Titel: Verbesserung im Baue der Angelzapfen oder Kegel (Pintles) des Gewindes zum Einhängen der Steuerruder, worauf Joh. Lihou, ein Befehlshaber an der k. Flotte, zu Guernsey, jezt in Naval-Club-House, Bond-Street, Middlesex, sich am 14. April 1829. ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXXXIII., S. 349
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LXXXIII. Verbesserung im Baue der Angelzapfen oder Kegel (Pintles) des Gewindes zum Einhaͤngen der Steuerruder, worauf Joh. Lihou, ein Befehlshaber an der k. Flotte, zu Guernsey, jezt in Naval-Club-House, Bond-Street, Middlesex, sich am 14. April 1829. ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Journal of Arts. November 1829. S. 64. und dem Repertory of Patent-Inventions. Jaͤnner 1830. Mit AbbildungenDas Repertory liefert dieses Patent ohne Abbildungen mit Anmerkungen; das London Journal of Arts gab die beigefuͤgten Abbildungen. A. d. Ue. auf Tab. VIII. Lihou, Verbesserung im Baue der Angelzapfen oder Kegel etc. Die traurigen Folgen (sagt das London Journal), welche so oft dadurch entstehen, daß das Steuerruder in stuͤrmischem Wetter beschaͤdigt wird, und das Schiff nicht mehr gehoͤrig gesteuert werden kann, hat den Erfindungsgeist der Schiffer schon in fruͤheren Zeiten theils auf Verfertigung von Nothrudern, theils auf Ausbesserung des beschaͤdigten Ruders geleitet. Die neue Methode ein Steuerruder einzuhaͤngen, welche Capitain Lihou hier vorschlaͤgt, scheint neue Vortheile zu gewaͤhren, durch welche die bisherigen Unbequemlichkeiten und Gefaͤhrlichkeiten großen Theils, wenn nicht gaͤnzlich, beseitigt werden koͤnnen. Nach dem Zeugnisse einiger der geschiktesten und ausgezeichnetesten Officiere an der Flotte scheint seine hier vorgeschlagene Verbesserung wirklich von hohem Werthe zu seyn. Der Patent-Traͤger theilte uns folgende Bemerkung, die wir hier mit seinen Worten geben, als Einleitung zu seinem Patente gefaͤlligst mit: „Es ist eine nur zu bekannte Thatsache, daß, wenn das Steuerruder am Schiffe waͤhrend seiner Fahrt weggebrochen wird, das Gewinde meistens am Halse oder am Zapfen (Kegel) gebrochen ist. Wo ein solches Ungluͤk eintritt, kann das Schiff nicht mehr gesteuert werden, auch wenn das Ruder nicht gaͤnzlich verloren ging. Unter solchen gefaͤhrlichen Umstaͤnden muß das Schiff trachten so schnell als nur immer moͤglich einen Hafen zu erreichen, um das gebrochene Rudergewinde ausbessern zu koͤnnen oder ein neues zu erhalten: es verliert dadurch nicht nur viel kostbare Zeit und hat theure Auslagen zu bestreiten; es laͤuft zugleich die groͤßte Gefahr, indem es sich in seinem unlenkbaren Zustande dem Lande naͤhern muß. Alle diese Nachtheile entstehen durch die gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Methode, das Steuerruder einzuhaͤngen, bei welcher, wenn der Zapfen im Kegel bricht, das ganze Ruder unbrauchbar geworden ist. Das Ruder muß, wegen dieses an und fuͤr sich geringfuͤgigen Anfalles, neu gebaut werden, und, wenn der Zapfen allenfalls in seinem Bande (googing) eingezwengt bleibt, so muß das Schiff auf die Werfte, und, wenn keine solche zu finden ist, muß es niedergelassen werden. Ich spreche hier von Unfaͤllen an Kriegsschiffen, Ostindienfahrern und anderen großen Seeschiffen: bei kleineren Fahrzeugen koͤnnen andere Mittel angewendet werden. Um nun solche Unfaͤlle zu vermeiden, und das Schiff in den Stand zu sezen von seinem Bord aus einem der groͤßten Ungluͤke auf der weiten See und an fremden Kuͤsten, wo keine Huͤlfe zu finden ist, abzuhelfen, nahm ich zu folgender leichten und bequemen Methode meine Zuflucht, die mich die Noth und eine theuer bezahlte Erfahrung in einem Ungluͤke in den Torres-Engen lehrte. Ich verfertige naͤmlich das Rudergewinde aus zwei einzelnen Stuͤken; die Zapfen oder Kegel abgesondert von ihren Baͤndern oder Stiefeln, in die sie genau passen, und aus welchen sie gelegentlich ausgehoben werden koͤnnen, wie der Winkelhebel an einer Dampfmaschine.