten in einer solchen Menge zu liefern, daß man einen Ballen Beispiel: 1200 Fließe werden 1200 Kilogramm vollkommen gewaschene Wolle geben, die in 6 Qualitaͤten, jede zu 200 Kilogramm, zerfallen. In diesen 200 Kilogrammen gewaschener Wolle werden 10–15 Pf. Fußwolle vorkommen; 30 Schenkelwolle, 60 Ruͤkenwolle, 40 Halswolle, 120 Bauchwolle, und 160 Wolle von den Flanken und Schultern. Wenn man mit Muͤhe aus diesen 1200 Fließen zwei Ballen Wolle von jener Qualitaͤt zusammenbringt, von der sie am meisten liefern, so wird man es noch weit weniger von jener Wolle, von welcher sie noch weniger geben. A. d. O. aus derselben erhalten koͤnnte. Um ferner diese Wolle einem Fabrikanten verkaufen zu koͤnnen, muͤßte man sie mit anderer Wolle mengen; denn weniger als acht- bis zehntausend auf ein Mal gewaschene Fließe kann man nicht mit Vortheil verkaufen. Alle diese Betrachtungen beweisen, daß ein Landwirth, der von der Hauptstadt entfernt wohnt, am besten thut, unmittelbar nach der Schur seine Wolle zu einem Unterhaͤndler zu schiken (wenn er sie nicht lieber einem Wollenwaͤscher verkauft), statt daß er dieselbe selbst sortirt und waͤscht. Es waͤre fuͤr die Besizer von Schafherden sehr zu wuͤnschen, daß man ein Mal oder mehrere Male im Jahre einen großen Wollenmarkt hielte, wodurch Kaͤufer und Verkaͤufer in unmittelbare Beruͤhrung mit einander gebracht wuͤrden. Wenn die Regierung oder eine Compagnie ein Gebaͤude anwiese, in welchem die Wolle aus allen Gegenden Frankreichs untergebracht werden koͤnnte, so wuͤrde sie dem Akerbaue dadurch einen großen Dienst erweisen. Ein solcher Markt ist zum Theile schon wirklich zu Rambouillet, zu St. Denis, zu Chartres, Châteauroux, Meaux, Brie, Dourdan etc. vorhanden; doch alle diese Oerter sind zu sehr zerstreut, als daß sich daselbst ein regelmaͤßiger Wollenpreis bilden koͤnnte: indessen leisten sie, selbst in dem Zustande, in welchem sie sich befinden, noch immer solche Dienste, daß man ungerecht seyn muͤßte, wenn man sie verkennen wollte.Eben dieß gilt wohl auch von den deutschen Wollenmaͤrkten. A. d. Ueb. Aus dem Gesagten erhellt, daß das Sortiren, Auslesen, Waschen eine Mittelanstalt zwischen dem Landwirthe und dem Fabrikanten fordert, und daß, weit entfernt, daß man sich gegen die Wollenwaͤscher erheben duͤrfe, man gestehen muß, daß die Gewalt der Sache ihre Beihuͤlfe nothwendig macht. Es ist zu wuͤnschen, daß deren recht viele und zumal sehr reiche entstehen, die im Stande sind, den Landwirthen Vorschuͤsse und den Fabrikanten Credit zu schenken, wie dieß ehemals in Spanien der Fall war, als die Wollenerzeugung in diesem Lande ausschließlich bluͤhte. Wenn es noch eines anderen Beweises des großen Nuzens dieser Wollenwaͤscher beduͤrfte, so wuͤrden wir nur die allen guten Fabrikanten laͤngst bekannte, im Allgemeinen aber zu wenig gewuͤrdigte Thatsache anfuͤhren, daß die Wolle nie gehoͤrig entfettet werden kann, wenn sie nicht nach der ersten Waͤsche mehrere Monate lang in Ballen gelegen ist, um dem Fette, welches die Wolle noch immer enthaͤlt, Zeit zu lassen zur Gaͤhrung, damit es neuerdings mit Leichtigkeit abgeschieden werden kann. Was ich noch beifuͤgen koͤnnte, betrifft die Kunst der Wollenmanufactur, und ich enthalte mich fernerer Beobachtungen. XI. Kapitel. Von der Bedekung der Schafe. Seit mehreren Jahren hat sich sowohl in Frankreich als in Deutschland unter den Landwirthen, Wollenhaͤndlern und Fabrikanten die Frage aufgeworfen: ob es vortheilhaft sey oder nicht, die Schafe bestaͤndig oder wenigstens 9 Monate im Jahre uͤber, mit Leinwand zu bedeken? Man hat in beiden Laͤndern Versuche hieruͤber angestellt; allein entweder hat man sie nicht gehoͤrig vervielfaͤltigt, oder man hat sie nicht sorgfaͤltig genug verfolgt: man konnte bisher zu keiner Entscheidung gelangen. Ein