Titel: Ueber das Bleichen der Baumwolle, von Hrn. Achille Penot.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. CVII., S. 447
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CVII. Ueber das Bleichen der Baumwolle, von Hrn. Achille Penot. Aus dem Bulletin de la Société industr. de Mulhausen, Nro. 10. S. 369. Vorgelesen in der Sizung der Gesellschaft am 30. Januar 1829. Penot, uͤber das Bleichen der Baumwolle. Die Bleichkunst gehoͤrt unter diejenigen Zweige der Technik, deren Fortschritte in der neueren Zeit (Dank sey es unserem beruͤhmten Berthollet!) durch die Chemie am meisten beschleunigt wurden. Es ist jedoch eine sehr sonderbare Thatsache, daß die Wissenschaft noch keine genuͤgende Theorie davon aufstellen konnte. Wie wirkt das Sonnenlicht auf den Faͤrbestoff? Auf welche Art wirken die Luft und das Chlor auf diese Substanz? Einige sagen das Licht disponire den Faͤrbestoff sich mit Sauerstoff zu verbinden; Andere glauben es wirke auf dieselbe Art wie eine hoͤhere Temperatur, wodurch die Elemente dieser Substanz so auf einander einzuwirken veranlaßt werden, daß sich eine neue Verbindung von eigenthuͤmlichen Eigenschaften bildet. Man scheint heute zu Tage in der Annahme uͤbereinzukommen, daß die Luft sich darauf beschraͤnkt, einen Theil ihres Sauerstoffs an die Elemente des Faͤrbestoffes abzugeben, wodurch dieser seine Natur veraͤndert. Ich werde zeigen, daß der Sauerstoff nicht diese Rolle spielt und zugleich auf einige Umstaͤnde aufmerksam machen, wo er nicht der einzige Bestandtheil der Luft ist, der auf das Bleichen Einfluß hat. In Betreff der Wirkung des Chlors hoffe ich durch einige Versuche zu beweisen, daß sie nicht von der Art ist, wie man gewoͤhnlich annimmt. Wenn uns aber die Schriftsteller uͤber die Wirkung dieser drei Hauptagentien nur schwankende Theorien geben, so laͤßt die Erklaͤrung der Erscheinungen, welche von den Fettfleken herruͤhren, die man sehr haͤufig auf den Zeugen findet und welche eine so große Rolle beim Bleichen spielen, noch viel mehr zu wuͤnschen uͤbrig, denn man findet sie in keinem bis jezt erschienenen Werke. In den Fabriken hat man sich bereits davon Rechenschaft zu geben gesucht und scheint anzunehmen, daß die fetten Substanzen in den Alkalien unaufloͤslich werden, wenn sie sich mit Sauerstoff verbinden. Ich werde Gruͤnde anfuͤhren, welche mich zu einer entgegengesezten Meinung bestimmen. Auch weiß man heute zu Tage noch nicht, in wie weit der Kattun den verschiedenen Operationen, welche man damit vornimmt, widerstehen kann, ohne geschwaͤcht zu werden. Ich werde hieruͤber verschiedene Resultate vorlegen, wovon man vielleicht in der Folge einige nuͤzliche Anwendungen in der Praxis wird machen koͤnnen. Ich werde keine detaillirte Beschreibung der Bleich-Operationen mittheilen, welche fuͤr Sie, meine Herren, unnuͤz waͤre, sondern mich begnuͤgen meine Theorie davon Ihrer Beurtheilung zu unterwerfen. Das Bleichen hat zum Zwek, von der Baumwolle alle Substanzen, welche ihre weiße Farbe verlarven oder spaͤter beim Faͤrben nachtheilige Wirkungen haben koͤnnten, durch geeignete Operationen zu entfernen. Die rohe Baumwolle ist mit einer harzartigen Substanz bedekt, welche sie verhindert das Wasser einzusaugen; ferner mit einer kleinen Menge eines gelben Faͤrbestoffes, der aber oft in so geringer Quantitaͤt vorhanden ist, daß es unnuͤz waͤre die Kattune Behufs der meisten Faͤrbe-Operationen zu bleichen, wenn man nicht durch die Operationen, welche man mit ihnen vornimmt, noch mehrere andere, mehr oder weniger schaͤdliche Substanzen hinzubringen wuͤrde, welche nothwendig beseitigt werden muͤssen. Da durch eine groͤßere Anzahl von Manipulationen auf die Baumwolle nothwendig