Titel: Ueber die Ausdehnung der Steine, von Hrn. Destigny.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXIX., S. 295
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LXIX. Ueber die Ausdehnung der Steine, von Hrn. Destigny. Der Akademie zu Rouen vorgelesen. Aus dem Industriel. Jan. 1829, S. 453. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Destigny, uͤber die Ausdehnung der Steine. Vor zwei Jahren las Hr. Alavoine der Gesellschaft zu Rouen eine Abhandlung vor, worin er die Nachtheile aus einander sezte, welche dadurch entstehen, daß man Eisen (zu Spannriegeln oder Zugbaͤndern) bei den Mauerwerken anwendet, und zugleich die Mittel angab, ihnen abzuhelfen. Bei dieser Gelegenheit theilte ich der Gesellschaft das Resultat meiner Versuche uͤber die Ausdehnung und Zusammenziehung der Steine bei der Erhoͤhung und Erniedrigung der Temperatur mit. Damals versprach ich nicht nur diese Versuche zu wiederholen, sondern auch neue mit verschiedenartigen Steinen anzustellen. Ich will heute versuchen, diese Schuld abzutragen; dieser Gegenstand kann beinahe als neu betrachtet werden, denn man weiß zwar, daß die Koͤrper sich durch die Waͤrme ausdehnen und durch die Kaͤlte zusammenziehen, aber Niemand hat hieruͤber bis jezt hinsichtlich der Steine genaue Versuche angestellt. Wendelinus entdekte zuerst, daß die Metalle sich durch die Waͤrme ausdehnen und durch die Kaͤlte verdichten. Muschenbroek erfand im Anfange des verflossenen Jahrhunderts zuerst ein Instrument, welches er Pyrometer nannte und wodurch er diese Wirkungen bestaͤtigen und messen konnte. Der Ritter Don Georges Juan, ein Spanier, und Bouguer haben sich ebenfalls damit beschaͤftigt. Viele andere Physiker stellten Versuche an, woraus sich ergab, daß sich nicht alle Koͤrper bei gleichem Waͤrmegrade gleichmaͤßig ausdehnen. Wir haben verschiedene Tabellen uͤber das Verhaͤltniß der Ausdehnung einiger Koͤrper, besonders der Metalle; aber in keinem Werke findet man hieruͤber etwas in Bezug auf die Steine, mit Ausnahme dreier Beobachtungen, welche ich jezt anfuͤhren will. Die erste machte Bouguer bei Gelegenheit seiner Reise nach Peru, um Behufs der Bestimmung der Gestalt der Erde, einen Meridiangrad zu messen; er bemerkte in der heißen Zone, wo er sich aufhielt, daß die Waͤrme der Sonne ein Mauersteinpflaster, welches sich in dem Hofe seines Hauses befand, um eine Drittels Linie auf eilf Fuß verlaͤngerte. Er gibt aber weder an, auf welche Art er diese Beobachtung machte, noch um wie viel die Temperatur dieses Pflasters erhoͤht wurde. Wenn wir 25 Centesimalgrade annehmen, so verhielt sich seine Ausdehnbarkeit zu derjenigen des Eisens ungefaͤhr wie 2 zu 3 und seine absolute Ausdehnbarkeit fuͤr 100° betrug 0,0008418 Millimeter. Ich zweifle an einer so betraͤchtlichen Ausdehnung. Nach dieser Beobachtung glaubte dieser gelehrte Akademiker, daß die Gebaͤude, und besonders die freistehenden, große Schwingungen erleiden muͤssen, und daß man sich wundern muͤsse, daß sie so lange ihrer wechselnden Vergroͤßerung und Verkleinerung widerstehen koͤnnen. Die zweite Thatsache uͤber die Ausdehnung der Steine findet sich in dem Traité de l'Art de bâtir des Hrn. Rondelet, Bd. IV., 2ter Theil, S. 545. Dort wird gesagt, daß der Ritter Don