Titel: Ueber ein eigenthümliches basisch salzsaures Eisenoxyd und einige andere basische Metallsalze, von R. Phillips.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XLIII., S. 221
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XLIII. Ueber ein eigenthuͤmliches basisch salzsaures Eisenoxyd und einige andere basische Metallsalze, von R. Phillips. Aus the philosophical Magazine and Annals of Philosophy, December 1830. S. 406. Phillips, uͤber ein basisch salzsaures Eisenoxyd. Ich hatte einmal eine Aufloͤsung von (rothem) Eisenoxyd mit moͤglichst wenig Saͤureuͤberschuß zu bereiten und vermischte frisch gefaͤlltes Eisenoxyd mit Salzsaͤure in solchem Verhaͤltnisse, daß eine Verbindung in gleichen Atomen haͤtte erfolgen koͤnnen. Ich zog Salzsaͤure allen anderen Saͤuren vor, weil sie das Eisenoxyd in je, dem Aggregatzustande so leicht aufloͤst und verwunderte mich, daß die Saͤure viel mehr Oxyd aufloͤste als ich erwartete; nachdem ich noch oͤfters neue Quantitaͤten davon zugesezt hatte, erhielt ich eine tiefrothe Aufloͤsung, deren spec. Gewicht 1,017 war, und welche wenig von dem bekannten Dintengeschmak hatte. Diese Aufloͤsung wird weder durch zugeseztes Wasser gefaͤllt, noch durch Erhizen zersezt, wenn man sie nicht zur Trokniß abdampft; die Alkalien zersezen sie schnell, aber eisenblausaures Kali gibt anstatt eines dunkelblauen, einen dunklen braͤunlichgruͤnen Niederschlag. Wird mehr Oxyd zugesezt, als die Saͤure aufloͤsen kann, so verbindet sich der Ueberschuß, oder ein Theil desselben mit dem bereits gebildeten basisch salzsauren Salze und die Saͤure und das Oxyd werden vollstaͤndig gefaͤllt und bilden ein anderes, aber unaufloͤsliches basisch salzsaures Salz. Eine der merkwuͤrdigsten Eigenschaften des basisch salzsauren Eisenoxydes, wodurch es sich von allen anderen mir bekannten binaͤren Salzen unterscheidet, ist diese, daß es auf Zusaz seiner Saͤure zersezt wird. Ich versezte eine Quantitaͤt Auflosung, welche nahe 7 Gran Eisenoxyd enthielt, mit 25 Tropfen Salzsaͤure; es entstand sogleich ein Niederschlag und es wurden 3 Gran basisch salzsaures Salz ausgefaͤllt: erhizt man jedoch die Aufloͤsung mit uͤberschuͤssiger Salzsaͤure, so erfolgt keine Truͤbung. Um die Zusammensezung der Aufloͤsung von 1,017 spec. Gew. zu bestimmen, kochte ich tausend Gran mit einer Kaliaufloͤsung; das gefaͤllte Eisenoxyd wog nach dem Waschen und Troknen 15,5 Gran; die Aufloͤsung, aus welcher das Oxyd abgeschieden worden war, wurde mit Salpetersaͤure gesaͤttigt und mit salpetersaurem Silber behandelt, wodurch man 6 Gran Chlorsilber erhielt: als man diese Versuche wiederholte, wichen die Resultate sehr wenig ab. Da 146 Gran Chlorsilber 37 Gran Salzsaͤure entsprechen, so zeigen 6 Gran davon 1,5 Gran Salzsaͤure, die mit Eisenoxyd verbunden waren, an; es verbinden sich also 37 (ein Atom) Salzsaͤure mit 382 Eisenoxyd; dividirt man diese mit 40, dem Atomgewicht des Eisenoxydes, so ergibt sich, daß ein Atom Saͤure mit 9,5 Atomen Oxyd verbunden ist. Haͤtte man aber 16,3 anstatt 15,3 Gran Oxyd erhalten, so