Titel: Ueber Nuzen und Anlage von Eisgebäuden statt der bisherigen Eiskeller oder Eisgruben. Von dem Oberamtmann, Herrn Siemens, zu Pyrmont.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LII., S. 261
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LII. Ueber Nuzen und Anlage von Eisgebaͤuden statt der bisherigen Eiskeller oder Eisgruben. Von dem Oberamtmann, Herrn Siemens, zu Pyrmont.Da wir bisher alles was auf Aufbewahrung des Eises Bezug hat, sorgfaͤltig sammelten und in diesem Journale mittheilten (man schlage daruͤber die Register nach), so nehmen wir auf diesen Grund keinen Anstand, die hier folgende Abhandlung uͤber Anlage von Eisgebaͤuden, welche mit den amerikanischen Eisbehaͤltern (polyt. Journal Bd. XXII. S. 269.) einige Aehnlichkeit hat, aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen Jahrgang 1831. S. 50. der Vollstaͤndigkeit wegen mitzutheilen. A. d. R. Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen. 1831. 1ste Lief. S. 50. Mit Abbildungen auf Tab. V. Siemens, uͤber Nuzen und Anlage der Eisgebaͤude. Der Nuzen des aufbewahrten Eises fuͤr den Sommer, besonders fuͤr große Wirtschaften, als Brauereien, Brennereien, Molkenwesen, Mezgereien u.a.m. ist bekannt. Doch scheint dessen Nuzbarkeit bisher noch nicht in verdienter Art gewuͤrdigt zu seyn, theils weil die Mittel der sichern Aufbewahrung des Eises wohl zu unbekannt, oder wenigstens noch nicht angewendet, theils weil die Nuzanwendung des Eises selbst noch nicht uͤber ihre gewoͤhnlichen Graͤnzen hinausgeschritten ist. Sind wir so gluͤklich, Schnee oder Eis einmal im Laufe des Jahrs vom Himmel zu erhalten, so duͤrfen wir es wahrlich nicht wieder schmelzen lassen, ohne das Noͤthige fuͤr unsern Bedarf fuͤr den Sommer aufzubewahren. – Um die Wirkung der Kaͤlte zu zeigen, die das Eis waͤhrend dem Schmelzen hervorbringt, bedarf es nur des Beispiels, daß wenn gleiche Quantitaͤten Wasser von 60° R. und Eis von 0° vermischt werden, die Temperatur des Wassers doch 0° bleibt, obgleich nach dem arithmetischen Mittel beider Temperaturen die Waͤrme des Wassers 35° haͤtte seyn muͤssen. Allein die freie Waͤrme des Wassers war erforderlich, um das Eis zum Schmelzen zu bringen, ohne eine Erhoͤhung der Temperatur der dadurch erhaltenen Wassermenge zu bedingen, indem die Waͤrmecapacitaͤt des Wassers betraͤchtlich groͤßer ist, als die des Eises. Zu obigen Zweken bediente man sich bisher der Eiskeller oder Eisgruben, die man unter der Erde anlegte und wasserfrei hielt. Waren diese Raͤume hinlaͤnglich mit schlechten Waͤrmeleitern ausgelegt, so genuͤgten diese Vorrichtungen wohl theilweise zu einigen Zweken, allein selten fallen die Anlagen der Art so aus, daß das Eis darin von einem Jahr ins andere erhalten werden kann, was dann um so empfindlicher wird, wenn die Keller nicht jaͤhrlich nachgefuͤllt werden koͤnnen. Die Hauptursache dieses Verstoßes liegt in der Temperatur unserer Erde selbst. Bekanntlich duͤrfen wir fuͤr die Temperatur unserer obern Erdschichten die mittlere