Georges Juan, ein Spanier, gleich lange, aus den verschiedenen hier folgenden Metallen verfertigte, Lineale (Stangen) den Sonnenstrahlen aussezte, und daß sie sich verlaͤngerten: Textabbildung Bd. 33, S. 296 Hunderttheile einer Linie; Das Eisen, um; Stahl; Kupfer; Similor; Glas; Stein Es ist zu bemerken, daß Don Georges Juan weder die Laͤnge der Lineale noch die Erhoͤhung der Temperatur angibt; man ersieht bloß, daß sich die Ausdehnbarkeit des Steines zu derjenigen des Eisens wie 2 zu 13 1/2 oder wie 1 zu 6 1/8 verhaͤlt. Die dritte Beobachtung wurde von Hrn. Vicat gemacht und von ihm in drei Aufsaͤzen (Ann. de Chimie et de Physique, Sept. 1824 und December 1827) aus einander gesezt. In dem ersten Aufsaze bemerkt dieser Ingenieur, daß seines Wissens sich bisher Niemand mit Untersuchungen uͤber die Ausdehnung der Steine beschaͤftigt habe; behauptet aber, daß wenn man auch in der Baukunst keine Ruͤksicht auf die Waͤrme oder Kaͤlte nimmt, in so ferne sie die Steine ausdehnen oder zusammenziehen, man doch hinsichtlich des Eisens, Bleies oder Kupfers nicht ohne Nachtheile eben so verfahren koͤnnte. Indem er sodann die Verfahrungsarten eroͤrtert, deren man sich bedienen kann, um die Wirkungen der Temperatur auf den Stein zu messen, bemerkt er, daß man durch die Erbauung großer gedruͤkter Bruͤkenboͤgen den Vortheil erlangen muͤßte, daß die kleinen thermometrischen Bewegungen der Steine merklich wuͤrden, waͤhrend sich hingegen die Einrichtung anderer Gebaͤude zu Beobachtungen dieser Art wenig eigne. Hr. Vicat theilt die Resultate seiner Beobachtungen an der Bruͤke, welche bei Souillac uͤber die Dordogne, und zwar aus SchnittsteinDer Schnittstein ist ein weißer Kalkstein von feinem Korn, der eine mittlere Haͤrte hat, so daß man ihn mit dem gezahnten Werkzeuge, welches man Krazeisen nennt, beliebig zurichten kann.A. d. O. erbaut ist, mit; nachdem er einige offene Verbindungstheile genau mit kochendem Mastix hatte verschließen lassen, beobachtete er: 1) Im Februar, bei einer mittleren Kaͤlte von 7° C., eine Ausdehnung; 2) Gegen das Ende desselben Monats, bei einer Waͤrme von 20° in der Sonne um zwei Uhr, eine Zusammenziehung; 3) Vom 3ten bis 6ten Maͤrz, bei einer mittleren Kaͤlte von – 5°, eine Ausdehnung; 4) Vom 10ten bis 15ten April, bei einer Waͤrme von 20° in der Sonne um zwei Uhr, eine Zusammenziehung. Indem die Achse der Bruͤke von Osten nach Westen gerichtet war, die vordere Seite nach Suͤden und folglich die hintere Seite nach Norden sah, so waren alle Bewegungen ohne Ausnahme vorne merklicher als hinten und die ersten Wirkungen der Erhoͤhung der Temperatur zeigten sich auf der suͤdlichen Brustmauer und die entgegengesezten Wirkungen auf der noͤrdlichen Brustmauer. Nachdem Hr. Vicat diese verschiedenen Wirkungen gemessen hatte, berechnete er daraus das Resultat und fand, daß fuͤr 100 Centesimalgrade die absolute Ausdehnung 0,0001054426 betraͤgt, was nicht der zehnte Theil von derjenigen des Eisens waͤre. Man sieht leicht ein, daß diese Beobachtungen, so sorgfaͤltig sie auch angestellt worden seyn moͤgen, in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft seyn muͤssen; Hr. Vicat bemerkt dieß selbst und gibt davon folgende Ursachen an: 1) Den Einfluß der physischen