Titel: VII. Bemerkung des Hrn. D'Arcet über die Knochenleim-Suppe.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. XCIV., S. 381
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XCIV. VII. Bemerkung des Hrn. D'Arcet uͤber die Knochenleim-Suppe. Aus dem Recueil industriel. T. XII. N. 35S. S. 174..Unsere Leser moͤgen uns entschuldigen, wenn wir sie immer mit der aufgewaͤrmten Knochensuppe bedienen. Es ist nicht unsere Schuld. Die franzoͤsischen Journale schwimmen ganz darin, und unsere Leser koͤnnen sicher seyn, daß sie von uns Statt der langen franzoͤsischen Bruͤhe nur eine kurze Sauce erhalten. Wir haben es nur mit Hrn. D'Arcet zu thun, und wir sind es der Hochachtung, die wir fuͤr diesen hochverdienten Chemiker haben, schuldig, ihn ganz sich aussprechen zu lassen, indem wir uns erlaubten, in mehreren Ansichten von ihm abzuweichen. Man darf nie etwas von dem verschweigen, was der Gegner fuͤr seine Ansicht vorgebracht hat. A. d. Ue. S. 174. D'Arcet, uͤber die Knochenleimsuppe. Diese Bemerkung wurde auf Anfrage der HHrn. Administratoren der Maison de refuge abgefaßt. Der doppelte Apparat, der in dieser Wohlthaͤtigkeitsanstalt aufgestellt ist, kann 80 Kilogramm Knochen in 24 Stunden ausziehen, und folglich wenigstens 2400 Portionen Gallerteaufloͤsung des Tages liefern, die eben so reich an thierischem Stoffe ist, als die beste Fleischsuppe. (?)Wir haben fruͤher unsere Zweifel gegen diese Behauptung geaͤußert. Wir bemerken hier noch uͤberdieß, daß nicht Alles, was an einem Thiere vorkommt, darum allein auch schon thierisch ist, so wenig als Alles, was an Pflanzen vorkommt, deßhalb vegetabilisch ist. Die Knochen sind unter allen Theilen eines Thieres diejenigen, die am wenigsten thierisch sind, die am meisten dem Mineralreiche angehoͤren, und zugleich den Pflanzenkoͤrpern sich naͤhern. A. d. Ue. Dieser Apparat liefert ferner in derselben Zeit 4 bis 5 Kilogramm Fett, das zur Bereitung der Gemuͤse und der Saucen zu dem Eingemachten dient. Die Aufloͤsung der Knochengallerte, welche der Apparat liefert, muß, wie es mir scheint, auf folgende Weise zur Kost in dem Maison de refuge verwendet werden. Erstens. Kann man diese Gallerteaufloͤsung mit gebranntem Zuker faͤrben, gehoͤrig salzen, derselben etwas Fett zusezen, und auch die gehoͤrige Menge Sauerampfer oder anderes Gruͤnzeug zuthun, um sie zu wuͤrzen. Diese Suppe wird dann zur Bereitung der Brotsuppe dienen, die damit auf dieselbe Weise bereitet wird, wie mit der gewoͤhnlichen Fleischsuppe. Man vergleiche, was ich in meiner Abhandlung uͤber die Knochen aus dem Fleische der Fleischbank sagte. Zweitens. Die Gallerteaufloͤsung kann ferner zur Bereitung der Suppen mit Gemuͤsen dienen, die unter dem Namen Armensuppen (soupes économiques) bekannt sind. Man kocht zu diesem Ende die Gemuͤse, Statt in Wasser, in dieser Aufloͤsung, oder man sezt diese Aufloͤsung den Gemuͤsen zu, die man in Cylindern im Dampfe gekocht hat. Diese Suppen werden dann uͤbrigens auf die gewoͤhnliche Weise weiter zubereitet. Man vergleiche hieruͤber Fourier's Werk sur la préparation des substances alimentaires S. 358, 363, 370, 373, 375, 379, 383, 392. Drittens. Die Gallerteaufloͤsung wird ferner Statt des Wassers zum Kochen und Animalisiren aller Gemuͤse, wie der Erdaͤpfel, Bohnen, Linsen, Erbsen, des Kohles, der gelben und weißen Ruͤben als Gemuͤse, nicht als Suppe, in der Maison de