Titel: Bemerkungen über die Verfahrungsarten, wodurch man dem Glase eine blaue Farbe ertheilt, von Herrn Engelhardt.
Fundstelle: Band 30, Jahrgang 1828, Nr. CX., S. 412
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CX. Bemerkungen uͤber die Verfahrungsarten, wodurch man dem Glase eine blaue Farbe ertheilt, von Herrn Engelhardt. Aus dem Industriel, September 1828. im Journal de Pharmacie, November 1828. S. 567. Engelhardt's Bemerkungen uͤber die Verfahrungsarten, wodurch man dem Glase eine blaue Farbe ertheilt. Nichts scheint im Anfange so leicht als gefaͤrbte Glaͤser zu bereiten, indem man die Fritte mit einem Metalloxyde versezt; die Umstaͤnde aber, welche das Resultat abaͤndern koͤnnen, legen so viele Hindernisse in den Weg, daß man sie studiren muß, um sie beseitigen zu koͤnnen. Man hat noch nicht alle Metalloxyde in dieser Hinsicht gepruͤft, und die Resultate, welche man mit den Metalloxyden je nach ihrem verschiedenen Oxydationsgrade erhaͤlt, sind auch noch keineswegs verlaͤßlich bestimmt. Manches Oxyd gibt bei maͤßigem Feuer ein undurchsichtiges Glas oder Email, welches bei staͤrkerem Feuer sich vollstaͤndig verglast und durchsichtig wird. Von dieser Art ist das Eisenoxyd, welches sich bei niedriger Temperatur oder bei Anwendung eines leichtfluͤssigen Glases nur zwischen die verglaste Masse legt, und so eine mehr oder weniger dunkle ziegelrothe Farbe hervorbringt, die aber bei heftigem Feuer schmilzt und ein durchsichtiges, nur wenig gefaͤrbtes Glas gibt, oder unter besondern Umstaͤnden Blau und Gruͤn hervorbringt, wie man es bei dem Glase der gewoͤhnlichen Bouteillen sieht. Einige Oxyde bilden bei verschiedenen Hizgraden verschiedene neue Verbindungen, indem sich ihr Sauerstoffgehalt vermehrt oder vermindert, und bringen so neue Farben hervor; andere endlich veraͤndern sich je nach der Natur der Flußmittel, womit man sie vereinigt, und koͤnnen hiernach ganz entgegengesezte Resultate geben. Endlich muß man noch die Malerei auf Glas oder das Faͤrben der Fensterglaͤser von dem des Emails oder der Porcellandeke unterscheiden. Bei ersteren muß die Farbe immer vollkommen durchsichtig seyn und daher auch jedes Mal vollstaͤndig verglast werden; bei lezteren braucht man oft nur die Farbe dadurch hervorzubringen, daß man ein Oxyd, welches undurchsichtig bleiben kann, zwischen das Email legt oder demselben beimengt. Alle diese Umstaͤnde bieten uͤbrigens bei Versuchen im Kleinen noch viel groͤßere Schwierigkeiten dar, als wenn man im Großen arbeitet, denn so intensiv die Hize auch seyn mag, welche wir in unseren Laboratorien hervorbringen koͤnnen, so wird sie doch nicht bestaͤndig auf demselben Grade erhalten, welches eine zum Gelingen dieser Operationen wesentliche Bedingung ist. Ich habe immer bessere Resultate erhalten, wenn ich Gelegenheit gehabt habe, meine Versuche in Glashuͤtten anzustellen. Kobalt. Unter den Metalloxyden, welche das Glas blau faͤrben koͤnnen, nimmt das Kobalt den ersten Rang ein. Man hat sich viele Muͤhe gegeben bei den alten Schriftstellern Nachrichten uͤber das Kobalt zu finden, und aus allen Untersuchungen scheint hervorzugehen, daß man erst im fuͤnfzehnten Jahrhundert angefangen hat, sich desselben zu bedienen; wahrscheinlich hat man dasjenige aus den Bergwerken von Schneeberg in Sachsen zuerst angewandt. Gmelin stellte zuerst die Meinung auf, daß die Schmelzglaͤser, die