mehr fremde Substanzen gebracht werden, so sieht man leicht ein, daß das Garn leichter zu bleichen ist als die Zeuge, und daß man unter den lezteren selbst wieder diejenigen, welche weiß zur Consumtion uͤberlassen werden, von denjenigen unterscheiden muß, welche zum Faͤrben bestimmt sind: da diese lezteren eine groͤßere Anzahl von Operationen oder wenigstens mehr Sorgfalt erheischen, so werde ich mich mit ihnen besonders beschaͤftigen. Die Substanzen, welche von den Zeugen entfernt werden muͤssen, sind folgende: 1) Eine harzartige, der Baumwolle eigenthuͤmliche Substanz; 2) der ihr ebenfalls eigenthuͤmliche Faͤrbestoff; 3) die Weberschlichte; 4) eine fette Substanz; 5) eine Kupferseife; 6) eine Kalkseife; 7) der Schmuz der Haͤnde; 8) Eisen und einige erdige Substanzen. Wir wollen nun in dieser Beziehung in das Detail eingehen: 1) Der rohe Kattun befeuchtet sich nur sehr schwer; seine Fasern sind mit einer Substanz bedekt, welche sich dem Eindringen des Wassers widersezt und die man durch Alkohol trennen kann. Diese Fluͤssigkeit, welche zugleich einen Theil des Faͤrbestoffes aufloͤst, hinterlaͤßt nach gaͤnzlichem Verdunsten als Ruͤkstand leichte gelbliche Schuppen, welche den in dem folgenden Paragraph zu beschreibenden sehr aͤhnlich sind. Diese Substanz ist in den Alkalien, in den Saͤuren, und sogar in einer großen Menge siedenden Wassers aufloͤslich. Ich erhielt sie nicht in hinreichender Menge, um viele Versuche damitanstellen zu koͤnnen; sie schien mir aber mehrere Eigenschaften der Harze zu besizen. Man fing lange Zeit das Bleichen damit an, daß man diese Substanz beseitigte, indem man die Zeuge oder das Garn durch ein Alkali oder durch eine Saͤure nahm, und man nannte diese Operation, welche heute zu Tage allgemein aufgegeben ist, das Ablaugen (Absieden). 2) Den Faͤrbestoff der Baumwolle kann man als einen nicht integrirenden, sondern bloß auf ihren Fasern aufliegenden Bestandtheil derselben betrachten, wodurch sie so wie durch die vorhergehende harzartige Substanz keine groͤßere Staͤrke erhaͤlt. Ich nahm 78,77 Grammen rohes Garn und es ergab sich im Mittel aus zehn Versuchen, daß ein Garn von einem Meter Laͤnge unter einem Gewichte von 1225,33 Grammen brach. Ich ließ dieses Garn zwei Stunden lang in aͤzender Soda von 1 Grad Beaumé auskochen und es wog nach dem Auswaschen und Troknen alsdann nur noch 48,49 Grammen. Als ich es neuerdings pruͤfte, uͤberzeugte ich mich, daß es von seiner Staͤrke nichts verloren hatte. Die Soda, deren ich mich bedient hatte, war noch sehr klar, obgleich gefaͤrbt. Ich neutralisirte sie mit einer Saͤure, wodurch augenbliklich ein Niederschlag entstand, welchen ich auf einem Filter sammelte. Ich erhielt so 19 Centigrammen einer blaͤtterigen, gelblichen, durchsichtigen, bruͤchigen, sehr leicht von dem Papier zu trennenden Substanz, welche uͤbrigens die physischen Eigenschaften der harzartigen Substanz besaß und nur dunkler war. Ich betrachte diesen Niederschlag als bestehend aus dem Faͤrbestoffe, welcher einen Theil der harzartigen Substanz mit sich gerissen hat. Den Verlust von 9 Centigrammen erklaͤre ich mir dadurch, daß ein Theil der harzartigen Substanz und andere Stoffe, welche sich auf dem Garn befanden, in Folge der damit vorgenommenen Arbeit in der Aufloͤsung zuruͤkgeblieben sind. Man kann hieraus nicht schließen, daß 48,77 Grammen rohes Garn weniger als 19 Centigrammen Faͤrbestoff enthalten, d.h. weniger als 1/24 Procent, denn das Garn war nach dieser Operation noch nicht weiß. Uebrigens ist diese Quantitaͤt, wie ich bereits bemerkte, bei verschiedenen Sorten Baumwolle wandelbar, weßwegen ich sie auch nicht bestimmt habe. Der Faͤrbestoff ist in Wasser leicht und