Temperatur der sie umgebenden atmosphaͤrischen Luft annehmen. Diese ist fuͤr unsere Gegenden 6 bis 7° R.,Fuͤr Berlin 9,1° C. = 7,28° R. A. d. R. d. G. V. in den heißen Laͤndern Europens aber wohl 10 bis 14° R. Koͤnnten wir den Eisraum so hinlaͤnglich mit schlechten Waͤrmeleitern umgeben, daß die Waͤrme der Erde nicht durchzudringen vermoͤgend waͤre, so wuͤrde das Eis sicher nicht schmelzen. Aber eine solche Umgebung in der Erde zu schaffen wuͤrde unsaͤgliche Kosten verursachen, und das zu verwendende Kapital sich nicht verinteressiren koͤnnen, auch die anzuwendenden Materialien moͤchten leicht in Gaͤhrung gerathen. Dieß brachte mich endlich auf den Gedanken, mit einen Raum zur Eisbewahrung statt unter der Erde uͤber der Erde zu bauen; hier konnte ich noch weiter um mich greifen. Ich baute einen Keller zur Conservirung der Lagerbiere etc. und ein Vorrathsgewoͤlbe fuͤr alle im Sommer schwer aufzubewahrenden Gegenstaͤnde; diese wurden dann hinlaͤnglich mit Eis belegt, was ich mit den billigsten schlechten Waͤrmeleitern dergestalt umhuͤllte, daß die aͤußere Waͤrme wenig oder fast gar nicht eindringen konnte. Ich waͤhlte zur Eisumschließung die billigsten schlechten Waͤrmeleiter, als: Luft, Holz, Stroh, schlechtes aber troknes Heu und Spreu von Getreide, welche leztere wegen ihrer kuͤrzern Zwischenraͤume sich sehr gut zur Lufteinhuͤllung eignet. Sind dieß auch nicht die besten Mittel, so sind es doch diejenigen, die dem Landwirth am naͤchsten liegen und womit er durch eine groͤßere Anhaͤufung dasjenige bezweken kann, was in anderen Verhaͤltnissen durch kraͤftigere aber kostbarere Nichtleiter der Waͤrme in engeingeschlossenen Raͤumen zu bewirken seyn wuͤrde. Zur Auffuͤhrung eines solchen Eisgebaͤudes waͤhlte ich uͤber der Erde einen troknen Plaz und umschloß den laͤnglich vierekigen Raum so weit, als das Eis zu liegen kommen sollte, mit einer Mauer von 6 Fuß Hoͤhe und 2 Fuß Breite, im Lichten 42 Fuß lang und 26 Fuß breit. Das Innere dieses Raumes ließ ich auf jede 6 Fuß mit einer 1 1/2 Fuß breiten Mauer durchziehen; auf diese Mauern sollte das Fundament des Gebaͤudes ruhen. Dieß Fundament besteht in Balken, auf welche 2 bis 3 zoͤllige, mit Pech uͤberzogene, Bohlen geschlossen gelegt und nachher kalfatert oder wasserdicht geschafft werden. Hierdurch ist nun schon ein Raum mit ruhender trokner Luft, als schlechtem Waͤrmeleiter, unter dem ganzen Gebaͤude gebildet. Es laͤßt sich nur ein solcher hier allein anbringen, denn jeder andere wuͤrde durch die aus der Erde aufsteigenden Duͤnste bald dem Verderben unterworfen seyn. Zur Ableitung der Feuchtigkeit von Unten stehen die innern Raͤume mit Kanaͤlen in Verbindung; auch ist der innere Raum 1 1/2 Fuß hoch mit Kohlen ausgestampft, am besten mit ausgebrannten Steinkohlen oder Holzkohlengestuͤbe. Wasser, welches sich zufaͤllig sammeln koͤnnte, findet seinen Ausweg durch eine angebrachte Roͤhre unter der Erde zur Seite, damit die Luft unter dem Gebaͤude moͤglichst troken gehalten werde. Auch zur Ableitung der