falschen Perlen und die uͤbrigen Gegenstaͤnde aus blauem Glase, welche man in Egypten gefunden hat, so wie die blau gefaͤrbten Glaͤser, welche man aus dem roͤmischen Mosaik erhaͤlt, diese Farbe nicht dem Kobalt, sondern dem Eisen verdanken. Er stuͤzte seine Meinung auf sehr gelehrte Forschungen, so wie auch auf synthetische und analytische Versuche. Ich habe mehrere blau gefaͤrbte Glaͤser untersucht, die angeblich vor dem fuͤnfzehnten Jahrhundert verfertigt waren; sie zeigten keine Spur von Kobalt und ich fand darin nur Eisen und zuweilen Mangan; heut zu Tage gebraucht man nur Kobalt, um das Glas blau zu faͤrben, aber niemals findet es sich allein, man mag nun das schon gefaͤrbte Glas, Email, kuͤnstliches AzurblauUnter Azurblau (azur) scheint der Verfasser die Verbindung von Kobaltoxyd mit Alaunerde zu verstehen, welche Thenard bereiten lehrte. A. d. R. u.s.w. untersuchen, oder die Koͤrper analysiren, welche man zum Faͤrben anwendet, naͤmlich die verschiedenen Kobalterze, den Zaffer u.s.w. Das Kobalt ist darin hauptsaͤchlich mit Nikel und Eisen verbunden, was man schließen kann: 1) Aus den Analysen des Thunaberger Kobalterzes, welches das reinste Kobalt gibt. 2) Aus den Analysen, welche ich mit verschiedenen Sorten Azurblau angestellt habe, wovon mir die reinsten immer dreißig bis vierzig Theile Nikel auf hundert Theile Kobalt gaben. 3) Aus den Analysen verschiedener Sorten von Zaffer, welche beilaͤufig fuͤnf und siebenzig Theile Sand auf fuͤnf und zwanzig Theile Metalloxyde enthalten, wobei in lezteren ungefaͤhr drei Theile Nikel auf sechs Theile Kobalt kommen; der Rest ist Eisen, Wismuth, Arsenik. Die Vorstellungen, welche man sich von der Faͤrbung durch das Nikel, welches immer das Kobalt begleitet, gemacht hat und die Folgerungen, welche ich aus meinen eigenen Versuchen gezogen habe, veranlassen mich, hier die dem reinen Nikel und seinen Gemengen eigenthuͤmlichen Farben anzugeben. Nikel. Nach Bergmann ertheilt das Nikel vor dem Loͤthrohr dem Borax eine schoͤne Hyacinthfarbe, welche dann verschwindet und auf Zusaz von Salpeter blau wird. Diese blaue Faͤrbung schrieb Bergmann, in der Meinung sein Nikel enthalte kein Kobalt, dem Mangan zu. Proust erhielt dieselbe Hyacinthfarbe. Ich hatte Nikel nach dem Verfahren von Tupputi bereitet; aber die Reagenzien zeigten bald, daß es nicht frei von Kobalt war. Ich suchte dann dieses Metall nach dem von Herrn Thenard angegebenen Verfahren abzuscheiden, und erhielt mit dem nach dieser Methode dargestellten Nikel bei meinen ersten Versuchen zu meinem großen Erstaunen ein blau gefaͤrbtes Glas von einer so schoͤnen Farbe, als sie das Kobalt nur immer hervorbringen kann, die nur einen sehr schwachen Stich ins Rothe hatte. Daraus schloß ich, daß dieses Nikel noch Kobalt enthielt, und bereitete neuerdings solches mit der groͤßten Sorgfalt; aber es gelang mir nicht, diese beiden Metalle von einander zu scheiden, obgleich ich ein ganzes Jahr lang theils die von verschiedenen Schriftstellern angegebenen Vorschriften wiederholte, theils solche befolgte, von welchen es mir wahrscheinlich war, daß sie diesen Zwek erreichen koͤnnten. Hierauf erschien die Abhandlung des Herrn Laugier,Uebersezt in Trommsdorff's neuem Journal der Pharmacie, B. III. St. 2, S. 93.A. d. R. wodurch wir in den Stand gesezt wurden, reines und ganz kobaltfreies Nikel zu bereiten. Ich habe