in den Alkalien sehr leicht aufloͤslich. Wenn man rohen Zeug in Kalkwasser auskocht, kommt er mit einer dunkleren Farbe heraus, als er Anfangs hatte, weßwegen man vielleicht glauben koͤnnte, daß der Faͤrbestoff sich nicht einmal zum Theil aufgeloͤst hat. Dem ist aber nicht so; denn wenn man die Fluͤssigkeit filtrirt und hierauf mit einer Saͤure neutralisirt, erscheinen darin leichte Floken, welche aus harzartiger Substanz, verbunden mit Faͤrbestoff, bestehen. Wenn also der Zeug mit einer dunkleren Farbe erscheint, so muß man dieses einzig der Eigenschaft des Kalkes, gewisse Pflanzenfarben zu braͤunen, zuschreiben. Diese Wirkung, welche hier auf einen Theil des dem Zeuge noch anhaͤngenden Faͤrbestoffes ausgeuͤbt wird, ist den Ebenisten, die den Kalk haͤufig zum Faͤrben des Holzes anwenden, sehr wohl bekannt. Hier habe ich jedoch noch eine sehr wichtige Bemerkung zu machen, daß naͤmlich der Faͤrbestoff nicht unmittelbar in den Alkalien aufloͤslich ist, sondern es erst wird, nachdem er einige Zeit lang der gleichzeitigen Einwirkung der Luft und des Lichtes ausgesezt, oder in Beruͤhrung mit Chlor war. Worin besteht aber die Veraͤnderung, welche alsdann diese Substanz erleidet und wodurch sie in den Alkalien aufloͤslich wird? Ich habe einige Versuche angestellt, um diese Frage zu loͤsen. Es wurden Muster in feuchtes und in troknes Sauerstoffgas, in feuchtes und in troknes Chlorgas gebracht und der Einwirkung des Lichtes auf einem gegen Suͤd-West gerichteten Fenster ausgesezt. Das in feuchtes Chlor gebrachte Muster war in einigen Stunden entfaͤrbt; das in feuchtes Sauerstoffgas gebrachte in 21 Tagen; das in troknem Chlor befindliche in 13 Tagen; dasjenige, welches sich in troknem Sauerstoffgas befand, entfaͤrbte sich erst nach fuͤnf Monaten. Bekanntlich aͤußern die Gasarten allgemein im aufgeloͤsten Zustande eine viel staͤrkere chemische Wirkung, als im elastischen. Man sieht auch, daß das Chlor unter denselben Umstaͤnden viel energischer wirkte als der Sauerstoff. Es bemaͤchtigt sich naͤmlich leichter des Wasserstoffs; denn bei diesem Processe findet in der That eine Entwasserstoffung Statt. Die Analyse ergab mir, daß in den drei Gefaͤßen, worin die Muster entfaͤrbt worden waren, Sauerstoff oder Chlor absorbirt wurde. Bei dem ersten konnte ich die Gegenwart des Wassers, welches sich bilden mußte, nicht darthun, weil der Versuch mit einer feuchten Gasart angestellt wurde; aber bei den beiden anderen konnte man leicht entdeken, daß sich Chlorwasserstoffsaͤure gebildet hatte, und ich fand auch in den drei Gefaͤßen Spuren von Kohlensaͤure, die durch eine theilweise Entmischung der Elemente des Faͤrbestoffes erzeugt war. Ich glaube daher aus diesen Thatsachen schließen zu koͤnnen, daß der Faͤrbestoff, er mag nun der Luft und dem Lichte ausgesezt seyn, welches in diesem Falle wie bei sehr vielen chemischen Erscheinungen nur die Zersezung beguͤnstigt, oder mit Chlor in Beruͤhrung seyn, einen Theil seines Wasserstoffs verliert und in den sauren Zustand uͤbergeht, was sein Geschmak bei den auf der Wiese ausgelegten Zeugen hinreichend zeigt. Ich habe gezeigt, daß das trokne Chlor unter dem Einfluß des Sonnenlichtes direct auf den Faͤrbestoff wirkt. Es scheint mir daher, daß man keineswegs annehmen kann, wie es bis jezt allgemein geschah, und wie es auch Hr. Chevreul (Leçons de Chimie appliquée à la teinture, Xte Vorlesung. S. 57.) thut, daß bei den Passagen mit Chlor das Wasser zersezt wird. Was mich betrifft, so glaube ich daß das Chlor sich unmittelbar mit dem Wasserstoff des Faͤrbestoffes zu Chlorwasserstoffsaͤure (Salzsaͤure) verbindet. Ohne Zweifel ist das Wasser nicht ohne Einfluß auf diese Erscheinung, weil das aufgeloͤste Chlor viel schleuniger wirkt als das trokne; ich glaube jedoch, daß diese Fluͤssigkeit hier nur mechanisch wirkt, indem sie die Molekule des Gases durch die Aufloͤsung einander naͤhert: hierzu kommt noch die große Verwandtschaft der Chlorwasserstoffsaͤure zum Wasser. 