Beobachtungsmittel; 2) Die Dike der Fugen, welche man haͤtte in Rechnung bringen muͤssen, weil sich der Moͤrtel nicht eben so wie der Stein ausdehnt; 3) Endlich die Ungleichfoͤrmigkeit der Masse, indem leztere nicht gleichfoͤrmig der Luft ausgesezt, verschieden dik ist u.s.w. In seiner zweiten Abhandlung uͤber die thermometrischen Bewegungen der Bruͤke bei Souillac bemerkte Hr. Vicat, daß im Monat Juni die anzeigenden Fugen sich wieder genau verschlossen hatten, was eine groͤßere Wirkung andeutete, als man einige Monate zuvor wahrgenommen hatte. – Die dritte Abhandlung des Hrn. Vicat uͤber die periodischen Bewegungen der Bruͤke bei Souillac findet sich in dem Decemberhefte der Ann. de Chimie et de Physique von 1827. Dieser Ingenieur, von der Wichtigkeit der von ihm unternommenen Arbeit durchdrungen, versah sich mir einem Apparate, wodurch die Wirkungen, welche er bisher gewisser Maßen nur wahrgenommen hatte, mit groͤßerer Genauigkeit gemessen werden konnten und stellte neue Beobachtungen an, wodurch er fand, daß der Stein fuͤr 100 Centesimalgrade sich um 0,251 Millimeter auf den Meter ausdehnt, was einer absoluten Ausdehnung von 0,000251 Millimeter entspricht, also einer viel groͤßeren, als er im J. 1824 fand. Nachdem ich nun alle Thatsachen zusammengestellt habe, welche ich uͤber die Erscheinung der Ausdehnung und Zusammenziehung der Steine auffinden konnte, und die auf eine solche Art angestellt wurden, daß sie auch die Unglaͤubigsten uͤberzeugen muͤssen, welche aber die absolute Ausdehnung fuͤr einen gegebenen Temperaturgrad nur unvollkommen angeben, will ich die Methoden aus einander sezen, die ich selbst anwandte, um diesen zweiten Theil des Problems zu loͤsen. Da ich sehr wenig betraͤchtliche Wirkungen zu messen hatte, so mußte ich ein Instrument construiren, wodurch die geringste Veraͤnderung angezeigt wird; ich nenne dasselbe, wie diejenigen, deren man sich zu aͤhnlichen Beobachtungen bedient, Pyrometer. Obgleich es hoͤchst einfach ist, so bietet es doch den Vortheil dar, mit unbewaffnetem Auge erkennen zu koͤnnen, ob sich die Laͤnge eines der metallenen Lineale, womit man Beobachtungen anstellt, um 1/4000 Millimeter veraͤndert. Durch meine ersten Beobachtungen lernte ich eine sehr natuͤrliche Wirkung kennen, die ich wohl haͤtte voraussehen koͤnnen. Ich legte den Stein auf ein sehr maͤßiges Feuer; die Waͤrme traf zuerst die innere Oberflaͤche, ohne die aͤußere zu durchdringen; die mit dem Pyrometer verbundene Metallstange hatte folglich ihre Temperatur nicht veraͤndert; deßungeachtet bewegte sich der Zeiger des Instrumentes sehr merklich; der Stein hatte sich also gekruͤmmt und seine convexe Kruͤmmung war auf derjenigen Seite seiner Oberflaͤche, welche unmittelbar mit dem Feuer in Beruͤhrung war, denn die Bewegung des Zeigers fand in derselben Richtung Statt, als wenn die metallene Stange sich verlaͤngert haͤtte und ich habe so eben gesagt, daß sie sich nicht ausdehnen konnte. Da die Kruͤmmung in der angegebenen Richtung Statt fand, so begreift man leicht, daß sie die beiden Punkte, zwischen welchen die Stange angebracht war, einander naͤherte. Nachdem ich mich dadurch uͤberzeugt hatte, daß diese Verfahrungsweise mangelhaft ist, ließ ich einen großen Ofen in einem