Feuchtigkeit, die durch den Abgang des Eises sich oberhalb der Bohlen erzeugt, ist gesorgt, dieselbe wird auf den abschuͤssig gelegten Bohlen zur Seite geleitet und mittelst kleiner Rinnen, die in die Bohlen gehauen, gesammelt und ebenfalls durch ein enges Rohr auswaͤrts gefuͤhrt. Auf obigem Fundament errichtete ich nun aus starkem eichenen Zimmerholz ein Gebaͤude dergestalt, daß es innerhalb dem Druk eines stark beschwerten Gewoͤlbes und von Außen ebenfalls einem starken Druk widerstehen konnte. Den innern Raum ließ ich dann ausbauen, aus guten Baksteinen wasserdichte Gewoͤlbe anlegen, die als Keller und Vorrathskammern dienen sollten. Die Bohlen in diesen Gewoͤlben wurden ebenfalls mit Baksteinen oder steinernen Platten belegt, vorzuͤglich deßwegen, um so viel als moͤglich alles Holz einzuhuͤllen, was immer in solchen Raͤumen einen mulstrigen Geruch verbreitet. Das uͤbrige Innere des ganzen Gebaͤudes uͤber diesen Gewoͤlben war zur Fuͤllung mit Eis bestimmt. Das Eis mußte nun durch die moͤglichste Einhuͤllung von den schlechten Waͤrmeleitern entfernt gehalten werden, mit welchen es umschlossen werden sollte, denn jede Vereinigung, selbst auch nur die der Duͤnste, wuͤrde eine Aufloͤsung der schlechten Waͤrmeleiter, eine Gaͤhrung veranlassen, dieß eine Waͤrmeerzeugung zur Folge haben und so das Schmelzen des Eises progressiv befoͤrdern muͤssen. Das Aeußere des Gebaͤudes wurde deßwegen mit einzoͤlligen eichenen Dielen benagelt. Um jedoch jede Mittheilung der Feuchtigkeit so viel als moͤglich zu vermeiden, war es nothwendig, die Dielen, deren Seiten 2 Zoll uͤber einander zu liegen kommen, nicht von Unten herauf (wie gewoͤhnlich der Fall ist, um ein Gebaͤude gegen Naͤsse von Außen zu schuͤzen), sondern von Oben herab uͤber einander zu legen und zu nageln. Die Duͤnste vom Eis, wenn sie sich nun auch an die Dielen ansezen, koͤnnen dann unmoͤglich nach Auswaͤrts an die Bedekung dringen, sondern muͤssen an der inneren Seite heruntergleiten. Die Bedekung obigen Gebaͤudes mit schlechten Waͤrmeleitern ist nach allen Seiten hin und auch uͤber demselben 12 Fuß stark. Sie besteht, wie schon gesagt, aus den billigsten, als Stroh, Heu, Spreu, Ruͤbsamenschoten etc., womit das ganze Gebaͤude, in einer angemessenen Ordnung, tienenartig umlegt ist. Um diese Tiene noch mehr gegen das Eindringen der Waͤrme und hauptsaͤchlich gegen Feuersgefahr zu schuͤzen, wird sie mir einer Deke von Lehm uͤberzogen; und diese dann wieder mit einem billigen Kitt, der aus Lehm, Grand, Kuhdrek, etwas Kalk, mit feinem Haͤksel oder Spreu gemengt, besteht und statt mit Wasser, mit Mistjauche oder Guͤlle, zu Kleister gemischt worden. Dieser Ueberzug ist so haltbar, daß das Regenwasser wenig Einfluß darauf aͤußern kann. Um das Eindringen der Sonnenstrahlen zu hindern und abzuhalten, wird das Ganze noch mit Kalk uͤberstrichen. Auch kann das ganze Gebaͤude mit schnellwachsenden vielschattenden Baͤumen umpflanzt werden. Wir kommen nun zum Eingang in das Eisgewoͤlbe; dieser muß sehr vorsichtig