3) Die Weberschlichte besteht am gewoͤhnlichsten aus mehlartigen Substanzen, welche man oft vor der Anwendung in saure Gaͤhrung uͤbergehen laͤßt. Weil sie aber nicht immer aus denselben Substanzen bereitet wird, und auch um das Problem allgemeiner zu machen, wollen wir den unguͤnstigsten Fall annehmen, naͤmlich daß sie alles enthalte, was man gewoͤhnlich dazu gebraucht, also: Leim, Pottasche, Soda, chlorwasserstoffsauren (salzsauren) Kalk, Staͤrke und Mehl. Lezteres kann als ein Gemenge von Staͤrke, Eiweiß u.s.w. mit Kleber betrachtet werden. Nun sind aber alle diese Substanzen in Wasser aufloͤslich und muͤssen daher durch bloßes Auswaschen entfernt werden koͤnnen, mit Ausnahme des Klebers. Der Kleber ist eine graulichweiße, sehr elastische Substanz, welche nach und nach in die geistige, saure und faule Gaͤhrung uͤbergehen und sich alsdann in Kohlensaͤure, Essigsaͤure und andere Producte, welche sich entweder in Wasser aufloͤsen oder als Gasarten verschwinden, umaͤndern kann. Der Kleber ist in den Pflanzensaͤuren aufloͤslich. Ich habe mich versichert, daß er sich leicht in einer großen Menge Kalkwasser aufloͤst. Eine gleiche Quantitaͤt aͤzender Soda loͤste ihn nicht merklich auf. Wenn die Schlichte troken ist, pflegt der Weber seine Faͤden mit einer fetten Substanz, wie geschmolzenem Talg oder Butter, Oehl, u.s.w. zu erweichen. Hieraus geht hervor, daß die Zeuge, wenn man ihnen nicht sehr sorgfaͤltig alle diese Substanzen entzieht, sich alsdann nur schwierig bei den verschiedenen Operationen, welchen man sie unterzieht, befeuchten, und daß bei dem Ausfaͤrben oder in dem Kuhmistbad diese Fette, besonders unter gewissen noch naͤher anzugebenden Umstaͤnden, die Faͤrbestoffe und die Alaunerde-, Eisen- und andere Beizen stark anziehen muͤssen, wodurch Fleken entstehen, die man fast unmoͤglich zum Verschwinden bringen kann. Die Saͤuren wirken verschiedenartig auf die fetten Substanzen, wodurch bei dem Bleichen merkwuͤrdige Anomalien zum Vorschein kommen. Ich brachte Oehl in Beruͤhrung mit Schwefelsaͤure: es entwikelte sich schwefliche Saͤure, das Oehl oxydirte sich, und ich erhielt ein festes, orangefarbenes Product, von der Consistenz eines weichen Wachses, welches sich in Soda mit der groͤßten Leichtigkeit sogar in der Kaͤlte aufloͤste. Die Salpetersaͤure gab dasselbe Resultat unter Entwiklung von Stikstoffoxydgas. In diesen beiden Faͤllen verwandelt sich das Oehl in Talg- und Oehlsaͤure, welche man leicht erhaͤlt, wenn man Essigsaͤure in die Soda gießt, worin man die orangefarbene Substanz aufgeloͤst hat. Wenn man hingegen das Oehl mit Essigsaͤure oder Chlorwasserstoffsaͤure oder fluͤssigem Chlor behandelt, so vereinigt es sich ohne alle Gasentbindung mit diesen Substanzen (nachdem leztere zum Theil in sauren Zustand uͤberging) und es entsteht ein Product, wovon sich auch nicht die geringste Menge in einer starken und kochenden Lauge von aͤzender Soda aufloͤst. Die Kohlensaͤure spielt dieselbe Rolle; wenn man sie naͤmlich in Gasgestalt durch Oehl streichen laͤßt, so erhaͤlt man einen in Alkalien vollkommen unaufloͤslichen Koͤrper. Andererseits bemaͤchtigen sich die Oehle und Fette, wenn man sie lange genug der Luft aussezt, eines Theiles ihres Sauerstoffs und werden alsdann faͤhig sich zu verseifen. 