“ Patent-Erklaͤrung. „Obiges verbessertes Rudergewinde wird aus demselben Metalle, wie bisher, oder aus irgend einem anderen hierzu tauglichen, oder aus einer schiklichen Metallcomposition verfertigt. Es besteht aus zwei verschiedenen Arten, die man durch verschiedene Benennungen von einander unterscheiden kann: die einen sind die lebendigen oder haͤngenden Angeln oder Gewinde (live or hanging pintles), die anderen die stummen oder Lager- oder Reibungsangeln (dumb or bearing or friction pintles). Sie weichen von den bisherigen dadurch ab, daß sie sich weit schneller ausbessern lassen, indem jeder Angel aus einzelnen Theilen besteht, wie unten beschrieben werden wird. An meinen verbesserten Rudergewinden ist der Zapfen oder Kegel des haͤngenden Angels und der tragende oder Lagerzapfen des Lager- oder Reibungsgewindes einzeln und abgesondert von den uͤbrigen Theilen des Rudergewindes oder der Angeln, und kann nach Belieben herausgezogen und eingesezt werden. Wenn also der Zapfen oder Kegel, oder der Trag- oder Lagerkegel beschaͤdigt oder gebrochen wird, kann jeder herausgenommen und durch einen neuen ersezt werden, ohne daß es noͤthig waͤre die Baͤnder neu zu machen. Die gemeinen Baͤnder (googings) koͤnnen zugleich mit meinen verbesserten Haͤngekegeln gebraucht werden, um das Ruder an dem Pfosten des Hintertheiles des Schiffes zu befestigen. Die verbesserten haͤngenden Angeln bestehen aus den gewoͤhnlichen Seitenbaͤndern mit Bolzenloͤchern zur Befestigung derselben an dem Ruder, und aus dem Kopfe oder Knopfe, oder aus der Metallmasse, aus welcher der Zapfen oder Kegel herabsteigt. Statt daß aber dieser Zapfen oder Kegel aus Einer Masse mit dem Kopfe oder Knopfe gegossen oder geschmiedet ist, muß ein Loch in dem Kopfe oder Knopfe angebracht seyn, durch welches der eigentliche Zapfen desselben laufen kann: dieses Loch kann walzenfoͤrmig, eifoͤrmig, vierekig, vielekig oder etwas kegelfoͤrmig und verduͤnnt zulaufend seyn. Es mag nun uͤbrigens was immer fuͤr eine Form haben, so muß der obere Theil des Zapfens oder Kegels damit correspondiren, und genau, ohne zu wanken, in dasselbe passen, damit er darin festhalten, und sich weder drehen noch durchfallen kann. Damit dieser Zwek desto sicherer erreicht wird, kann das obere Ende des Zapfens mit Vorspruͤngen (Fluͤgeln, feathers oder fins) versehen werden, die sich in Vertiefungen an dem oberen Theile des Knopfes oder Kopfes einsenken. Nachdem diese Zapfen von oben in die Stelle eingefuͤhrt wurden, in welcher sie bleiben und arbeiten muͤssen, werden sie durch den Kopf oder Knopf des Angels, der in das Holz des Ruders eingesenkt oder eingelassen ist, welches auf den Zapfen und Knopf genau passen und auf demselben ruhen muß, in ihrer Lage gehalten, und gehindert in die Hoͤhe zu steigen. Die Seitenbaͤnder und die Knoͤpfe der haͤngenden Angeln, so wie auch die Baͤnder (the googings), muͤssen staͤrker als die Zapfen oder eigentlichen Kegel seyn. Man wird aus dieser Beschreibung ersehen, daß einige oder alle dieser Zapfen herausgenommen, und andere (die immer fuͤr den Nothfall bereit bei der Hand seyn muͤssen) an ihrer Stelle eingesezt werden koͤnnen. Um dieß aber thun zu koͤnnen, ist nichts anderes noͤthig, als die Seitenbaͤnder wegzunehmen, oder auch nur ein hinlaͤngliches Stuͤk Holz von dem Ruder wegzunehmen, dasjenige naͤmlich, welches auf die Koͤpfe oder Knoͤpfe der besagten Kegel druͤkt. Mein verbessertes