Titel: Reinigung des Wassers.
Fundstelle: Band 31, Jahrgang 1829, Nr. XXXIV., S. 110
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XXXIV. Reinigung des Wassers. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. November 1828. S. 306. Reinigung des Wassers. Man hat neulich zu Paris verschiedene Versuche uͤber das Filtriren des Wassers angestellt, um die verhaͤltnißmaͤßig beste Methode zu finden. Der erste Versuch wurde mit ungefaͤhr 6 Gallons (60 Pf.) Seine-Wasser angestellt, in welches man einige Tage vorher einigen thierischen Stoff warf und sich darin zersezen ließ, um das Wasser uͤbel schmeken und uͤbel riechen zu machenDieß war uͤberfluͤssig; das Seine-Wasser fuͤhrt ohnedieß thierischen Stoff genug, und stinkt quantum satis.A. d. U.. Ein Theil dieses Wassers wurde dann durch eine Schichte Holzkohlen, Sand und Kiesel durchgelassen, wie es bei der Filtrir-Anstalt fuͤr die gute Stadt Paris gewoͤhnlich geschieht. Nach dem Filtriren fand man es vollkommen klar, und von allem Unrathe, der vorher in demselben umherschwamm, vollkommen gereinigt; es hatte auch beinahe allen uͤblen Geschmak von dem zugesezten thierischen Stoffe verloren. Indessen blieben seine chemischen Eigenschaften bei diesem Filtriren durchaus unveraͤndert: der Gyps, den das Seine-Wasser in so großer Menge enthaͤlt, war, nach vorgenommener Analyse, in dem filtrirten Wasser eben so haͤufig, als in dem nicht filtrirten. Nach diesem Versuche wurde ein anderer Theil dieses Wassers durch eine duͤnne Schichte thierischer Kohle filtrirt, die durch Verkohlung thierischer Knochen in einem geschlossenen Tiegel unter einer Art von Schornstein bereitet wurde. Das Wasser lief vollkommen rein und gut durch, frei von allem uͤblen Geruche und Geschmake, den es vorher hatte, und war mehr frisch und perlend und prikelnd, als nach der ersten Filtrirung. Indessen hatte auch dadurch noch keine chemische Veraͤnderung Statt in Hinsicht der uͤbrigen Bestandtheile. Ein dritter Versuch wurde dann mit dem uͤbrigen Theile des Wassers vorgenommen. Man gab in zwei Gallons desselben ungefaͤhr Ein Quentchen gepuͤlverten Alaun. Das Wasser wurde damit angeruͤhrt, vier und zwanzig Stunden lang in Ruhe gelassen, und hierauf versucht. Dieses Wasser war, bis auf Einen Zoll von dem Boden des Gefaͤßes, noch heller und perlender, als bei irgend einem fruͤheren Versuche; Geschmak und Geruch waren vollkommen rein, und es prikelte mehr auf der Zunge, als alles vorige Wasser. In der Naͤhe des Bodens war ein diker, wolkiger aber leichter, Bodensaz nebst dem Sande und anderen schwereren Theilen, die niederfielen. Dieser Bodensaz zeigte sehr deutlich die Gegenwart faulenden thierischen StoffesAlso nach zweimaligem Filtriren, und selbst nach Filtriren durch thierische Kohle!A. d. U. und mehrere Gypskoͤrner. Man versuchte dann zu bestimmen, in wiefern das Wasser durch den zugesezten Alaun adstringirend wurde, und fand, daß wenigstens ein Drittel des lezteren neutralisirt wurde, und daß der uͤbrige Theil desselben dem Wasser durchaus keine adstringirende Eigenschaft gab, die auch nur im mindesten die uͤbrigen Eigenschaften desselben beeintraͤchtigen, oder denjenigen, die sich desselben bedienten, nachtheilig werden konnte. Man sezte indessen eben so viel kohlensaure Soda zu, um alle Saͤure zu neutralisiren, die man noch in dem Wasser vermuthen konnte. Diese beigesezte Soda veraͤnderte den Geschmak des Wassers auch nicht im Geringsten. Da man nun das Resultat dieses Versuches fuͤr entscheidend hielt, so wurde ein einfacher und wohlfeiler Filtrir-Apparat zum Haus-Gebrauche auf folgende Weise verfertigt. Ein hoͤlzernes Faß von beliebiger Groͤße wird auf einen Untersaz aufrecht hingestellt, und mit zwei Haͤhnen versehen, wovon der eine zunaͤchst am Boden, der andere sechs Zoll hoch uͤber demselben angebracht ist. Nachdem das Faß mit Wasser gefuͤllt wurde, wird gepuͤlverter Alaun im Verhaͤltnisse von etwas weniger als einem halben Quentchen auf jedes Gallon in das Wasser geruͤhrt, und dieses vier und zwanzig Stunden lang in Ruhe gelassen. Nach dieser Zeit kann man aus dem oberen Hahne so viel Wasser ablassen, als man braucht, und wenn alles Wasser bis zu diesem abgelassen wurde, wird das unter demselben befindliche Wasser bei dem unteren Hahne abgelassen, und das Faß wieder wie vorher gefuͤlltBei aller Achtung, die wir fuͤr die Pariser Chemiker haben, muͤssen wir das Publikum vor diesem Alaun- und Soda-Wasser warnen, dessen fortgesezter taͤglicher Gebrauch nicht anders als nachtheilig auf die Gesundheit wirken kann. Wenn die alten Heiden, bei welchen zwei Drittel der Menschen Sklaven waren, wenn die unglaͤubigen Araber und Tuͤrken, bei welchen auch noch ein Drittel Sklave ist, fuͤr ihre Sklaven mit Wasserleitungen sorgten, deren Ruinen nach 10 und 20 Jahrhunderten noch brauchbar sind (wie die Wasserleitung Agricola's bei Nîmes, die Wasserleitungen der alten Araber in Spanien), so ist es empoͤrend, daß wir in unserem christlichen Zeitalter so wenig auf das erste Lebensbeduͤrfniß des Menschen, auf Wasser denken, daß wir dasselbe unsere Buͤrger als faules Pfuͤzen-Wasser oder als Alaun- und Soda-Wasser trinken lassen wollen. Der Uebersezer kannte in seinem Zeitalter nur zwei Maͤnner, die ihren Mitbuͤrgern Wasser, gutes reines Wasser, schenkten oder wenigstens schenken wollten: der, der es wirklich schenkte, war der sel. Herzog Albert von Sachsen-Teschen, der eine der Vorstaͤdte Wiens mit Wasser in einer herrlichen Wasserleitung mit Gußeisen-Roͤhren versah, in welchen das Wasser zwei Stunden weit geleitet wird, und einen Juden, der einer Stadt, in welcher Fransciskaner und Jesuiten einen Theil der Bevoͤlkerung bilden, eine Wasserleitung schenken wollte, aber fruͤher zu Grunde und zu Grabe ging, als er seinen menschenfreundlichen Plan ausfuͤhren konnte.A. d. U..