5) Wenn das Fett, welches der Weber auf den Zeug gebracht hat, in Beruͤhrung mit dem messingenen Kamm ist, dessen er sich bedient, so bilden diese beiden Substanzen durch ihre chemische Einwirkung eine Kupferseife, und verursachen so Fleken, welche beim Faͤrben sehr schaͤdlich seyn koͤnnen. Diese Fleken bemerkt man besonders an denjenigen Stellen, wo der Arbeiter seine Tagesarbeit beendigt hat und wo die Beruͤhrung laͤngere Zeit uͤber Statt fand. Wird diese Seife mit einer großen Menge aͤzender Soda-Aufloͤsung behandelt, so zersezt sie sich; das Kupferoxyd wird niedergeschlagen und sodann wieder aufgeloͤst. Das Kalkwasser loͤst sie nicht auf, denn ich konnte keine Spur Kupfer in der filtrirten Fluͤssigkeit finden, waͤhrend der auf dem Filter gebliebene Ruͤkstand, mit Salpetersaͤure behandelt, salpetersaures Kupfer gab, auf welchem die fetten Saͤuren schwammen. Ich habe die Seife mit beiden Alkalien gekocht. Die Kupferseife wird durch Schwefelsaͤure zersezt, welche sich des Metalloxydes bemaͤchtigt und die fetten Saͤuren frei macht. 6) Wenn man die Zeuge in Kalk aussiedet, so verbindet sich das Fett, welches sich darauf noch frei befindet, mit diesem Alkali und gibt eine Kalkseife, die (wie ich mich versichert habe) in einem großen Ueberschuß von Kalkwasser und noch viel leichter in aͤzender Soda aufloͤslich ist. Die Kupfer- und Kalkseifen werden jedoch wie die Oehle und Fette in den Laugen unaufloͤslich, wenn man sie, nachdem sie einige Zeit auf den Zeugen verweilt haben, in Beruͤhrung mit Essigsaͤure, Chlorwasserstoffsaͤure, Chlor oder Kohlensaͤure bringt. Davon habe ich mich vermittelst direct bereiteter Seifen uͤberzeugt. 7) Da die Baumwolle sowohl vor als nach dem Weben durch sehr viele Haͤnde geht, so muß sich eine sehr betraͤchtliche Menge Schmuz darauf anhaͤufen, welcher gluͤklicherweise in Wasser aufloͤslich ist. 8) Es kann sich zufaͤlligerweise auf die Zeuge ein wenig Eisen oder erdartige Stoffe waͤhrend der verschiedenen Bleichoperationen angehaͤngt haben. Diese Substanzen loͤsen sich leicht in saͤuerlichem Wasser auf. Nach dem bisher Gesagten kann also auf den Zeugen vorkommen: Leim, in Wasser aufloͤslich; Pottasche, deßgleichen; Soda, deßgleichen; chlorwasserstoffsaurer Kalk, deßgleichen; Staͤrke u.s.w., deßgleichen; Schmuz der Haͤnde, deßgleichen; Kleber, in Kalkwasser aufloͤslich; eine fette Substanz, in aͤzender Soda aufloͤslich; Kalkseise, deßgleichen; Kupferseife, deßgleichen; eine harzartige Substanz, deßgleichen; der Faͤrbestoff der Baumwolle, deßgleichen;Ich brauche wohl nicht zu erinnern, daß der Faͤrbestoff erst dann in aͤzender Soda aufloͤslich ist, wenn ihm hinreichend Wasserstoff entzogen wurde.A. d. O. Eisen, in den Saͤuren aufloͤslich; erdartige Substanzen, deßgleichen. Wir wollen nun versuchen, eine Theorie des Bleichens aufzustellen. I. Man faͤngt die Bleichoperationen damit an, daß man die Zeuge in Wasser auskocht, um ihnen alle in dieser Fluͤssigkeit aufloͤslichen Substanzen zu entziehen. Genau genommen, koͤnnte man diese erste Operation unterlassen, weil die folgenden ebenfalls alles beseitigen koͤnnen, was sie entfernt; es ist jedoch vortheilhafter sie anzuwenden, um in der Folge an Laugen zu ersparen. II. Hierauf spuͤlt man die Zeuge durch irgend ein mechanisches Mittel aus; am besten scheinen sich hiezu Walken oder Waschraͤder zu eignen. Diese zweite Operation, welche beim Bleichen oͤfters wiederholt wird, ist von großer Wichtigkeit. Sie reinigt die Zeuge von einer betraͤchtlichen Menge fremder Substanzen, die sie zuruͤkgehalten haben und die Erfahrung lehrt, daß das Walken eine so große Rolle spielt, daß man unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden im Winter nicht so gut bleicht wie im Sommer, weil das Wasser, welches man in lezterer Jahreszeit anwendet, waͤrmer und deßwegen wirksamer