waͤre das Salz aus 1 Atom Saͤare + 10 Atomen Basis zusammengesezt gewesen; ich glaube auch, daß dieses seine wahre Zusammensezung ist; wollte man es jedoch in diesem Zustande erhalten, so muͤßte man das Verhaͤltniß der Bestandtheile bei seiner Bereitung außerordentlich genau treffen, denn wie ich bereits bemerkt habe, der geringste Ueberschuß von Eisenoxyd zersezt das aufloͤsliche basische Salz. Das beschriebene basische Eisensalz ist in mehrfacher Hinsicht merkwuͤrdig; es ist außer dem basisch essigsauren Blei das einzige leicht aufloͤsliche basische Salz; auch erinnere ich mich nicht, daß irgend eines einen so geringen stoͤchiometrischen Antheil von Saͤure enthaͤlt; es gibt auch vielleicht keine andere binaͤre Verbindung, welche sowohl durch Saͤuren als durch Basen zersezt wird, und dieser Umstand beweist, daß es außer dem beschriebenen noch zwei andere basische salzsaure Salze von Eisenoxyd gibt, welche sich von ihm aber dadurch unterscheiden, daß sie in Wasser unaufloͤslich sind. Ich habe auch das basisch salzsaure Antimonoxyd untersucht, welches man schon seit langer Zeit unter dem Namen Algarothpulver kennt und anwendet, aber noch von keinem Chemiker analysirt wurde. 100 Gran davon wurden in einer Aufloͤsung von 200 Gran krystallisirtem kohlensaurem Natron gekocht um die Salzsaͤure vollkommen abzuscheiden. Das erhaltene Antimonprotoxyd wog 92 Gran; die Aufloͤsung wurde schwach mit Salpetersaͤure uͤbersaͤttigt, und dadurch 0,5 Gran Oxyd gefaͤllt, welche das kohlensaure Natron aufgeloͤst hatte. Die Aufloͤsung versezte man sodann mit salpetersaurem Silber, welches 31,6 Gran Chlorsilber gab, die 3 Salzsaͤure entsprechen. Bei Wiederholung des Versuches erhielt man 92,4 Oxyd und 30 Chlorsilber, was 7,6 fuͤr das Verhaͤltniß der Saͤure ergibt. Nach dem Mittel aus diesen beiden Versuchen besteht das basisch salzsaure Antimon aus: Antimonprotoxyd   92,45 Salzsaͤure     7,80 –––––– 100,25 Nimmt man das Atomgewicht des Antimonprotoxydes zu 52, und dasjenige der Salzsaͤure zu 37 an, so besteht das basisch salzsaure Antimon aus: Neun Atomen Antimonprotoxyd 52 × 9 = 468 oder   92,67 Einem Atom Salzsaͤure =   37     7,33 ––––––––––––––– 505 100,00 Das basisch salpetersaure Wismuth ist in der Londoner Pharmacopoͤe als ein Salz von einiger Wichtigkeit aufgefuͤhrt; ich fand nur zwei Angaben uͤber seine Zusammensezung, diejenige in Brande's Table of Proportionals , welche offenbar rein theoretisch ist und eine andere von Hrn. Reid in seinen Elements of Chemistry; beide Schriftsteller geben das fragliche Salz fuͤr ein Dinitrat aus, was wie ich sogleich zeigen werde, unrichtig ist; in der That ist auch nach Dr. Thomson das Dinitrat ein krystallinisches Salz. Nach der Vorschrift der Pharmacopoͤe soll man dieses Salz auf die Art bereiten, daß man eine Unze oder 480 Gran Wismuth in einem Unzenmaß oder ungefaͤhr 680 Gran starker Salpetersaͤure aufloͤst, die mit der Haͤlfte ihres Volums Wasser verduͤnnt ist. Offenbar ist die Menge der Saͤure viel zu groß, so daß viel weniger basisch salpetersaures