sein Verfahren mit Erfolg wiederholt und mich bei meinen lezten Versuchen nur des nach seinem Verfahren dargestellten Nikels bedient. Dieses Oxyd faͤrbt den Borax vor dem Loͤthrohr schwach hyacinthroth, und wenn das Glas mit Salpeter umschmilzt, wird es nicht blau (wie Bergmann bemerkt), sondern die hyacinthrothe Farbe wird dadurch nur intensiver. Ich behandelte sodann dieses Oxyd mit Glas, und es gab mir immer im Verlaufe vieler Versuche diese dem Amethyst sehr aͤhnliche hyacinthrothe Farbe, welche dem Blau so nahe steht, daß die geringste Menge Kobaltoxyd sie dunkelblau macht. Es scheint also, daß das Nikeloxyd es ist, welches dem durch Kobalt gefaͤrbten Glase den Stich ins Purpurrothe ertheilt, der es so angenehm macht. Man darf also nicht schließen, wie Richter es that, welcher nur mit einem unreinen Nikel arbeiten konnte, daß das Oxyd dieses Metalles das Porcellan schwarzbraun faͤrbt, und sogar die Farbe des Kobalts, womit es vereinigt ist, unrein macht; im Gegentheile glaube ich aus den mit gereinigtem Nikel angestellten Versuchen und den Analysen der mit Kobalt dargestellten blauen Glaͤser folgern zu koͤnnen: 1) Daß das reinste Nikel, wie man es nach dem Verfahren von Laugier erhaͤlt, dem Glase immer eine schoͤne Hyacinthfarbe ertheilt, welche bei durchsichtigen Glaͤsern deutlicher und glaͤnzender als bei undurchsichtigen ist. 2) Diese Farbe ist dem Blau so nahe, daß die geringste Menge Kobalt hinreichend ist, um sie in dieses zu verwandeln; daher man mit Erfolg das Nikeloxyd fuͤr dunkelblau anwenden kann. 3) Hieraus geht hervor, daß man eine Reihe blauer Nuͤancen von der hellsten bis zum Purpurblau darstellen kann. Nachdem ich nun angegeben habe, welche Farben Nikel und Kobalt, sowohl einzeln als verbunden geben koͤnne, gehe ich zu dem Blau uͤber, welches man mit Kupferoxyd und Eisenoxyd erhalten kann. Kupfer. Das Kupfer, welches den Salzen, die es mit den Saͤuren bildet, so schoͤne Farben ertheilt, ist auch eine der Substanzen, welche am haͤufigsten zum Faͤrben des Glases und des Emails angewandt werden. Auf seiner niedrigsten Oxydationsstufe bringt es das schoͤnste Roth hervor. Ich erhielt mittelst Kupfer nach den Angaben des Herrn Schweighaͤuser, dessen Abhandlung uͤber die Kunst, das Eisen zu emailliren, von der Société d'Encouragement mit so vielem Recht gekroͤnt wurde, schoͤne durchsichtige Scheiben von rothem Glase, von eben so schoͤner Farbe, wie die Fenster in den Kirchen, von denen ich glaube, daß sie groͤßtentheils ebenfalls mit Kupfer roth gefaͤrbt sind,Man vergleiche uͤber diesen Gegenstand die Abhandlung desselben Verfassers im polytechn. Journ. Bd. XXVIII. S. 299, und uͤber die rothe Faͤrbung des Emails durch Kupferoxydul Bd. XXVIII. S. 560.A. d. R. wovon ich mich auch durch die Analyse uͤberzeugt habe. Im Allgemeinen gibt es nur sehr wenige Glaͤser, welche, wie mehrere Luxusartikel und diejenigen Glaͤser, welche man Kunkel nennt, durch Gold gefaͤrbt sind, deren Roth sich auch, indem es immer einen Stich in das Karmesin oder Rosenroth hat, auf den ersten Blik von dem durch Kupfer hervorgebrachten unterscheidet, welches mehr scharlachrot ist. Mit einem Glasfluß vermengt, der viel Blei enthaͤlt, gibt das Kupferoxyd ein schoͤnes Gruͤn. Das Blei, indem es den Fluß des Glases erleichtert, scheint dem Kupfer zu gestatten, daß es sich auf einer hoͤheren Oxydationsstufe erhaͤlt, oder