ist. Natuͤrlich braucht man das Garn, die Musline und alle diejenigen Stoffe, deren Gewebe nicht eng ist und deßwegen durch das Aussieden besser angegriffen wird, nicht zu walken. Durch diese beiden Operationen verlieren die Zeuge 16 Procent ihres Gewichtes und nur 2/3 Procent durch alle uͤbrigen Bleichoperationen. III. Hierauf laͤßt man die Zeuge in Kalkmilch auskochen, wodurch der Kleber beseitigt und zugleich, wie ich bereits bemerkt habe, eine Kalkseife gebildet wird. Ehemals pflegte man (was noch viele Bleicher thun) den Kleber durch die Gaͤhrung der mehlartigen Bestandtheile der Schlichte zu entfernen; aber dieses Verfahren ist in mehrfacher Hinsicht mangelhaft. 1) Manchmal werden dadurch selbst die Zeuge angegriffen und geschwaͤcht, besonders wenn man sie einige Zeit lang aufgehaͤuft laͤßt, ohne sie auszuwaschen. 2) Die unaufloͤslichen Fett- oder Seifenfleken werden darin faͤhig, den aͤzenden Alkalien zu widerstehen und so zu sagen unzerstoͤrbar gemacht: diese Wirkung wird durch die bei der Gaͤhrung entstandene Essigsaͤure und Kohlensaͤure hervorgebracht, was sich leicht aus dem uͤber die Einwirkung dieser Saͤuren auf die fetten Stoffe Gesagten erklaͤrt. Es ist daher nicht unzwekmaͤßig, wenn einige Praktiker ein wenig Alkali (gewoͤhnlich alte Laugen) in die Kufen bringen, worin die Gaͤhrung vor sich geht, um die sich bildenden Saͤuren zu neutralisiren (vorausgesezt daß alsdann die Gaͤhrung noch Statt finden kann). Ohne die Gegenwart der fetten Koͤrper waͤre jedoch die Gaͤhrung in geschikten Haͤnden ein sehr gutes Mittel, um den Kleber wegzuschaffen. IV. Passirt man die Zeuge in aͤzender Soda, welche die Kupfer- und Kalkseifen so wie auf den hinreichend entwasserstofften Faͤrbestoff aufloͤst. Dieses Auslangen, welches man bei den Zeugen oͤfters wiederholt, um sie ganz von allen ihnen anhaͤngenden fetten Substanzen zu reinigen, ist fast die einzige Operation, welche man mit dem Garn vornimmt. Man kocht es gewoͤhnlich so lange in aͤzender Soda aus, bis es auf den Boden der Kufe faͤllt, und nimmt es sodann durch Chlor und Saͤure. V. Wenn die Zeuge hinreichend in den Laugen ausgekocht worden sind, taucht man sie in das Chlor oder breitet sie auf der Wiese aus und bisweilen thut man beides. Diese drei Verfahrungsarten haben gleichen Einfluß auf den Faͤrbestoff; sie wirken hingegen sehr verschieden auf die fetten Koͤrper, welche noch auf den Zeugen befindlich seyn koͤnnten. Man taucht die Zeuge in den Chlorkalk, welchen man immer lauwarm halten muß, was leicht durch Dampf geschehen kann. Man hat zur Seite eine Kufe mit saͤuerlichem Wasser. Wenn man die Zeuge aus dem Chlorkalk zieht, laͤßt man sie auf der Kufe selbst so lange abtropfen, bis das Wasser nicht mehr davon abrieselt und taucht sie sodann in das saͤuerliche Wasser. Man kann sich leicht die Wirkung der Saͤure in diesem Falle erklaͤren; in dem Maße, als sich ein Kalkerdesalz bildet, verlaͤßt diese Basis das Chlor, welches auf den Faͤrbestoff wirkt. Bei dieser Manipulation vermeidet man es, daß eine zu große Menge Chlor zu derselben Zeit entbunden wird, welche den Geweben schaden koͤnnte. Diese Verfahrungsweise ist die kluͤgste und wohlfeilste; es entwikelt sich dabei nur die genau noͤthige Menge Chlor: auch spuͤrt man keinen Geruch in der Werkstaͤtte. Das Chlor dient hier um den Faͤrbestoff zu saͤuern, indem es ihm einen Theil seines Wasserstoffs entzieht; man muß aber sehr sorgfaͤltig darauf achten, daß keine Spur einer fetten Substanz auf den Zeugen vor ihrem Eintauchen zuruͤkbleibt, denn dadurch wuͤrden aus den schon angegebenen Gruͤnden sehr nachtheilige (rothe) Fleken (beim Ausfaͤrben in Krapp) entstehen. Wenn man die Zeuge auf der Wiese ausbreitet, saͤuert