Titel: Ueber die Wirkungen der thierischen Kohle auf die Salz-Auflösungen, von Hrn. Th. Graham.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LXXXIII., S. 443
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LXXXIII. Ueber die Wirkungen der thierischen Kohle auf die Salz-Aufloͤsungen, von Hrn. Th. Graham. Aus dem Agriculteur-Manufacturier, 1831, Bd. II. S. 218. Graham, uͤber die Wirkungen der thierischen Kohle etc. Durch die Untersuchungen sehr vieler Chemiker ist es bis zur Evidenz erwiesen, daß die entfaͤrbende Eigenschaft der thierischen Kohle dem Kohlenstoff selbst zugeschrieben werden muß und keineswegs den Salzen oder dem Stikstoff, welche sie enthaͤlt. Die Salze und der Stikstoff besizen an und fuͤr sich diese Eigenschaft nicht, waͤhrend der Kohlenstoff, nachdem ihm diese Substanzen entzogen wurden, seine Entfaͤrbungskraft beibehaͤlt. Diese Kraft wird durch die außerordentliche Zertheilung und Porositaͤt der thierischen Kohle betraͤchtlich verstaͤrkt und diese Porositaͤt beruht auf der Zwischenlage von Theilchen fremder Koͤrper, welche das Aneinanderlegen der Kohlen-Molecule waͤhrend des Calcinirens verhindern. So besizt die glaͤnzende und harte Kohle, welche man beim Calciniren des getrokneten Blutes erhaͤlt, keine Entfaͤrbungskraft, waͤhrend dieselbe Kohle, wenn man sie durch Calcination des mit kohlensaurem Kali gemengten Blutes erhaͤlt, wie in den Fabriken von blausaurem Kali, am staͤrksten entfaͤrbt (nachdem man das zwischen ihren Moleculen befindliche Salz beseitigt hat). Wir muͤssen jedoch bemerken, daß eine sehr intensive Hize die Entfaͤrbungskraft der Kohle zerstoͤrt. Die Faͤrbestoffe werden durch die Kohle weder zerstoͤrt noch zersezt, sondern bloß aus der Aufloͤsung gefaͤllt, indem sie sich mit der Kohle auf ihrer Oberflaͤche verbinden. Man kann sie durch ein kraͤftigeres Loͤsungsmittel wieder aufloͤsen und zum Vorscheine bringen. Die Kohle entfaͤrbt aber nicht bloß gefaͤrbte Fluͤssigkeiten, sondern sie uͤbt auch eine chemische Wirkung auf die Aufloͤsungen der Salze aus, wie man aus folgenden Versuchen ersieht. Die zu denselben gebrauchte Kohle war aus gewoͤhnlichen Knochen bereitet, aber mit verduͤnnter Salzsaͤure gekocht und sodann mit heißem Wasser ausgewaschen worden, bis dieses nicht mehr sauer ablief. Beim Verbrennen hinterließ sie ungefaͤhr den zwoͤlften Theil ihres Gewichts einer grauen Asche, welche in Wasser und Saͤuren unaufloͤslich war und fast ganz aus Kieselerde bestand. Nach Hrn. Bussy verhaͤlt sich die Entfaͤrbungskraft der auf angegebene Weise bereiteten und mit Salzsaͤure gereinigten Kohle zu derjenigen von nicht gereinigter = 1 1/2 : 1. Kochsalz. – Die (mit Salzsaͤure) gereinigte Knochenkohle hatte bei der gewoͤhnlichen Temperatur keine merkliche Einwirkung auf das Kochsalz. Salpetersaures Blei. – Eine Aufloͤsung dieses Salzes wurde mit Kohle in Beruͤhrung gebracht und oͤfters umgeruͤhrt. Von Zeit zu Zeit pruͤfte man sie mit kohlensaurem Natron; den ersten Tag gab sie einen deutlichen Niederschlag, den zweiten einen geringeren, am dritten aber zeigte sich nur noch eine schwache Truͤbung. Als man die Fluͤssigkeit erhizte, loͤste sich das Salz, welches die Kohle angezogen hatte, wieder auf und gab mit Schwefelwasserstoff und kohlensaurem Natron einen reichlichen Niederschlag. Blei-Dinitrat. –Die Englaͤnder