kleinen Zimmer aufrichten, wodurch ich eine wahre Waͤrmstube erhielt, worin ich die Temperatur leicht auf 40° Reaumur erhoͤhen konnte. Den zu beobachtenden Stein legte ich auf zwei auf einen Tisch befestigte Leistchen, so daß alle seine Oberflaͤchen zu gleicher Zeit von der Waͤrme durchdrungen wurden. Meine ersten Versuche stellte ich mit einem Stein von Vernon an. Ich legte einen Metallthermometer (mit Reaumurscher Skale) darauf, weil er wegen seiner Gestalt am bequemsten war. Die metallenen Stangen (Lineale), deren ich mich bediente, waren 320,5 Millimeter lang. Stand des Pyrometers. Temperatur.  Zeiger desPyrometers.      7°,5     5 Millim.     Als die Temperatur auf 32° stieg, zeigte der Pyrometer 147 – Waͤhrend einer Stunde und 30', wo die Temperatur sich gleich blieb, blieben die Zeiger stehen; der des Thermometers stieg, wie man sieht, waͤhrend der Beobachtung um 24°,5; der des Instrumentes bewegte sich um 142 Millimeter weiter; er waͤre um 231,84 Millimeter weiter vorgeruͤkt, wenn der Thermometer auf 40° gestiegen waͤre, und diese Temperatur lege ich bei meinen Beobachtungen zu Grunde. Da ich nun durch vorlaͤufige Versuche gefunden hatte, daß die Ausdehnung des kupfernen Lineales, wenn der Stein sich nicht ausdehnte, den Zeiger um 301 Millimeter vorruͤkte, so schloß ich daraus, daß die 69,16 Mill., welche er weniger durchlief, nothwendigerweise dem Steine angehoͤren muͤssen. Man begreift leicht, daß wenn der Stein sich um eben so viel wie die Metallstange verlaͤngert haͤtte, der Zeiger unbeweglich geblieben waͤre, und daß die Bewegung, welche er erlangt, um so betraͤchtlicher ist, je groͤßer der Unterschied zwischen der Ausdehnung des Metalles und des zu pruͤfenden Steines ist. Wenn ich mich auf diesen Versuch beschraͤnkt haͤtte, so haͤtte man einwenden koͤnnen, daß das Kupfer nicht immer von gleicher Qualitaͤt ist, seine Ausdehnung also auch verschieden und nicht immer die in den Tabellen angegebene seyn kann, und daß alsdann die dem Steine zugeschriebene Ausdehnung nicht genau ist. Um diesem zu begegnen, habe ich einen zweiten Versuch mit einem eisernen Lineal angestellt, welches fuͤr 40° den Zeiger um 196 Millimeter vorruͤken mußte; er durchlief aber nur 127,35 Millimeter und die Differenz von 68,65 muß dem Steine zugeschrieben werden. Dieses Resultat ist dem vorhergehenden fast ganz gleich. Mein anfaͤnglicher Zwek war, ein Compensations-System anzugeben, wodurch die bei den Bauten durch die Anwendung des Eisens (zu Spannriegeln oder Zugbaͤndern) entstehenden Nachtheile aufgehoben werden koͤnnen, und hiezu, so wie auch um die eben angegebenen Resultate noch mehr zu erweisen, habe ich drei Metallstangen mit einander verbunden, wovon die eine aus Kupfer, zwischen den beiden anderen, aus Eisen, angebracht ist. Durch eine solche Anordnung erhaͤlt man leicht die erwuͤnschte CompensationDieses wird dem Leser bei der Beschreibung der Wirkungsart meines Instrumentes vollkommen deutlich werden.A. d. O.. Ich habe die drei Lineale auf dem Steine angebracht und einen dritten Versuch angestellt. Die Compensation war ziemlich genau, denn der Zeiger des Pyrometers, welcher nach meiner Berechnung fuͤr 40° des Thermometers noch um 24 Millimeter variiren mußte, variirte wegen eines