Lager- oder Reibungsrudergewinde besteht aus aͤhnlichen Seitenbaͤndern und Knoͤpfen, wie das haͤngende, und kann aus demselben Materiale verfertigt werden, das ich oben angegeben habe. Es wird auf dieselbe Weise befestigt. Statt, daß man aber einen walzenfoͤrmigen Zapfen oder Kegel in das Loch des Kopfes oder Knopfes, nach der oben beschriebenen Weise einfuͤgt, fuͤhre ich einen Lagerzapfen oder Kegel aus irgend einem harten Metalle oder aus einer Metallcomposition in das Loch von unten aufwaͤrts. Dieser Lager- oder Tragkegel besteht aus einem Schenkel und aus einem hervorstehenden Theile, Knopfe oder Kopfe, an seinem unteren Ende. Ich mache diesen Knopf halb kugelfoͤrmig, parabolisch, flach, oder in Form eines umgekehrten abgestuzten Kegels, und den Schenkel, der aufwaͤrts in das Loch des Knopfes in dem Gewinde angebracht werden muß, um so viel kleiner im Durchmesser, als die besagte Masse, damit er eine bedeutende Schulter erhaͤlt, mit welcher er gegen das untere Ende des Knopfes druͤkt. Der Schenkel, welcher aufwaͤrts durch diesen Knopf, und durch das Loch, das ihn aufnimmt, zieht, muß vierekig oder von einer solchen Form seyn, daß der Lagerzapfen sich darin nicht drehen kann, und zu diesem Ende Fluͤgel (feathers or fins) haben, wie der obere Theil des Zapfens des haͤngenden Gewindes. Das obere Ende dieses Schenkels muß durch den Knopf laufen, und etwas uͤber demselben emporragen, damit er daselbst durch ein Niet, oder durch eine Kreuzschließe, oder durch Vernietung oder auf irgend eine andere schikliche Weise an seiner Stelle erhalten wird, und nicht aus derselben herausfallen kann. Die Zapfen oder Kegel der haͤngenden Gewinde koͤnnen gleichfalls auf diese Weise eingefuͤhrt und in ihren respectiven Lagen erhalten werden. Die Reibungs- oder Lagerwinde kann auf den gewoͤhnlichen Baͤndern arbeiten; um aber die Reibung zu vermindern, muß der Reibungs- oder Lagerkegel auf einem Gegen- oder verkehrten Reibungskegel arbeiten. Der Stift oder Zapfen eines solchen verkehrten Gewindes muß einzeln seyn, und nach obiger Weise in seinem Knopfe befestigt werden; er muß entweder eine flache, convexe oder concave, eingekerbte oder ausgehoͤhlte Hervorragung aus hartem Metalle an seinem Ende haben, um die untere Seite der correspondirenden Hervorragung oder den Knopf des Reibungs- oder Traggewindes des Ruders aufzunehmen oder zu stuͤzen. Bei Anwendung oder Befestigung dieser Lager- oder Reibungsgewinde muͤssen ihre respectiven Lagen auf dem Ruder und Pfosten des Hintertheiles so vorgerichtet werden, daß der ganze verticale Druk oder die Schwere des Ruders auf dieselben geworfen wird. Zwei solche Trag- oder Reibungsgewinde werden, wie ich glaube, fuͤr das Ruder eines Schiffes von tausend Tonnen hinreichen, ob schon man auch mehrere anwenden kann. Die Zahl der haͤngenden Gewinde haͤngt von dem Befunde ab, nach welchem man sie zur Befestigung des Ruders an dem Pfosten des Hintertheiles des Schiffes fuͤr nothwendig haͤlt. Die Stelle selbst, oder der Ort, wo sie an diesem Pfosten und an dem Ruder befestigt werden muͤssen, ist, der ganzen Laͤnge desselben nach, willkuͤrlich. Die Reibungsgewinde koͤnnen an dem Pfosten des Hintertheiles angebracht seyn, und die haͤngenden an dem Ruder, oder umgekehrt: man kann deren so viele anwenden, als die Groͤße und die Art des Schiffes erfordert. Mein Patent-Recht besteht allein darin, daß ich die Kegel und die Knoͤpfe von den uͤbrigen Theilen des Gewindes unabhaͤngig und abgesondert mache.