angelegt werden. Es ist bekannt, daß trokene ruhende Luft ein sehr schlechter Waͤrmeleiter ist, und diesen koͤnnen wir auch nur allein hierbei benuzen. Je mehr Abtheilungen also vorhanden, in denen die trokene Luft in Ruhe bleiben kann, desto weniger leicht wird die Waͤrme bis zum Eisgewoͤlbe dringen. Zu diesem Zwek sind drei Abtheilungen vorhanden, wovon jede wieder mit schlechten Waͤrmeleitern geschlossen ist; naͤmlich durch Thuͤren, die auch mit leichtem Holz versehen seyn koͤnnen, aber in der Mitte, auf 4 bis 5 Zoll Staͤrke, mit Wolle, Haaren oder Federn ausgefuͤttert seyn. Die vierte Thuͤr oͤffnet endlich das Gewoͤlbe zur ersten Vorrathskammer, welche dann, nachdem die Temperatur bis dahin durch die Abtheilungen allmaͤhlich erniedrigt worden, wenig mehr an Kaͤlte verlieren kann. Das Ganze des Eingangs bildet ein starkes, massives, mit Balken, Sparren und Strohdach versehenes Gebaͤude, dessen mit Dielen belegter Boden mit Stroh gefuͤllt und festgestopft ist. Eine Roͤhre fuͤhrt frische Luft nach dem Vorrathsgewoͤlbe; oben im Gewoͤlbe befindet sich eine andere Roͤhre, um die dunstige Luft aufwaͤrts abzufuͤhren. Dieser Abzug ist hier um so noͤthiger, als der aufzubewahrenden Gegenstaͤnde in diesem Gewoͤlbe mancherlei sind. Die Roͤhren sind gewoͤhnlich verschlossen und werden nur periodisch in kuͤhler Zeit geoͤffnet. Unten geschieht dieß mit eigens dazu geformten Stoͤpseln, oben aber durch eine Klappe, die mittelst einer auswaͤrts Herabhaͤngenden Schnur aufgezogen werden kann. Beschreibung der auf Tab. V. gegebenen Zeichnung des Eisgebaͤudes. Fig. 1. stellt das Gebaͤude dar, so wie die Sohle desselben auf den Bohlen ruht; Fig. 2. einen senkrechten Laͤngendurchschnitt und Fig. 3. einen Querdurchschnitt des Gebaͤudes. In Fig. 3. sieht man den Grund a mit den Mauern, auf welchen die Balken ruhen. Der untere Theil der Raͤume ist gegen 1 1/2 Fuß hoch mit trokenen schlechten Waͤrmeleitern, z.B. Kohlengestuͤbe oder ausgebrannten Steinkohlen, festgestampft. Auf die Balken ist das gepechte, kalfaterte Fundament b gelegt. Der Eingang d besteht aus drei Abtheilungen und vier doppelten Thuͤren, wovon die vierte e das erste Eisgewoͤlbe oͤffnet. Zur Bequemlichkeit beim Oeffnen bestehen die Thuͤren aus zweien Fluͤgeln, die in der Mitte schraͤg zusammenschlagen, und von denen der eine gewoͤhnlich ungeoͤffnet bleibt, sobald nicht Tonnen oder sonstiges Geraͤth hineinzuschaffen sind. Die ersten drei Thuͤren sind mit hoͤlzernen Thuͤrgeruͤsten umgeben und saͤmmtlich, der Dichtigkeit wegen, mit Tuchleisten doppelt bekleidet. Die vierte Thuͤr, die das erste Eisgewoͤlbe f oͤffnet, hat dieselbe Einrichtung; das Thuͤrgeruͤst besteht nicht aus Holz, sondern aus Stein, in welchem die Haken mit Blei eingegossen sind. Das Eisgewoͤlbe ist mit guten Baksteinen gemauert, die der Feuchtigkeit widerstehen, ohne zu zerbroͤkeln. Die Baksteine werden auf ihre schmale platte Seite vermauert und in guten Cementkitt gelegt, der nicht die geringste Feuchtigkeit durchlassen darf. Die