Fehlers in der Laͤnge der kupfernen Stange um 24,5 Millim. Der Irrthum betraͤgt also nur ein halbes Millimeter und kann folglich vernachlaͤssigt werden; hieraus schloß ich, daß die Ausdehnung des Steines von Vernon, im Mittel, 68,95 Millimeter betraͤgt, wenn sich das. Eisen um 196 ausdehnt. Das Verhaͤltniß ist also ungefaͤhr 1 zu 3. Aehnliche Versuche stellte ich sowohl mit drei Marmorarten, welche mir Hr. Alavoine von Paris schikte, als auch mit dem Stein von St. Leu an und fand, daß wenn die Ausdehnung des Eisens fuͤr 40°, 196 Millim. betraͤgt, die des rein weißen Carrarischen Marmors zweiter Qualitaͤt    136 die des franzoͤsischen Marmors von Solst 91,10 die eines anderen franzoͤsischen Marmors von Saint-Béat      67 die des Steines von St. Leu    104 endlich die des Steines von Vernon-sur-Seine 68,95 Millimeter betraͤgt. Tabelle uͤber die absolute Ausdehnung dieser verschiedenen Steinarten, so wie auch uͤber die des Kupfers und Eisens fuͤr eine Temperatur-Veraͤnderung von 100 Centesimalgraden oder 80° Reaumur. Absolute Ausdehnung. Ausdehnung fuͤr die Laͤnge eines Meters. Millimeter. Messing 0,00187821 1,8782 Weiches geschmiedetes Eisen 0,00122045 1,2204 Carrarischer Marmor 0,00084867 0,8487 Marmor von Saint-Béat 0,00041810 0,4181 Marmor von Solst 0,00056849 0,5685 Steine von Vernon-sur-Seine 0,00043027 0,4303 Stein von St. Leu 0,00064890 0,6490 In der Meinung, daß sich in der Ausdehnung des Steines ein Unterschied zeigen wuͤrde, je nachdem er troken oder feucht ist, wog ich den von St. Leu, mit welchem ich mehrere Versuche angestellt hatte, wobei er in gut ausgetroknetem Zustande angewandt wurde, sezte ihn 24 Stunden lang der Feuchtigkeit aus, wodurch er um 915 Grammen schwerer wurde, fand aber jezt seine Ausdehnung in zwei Versuchen ganz der vorigen gleich. Durch lezteren Versuch fand ich außerdem, daß der Stein, nach der Absorbtion dieser großen Menge Wasser, sein Volum nicht geaͤndert hatte, denn der Zeiger des Pyrometers behielt bei ein und demselben Temperaturgrade seine Lage waͤhrend der ganzen Zeit, wo ich den Stein austroknen ließ beiEinige Mitglieder der Gesellschaft waren der Meinung, daß bei dieser Schaͤzung ein Irrthum im Spiele seyn muͤsse, und hielten es fuͤr unglaublich, daß ein Stein, dessen Volum ungefaͤhr den zehnten Theil eines Kubikfußes betraͤgt, um 915 Grammen an Gewicht zunehmen konnte, da ein gleiches Volum Wasser nur ungefaͤhr 7 Pfund wiegt. Ich habe den Versuch in Gegenwart dieser Herren wiederholt und wir fanden an Statt einer Zunahme um 915 Grammen, eine von 1116, was fast den dritten Theil derjenigen Menge Wasser ausmacht, welche erfordert wird, um ein dem Steine gleiches Volum zu geben. Der Ueberschuß von 915 bis 1116 erklaͤrt sich dadurch, daß der Stein dieses Mal eine ganze Nacht lang in einem Wassereimer liegen blieb, waͤhrend ich mich das erste Mal damit begnuͤgt hatte ihn einen ganzen Tag lang dem Regen auszusezen. Diese wohl erwiesene Thatsache muß dessenungeachtet sehr sonderbar scheinen: vielleicht werden unsere gelehrten Chemiker und Physiker sie zu erklaͤren suchen.A. d. O.. Beschreibung des Pyrometers. Auf Tab. IV. Fig. 8, 9 und 10. bezeichnen dieselben Buchstaben dieselben Gegenstaͤnde. AAFig. 