sezen die Sylben, Di, Tris, Tetrachis, vor die Namen der (basischen) Salze, um dadurch anzudeuten, wie viele Aequivalente Oxyd sie enthalten. A. d. O. Dieses Salz, welches aufloͤslich ist, wurde ganz durch die Kohle gefaͤllt, so daß man mit Schwefelwasserstoff nicht mehr die geringste Spur davon in der Fluͤssigkeit entdeken konnte. Nachdem man die Aufloͤsung auf 200° F. (93,33° C.) erhizt hatte, wurde ein Theil des von der Kohle angezogenen Salzes wieder aufgeloͤst wie bei dem vorhergehenden Versuche; beim Erkalten zogen es die Kohlentheilchen aber neuerdings an sich. Bei der gewoͤhnlichen Temperatur wirkte die Kohle augenbliklich auf das Blei-Dinitrat, noch viel staͤrker als auf das neutrale Salz. Lezteres ist bekanntlich aufloͤslicher als ersteres. Essigsaures Blei. – Drei Gran von diesem Salze wurden in einer Unze Wasser aufgeloͤst und mit einem Gran thierischer Kohle behandelt. Es wurde vollstaͤndig gefaͤllt und beim Erhizen keine Spur davon wieder aufgeloͤst. Basischessigsaures Blei. – Vier Gran von diesem Salze wie das vorhergehende behandelt, gaben dieselben Resultate. Weinsteinsaures Antimonoxyd-Kali (Brechweinstein). – Vier Gran wurden in einer Unze Wasser aufgeloͤst, kalt mit zwanzig Gran thierischer Kohle behandelt und waͤhrend mehrerer Tage die Fluͤssigkeit oͤfters umgeruͤhrt. Schwefelwasserstoffsaures Ammoniak brachte immer einen reichlichen Niederschlag darin hervor. Man sezte sodann nochmals zwanzig Gran Kohle zu, worauf der Schwefelwasserstoff nur noch Spuren von Antimon anzeigte. Kalkwasser. – Der Kalk wurde daraus in der Kaͤlte vollstaͤndig gefaͤllt, so daß die Fluͤssigkeit nicht mehr auf geroͤthetes Lakmuspapier reagirte. Arsenige Saͤure. – Sie konnte selbst durch einen großen Ueberschuß von Kohle in sechs Wochen nicht vollstaͤndig gefaͤllt werden. Der Versuch wurde bei gewoͤhnlicher Temperatur angestellt. Schwefelsaures Kupferoxyd. – Dieses Salz konnte nicht gefaͤllt werden, so viel Kohle man auch anwenden mochte. Schwefelsaures Kupferoxyd-Ammoniak. – Das schwefelsaure Kupfer wurde durch die Kohle gefaͤllt und die Fluͤssigkeit vollstaͤndig entfaͤrbt. Man digerirte die Kohle, welche das schwefelsaure Salz enthielt, mit concentrirtem Ammoniak und brachte die Masse zum Sieden, ohne daß man auch nur eine Spur Kupfersalz haͤtte wieder aufloͤsen koͤnnen. Das Ammoniak faͤrbte sich auch in Beruͤhrung mit der Luft nicht blau. Bei einem zweiten Versuche mit derselben Verbindung wurde die schoͤn blaue Fluͤssigkeit, welche man durch fuͤnf Gran schwefelsaures. Kupfer und eine halbe Unze Aezammoniak erhielt, die man mit anderthalb Unzen Wasser verduͤnnte, durch zwanzig Gran thierische Kohle schnell veraͤndert. Als man noch fuͤnf Gran thierische Kohle auf Einmal zusezte, entfaͤrbte sich die Fluͤssigkeit immer mehr, bis sie endlich nach Anwendung von vierzig Gran Kohle vollkommen entfaͤrbt wurde. Die zuruͤkgebliebene ammoniakalische Fluͤssigkeit enthielt kein Kupferoxydul. Salpetersaures Silber. – Fuͤnf Grammen von diesem Salze wurden in derselben Menge Ammoniak und Wasser aufgeloͤst, wie das vorhergehende und sodann mit zwanzig Gran Kohle versezt. Einen Tag nach dem Versuche konnte man keine Spur Silber in der Aufloͤsung mehr auffinden; man sezte noch zwei und einen halben Gran Silbersalz zu und ruͤhrte das Gemenge von Zeit zu Zeit um, die