Gewoͤlbe, und vorzuͤglich das Vordergewoͤlbe, was hauptsaͤchlich zur Aufbewahrung aller moͤglichen Victualien dient, werden mit gegen 60 bis 80 Stuͤk eiserner Haken versehen, die gleich anfaͤnglich mit Vorsicht einzumauern und zu verwahren sind. An jeder Seite dieses Vorgewoͤlbes befindet sich eine kleine Pforte, 3 Fuß breit, 5 Fuß hoch, gewoͤlbt aber zugemauert, die nur in dem Fall aufgebrochen wird, wenn das Gebaͤude mit Eis nachgefuͤllt werden soll. Zur Versicherung des Gewoͤlbes sind die drei Quermauern oben mit eisernen Stangen und Haken festgeklammert. Eine zweite aber einfache Thuͤr in Stein gesezt oͤffnet in diesem Gewoͤlbe den hinteren Vorrathskeller, in welchem Lagerbier und sonstige Fluͤssigkeiten aufbewahrt werden. In der Mauer im Hintergrund ist das sogenannte Eispfoͤrtchen h angebracht, woraus der taͤgliche Bedarf des Eises genommen wird. Dieses ist ebenfalls mit einer festanschließenden Thuͤr, in Steingeruͤst gesezt, versehen. Zu bemerken sind noch die beiden untern Roͤhren k, um die Feuchtigkeit aus den unteren Raͤumen zu leiten, und die Luftroͤhre i, die ins Vorrathsgewoͤlbe fuͤhrt. Fig. 2. gibt den Durchschnitt des Eisgebaͤudes nach seiner Laͤnge: d die beiden Vorzimmer, das Vorrathsgewoͤlbe und der Keller zur Aufbewahrung der Fluͤssigkeiten; l die Umgebung der Gewoͤlbe mit Eis, hier bemerkt man die Spizen der Sparren mit der ersten Bretterflur darauf, ebenfalls die durchstehenden Hahn- und Kehlbalken, endlich die Umgebung mit schlechten Waͤrmeleitern m, m, m und die Luftroͤhre i. In Fig. 3., die den Querdurchschnitt des innern Gebaͤudes angibt, bemerken wir die Bauart des Sprengwerks n, um dem Druk des Gewoͤlbes von Innen und dem Druk von Außen zu widerstehen. In dem Gewoͤlbe selbst werden wir noch das hinterste Pfoͤrtchen h gewahr, durch welches das Eis ausgenommen werden kann. Wie schon gesagt, muß die Umbansung tienenartig geschehen, damit durchaus keine Feuchtigkeit einwaͤrts dringen kann, sondern vielmehr Alles nach Außen geleitet wird. Ich habe dabei folgende Ordnung beobachtet: an das Gebaͤude legte ich zuerst 2 Bund Gerstenstroh, zwischen welchen ein Raum von 1 Fuß offen gelassen wurde, der mit Spreu vollgestopft und getreten wurde. In dieser Art fuhr man fort, so lange an dem Gebaͤude in schraͤger Richtung nach Außen hin aufzubausen, bis daß die ganze Bansenlinie, wenn das lezte Bund Langstroh auf die 12 Fuß Breite ausgelegt war, sich unter einem Winkel von 45 Grad nach Außen hinneigte. Das Bansen auf obige Weise wurde vom Gebaͤude aus immer angefangen und unter dem genannten Winkel bis 18 Fuß uͤber die Spize des Dachs damit fortgefahren. Nachdem die Tiene sich gehoͤrig gedruͤkt und gesenkt hatte, betrug die Hoͤhe nur noch etwa 12 Fuß uͤber dem Dach. Wegen Aufbauung des ganzen Gebaͤudes muß ich noch einige Regeln anfuͤhren. Man fange mit dem Bau der Grundpfeiler im Fruͤhjahr zeitig an; sobald diese ausgetroknet sind, wird an der Balkenflur und an der Bedielung des Fundaments gearbeitet. Die Bohlen hierzu muͤssen