8. ist ein Marmor oder Stein, dessen Ausdehnung man erfahren will. Er ist ungefaͤhr 365 Millimeter lang, 165 breit und 50 dik. aa' eine Metallstange aus Kupfer oder Eisen, welche auf dem Steine an ihrem Ende a vermittelst eines Fußes befestigt ist, welcher in einem in den Stein eingetriebenen kupfernen Knopfe befestigt ist. bb' ist ein Hebel mit zwei ungleichen Armen; der kleinere b ist 3 Millimeter lang und der groͤßere b' 100 Millimeter. Dieser Hebel ist auf eine Achse aufgesezt, die sich in zwei Pfannen endigt, welche mit eben so viel Sorgfalt verfertigt sind, als man bei den Uhrstuͤken anwendet. Er ist auf dem Steine vermittelst der Bruͤke f befestigt, der untere Zapfen dreht sich in einem in den Stein eingetriebenen kupfernen Knopfe. cc' ist ein anderer, ebenfalls auf dem Steine vermittelst der Bruͤke e angebrachter Hebel; dieser Hebel hat, wie der erste, zwei ungleiche Arme, wovon der eine c, 3 1/3 Millimeter und der andere c, 100 Millimeter lang ist. d ist eine Feder, welche bestaͤndig auf den kleinen Arm des Hebels b druͤkt und ihn dadurch noͤthigt, sich immer an das Ende a' der Metallstange aa ' anzulegen. gg ist ein Kreisbogen, welcher einen Halbmesser von 100 Millimeter hat; er ist von 0 bis zu 190 in Millimeter eingetheilt. Der Raum, welchen der kleine Arm des Hebels b durchlaͤuft, verhaͤlt sich zu demjenigen von c' wie 1 zu 1000, was man dadurch findet, daß man das Product der Laͤnge der beiden großen Hebelsarme durch das der beiden kleinen dividirt; denn wenn man 100 mit 100 multiplicirt, so erhaͤlt man 10000, und wenn man auch 3 1/3 mit 3 multiplicirt, so erhaͤlt man 10; dividirt man sodann die erste Zahl durch die leztere, so ist der Quotient offenbar 1000. Bei dieser Berechnung habe ich den Zapfen c nur fuͤr einen einfachen Hebelsarm genommen; man kommt aber auf dasselbe Resultat, wenn man ihn als ein Getriebe betrachtet. Dieser Zapfen hat 28 Zaͤhne und wird durch denjenigen Theil des Raͤdchens getrieben, welches sich am Ende des Hebelarmes b' befindet; die Eintheilung in 14 Zaͤhne am Ende dieses kleinen Kreisbogens entspricht der Zahl 840 fuͤr den ganzen Umfang; die Schnelligkeit des Zapfens c und folglich des Zeigers oder Hebelarms c ist also 30 Mal groͤßer als die des Hebelarms b'; da man weiß, daß der von diesem Hebelsarm b' durchlaufene Raum 33 1/3 auf 1 des kleinen Armes b betraͤgt, so braucht man nur 33 1/3 mit 30 zu multipliciren, um das Verhaͤltniß zwischen dem Raume, welchen dieser kleine Arm durchlaͤuft, und demjenigen von c' oder dem Zeiger, zu erfahren; das Product 1000 ist dem zuerst erhaltenen Resultate gleich. Bei dieser Gelegenheit muß ich drei Einwuͤrfen begegnen, welche man mir gemacht hat. Der erste war, daß waͤhrend der Beobachtung in der Waͤrmstube, die Laͤnge der Hebelsarme sich nicht gleich bleiben koͤnne, was wahr ist; es ist aber eben so gewiß, daß das Verhaͤltniß in der Laͤnge dieser Hebel sich nicht aͤndern kann, weil die Ausdehnung eben so wie die Zusammenziehung den Laͤngen proportional ist. Der zweite Einwurf war, daß bei der Veraͤnderung der Temperatur das Eingreifen des Theilchens b' des Rades in den Zapfen c mehr oder weniger stark seyn wird; dieses ist gewiß, aber dadurch aͤndert sich das Verhaͤltniß der Schnelligkeit zwischen diesen beiden Organen