Salz durch Wasser ausgefaͤllt wird als ohnedieß außerdem der Fall waͤre: als ich z.B. 480 Gran Metall auf oben angegebene Art aufloͤste, wurden durch Zusaz von Wasser nur 257 Gran basisch salpetersaures Salz ausgefaͤllt; eine Aufloͤsung von Kochsalz schlug nachher 307 Gran basisch salzsaures Antimon nieder und Ammoniak hierauf noch 27 Gran von dem lezteren basischen Salze. Die Quantitaͤt des basisch salpetersauren Salzes, welche durch Wasser gefaͤllt wird, verhaͤlt sich zu dem basisch salzsauren Salze, welches durch Kochsalz niedergeschlagen wird, wie beilaͤufig 100 : 120; der Saͤureuͤberschuß ist Ursache, daß man zu wenig basisch salpetersaures Salz erhaͤlt und um diesem zu begegnen, muß man krystallisirtes salpetersaures Wismuth anwenden: man erhaͤlt sodann durch Faͤllung mit Wasser 100 basisch salpetersaures Salz gegen 33 basisch salzsaures durch spaͤtere Faͤllung mit Kochsalz. Um das basisch salpetersaure Wismuth zu analysiren, wurden 200 Gran mit Aeznatronlauge gekocht; sie hinterließen im Mittel nach mehreren Versuchen 81,92 Procent Wismuthoxyd: um seinen Salpetersaͤuregehalt zu bestimmen, wurde eine gleiche Quantitaͤt in Wasser mit uͤberschuͤssigem Kalk erhizt, die Aufloͤsung filtrirt und so lange Kohlensaͤure hindurchgeleitet, bis der gebildete kohlensaure Kalk sich wieder aufzuloͤsen anfing: die uͤberschuͤssige Kohlensaͤure wurde durch Kochen verjagt und der salpetersaure Kalk durch kohlensaures Natron zersezt, wodurch man im Mittel aus zwei Versuchen 17 Procent kohlensauren Kalk erhielt, welche 18,36 Salpetersaͤure entsprechen. Nach diesen Versuchen besteht das basische Salz aus: Wismuthoxyd   81,92 Salpetersaͤure   18,36 –––––– 100,28. Das Atom des Wismuthoxydes ist 80 und dasjenige der Salpetersaͤure 54, daher das basisch salpetersaure Wismuth besteht aus: Drei Atomen Oxyd 80 × 3 = 240 oder   81,64 Einem Atom Saͤure   54   18,36 ––––––––––––––– 294 100,00 Ich habe auch das basisch salzsaure Wismuth untersucht, welches man fruͤher Magisterium Bismuthi nannte. Ich faͤllte es aus einer Aufloͤsung von salpetersaurem Wismuth durch Kochsalz. Das bei der Analyse desselben von mir angewandte Verfahren war demjenigen aͤhnlich, welches ich bei dem basisch salzsauren Antimon befolgt hatte: ich kochte es naͤmlich in Aeznatronlauge, saͤttigte mit Salpetersaͤure und faͤllte mit salpetersaurem Silber. 100 Gran auf diese Art behandelt, gaben 87 Gran Wismuthoxyd und 54 Chlorsilber, welches 13,6 Salzsaͤure entspricht. Das Salz besteht daher aus: Wismuthoxyd   87,0 Salzsaͤure   13,6 –––––– 100,6. Das Atom des Wismuthoxydes ist 80 und das der Salzsaͤure 37, daher das Salz besteht aus: Drei Atomen Wismuthoxyd 80 × 3 = 240 oder   86,6 Einem Atom Salzsaͤure =   37   13,4 ––––––––––––––– 277 100,0 Das kohlensaure Wismuth ist nach Dr. Thomson dem basisch salpetersauren und basisch salzsauren Salze in seiner Zusammensezung analog. Bekanntlich hat das Wismuthoxyd eine gelbe Farbe und in diesem Zustande erhielt ich es auch immer, wenn ich das basisch salpetersaure Salz durch ein Alkali