refuge verwendet und verspeiset werden. Viertens. Die Knochengallerteaufloͤsung kann endlich theils zur Bereitung der Fleischbruͤhe verwendet werden, wo man drei Viertel des Fleisches aus der Fleischbank dabei erspart, theils zur Vermehrung der Sauce am Boeuf à la mode oder des Bratens, womit die Armen an Sonn- und Feiertagen gespeist werden. Man vergleiche hieruͤber meine Abhandlung. Wenn man sich auf diese Weise der Gallerteaufloͤsung bedient, so erlangt man den Vortheil, den Armen, ohne Fleisch kaufen zu muͤssen, eine Nahrung reichen zu koͤnnen, die eben so sehr animalisirt ist, als es in unseren Haushaltungen die gewoͤhnliche fette Suppe ist, und als es die Gemuͤse sind, die in Fleischsuppe gekocht werden. Es ist uͤbrigens offenbar, daß, wenn man annimmt, daß die in der Maison de refuge versammelten Armen die 2400 Portionen Suppe verzehren, die der in diesem Hause aufgestellte doppelte Apparat ihnen liefert, sie taͤglich eben so viel thierischen Stoff in Aufloͤsung erhalten, als die Menge der gewoͤhnlichen Suppe enthaͤlt, die man aus 600 Kilogramm (1200 Pfd.) Fleisch aus der Fleischbank erhalten wuͤrde.Dieß ist, wie wir fruͤher gezeigt haben, unrichtig. A. d. Ue. Dieß ist der Vortheil, welchen die Einfuͤhrung der Knochengallerte in der Kuͤche des Maison de refuge haben wird. Wir wollen nun sehen, welche Auslagen diese neue Art von Verpflegung nothwendig machen wird. Ich weiß aus Erfahrung, daß ein guter Apparat, der 1000 Portionen Knochenleimaufloͤsung taͤglich liefert, mit 1500 Franken aufgestellt werden kann. Ich will aber hier annehmen, daß, da der doppelte Apparat, den man hier aufstellte, in mehreren seiner Theile zu stark gebaut wurde, dieser Apparat auf 6000 Franken gekommen ist. Das Interesse dieses Capitales betraͤgt also, zu 10 p. C. gerechnet,taͤglich   1 Fr. 65 C. Man wird taͤglich 80 Kilogramm Knochen brauchen, die, das 100Kilogramm zu 10 Franken, kosten   8  –   00 – Man wird ferner hoͤchstens vier Tagloͤhner in 24 Stunden brauchen,jeden zu 2 Franken 50 Cent 10  –   00 – Man wird hoͤchstens 120 Kilogramm Steinkohlen in 24 Stundenbrauchen, was, die Voie zu 50 Franken, gleich ist   5  –   00 – Ich nehme noch als zufaͤllige Auslage taͤglich den zehnten Theilobiger Auslage mit   2  –   46 – –––––––––– So wird die gesammte taͤgliche Ausgabe 27 Fr. 11 C. Man erhaͤlt aber noch 4 Kilogramm Fett des Tages, das man in Spitaͤlern der Butter vorzieht, und dieses Fett ist wenigstens 4 Franken werth. Diese 4 Franken von der Summe der taͤglichen Gesammtauslage abgezogen, bleibt als wirkliche Gesammtauslage 23 Frank. 11 Cent., die wir indessen zu 24 Franken fuͤr den Tag annehmen wollen.Es ist offenbar, daß ich eine noch weit vortheilhaftere Rechnung haͤtte stellen koͤnnen. Man wird sich hiervon um so leichter uͤberzeugen, wenn man bedenkt, daß ich die Auslagen alle auf das Hoͤchste gestellt habe; daß ich dem Ruͤkstande der Knochen gar keinen Werth anrechnete, obschon derselbe, mittelst einer einfachen Verfahrungsweise, in gute thierische Kohle verwandelt werden kann, wie ich fruͤher in meiner Abhandlung erwiesen habe. Man muß ferner noch bedenken, daß, wenn man den Apparat zugleich zur Beheizung der Anstalt benuͤzt, man beinahe drei Viertel des Brennmateriales, das bereits in Anschlag gebracht wurde, zum zweiten Male benuͤzt, wodurch die taͤgliche Gesammtauslage noch ein Mal um 3 Franken 75 Cent. vermindert