Titel: Ueber Maschinen zur Kattundrukerei. Von Hrn. Jerem. Risler. Vorgelesen am 25. September 1829.
Fundstelle: Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XVIII., S. 96
Download: XML
XVIII. Ueber Maschinen zur Kattundrukerei. Von Hrn. Jerem. Risler. Vorgelesen am 25. September 1829. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen. N. 13. S. 249. Mit Abbildungen auf Tab. II. und Tab. III. Risler, uͤber Maschinen zur Kattundrukerei. Kattundrukerei ist der Hauptgegenstand der Industrie der Stadt Muͤlhausen; sie wurde im J. 1740 nach dieser Stadt gebracht. Es scheint mir daher, daß Zeichnungen und Beschreibungen der Maschinen zu dem sogenannten Walzendruke, wodurch die Kattundrukerei so sehr vervollkommnet wurde, nicht ohne alles Interesse fuͤr die Gesellschaft seyn duͤrfte. Die ersten Maschinen zum Kattundruke waren die sogenannten Platten (machines a planche plate), welche nichts anderes als eine Anwendung der gewoͤhnlichen Vorrichtung zum Abdruken der Kupferplatten auf Papier gewesen sind, nur mit dem Unterschiede, daß Statt der Drukerschwaͤrze Farbenbeizen mit Gummi aufgetragen wurden. Diese Maschinen waren Anfangs sehr unvollkommen; man mußte sich seiner Arme dazu bedienen, und einer Vorrichtung, die eine Bewegung hin und her erzeugte. Nach und nach wurden diese Maschinen endlich verbessert, und durch irgend eine bloß mechanische Triebkraft in Thaͤtigkeit gesezt. Es sind 35 Jahre, daß man in England die erste Maschine erbaute, um mit der Walze zu druken.Die erste Drukerwalze zum Kattundruke, die wir gesehen haben, und mit der, als Junge, wir gespielt haben, haben wir vor 50 Jahren gesehen. Sie wurde von einem damaligen Modelstecher zu Augsburg, Namens Eschenlohr (oder wie die Schwaben den Namen sprechen, Eschelaur), von Peternau bei Mindelheim, verfertigt. Dieser Modelstecher kam, vor 50 Jahren, mit seinen Drukwalzen nach der Kettenhoferfabrik im Markte Schwoͤchat, zwei Stunden von Wien, und bot daselbst seine Erfindung an; es ging ihm aber wie manchem Erfinder; er fand keine Unterstuͤzung, und kehrte wieder nach Augsburg zuruͤk, wo er mit seinen Kindern fortfuhr, Drukmoͤdel zu stechen, und sich kuͤmmerlich naͤhrte. Dieser Modelstecher fuͤhrte seine kleinen Cylinder, die er bloß fuͤr den Tuͤcheldruk berechnet hatte, mit beiden Haͤnden uͤber den zu bedrukenden Zeug hin, wie man mit den Nudelwalger uͤber den Teig faͤhrt. Daß es besser gewesen waͤre, den Zeug unter der Walze hinlaufen zu lassen, sah der gute Mann nicht ein, und er fand auch Niemanden, der ihm diesen Rath gegeben haͤtte. Seine Idee war bloß, die Spuren des Ansazes der Moͤdel auf den gedrukten Tuͤcheln zu beseitigen, und dieß gelang ihm bei der Fertigkeit, die er in der Handhabung seiner Walze hatte, allerdings. A. d. Ue. Im Jahre 1806 baute der, durch sein klassisches Werk uͤber Schlosserarbeiten allen Maͤnnern vom Fache ruͤhmlichst bekannte Schlosser Zipper in Augsburg (der es seines Talentes wegen nicht bis zum Meister bringen konnte) eine Walzendrukmaschine, wo die Desseins wie bei den Moͤdeln erhaben gestochen waren. Das Auftragen der Farben geschah durch Walzen, welche mit Tuch uͤberzogen waren, nach dem Systeme, dessen man sich jezt zum Auftragen der Drukerschwaͤrze der Schnelldrukerpressen bedient. Man drukte damit sehr gut, und bloß Mangel an Zutrauen so wie Mangel eigener Geldmittel verhinderte die Emporbringung dieser damaligen sehr sinnreichen Drukvorrichtung. Zum Druk von Shawls u. dergl. duͤrfte sie jezt noch einige Aufmerksamkeit verdienen.A. d. R. Bald darauf wurde diese Maschine in Frankreich, und namentlich zu Muͤlhausen, eingefuͤhrt. Die Fabriken, die sich derselben zuerst bedienten, haben große Vortheile dadurch errungen; denn man drukt mittelst derselben 20 Ellen in Einer Minute, und drukt Muster, die mittelst der Hand gar nicht gedrukt