zersezte. Wenn man aber das basisch salzsaure Salz anwendet, so ist die Farbe des Oxydes oft sehr verschieden; bisweilen ist es gelb wie dasjenige vom basisch salpetersauren Salze, oft aber graulichschwarz, und ein Mal erhielt ich es dunkelblaͤulich schwarz. Die Ursache dieser Verschiedenheiten in der Farbe konnte ich nicht entdeken, auch zeigt sich vor der wirklichen Zersezung kein Umstand, aus welchem man schließen koͤnnte, welche Farbe das Oxyd erhalten wird. Ich bediente mich derselben Aufloͤsung von salpetersaurem Wismuth zur Bereitung des basisch salpetersauren und basisch salzsauren Salzes, und kochte gleiche Gewichte dieser Salze, wovon ich eines durch Wasser, das andere durch Kochsalz erhalten hatte, mit gleichen Quantitaͤten derselben Natronaufloͤsung; das basisch salpetersaure Salz gab das gewoͤhnliche gelbe Oxyd; das Oxyd von dem basisch salzsauren Salze war Anfangs gelblich, bald aber wurde es graulich und endlich fast schwarz. Bei anderen Versuchen, wo ich Wismuth aus derselben Masse anwandte, wie fruͤher aufloͤste und faͤllte, gab das basisch salzsaure Salz wie das basisch salpetersaure ein gelbes Oxyd. So viel scheint gewiß, daß das basisch salpetersaure Salz immer ein gelbes Oxyd liefert, und daß man mit basisch salzsaurem Salze immer ein dunkelgefaͤrbtes Oxyd erhaͤlt, obgleich das zu verschiedenen Zeiten erhaltene basisch salzsaure Salz, selbst wenn es mit Portionen von derselben Wismuthmasse bereitet wird, sehr verschiedene Resultate liefert. Ich konnte durchaus keine fremdartige Substanz in dem Wismuth entdeken; haͤtte eine solche oder zufaͤlliger Weise vorhandener Schwefelwasserstoff das Oxyd des basisch salzsauren Salzes geschwaͤrzt, so muͤßte sie eine aͤhnliche Wirkung auch auf das Oxyd des basisch salpetersauren Salzes geaͤußert haben, was jedoch nicht geschah, obgleich beide mit einander auf demselben Sandbade zersezt wurden. Loͤst man den schwarzen Niederschlag in Salpetersaͤure auf, so zeigt salpetersaures Silber keine Salzsaͤure an; auch mochte das Oxyd gelb oder schwarz seyn, so zeigte sich doch kein auffallender Unterschied in der Menge des Chlorsilbers, welches man durch Zersezung der basisch salzsauren Salze erhielt. Loͤst man das schwarze Oxyd in Salzsaͤure auf, so schlaͤgt Wasser das basisch salzsaure Salz mit der gewoͤhnlichen weißen Farbe nieder; als ich schwarzes Oxyd auf einem Platinblech der Rothgluͤhhize aussezte, verlor es weder an Gewicht noch veraͤnderte es seine Farbe; als ich es aber schmolz, wurde es gelb; lezterer Umstand allein kann uns einige Aufklaͤrung uͤber die Wandelbarkeit der Farben geben und macht es wahrscheinlich, daß dieselbe von der Anordnung oder Lage der kleinsten Theilchen (Atome) abhaͤngt; warum sie sich aber bisweilen nicht auch mit dem basisch salpetersauren Salze einstellt, laͤßt sich nicht leicht erklaͤren und es laͤßt sich vielleicht noch weit weniger ein Grund angeben, warum man mit verschiedenen Portionen von basisch salzsaurem Salze, die von derselben Wismuthmasse genommen wurden, so wandelbare Resultate erhaͤlt.