wuͤrde. A. d. O. Man hat also fuͤr 24 Franken 2400 Portionen Knochenleimaufloͤsung, wovon folglich die Portion dem Hause nicht mehr kostet als Ein Centim, und das Liter dieser Aufloͤsung koͤnnte, ohne allen Verlust, um zwei Centim verkauft werden. Wenn auch nicht so viele Arme in dem Hause waͤren, als noͤthig ist um taͤglich 2400 Portionen Suppe zu verzehren, so wuͤrde man doch, nach Obigem, nie in Verlegenheit seyn, die Knochengallerte gut verwenden zu koͤnnen. Um den hoͤchsten Vortheil aus dem Apparate ziehen zu koͤnnen, scheint mir Folgendes das Zwekmaͤßigste: 1) Man koͤnnte trachten die uͤberfluͤssige Menge Gallerteaufloͤsung außer dem Hause anzubringen. 2) Man koͤnnte eine Armen-Suppenanstalt (fabrication des soupes économiques) errichten, dergleichen die Gesellschaft der Menschenfreunde (Société philanthropique) eine in der Vorstadt St. MarceauDa die Suppen, welche die Gesellschaft der Menschenfreunde zu Paris vertheilt, im mittleren Preise in den Jahren 1826, 27 und 28 auf 12 7/10 Centim die Portion gekommen ist, so ist es klar, daß, wenn diese Suppen mit Knochenleimaufloͤsung Statt mit Wasser bereitet wuͤrden, sie nur auf 13 7/10 Centim, also nur um Ein Centim theuerer kommen wuͤrden. Es ist aber auch offenbar, daß, wenn man diese Suppen mit Gallerteaufloͤsung diker und nahrhafter machen wuͤrde, man, ohne allen Nachtheil (?), sie auf dem fruͤheren Preise von 12 7/10 Centim erhalten koͤnnte, wenn man die Portion um 1/13 ihres Gewichtes geringer macht; und, wenn man dieselbe weder dem Gewichte noch dem Maße nach kleiner machen wollte, duͤrfte man nur 1/13 Wasser (!), Statt der Gallerteaufloͤsung der Portion-Suppe zusezen. Ich glaube uͤbrigens, daß man sich auch dieses Mittel noch ersparen koͤnnte; denn es ist kein Zweifel, daß man die Armensuppe noch auf eine viel wohlfeilere Weise bereiten koͤnnte: denn, nach Hrn. de Puymaurin, kann die Armensuppe oder Sparsuppe (soupe économique), mit Knochengallerteaufloͤsung animalisirt, nicht hoͤher kommen, als auf 5 Centim, und nach Hrn. Fournier's Berechnung auf 6 oder 7 Centim. A. d. O. errichten ließ. 3) Man koͤnnte mit der uͤbrigen Gallerteaufloͤsung eine Gemuͤsesuppe, eine Fleischsuppe und gute Suppen bereiten, und sie um den Gestehungspreis verkaufen, oder dieselbe auch noch mit einem kleinen Gewinne entweder an die Einwohner des Viertels, oder an die Wohlthaͤtigkeitsanstalten (bureaux de charité), oder endlich an die Gesellschaft der Menschenfreunde verkaufen, die sie dann Statt ihrer nicht animalisirten Suppe unter die Armen vertheilen koͤnnte. 4) Blieb auch noch die Aushuͤlfe uͤbrig, daß man das, was von der Knochengallerteaufloͤsung uͤbrig bleibt, eindampft, um es entweder als Gallerte zu verkaufen, oder zu Zwiebak fuͤr die Seeleute oder zu Erdaͤpfelbrot zu verwenden, oder endlich auch um es in Gallertetaͤfelchen zu verwandeln, die man leicht und mit Vortheil verkaufen koͤnnte. Obige Bemerkungen werden den HHrn. Administratoren der Maison de refuge beweisen, daß sie bereits auf dem rechten Wege sind, und daß sie ihren Vortheil dabei finden werden, wenn sie auf demselben beharren wollen. Es kann fuͤr die Armen und fuͤr die Bewohner der Maison de refuge nicht anders, als sehr nuͤzlich seyn, wenn sie dem von mir vorgeschlagenen Verfahren und den in dieser Bemerkung aufgestellten Ideen alle jene Anwendung und Ausdehnung schenken, deren sie faͤhig sind.