traͤgt auch zur Hervorbringung des Gruͤn dadurch bei, daß sich die gelbe Farbe, welche ihm eigenthuͤmlich ist, mit der blaͤulich-gruͤnen vermischt, welche leztere das Kupfer bei hoher Temperatur oder bei einem Fluß, welcher wenig oder kein Blei enthaͤlt, zeigt. Das Hellblau oder Tuͤrkisblau, welches das Kupfer den verglasbaren Substanzen ertheilen kann, scheint mit der Durchsichtigkeit nicht vertraͤglich zu seyn, weil man es nur dann erhalten kann, wenn der Glasfluß entweder zufaͤllig oder durch Zusaz von ein wenig Kalk undurchsichtig wird. Sobald man dem Glase diese Undurchsichtigkeit nimmt und es entweder durch Zusaz von irgend einem Fluß oder durch heftiges Feuer durchsichtig macht, nimmt das Blau wieder eine schwache gruͤnliche Farbe an. Ich fuͤhre diese sonderbare Thatsache an, ohne daß ich sie zu erklaͤren mich getrauen wuͤrde; es ist uͤbrigens bei dem gegenwaͤrtigen Zustande unserer Kenntnisse uͤber die Entstehung der Farben im Allgemeinen und uͤber die Oxydationsstufen, worauf die Metalle in dem Glase bleiben, schwer eine genuͤgende Erklaͤrung davon zu geben. Obgleich das so durch das Kupfer hervorgebrachte Hellblau nicht absolut rein ist, so ist es doch sehr nuͤzlich, um die Tuͤrkisse nach zuahmen, und dient dazu dem Kobalt eine hellere blaue Farbe zu ertheilen. Eisen. Wir haben aus den Beobachtungen von Gmelin und den Analysen verschiedener Glaͤser ersehen, daß das Eisen in fruͤheren Zeiten gebraucht wurde, um das Glas blau zu faͤrben; aber bei der Leichtigkeit, womit man diese Farbe durch Kobalt erhaͤlt, hat man natuͤrlich dieses Verfahren aufgegeben. Die Natur und die Kuͤnste, welche taͤglich das Eisen anwenden, mußten endlich die Gelehrten lehren, wie man mit diesem Metall blaues Email darstellen kann; in der That verdanken ihm eine Menge von Edelsteinen und besonders der schoͤne Ultramarin ihren Glanz;Daß der Ultramarin durch Eisen gefaͤrbt ist, ist ein Irrthum, da Herr Professor Gmelin bekanntlich gezeigt hat, daß man ihn durch eine Verbindung von Natron mit Schwefel, Kieselerde und Alaunerde kuͤnstlich nachbilden kann. Vergl. polytechn. Journ. Bd. XXVIII. S. 165.A. d. R. die sogenannten kieselerdehaltigen Eisenschlaken sind dadurch blau gefaͤrbt; die gewoͤhnlichen gruͤnen Bouteillen, welche diese Farbe dem Eisen verdanken, nehmen oft in heftigem Feuer eine blaue Farbe an, welche sich noch unter vielen anderen Umstaͤnden bei der Glasfabrication entwikelt. Wir finden schon im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts viele Versuche, um das Glas durch Eisen blau zu faͤrben. De Laval, Lewis, Henckel, sogar Neri, sprechen davon. Loysel sagt, man erhalte immer ein sehr schoͤnes Blau durch ein anderes Oxyd, als das des Kobalts, und daß er davon auch haͤufigen Gebrauch mache; er sagt aber nicht, daß es Eisen ist, was er anwandte und gibt die Verfahrungsweise nicht an, welche ihm d'Arcet mitgetheilt hatte. Ueber den Nuzen dieser Verfahrungsarten muͤssen uns hauptsaͤchlich Versuche im Großen belehren und uͤber diesen Gegenstand hat Herr Pajotdescharmes die ersten Versuche angestellt,Man vergleiche hieruͤber seine Abhandlung im polytechnischen Journal Bd. XXIX. S. 439.A. d. R. wovon es wuͤnschenswerth waͤre, daß sie ein unterrichteter Fabrikant fortsezen wuͤrde, denn man kann hieruͤber nur in großen Etablissements nuͤzliche Versuche anstellen und genuͤgende Resultate erhalten.