“ Fig. 8. ist A ein Ruder, und B der Pfosten am Hintertheile des Schiffes, mit den verbesserten haͤngenden Angeln oder Gewinden, ccc, und den Reibungsgewinden dd. Fig. 9. zeigt die Hinterseite eines Ruders, A, welche in der Furche B eines ausgekehlten Pfostens am Hintertheile eines Schiffes paßt, und wo man die haͤngenden und Reibungsgewinde in ihren correspondirenden Lagen sieht. Fig. 10. stellt einen haͤngenden Angel oder ein haͤngendes Gewinde vergroͤßert dar mit seinem correspondirenden Bande (googing). Fig. 11. ist der Zapfen dieses Gewindes, aus seinem Bande herausgenommen und mit seinen Fluͤgeln versehen, die das Drehen und Durchfallen desselben hindern. Das Holz, in welches diese Angeln eingelassen sind, wie man in Fig. 8 und 9. sieht, hindert das Aufsteigen der Kegel. Fig. 12. zeigt die Reibungsangeln vergroͤßert mit ihrem correspondirenden Bande, um die Schwere des Ruders zu tragen. Fig. 13. ist der Kegel oder Zapfen fuͤr das Reibungsgewinde, herausgenommen. Fig. 14. zeigt ein Stuͤk einer Kette mit einem Drehestifte, um ein Ruderende fuͤr den Fall daran zu befestigen, daß es abgebrochen wuͤrde, Statt daß man dasselbe nach der gewoͤhnlichen Weise befestigt, wodurch es eine schiefe Richtung erhaͤlt, und leicht verloren geht. Das Repertory macht hieruͤber folgende Bemerkungen. Es erklaͤrt den Gegenstand dieses Patentes als einen Nationalgegenstand, indem die Sicherheit eines Schiffes von jener seines Ruders abhaͤngt. Capitaͤn Lihou hat in einer kleinen Schrift uͤber diesen Gegenstand die Nachtheile geschildert, die dadurch fuͤr die Schifffahrt entstehen, daß ein Steuerruder unbrauchbar wird. Was die erste Methode betrifft, das Einlassen der Vorspruͤnge in die Substanz des Holzes, so scheint sie uns nicht kraͤftig genug. Einige andere Vorrichtungen trifft dieser Vorwurf nicht, namentlich die „haͤngenden Angeln oder Gewinde“ (hanging pintals), von welchen die Sicherheit des Schiffes weit mehr abhaͤngt, als von den „tragenden,“ welche der Capitaͤn empfiehlt. Von lezteren haben wir nicht den hohen Begriff, den ihr Erfinder hat. Sie nehmen den Plaz ein, den die haͤngenden Gewinde haͤtten ausfuͤllen koͤnnen. Dadurch wird die Verbindung des Ruders um so viel schwaͤcher. Es scheint ferner nicht, daß der Widerstand, den man bei Bewegung des Ruders durch die Reibung erleidet, welche die Schwere desselben erzeugt, von irgend einer bedeutenden Folge ist, indem man bekanntlich das groͤßte Ruder mit einer unbedeutenden Kraft bewegen und kehren kann, selbst noch ehe das Schiff vom Stapel gelassen wurde, wo die ganze Schwere des Ruders auf die Baͤnder druͤkt: wo das Ruder vom Wasser getragen wird, geht es noch weit leichter. Indessen ist Ein Traggewinde, oder sind ein Paar derselben, allerdings vortheilhaft an jedem Ruder, wenn sie oben dicht uͤber der Oberflaͤche des Wassers angebracht sind, wo sie die haͤngenden Gewinde, deren Lage so wichtig ist, nicht hindern. Die Baͤnder (googings) wuͤrden dadurch kraͤftiger gegen die Stoͤße des Ruders geschuͤzt seyn, wenn das Schiff stark stampft, als sie es gegenwaͤrtig nicht sind. ES scheint uns auch, daß dadurch eine Verbesserung angebracht werden koͤnnte, daß man die Oeffnungen der Baͤnder weit genug laͤßt, um die Kegel durchfallen zu lassen, wenn sie gebrochen sind, indem sowohl nach der Angabe des Patent-Traͤgers, als anderer Seefahrenden, die Schwierigkeit des Ausbesserns des Ruders und des Auswechselns derselben dadurch sehr vermehrt wird, daß die Kegel in den Baͤndern steken bleiben. Eine solche Verbesserung wuͤrde selbst dem Patent-Rechte auf diese Ruder nicht schaden. Das Repertory verweist, wegen der großen Gefahren, die durch Beschaͤdigung des Steuerruders entstehen, auf den V. Bd. der gegenwaͤrtigen Series S. 303.Es haͤtte noch auf andere Mittel, selbst auf Patente uͤber Einhaͤngen der Steuerruder verweisen koͤnnen, die man im Polytechnischen Journale finden wird. A. d. Ue.