der Sauerstoff der Luft den Faͤrbestoff; auch bemerkt man, daß der Thau, welcher viel sauerstoffreiche Luft aufgeloͤst enthaͤlt, diese Wirkung besonders beschleunigt. Auch das Fett geht, indem es Sauerstoff aus der Luft verschlukt, in den sauren Zustand uͤber und wird sehr leicht zu verseifen. Wenn jedoch die Zeuge zu lange auf der Wiese ausgebreitet bleiben, wird ihr Fett in den Alkalien wieder unaufloͤslich, weil es Kohlensaͤure anzieht. VI. Man laugt die Zeuge neuerdings in Soda aus, um denjenigen Theil des Faͤrbestoffes, welchem durch das Chlor oder die Luft der Wasserstoff entzogen wurde, aufzuloͤsen, so wie auch das Fett, wenn noch solches zuruͤkblieb und wenn es gehoͤrig behandelt wurde. – Diese beiden lezteren Operationen wiederholt man oͤfters, weil man den Faͤrbestoff nur allmaͤhlich entziehen kann, indem die Zeuge in Beruͤhrung mit einer zu großen Menge Chlor beschaͤdigt wuͤrden. VII. Zulezt nimmt man die Zeuge noch durch ein sehr verduͤnntes und lauwarmes Bad von Schwefelsaͤure, welche das Eisen und die Erden, die sich auf der Baumwolle befinden koͤnnten, aufloͤst. Es ist durchaus noͤthig, daß die Zeuge gut in fließendem Wasser ausgewaschen werden, wenn sie aus dem sauren Bade herauskommen, weil sich sonst die Saͤure in dem Maße als sie austroknen, concentrirt und sie verdirbt. Derselbe Nachtheil findet im Winter Statt, wenn das Wasser auf den Zeugen gefriert, ehe sie ausgewaschen worden sind. Ich habe noch eine wichtige Bemerkung zu machen. Wenn die Zeuge nicht weiß bleiben muͤssen, kann man das Bleichen mit einer Lauge beendigen, wonach sie noch immer einen schwachen gelblichen Teint haben, der hier kein großer Nachtheil ist. Wenn aber die Zeuge appretirt werden sollen, muß man sie nach dem lezten Auslaugen noch in Chlor tauchen, damit das Weiß vollkommner wird. Eintauchen in verduͤnnte Schwefelsaͤure gibt dasselbe Resultat. In diesem Falle war ein wenig Soda auf dem Zeuge befestigt und es ist leicht sich die Wirkung des Chlors oder der Schwefelsaͤure zu erklaͤren. Die Theorie, welche ich nun aus einander gesezt habe, fuͤhrt zu der wichtigen Folgerung, daß, wenn man Zeuge bleichen will, welche keine Fettfleken haben, wie im Allgemeinen die Musline und die lokeren Gewebe, oder wenn man bloß flekige Zeuge zum Appretiren bleichen will, man seinen Zwek durch die folgenden Operationen erreicht: 1) Auskochen in Wasser; 2) Auswalken (bei enggewobenen Stoffen); 3) Auskochen in Kalkmilch; 4) Passage mit Chlor oder Auslegen auf die Wiese; 5) Auskochen in Kalkmilch (diese beiden lezteren Operationen muͤssen oͤfters wiederholt werden, bis aller Faͤrbestoff beseitigt ist); 6) Passage mit verduͤnnter Schwefelsaͤure. Nur durch die Praxis kann man uͤbrigens die Vortheile und Nachtheile dieses Verfahrens kennen lernen, welches ohne Zweifel auch bei den flekigen Zeugen gelingen wuͤrde, die man zum Druk bestimmt, wenn man die Passage mit Chlor wegließe; man muͤßte sie aber sehr oft in Kalkmilch auskochen, weil dieses Alkali nur wenig Faͤrbestoff und Kalkseife auf Einmal aufloͤst; so daß dieses Verfahren vielleicht mit geringem Vortheil verbunden waͤre, wegen des vielen Brennmaterials, das es erheischt. Vielleicht gelaͤnge es besser, wenn man zuerst die Zeuge in Schwefelsaͤure tauchen wuͤrde, durch welche, wie ich bereits bemerkt habe, das Fett viel aufloͤslicher in den Alkalien gemacht wird. Das Bleichen der Zeuge, welche nie auf die Wiese ausgelegt werden und die man zwischen zwei Operationen nicht troknet, ist nach einigen Tagen beendigt. Diese Zeuge sind eben so gut wie die anderen zum Druken und vollkommen eben so weiß. Der einzige Nachtheil besteht bei ihnen darin, daß sie nie ausgebreitet werden, daher