Titel: Einige Vorsichtsmaßregeln, welche bei der Bereitung des Obstweines zu beachten sind.
Fundstelle: Band 34, Jahrgang 1829, Nr. XLII., S. 145
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XLII. Einige Vorsichtsmaßregeln, welche bei der Bereitung des Obstweines zu beachten sind. Aus dem Recueil Industriel, August 1829, S. 202. Bereitung des Obstweines. Die Verfahrungsarten bei der Bereitung des Obstweines (Aepfelweines) sind allgemein bekannt und wir haben auch keineswegs die Absicht hier etwas Neues daruͤber zu sagen; es gibt aber sehr viele Vorsichtsmaßregeln, welche einen großen Einfluß auf die Qualitaͤt des Productes haben und die man leider so allgemein vernachlaͤssigt, daß wir vielen Oekonomen durch die Erinnerung an dieselben einen wesentlichen Dienst zu erweisen glauben. Nachdem man die Aepfel sorgfaͤltig gesammelt hat, seze man sie einige Tage an einer trokenen Stelle der Sonne aus. Man suche die Aepfel aus und gebe alle diejenigen, welche nicht reif, oder welche faul sind, den Schweinen. Man reinige alle Theile der Presse so lange mit Wasser, bis aller saͤuerliche oder schimmlige Geruch ganz verschwunden ist. Man verwende, so viel als moͤglich, nur Aepfel von derselben Art mit einander zur Mostbereitung. Man sehe auf reines und frisches Stroh. Das wenige Wasser, welches man anwendet, muß rein und gesund seyn. Die Tonnen oder Faͤsser muͤssen in gutem Zustande, wohl geluͤftet und ohne allen Geruch seyn. Wenn die Aepfel in der Muͤhle zu einem feinen Brei zermalmt worden sind, muß man sie vor dem Keltern einer geeigneten Gaͤhrung uͤberlassen. Hiezu sind nach dem Zustande der Atmosphaͤre 20 bis 72 Stunden erforderlich. Je waͤrmer die Luft ist, desto schneller erfolgt die Gaͤhrung. Der Aepfelbrei muß vor dem Auspressen eine fast kirschrothe Farbe haben. Um sich zu uͤberzeugen, wie vortheilhaft es ist, ihn erst nach der Gaͤhrung auszupressen, braucht man nur eine Portion Aepfel zu zerreiben und sie unmittelbar darauf auszupressen. Der Saft wird fast so farblos wie Wasser seyn. Man zerreibe sodann einige andere Aepfel und seze sie 24 Stunden lang der Luft aus; wenn man sie hierauf auspreßt, wird man eine Fluͤssigkeit von sehr satter Ciderfarbe erhalten. Wenn man den Versuch noch weiter fortsezen, den Saft in beiden Faͤllen in Bouteillen bringen und darin die gewoͤhnliche Gaͤhrung erleiden lassen will, so wird man sich durch die bessere Qualitaͤt des lezteren leicht uͤberzeugen, wie nachtheilig es ist, die Aepfel unmittelbar nach dem Zermahlen auszupressen. In mehreren Weinlaͤndern pflegt man die Faͤsser mit Schwefelschnitten aufzubrennen, ehe man die Fluͤssigkeit hineingießt; wir halten dieß auch fuͤr den Obstwein vortheilhaft, wobei man folgendermaßen verfahren kann. Nachdem man ein innenwendig recht reines und geruchloses Faß ausgewaͤhlt hat, gießt man etwa 12 Pinten von einem Cider, welchen man vorher so lange in der Kufe ließ, bis die Gaͤhrung alle darin enthaltenen Unreinigkeiten entwikelte, hinein, und laͤßt in dem Faß so lange einen Schwefelschnitt brennen, bis das Innere mit Schwefeldampf erfuͤllt ist. Man bewegt die Fluͤssigkeit sodann stark, fuͤllt das Faß voll und verschließt es sorgfaͤltig. Man hat eine Menge Recepte fuͤr Zusaͤze, wodurch die Qualitaͤt des Obstweines verbessert werden soll; nach unserer Erfahrung wird er dadurch bloß veraͤndert, waͤhrend man bei Befolgung obiger Vorschriften stets einen Cider erhaͤlt, welcher eben so gesund und angenehm ist und sich eben so gut haͤlt wie die meisten Weine.