durchaus troken seyn, damit sie geeignet das heiße Pech und die Kalfalterung aufzunehmen. Alsdann wird das Gebaͤude darauf gerichtet, jedoch nur so weit bedielt, als erforderlich, um das darin jezt aufzufuͤhrende Gemaͤuer vor Regen zu schuͤzen. Die Gewoͤlbe werden dann in beschriebener Art darin aufgefuͤhrt; das Gebaͤude bleibt hierauf unterwaͤrts so lange offen, bis die Gewoͤlbe voͤllig ausgetroknet sind, wozu wohl 1 bis 2 Monate erforderlich seyn duͤrften. Wenn dieß geschehen, so ist dann das Gebaͤude voͤllig zu umdielen und in gehoͤriger Ordnung zu umbansen, jedoch bleibt die hinterste Giebelseite offen, um das Gebaͤude im Winter bequem mit Eis fuͤllen zu koͤnnen. Vortheilhafter fuͤr die Erhaltung des Eises wuͤrde es allerdings seyn, wenn die Umbansung des Gebaͤudes lange vorher, ehe das Eis hineingebracht wird, in Ordnung gebracht waͤre, damit sich die Tiene gehoͤrig in ihrer Ruhe wieder gekuͤhlt, oder so zu sagen abgelagert haben koͤnnte, denn auch das aͤlteste und trokenste Stroh erregt aufs Neue wieder Waͤrme, sobald es umgebanst wird, was von der Friction herruͤhren mag. Die Einbringung und Fuͤllung des Gewoͤlbes mit Eis wuͤrde aber dann doch zu beschwerlich fallen und man muß sich den Verlust an Eis hierbei gefallen lassen. Bei dieser ersten Tiene ist noch zu beobachten, daß dieselbe an der Giebelseite in schraͤger Richtung aufgefuͤhrt wird, damit die neue Banse sich auf die aͤltere stuͤzen und ohne groͤßern Nachtheil nachgefuͤhrt werden kann. – Zur Einbringung des Eises ist ein strenger Winter zu waͤhlen, auch ist dieses Geschaͤft nicht waͤhrend des Thauwetters vorzunehmen, denn die Erfahrung hat gezeigt, daß es in Hinsicht der Aufbewahrung des Eises ein großer Unterschied ist, ob diese Arbeit waͤhrend des Frostes oder Thauwetters geschieht.Es verdient auch darauf aufmerksam zu machen, daß man das Eis nicht sogleich nach dem Aufhauen in den Eiskeller einfahre, sondern daß es einige Zeit in Haufen liegen bleiben muß, um die niedere Temperatur der kalten Luft anzunehmen, denn da, wo es mit Wasser in Beruͤhrung war, hat es nur 0° Kaͤlte, es wird aber erst nach einiger Zeit die Temperatur der umgebenden kalten Luft annehmen. Zur Zeit von Thauwetter ist das Eis 0° kalt, also selbst im Schmelzen begriffen. A. d. R. d. G. V. Das Eis wird im Gebaͤude mit hoͤlzernen Kloͤppeln zerschlagen. Wenn die unteren Raͤume mit Eis gefuͤllt sind (was auch bei der Giebeloͤffnung geschehen kann, da die Dielen auch von Unten in derselben Ordnung, wie die fruͤhern, angenagelt werden koͤnnen, wenn man die eine hinter die andere schiebt), so muß das Eis auf schraͤg gerichteten Bohlen, mittelst kleiner Kasten, aufwaͤrts gezogen und in die hintern Raͤume geschafft werden; anfaͤnglich auf den Balken, worauf die Dielen zum Weiterziehen liegen, und nachgehends in derselben Ordnung auf den Kehlbalken hinaus. Auf diese Weise faͤllt diese Fuͤllung mit Eis gar nicht so schwierig aus, als sie anfaͤnglich scheinen moͤchte. Die Bebansung des Giebels muß im Winter sehr