Fluͤssigkeit enthielt jedoch nach mehreren Tagen noch Silber. Als man die Phiole, welche die Aufloͤsung und die Kohle enthielt, aufmerksam untersuchte, bemerkte man zwischen den Koͤrnern dieser lezteren glaͤnzende metallische Punkte von reducirtem Silber. Chlorsilber. – Eine Aufloͤsung dieser Verbindung in Ammoniak wurde ganz durch die Kohle gefaͤllt. Bleioxydhydrat. – Man loͤste zehn Gran Bleioxyd in Aezkali auf und verduͤnnte die Fluͤssigkeit so lange, bis sie drei Unzen wog, worauf man sie mit zwanzig Gran Kohle versezte und sodann das Glas verschloß. Es wurde Bleioxyd genug gefaͤllt, um es in den Kohlenkoͤrnern erkennen zu koͤnnen. Nachdem man nach und nach noch bis auf neunzig Gran Kohle zugesezt hatte, wurde alles Oxyd gefaͤllt und es blieben nur noch Spuren davon zuruͤk. Man filtrirte, suͤßte die Kohle aus und troknete sie bei der Temperatur des siedenden Wassers, worauf man deutlich eine ungeheure Menge metallischer Punkte zwischen den Kohlentheilchen bemerken konnte; das Bleioxyd war durch dieselben reducirt worden. Zinkoxyd. – Dasselbe wurde aus seiner Aufloͤsung in Ammoniak vollstaͤndig gefaͤllt. Jodaufloͤsung. – Man loͤste fuͤnf Gran Jod in funfzehn Gran reinem Iodkalium auf und verduͤnnte die Aufloͤsung mit zwei Unzen Wasser. Mit vierzig Gran Kohle behandelt, verlor die Fluͤssigkeit ihre Farbe nicht ganz und reagirte schwach sauer; man suͤßte die Kohle aus und troknete sie auf dem Filter auf einem Sandbade, ohne daß sie das Jod entweichen ließ, welches sie enthalten konnte. Als man sie aber in einem Kolben uͤber der Lampe erhizte, entbanden sich violette Daͤmpfe und verdichteten sich mit etwas Wasser an den Seitenwaͤnden des Kolbens. Das Jod wurde neuerdings von der troknen erkalteten Kohle absorbirt. Chlornatron und basisch kohlensaures Kali. – Dieses Gemisch, welches die desinficirende Fluͤssigkeit von Labarraque ausmacht, vertraͤgt bekanntlich das Sieden, ohne seine Eigenschaften sehr zu veraͤndern; siedet man aber dieselbe Fluͤssigkeit nur einige Minuten lang in Beruͤhrung mit einigen Koͤrnern Kohle, so verliert sie ihre Entfaͤrbungskraft vollkommen. Dieselbe Wirkung wurde in der Kaͤlte hervorgebracht, indem man die Fluͤssigkeit einige Minuten lang schuͤttelte. Bei keinem der beiden Versuche fand eine Gasentwikelung Statt. Man verdampfte die Aufloͤsung zur Trokniß und fand dann, daß sie keine betraͤchtliche Menge chlorsaures Natron enthielt. Zwanzig Gran Kohle sind hinreichend, um einer Pinte frisch bereiteter Labarraque'scher Fluͤssigkeit alle Bleichkraft zu benehmen. Chlorkalk. – Es wurde ihm fast eben so leicht, besonders in der Waͤrme durch Kohle alle Bleichkraft benommen. Fluͤssiges Chlor. – Ein Pfund Wasser, welches sein gleiches Volumen Chlor in Aufloͤsung enthielt, wurde schnell bis zum Kochen mit zwanzig Gran Kohle erhizt. Der Kolben war mit einer gekruͤmmten Roͤhre versehen, um das entwikelte Gas sammeln zu koͤnnen; dasselbe bestand aus Kohlensaͤure und der groͤßte Theil der angewandten Kohle war verschwunden. Die Fluͤssigkeit enthielt Salzsaͤure. Dieser Versuch wurde oͤfters mit immer gleichen Resultaten wiederholt. Die ruͤkstaͤndige Kohle wurde oͤfters ausgewaschen, nachdem man sie auf einem Sandbade getroknet hatte. Als man sie sodann in einer Glasroͤhre durch die Weingeistlampe erhizte, gab sie sehr concentrirte Salzsaͤure.