saͤchsischer Guͤterbesizer, dessen Merinos mittelst einer Art von weiter Jake gegen Regen, Staub und Sonnenhize geschuͤzt waren, schikte mir die Wolle derselben und wuͤnschte mein Urtheil hieruͤber zu erfahren. Ich ließ sie bearbeiten, und fand sie ohne Widerrede reiner und weißer, als gewoͤhnlich; sie schien mir auch viel staͤrker und gab weniger Abfall. Wenn sie auch weniger fein war, so war sie im Kerne mehr glatt, mehr platt und weniger kraus. Ich habe aus dieser Wolle Schahls verfertigt, die weißer waren, als ich sie aus unbedekter Wolle nicht zu verfertigen vermochte. Allein wird man auch, wenn man die Schafe bedekt, einen Preis fuͤr die Wolle erhalten, der Ersaz fuͤr die Kosten dieser neuen Behandlungsart liefert? Mir scheint, daß dieß bei dem Fabrikanten, nicht aber bei dem Wollenhaͤndler oder Landwirthe der Fall seyn wird; denn die Fabrikanten werden erst dann in eine Entschaͤdigung von einem Gulden oder von 2 Franken einwilligen, wenn sie sich mit Sicherheit uͤberzeugt haben, daß sie an ihrem Fabrikate diese Preiserhoͤhung wieder vollkommen hereinbringen. Uebrigens waͤre ein hoͤherer Werth der Wolle vielleicht nicht der einzige Vortheil, den man durch Bedekung des Schafes mit Leinwand erreichte; das Thier wuͤrde dadurch gegen Kaͤlte, Schnee, Regen und vorzuͤglich gegen Naͤsse geschuͤzt; seine Gesundheit muͤßte dadurch gewinnen;Dieß wuͤrde sich erst in mehreren Jahren und Generationen mit Sicherheit zeigen. A. d. Ueb. man koͤnnte es laͤnger im Freien halten; es wuͤrde keine Wolle an den Heken und Thuͤren verlieren; die Wolle wuͤrde weißer bleiben, und sich schoͤner waschen und besser abfetten lassen; es ist endlich auch noch wahrscheinlich, daß die Wolle, die an ihren Enden weniger litt, sich nicht so leicht abnuͤzen wird, wie die Roͤhre; daß sie weniger mit Schmuz beladen sich leichter verlaͤngern wird, und daß diese Eigenschaft, vereint mit der Waͤrme, die Wolle schneller und reichlicher wachsen machen wird. Muß man aber nicht auch besorgen, daß das Schaf, der Luft beraubt, unter dieser Deke gewisser Maßen erstikt, und wenn es dadurch weniger geneigt wird, raudig zu werden, dafuͤr dem Schlagflusse mehr ausgesezt wird? Je mehr man uͤber diese Neuerung nachdenkt, je mehr man die Gruͤnde dafuͤr und dagegen abwiegt, desto mehr sieht man, daß dieser Gegenstand verdient studirt zu werden, und daß es sehr zu wuͤnschen waͤre, daß man neue Versuche hieruͤber anstellte, die ich von meiner Seite an meinen Herden zu St. Oven und anderswo anfangen werde. Anmerkung des Redacteurs des Recueil industriel. Am Ende dieser Schrift des Hrn. Ternaux befindet sich eine Uebersicht des Zustandes der Herden auf dem Pachtgute Trappes bei Versailles, aus welcher man den Futterverbrauch waͤhrend des Monates Junius 1827 mit dem fruͤheren vom 1. Julius 1826 an ersieht. Fuͤr die Herde Joseph verbrauchte man fuͤr 582 Fr. 33 C. Hieraus ergibt sich fuͤr jedes Stuͤk waͤhrend Junius in 24 Stunden 5 39/100 Cent. Im Jahre verbrauchte man fuͤr 7614 Fr. 54 Cent. Duͤnger abzuziehen: Streu   3281 Fr.Pferch   810  – 28 C.50  – 4091  – 78  – –––––––––––– Reiner Rest 3522  – 76  – Hieraus ergeben sich die Kosten fuͤr jedes Stuͤk zu 2 Cent. 56/100 in 24 Stunden, worunter auch das Futter der jungen Laͤmmer vom 5. November der Wurfzeit, bis zum 20. April, wo diese eine zweite Herde bilden, eingerechnet ist. Bei der Herde Toussaint verbrauchte man fuͤr 173 Fr. 20 C. Hieraus ergeben sich die Kosten fuͤr jedes Stuͤk, waͤhrend des Monates Junius, auf 2 Cent. 24/100, waͤhrend 24 Stunden. Im Jahre verbrauchte man fuͤr 4041 Fr.   5 Cent. Duͤnger abzuziehen: Streu   2409 Fr.Pferch   324  – 15 C.74  – 2733  – 90  – –––––––––––– Reiner Rest 1307  – 15  – Hieraus ergeben sich die Kosten fuͤr jedes Stuͤk zu 1 34/100 Cent. binnen 24 Stunden.