vorsichtig ausgefuͤhrt werden, hinlaͤnglich trokenes Stroh, Spreu etc. in Vorrath seyn und zureichende Huͤlfe, um die ganze Arbeit in einem Tag, bei der Wahl einer hellen, trokenen, kalten Witterung, schnell vollfuͤhren zu koͤnnen. Zur Versicherung, daß an der Scheidung der fruͤhern und spaͤtern Banst keine Hoͤhlungen entstehen, wird solche bei jeder Strohlage mit Spreu ausgetreten. – Dieß waͤren die Regeln, welche bei einer Hauptfuͤllung des Gebaͤudes mit Eis zu beobachten, welche jedoch nur bei einem strengen Winter vorzunehmen. Ist nach dem Aufbau des Gebaͤudes der folgende Winter nicht dazu geeignet, so rathe ich, lieber einen solchen voruͤbergehen zu lassen, als das Gebaͤude mit schlechtem Eis zu fuͤllen. Wenn aber diese Arbeit einmal gluͤklich vollbracht ist, so kann, bei der hier angegedenen Vorrichtung, immer eine Dauer von 6 bis 10 Jahren angenommen werden, bei welcher dann jedes Mal der Giebel losgebanst werden muß. Kleinere Nachfuͤllungen bei maͤßigen Wintern sind deßwegen aber auch nicht zu versaͤumen; diese geschehen indeß nur von Innen her, theils durch das hinterste Pfoͤrtchen, theils durch die beiden kleinen Nebenpfoͤrtchen im Vordergewoͤlbe, die dann aufgerissen werden koͤnnen. Jeder denkende Mann wird es leicht einsehen, daß obige Einrichtung zur Aufbewahrung des Eises und die Beschaffenheit des Locals schon jedem Haushalt von einigem Umfang sehr vortheilhaft seyn muß; hauptsaͤchlich wichtig ist sie fuͤr Landwirthe, die Bierbrauerei, Brantweinbrennerei etc. besizen. Lagerbiere halten sich waͤhrend des Sommers hoͤchst unvollkommen in unsern gewoͤhnlichen Kellern, nur in einigen Bierkellern Sachsens, Bayerns, die zugleich mit Eiskellern in Verbindung stehen, bleibt das Bier haltbar, doch nur so lange, als der Eisvorrarh anhaͤlt. Sobald dieser nicht ersezt wird, gerathen dann alle Vorraͤthe ins Verderben. Wie vortheilhaft eignet sich dagegen unsere Vorrichtung zur Aufbewahrung aller moͤglichen Fluͤssigkeiten und anderer Victualien, die in der Waͤrme so leicht dem Verderben unterworfen sind; wie vortrefflich wuͤrden sich z.B. alle Obst- und Zukerweine (als neuer Gewerbzweig fuͤr Landwirthe) in diesem Keller aufbewahren lassen! Die Temperatur in demselben bleibt immer 0 Grad und nur dann, wenn eine Zeit lang darin gearbeitet ist, steigt dieselbe wohl bis auf + 1 bis 2 Grad. Gehen wir nun von der Kaͤlte-Erzeugung, die unsere Vorrichtung schafft, auf die unmittelbare Verwendung des Eises selbst uͤber, so finden wir in unsern Wirthschaften außerordentlichen Nuzen davon. Wie vortheilhaft ist die Anwendung des Eises bei heißen Sommertagen in den Brennereien, um die Maische bis zum Anstellungsgrad abzukuͤhlen. Oft ist hier ein Eimer voll genuͤgend, die Maische zu 1 Oxhoft Brantwein gegen Saͤurung zu schuͤzen. Wie nothwendig ist das Eis in jedem Molkenwesen; wie vortheilhaft fuͤr die Kuͤche und uͤberhaupt den ganzen innern Haushalt! In meinem Verhaͤltnisse hier in Pyrmont hat mir das Eisgebaͤude wesentlichen Nuzen geschafft; meine Lagerbiere, unter