sie besonders an den Saͤumen Falten bekommen, welche sehr schwer beseitigt werden und beim Druken mit dem Model oder der Walze Ohren verursachen koͤnnenDieses Wort (larrons, Eselsohren), womit man im Buchhandel eine weiße Stelle bezeichnet, die durch eine Falte entstand, welche den Druk verhinderte, schien mir hier ein passender Ausdruk.A. d. O.. Ich habe nun bloß noch zu bemerken, daß die Baumwolle bei keiner dieser Bleichoperationen leidet, vorausgesezt daß sie gut geleitet werden und daß sich keine fremde Ursache, die nachtheilig wirken kann, einstellt. Es ging in der That aus mehreren sorgfaͤltig angestellten Versuchen hervor, daß Baumwollengarn unter folgenden Umstaͤnden nichts von seiner Staͤrke verliert: 1) Wenn es zwei Stunden lang bei dem gewoͤhnlichen Druk in Kalk ausgekocht wird. Man muß jedoch sehr sorgfaͤltig darauf achten, daß es waͤhrend des Kochens immer mit Fluͤssigkeit bedekt ist und es sogleich auswaschen, wenn es aus der Kufe kommt. 2) Wenn es bei einem Druk von 10 Atmosphaͤren in reinem Wasser ausgekocht wird. 3) Wenn es bei einem Druk von 10 Atmosphaͤren in aͤzender Soda ausgekocht wird, welche 2 Grad an Beaumé's Araͤometer zeigt, wenn sie in den Kessel gebracht wird und beim Herausnehmen nach Verlust einer betraͤchtlichen Menge Wasser, welche als Dampf durch das Sicherheitsventil entwich, 5° zeigt. 4) Wenn sie bei dem gewoͤhnlichen Druk in aͤzender Soda von 10° ausgekocht wird. 5) Wenn sie achtzehn Stunden lang in Chlorkalk, der sein dreifaches Volum Indigaufloͤsung entfaͤrben kann, getaucht und sodann durch Schwefelsaͤure von 1 Grad genommen wird. 6) Wenn sie achtzehn Stunden lang in Schwefelsaͤure von 5° getaucht wird. 7) Wenn sie achtzehn Stunden lang in Chlorwasserstoffsaͤure von 5 Grad getaucht wird. Hr. Chevreul hat in seiner zehnten Vorlesung bemerkt, daß die in fluͤssiges Chlor getauchten Gewebe bisweilen durch die Chlorwasserstoffsaͤure, welche sich unter diesen Umstaͤnden bildet, beschaͤdigt sind. Dieses scheint mir bei der geringen Menge Saͤure, welche entsteht, nicht wahrscheinlich. Man koͤnnte zwar sagen, daß dieser Koͤrper hier maͤchtiger wirkt als bei dem siebenten Versuch, weil er unmittelbar auf dem Zeuge entsteht; aber diese Meinung kann man nicht mehr theilen, wenn man bedenkt, wie begierig die Chlorwasserstoffsaͤure das Wasser anzieht. Ich wenigstens glaube, daß das Chlor selbst die Gewebe beschaͤdigt, wenn man davon eine so betraͤchtliche Menge auf Einmal entwikelt, daß es nicht nur den Faͤrbestoff zersezen, sondern auch auf die Pflanzenfaser wirken kannAuf diese Abhandlung folgt im Bulletin der Bericht, welchen Herr Eduard Schwarz im Namen des chemischen Comité's uͤber die Arbeit des Hrn. Penot erstattete, worin die Hauptergebnisse derselben in Kuͤrze zusammengestellt werden. Hr. Penot glaubt, daß das Chlor den Faͤrbestoff der Baumwolle dadurch zerstoͤrt, daß es seinen Wasserstoff anzieht, waͤhrend man allgemein annimmt, daß unter diesen Umstaͤnden der Sauerstoff des zersezten Wassers an den Faͤrbestoff abgegeben und dieser also durch Oxydation entmischt wird; daß die Baumwolle auch durch troknes Chlorgas entfaͤrbt wurde, beweist nichts zu Gunsten der Ansicht des Hrn. Penot, weil (wie das Comité bei dieser Gelegenheit mit Recht bemerkt) es sehr schwer oder vielmehr unmoͤglich ist, das Chlor, besonders aber das zum Versuche anzuwendende Baumwollenzeug ganz von Feuchtigkeit zu befreien. Uebrigens gibt Hr. Penot nicht an, auf welche Art er dieses bewirkte. – Die Gesellschaft ließ Hrn. Penot fuͤr seine schaͤzbare Arbeit danken und erkannte ihm wegen des Eisers, womit er den edlen Zwek der Gesellschaft durch seine Kenntnisse unterstuͤzt, eine neue Medaille zu..