nicht; denn wenn sich auch die in einander greifenden Zaͤhne mehr oder weniger durchdringen, so kann dadurch bekanntlich die relative Schnelligkeit doch nicht geaͤndert werden. Das unvermeidliche Spiel bei einer Verzahnung, wodurch Zeitverlust entstehen koͤnnte, war der Gegenstand des dritten Einwurfes; ich antworte darauf, daß diese Bewegung in aͤhnlichen Faͤllen, bei den Metall-Thermometern zum Beispiel, durch Anwendung einer Spiralfeder neutralisirt wird, welche die Zaͤhne des Zapfens noͤthigt, sich immer auf diejenigen des Rechens zu stuͤzen. Seit meinen Beobachtungen habe ich dieses Mittel dadurch ersezt, daß ich den zu pruͤfenden Stein neigte, so daß das Gewicht des Zeigers c' die Wirkung der Feder hervorbrachte. Ueber die Art, wie das eben beschriebene Instrument die Wirkungen einer Temperatur-Veraͤnderung anzeigt. Bei der Erhoͤhung der Temperatur wird sich die Metallstange aa ', Fig. 8. von dem Punkte a aus, wo sie auf den Stein befestigt ist, gegen den kleinen Arm b des Hebels bb ' verlaͤngern; diese Verlaͤngerung wird der Laͤnge der Stange und der Anzahl der Grade, um welche sich die Temperatur erhoͤht hat, proportional seyn. Vorausgesezt, daß diese Temperatur-Erhoͤhung 40° Reaumur betraͤgt, wird die Verlaͤngerung der 320,5 Mill. langen Metallstange, 0,310 Millimeter ausmachen, wenn sie von Messing ist; sie wird 0,1956 Mill. betragen, wenn die Stange von weichem geschmiedetem Eisen ist, weil die absolute Ausdehnung des Kupfers fuͤr 80°, nach Lavoisier und Laplace, 0,00187821 Mill. und die des Eisens 0,0012045 Millimeter ist. Die Verlaͤngerung der Stange wird den Hebel b zu weichen und den Zeiger c' einen tausend Mal groͤßeren Raum zu durchlaufen noͤthigen, denn wir haben gezeigt, daß der von dem Ende der beiden Hebel b, c' durchlaufene Raum sich wie 1 zu 1000 verhaͤlt. Wenn man nun fuͤr irgend eine Temperatur-Veraͤnderung und fuͤr eine gegebene Laͤnge der Metallstange ihre Ausdehnung oder Zusammenziehung kennt und folglich weiß, wie viele Abtheilungen sie den Zeiger durchlaufen machen muß, so erfaͤhrt man leicht, um wie viel sich der Stein ausgedehnt oder zusammengezogen hat, wenn man die von dem Zeiger durchlaufenen Grade von denjenigen abzieht, welche er haͤtte durchlaufen muͤssen, denn die Wirkung des Steines ist, wie man leicht einsieht, immer von derjenigen der Stange abzuziehen. Der Zeiger wuͤrde sich, wie ich schon gesagt habe, nicht bewegen, wenn die Ausdehnung des Steines derjenigen des Metalles gleich waͤre. Nun wollen wir annehmen, man habe eine einen Meter lange Eisenstange als Zugband bei einer Mauer aus Steinen von St. Leu angewandt und ihre beiden Enden seyen darin befestigt worden; was geschieht bei einer Temperatur-Erhoͤhung von 100 Centesimalgraden? Die Ausdehnung des Steines wird nur 0,649 Mill. betragen, hingegen die des Eisens 1,220 Mill. (nach der Tabelle S. 300.) Wegen der Differenz in der Ausdehnung von 0,571 Mill., um welche sich das Metall mehr als der Stein ausdehnt, wird nothwendig die Eisenstange sich kruͤmmen, wenn der Widerstand sehr groß ist, oder die beiden Punkte, an welchen die Enden dieser Stange befestigt sind, werden sich weiter entfernen. Dieß sind aber offenbar, wie auch Hr. Alavoine in seiner Abhandlung bemerkt, zerstoͤrende