der Benennung Eisbiere, sind in der ganzen Gegend bekannt. Da mit dem Vorrathsgewoͤlbe eine Mezgerei in Verbindung steht, so habe ich das Publicum in den heißesten Sommertagen immer mit dem besten Fleisch versehen koͤnnen. Auch den uͤbrigen Mezgern steht es frei, ihr Fleisch gegen maͤßigen Miethzins hier im Eishause aufzubewahren, wovon diese um so lieber Gebrauch machten, als sie oft in den heißesten Tagen in die Verlegenheit gerathen waren, ihr Fleisch nach dem dritten oder vierten Tag schon wegzuwerfen. Selbst die angesehensten Brunnengaͤste senden ihre Victualien und Medicamente zur Aufbewahrung ins Eishaus. Noch muß ich bemerken, daß in den Eisgewoͤlben die groͤßte Reinlichkeit zu beobachten ist. Das Vorrathsgewoͤlbe muß wenigstens immer so rein als die beste Holstein'sche Molkenstube gehalten werden. Das Scheuern der Waͤnde und Fußboͤden mit kaltem Wasser thut dem Eis wenig Abbruch. Was die Kosten der Anlage betrifft, so duͤrften diese dem Landwirth wohl weniger beschwerlich fallen, als dem Staͤdter, der Alles dazu kaͤuflich herbeischaffen muß. Die zu verwendenden Baumaterialien behalten auch auf die Dauer ihren Werth und koͤnnen dabei also nur die Interessen des Kapitals in Betracht kommen. Zur Verwahrung des Eises, um es nur im Sommer, Behufs der Brennerei, Kuͤche und Molkenwesen zu verwenden, bedarf es natuͤrlich weniger kostspieliger Vorrichtungen. So hat sich z.B. mein Bruder, der Oberamtmann Siemens in Lutter am Barenberge, in seiner Wirthschaft uͤber der Erde einen Eisbehaͤlter gebaut, dessen Umgebung aus einer doppelten Bretterwand besteht, die auf 3 Fuß breit mit Gerstenspreu ausgefuͤllt ist. Das Eis erhaͤlt sich hier schon seit mehreren Jahren, und es liefert diese Einrichtung den Beweis, daß das Eis auf unsere Weise uͤber der Erde gegen das Schmelzen sicherer verwahrt ist, als auf die bisherige Art unter der Erde. Zur Aufbewahrung des Eises fuͤr Haushaltungen, die es bloß fuͤr Kuͤche und Molkenwesen in Anwendung bringen wollen, rathe ich, dasselbe in doppelte Faͤsser zu paken, deren Zwischenraͤume mit Kohlengestuͤbe ausgefuͤttert und die uͤber der Erde mit Stroh umlegt sind. Zu diesem Zwek waͤhle man die gewoͤhnlichen Stuͤkfaͤsser von 5 Oxhoft Gehalt und seze ein 2 Oxhoft haltendes Faß hinein, nachdem in diesem durch den Boden, in jenem aber unten an der Seite, eine Oeffnung gelassen, durch welche die abgehende Feuchtigkeit mittelst einer Roͤhre abgeleitet werden kann. Diese Faͤsser, wenn sie in einem kuͤhlen Gebaͤude angestellt werden, wo sie nur einigermaßen mit Stroh umhuͤllt werden koͤnnen, conserviren das Eis außerordentlich. Wenn die inneren Faͤsser mit Eis ausgestampft und so weit sie herausreichen mit Kohlengestuͤbe umgeben sind, so werden die Eisfaͤsser mit einem Dekel versehen, auf welchem entweder ein Sak mit Kohlengestuͤbe, oder besser noch mit schlechten Federn gefuͤllt, zu liegen kommt, welcher dann noch ferner mit hinreichendem Stroh uͤberdekt wird.

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