Titel: Verbesserung in Verfertigung der Kämme aus Schildkröte.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXX., S. 292
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LXX. Verbesserung in Verfertigung der Kaͤmme aus Schildkroͤte. Aus Gill's technological and microscopie Repository. November 1829. S. 317. Verbesserung in Verfertigung der Kaͤmme aus Schildkroͤte. Ich wußte wohl schon lang, daß man aus Einem Stuͤke Schildkroͤte zwei großzaͤhnige Kaͤmme verfertigen kann, indem die Zwischenraͤume zwischen den Zaͤhnen des einen Kammes das Material zu den Zaͤhnen des anderen geben, und umgekehrt; ich wußte aber nicht, daß es moͤglich waͤre zwei feinzaͤhnige Kaͤmme aus Einem Stuͤke zu schneiden. Dieß geschieht nun auf folgende Weise. Man erweicht, wie gewoͤhnlich, die duͤnne Platte Schildkroͤte mittelst Feuers, und schlaͤgt einen feinen eigens hierzu geformten Meißel so durch, daß die Platte in Zaͤhne und Zwischenraͤume getheilt wird, ohne daß es noͤthig waͤre, etwas von der Masse des Schildkroͤtes selbst wegzunehmen; und so erhaͤlt man zwei Kaͤmme aus einem Stuͤke und erspart viel an diesem kostbaren Materiale. Ein deutscher Kammmacher, der sich bei uns (in England) niederließ, hat gleichfalls eine große Ersparung an diesem Materiale auf folgende Weise eingefuͤhrt. Er verfertigt das große breite Stuͤk des langzaͤhnigen Kammes, den jezt unsere Frauenzimmer so haͤufig tragen, aus Schildkroͤte, macht aber die Zaͤhne aus gemeinem Horne, und loͤthet sie, mittelst Erhizung des Hornes, so geschikt an das Stuͤk Schildkroͤte, daß ich, obschon er mir die Stelle zeigte, wo er sie angeloͤthet hatte, nicht im Stande war die Loͤthung zu bemerken. Er hat das Horn so schoͤn wolkig mit Aezkalk und Bleioxyd oder mit Auripigment zu machen gewußt, und dadurch die zusammengefuͤgten Stellen so kuͤnstlich verborgen, daß Niemand sie zu entdeken vermag.Als der Gebrauch, bei welchem diese Zaͤhne zu dem großen Aerger der Frauen, die sie tragen, und der Herren, die sie bezahlen muͤssen, oft bei dem ersten Einfielen in das Haar schon abspringen. Das ist Stuͤkelei! A. d. Ue. Das Verfahren, Horn und Schildkroͤte zu loͤthen, ist in Bd. XXVII. S. 367. des Polyt. Journ. ausfuͤhrlich beschrieben und die dazu erforderlichen Werkzeuge sind ebendas. auf Tab. VIII. abgebildet. A. d. R. Die englischen Kammmacher faͤrben ihre Kaͤmme auf dieselbe Weise; sie werden aber sehr bald dunkelbraun, indem das Blei sich nach und nach wieder in metallischen Zustand herstellt.Es ist gewiß weniger die Reduction des Bleioxydes, als das natuͤrliche schmuzige Fett, das die Haare absondern, und das Fett der Pommaden, das die Kaͤmme mit der Zeit dunkel macht. A. d. Ue. Die Kaͤmme, die der Deutsche macht, haben aber eine sehr schoͤne Politur, so daß sie aussehen, als ob sie mit Firniß uͤberzogen waͤren, und bleiben lange Zeit uͤber sehr schoͤn. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß er franzoͤsischen oder deutschen Schellakfirniß nimmt, und mit Oehl auftraͤgt, wodurch dann die Kaͤmme den schoͤnen Glanz und die Politur erhalten. Hr. Rob. Hendrie, Parfuͤmeur in Fishborne-Street hat mich auf diese Verbesserung in der Kammmacherei aufmerksam gemacht.