werden koͤnnen. Diese Maschine ist aͤußerst einfach. Eine kupferne Walze, auf welcher das Muster gestochen ist, badet sich in der Farbe, in welcher man druken will. Eine staͤhlerne Schiene, die von zweien mittelst Schrauben gerichteten und gestellten Linealen festgehalten wird, ruht mit ihrer ganzen Schwere auf der Laͤnge der kupfernen Walze, und streicht, so wie diese sich dreht, die Farbe von derselben so genau ab, daß außer an den vertieften Stellen durchaus nichts von der Farbe auf ihrer Oberflaͤche zuruͤk bleibt. Eine andere groͤßere Walze aus Gußeisen, die mit einem diken Tuche uͤberzogen ist, wird mittelst zwei Hebeln, die mit Gewichten beschwert sind, und auf die Zapfen derselben druͤken, auf die kupferne Walze angedruͤkt. Der Kattun, der gedrukt werden soll, laͤuft zwischen diesen beiden Walzen durch in die Trokenstube, wo er getroknet wird.Man vergleiche uͤber die Walzendrukmaschine der Kattundruker auch die Abhandlung des Hrn. Prof. Bernoulli in Basel in diesem Journale Bd. VI. S. 167., so wie die vielen Abhandlungen uͤber Verbesserungen dieser Drukmaschinen in England, welche man nach den Registern dieses Journales leicht auffinden kann.A. d. R. Die ersten Maschinen zum Walzendruke hatten ein hoͤlzernes Gestell und ganz einfache eiserne Hebel, die mit einer gewissen Menge von Gewichten beschwert waren. Sie sahen nicht bloß monstroͤs aus, sondern waren auch sehr unbequem und selbst gefaͤhrlich zu handhaben. So wie die Eisengießerei sich vervollkommnete, und auf Verfertigung der Maschinen mit so gluͤklichem Erfolge angewendet wurde, dachte man auch alsogleich dieselbe fuͤr diese Maschine zu benuͤzen, und bediente sich eines doppelten Hebelsystemes zum Druke, wodurch die Menge der Gewichte bedeutend vermindert wurde. Doch auch diese noch uͤbrigen Gewichte schienen mir unbequem, und seit mehreren Jahren verfertige ich die Maschinen zum Walzendruke mit einem dreifachen Hebelsysteme, das hoͤchstens noch ein Gewicht von 20 bis 25 Kilogramm auf jedem der lezten Hebel fordert. Wie Sie aus dem Plane ersehen werden, den ich die Ehre habe auf Ihrem Buͤreau niederzulegen, ist das Verhaͤltniß meines dreifachen Hebelsystemes 64,44. Wenn also am Ende des dritten Hebels ein Gewicht von 25 Kilogramm zu beiden Seiten angewendet wird, so erhalte ich einen Druk = 64,44 × 50 = 3222 Kilogramm, was auch fuͤr die zartesten Muster mehr denn hinreichend ist. Dieses Gewicht ist aber ganz unabhaͤngig von dem unmittelbaren Gewichte der Walze aus Gußeisen, welche den Kattun auf die kupferne Walze aufdruͤkt, und die gewoͤhnlich 350 bis 400 Kilogramm schwer ist. Ich habe auch das Gewicht der Hebel selbst nicht in Anschlag gebracht, die sich unter einander so zu sagen aufheben; indem die einen schieben, die anderen stoßen. Seit einiger Zeit bringe ich zwischen der kupfernen Walze und der Walze, welche auf diese druͤkt, eine kleinere Walze von drei Zoll im Durchmesser an, welche frei in einem Falze haͤngt, und sich mittelst vier Schrauben parallel stellen laͤßt. Diese Walze macht den gewoͤhnlichen starken Druk, den man anzuwenden pflegt, uͤberfluͤssig; die Arbeit faͤllt, bei Anwendung derselben, schoͤner aus, und die Maschine braucht weniger Kraft um sich zu bewegen. Die Falten, welche der Kattun zuweilen macht, wann er sich zwischen die Walzen begibt, waren ein großer Nachtheil. Das beste Mittel, welches ich dagegen fand, schien mir eine Schraube mit fuͤnf Gaͤngen aus polirtem Eisen, deren Gaͤnge von der Mitte aus rechts und links von einander abweichen. Man dreht diese Schraube durch ein Raͤderwerk in entgegengesezter Richtung des Zuges des Kattuns, und gibt dabei genau Acht, daß die Schraube dem Punkte, wo der Kattun auf dem Lauftuche zwischen die Walzen gebracht und von denselben ergriffen wird, so nahe gestellt wird, als moͤglich; denn, sobald man den in