Wirkungen. Wenn man Eisen anwendet, um die Steine mit einander zu verbinden, so waͤre es vielleicht gut, dieses Metall nicht in seiner ganzen Laͤnge zu befestigen, so, daß es sich leicht kruͤmmen kann. Doch glaube ich, daß man unter gewissen Umstaͤnden die bezeichneten Wirkungen leicht dadurch neutralisiren koͤnnte, daß man drei Metallstangen, so wie sie in Fig. 11. vorgestellt sind, mit einander verbindet. Um die Wirkungsart dieses Compensations-Systemes begreiflich zu machen, will ich wie in dem vorhergehenden Falle annehmen, das eine Ende k einer der eisernen Stangen und das Ende i' der anderen Stange aus demselben Metall, seyen auf irgend eine Art an dem Steine befestigt und die Temperatur erhoͤhe sich um 100 Centesimalgrade; ich habe schon gesagt, daß sich das Eisen unter diesen Umstaͤnden um 0,571 Mill. mehr ausdehnt als der Stein. Man muß also gewisser Maßen bewirken, daß diese uͤberschuͤssige Ausdehnung von dem befestigten Ende i' gegen das andere freie Ende i Statt findet; zu diesem Ende muß man berechnen, wie lang eine kupferne Stange seyn muß, damit ihre Ausdehnung diejenige einer eisernen Stange von derselben Laͤnge, fuͤr 100 Centesimalgrade um 0,571 Millimeter uͤbertrifft; man wird 0,868 Meter finden: diese Laͤnge muß man nun der eisernen Stange kk ' von ihrem befestigten Ende k an geben, und sie an ihrem freien Ende vermittelst eines Stiftes mit der Kupferstange aa ' verbinden; auf dieselbe Art muß man auch das Ende a' dieser Kupferstange mit dem Ende i der Eisenstange verbinden. Man begreift leicht, daß die Compensation Statt finden wird, weil die Kupferstange durch ihre uͤberschuͤssige Ausdehnung die Eisenstange von dem Punkte i' gegen den Punkt i um 0,571 Millimeter zuruͤkdraͤngen wird, welche Laͤnge zu compensiren war. Man kann sich diese Compensations-Wirkung auch noch auf eine andere Art erklaͤren; ich habe schon gesagt, daß die Ausdehnung des Steines von derjenigen des Eisens abzuziehen ist; die des Kupfers ist auch davon abzuziehen; addirt man nun die Ausdehnung des Kupfers zu der des Steines, so muß die Summe derjenigen der beiden Eisenstangen gleich seyn, was wirklich Statt findet. Die Ausdehnung des Kupfers wird fuͤr eine Laͤnge von 0,868 Meter und eine Temperatur-Veraͤnderung von 100 Centesimalgraden betragen 1,630 Mill. die des Steines, fuͤr die Laͤnge eines Meters 0,649 ––––––––– 2,279 Mill. Die Ausdehnung der einen Meter langen Eisenstange ii ' wird betragen 1,220 die der anderen 0,868 Meter langen Eisenstange 1,059 ––––––––– 2,279 Mill. Was ich in Bezug auf die Ausdehnung des Metalles und des Steines gesagt habe, muß auch in Hinsicht auf seine Zusammenziehung gelten. Man sieht leicht ein, wie nuͤzlich diese Entdekungen den Baumeistern werden koͤnnten, wenn man sie auf alle Bausteine ausdehnen wuͤrde, besonders diejenigen in den Gegenden, wo viele Gebaͤude Behufs der Manufakturen errichtet werden, welche einer sehr hohen Temperatur ausgesezt werden muͤssen. Das Instrument, dessen ich mich zu meinen Versuchen bediente, habe ich selbst mit der groͤßten Sorgfalt verfertigt, wobei mir die Uhrmacherkunst sehr gute Dienste leistete.

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Tafel Tab. IV
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