die Breite gezogenen Kattun sich selbst uͤberlaͤßt, zieht er sich zusammen, und faͤngt an Falten zu machen. Hier die Erklaͤrung meines Planes Fig. 1. auf Tab. II. a, Gestell aus Gußeisen. b, Querverbindungsstuͤk aus Gußeisen. cc, Verbindungsstangen aus Gußeisen. d, Stuͤzen der ersten Hebel. e, erste Hebel, welche die auf die kupferne Walze druͤkende Walze und die Zwischenwalze tragen. f, Spannriegel aus geschlagenem Eisen, mittelst einer Buͤchse mit Schraubenmuͤttern verbunden, zur Regulirung des Wirkungspunktes der Hebel. g, zweite Hebel. h, dritte Hebel aus geschlagenem Eisen. i, Gewichte, welche den Druk hervorbringen. k, eine Welle mit Rollen, die an der Deke befestigt ist. Zwei dieser Rollen stehen mit den zweiten Hebeln in Verbindung; die Rolle mit dem groͤßten Durchmesser dient als Zugwerk, um den Druk zu geben oder zu nehmen. l, die kupferne Walze, auf welche das Muster gestochen ist. m, Zwischenwalze aus geschlagenem Eisen. n, Walze, die auf dieselbe druͤkt, aus Gußeisen. o, Gestell, welches den Streicher oder Schaber traͤgt, um die Farbe abzustreichen. p, Gestell, welches den Streicher traͤgt, um die Walze abzupuzen. q, hoͤlzerne Walze, welche sich gegen das Lauftuch stuͤzt, das sie bewegt. r, Schwingstuͤzen fuͤr die Walze q. s, cylindrischer Kamm oder Schraube mit fuͤnf Gaͤngen, die von der Mitte rechts und links auslaufen, und von den Stuͤzen, r, getragen werden. Diese Schraube erhaͤlt ihre Bewegung von der Walze q mittelst eines Raͤderwerkes. t, Stuͤzen der Kattunwalze und der Anziehstangen. u, Kattunwalze. vvvv, Anziehstangen. Mittelst einer auf diese Weise vorgerichteten Maschine kann man auch zwei Farben auf ein Mal druken. Die Walze aus Gußeisen, welche auf die kupferne Walze mit dem Muster druͤkt, befindet sich dann zwischen zwei solchen gravirten kupfernen Walzen, und der Druk geschieht dann von der Seite, und nicht senkrecht, ohne daß dadurch die Wirkung veraͤndert wuͤrde. Es gibt auch Maschinen, in welchen die Drukwalzen, Statt vertieft gestochen zu seyn, ihr Muster in erhabener Form aufgetragen haben. Es sind bereits 20 Jahre, daß ich mich mit einer solchen Maschine beschaͤftigte, die in drei Farben zugleich haͤtte druken sollen. Die Idee dieser Maschine ist sehr schwer auszufuͤhren, wenn man, wie ich, die Absicht hatte, Muster mittelst derselben zu druken, die vertieft gestochen sind; und ich habe mich uͤberzeugt, daß sie nur zum Druke besonderer Artikel taugt, die nur selten vorkommen, indem der Druk mit hohl gestochenen Mustern heute zu Tage eine erstaunliche Vollkommenheit erreicht hat. Die Weise, wie ich meine Walzen mit erhabenem Muster verfertigte, laͤßt sich vielleicht noch mit Vortheil irgendwo anwenden: ich will sie daher mittheilen. Ich ließ Model mit Drukertypen verfertigen, deren Matrizen das Muster oder ein Theil des Musters waren, das ich haben wollte. Diese Model dienten dann zum Gusse vollkommen aͤhnlicher Typen. Die Typen hatten zwei gerade und parallele Flaͤchen, und zwei Seiten bildeten die Halbmesser des Kreises der Walze. Ein eiserner Cylinder, sehr genau cylindrisch, war die Achse der Walze. Um diesen Cylinder wurden die Typen gesezt, die sich an einander schlossen, und durch einen Reif festgehalten wurden, der gleichfalls in einem Model gegossen wurde, und sich in einer Vertiefung verbarg, die an jeder Type schon in dem Model bei dem Gusse angebracht war. Nachdem die Achse auf diese Weise von oben nach unten besezt war, befestigte man Alles mittelst zweier Schraubenniete, wovon an jedem Ende eines angebracht war, und nun war die Walze zur Arbeit fertig. Fruͤher hatte ich solche Walzen mit abgeklatschten Tafeln auf einer hoͤlzernen Walze befestigt verfertigt; ich konnte aber auf diese Weise nie eine vollkommen gerade und walzenfoͤrmige Oberflaͤche erhalten, die bei der Arbeit unveraͤndert blieb.