Titel: Ueber die Bestimmung der Entfärbungskraft des Chlorkalks; von Hrn. Marozeau.
Fundstelle: Band 41, Jahrgang 1831, Nr. LXIII., S. 258
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LXIII. Ueber die Bestimmung der Entfaͤrbungskraft des Chlorkalks; von Hrn. Marozeau. Aus den Annales de Chimie et de Physique. April 1831, S. 400. Marozeau, uͤber die Bestimmung der Entfaͤrbungskraft des Chlorkalks. Chlorkalk in fester Form, auch unter der Benennung basischer Chlorkalk (Halb-Chlorkalk) bekannt, enthaͤlt, wenn er rein ist, im Kilogramm 101,71 Liter Chlor, lezteres bei der Temperatur 0° und einem Barometerstande von 0,76 Meter gemessen; der kaͤufliche enthaͤlt aber gewoͤhnlich viel weniger. Die Bestimmung des Gehalts des Chlorkalks ist fuͤr viele Industriezweige von großer Wichtigkeit. Hr. Welter schlug zuerst vor, zu diesem Zwek die Entfaͤrbungskraft zu benuzen, welche das durch Saͤuren in Freiheit gesezte Chlor aus die Pflanzenfarben ausuͤbt; er waͤhlte eine Aufloͤsung von Indigo in Schwefelsaͤure.Annales de Chimie. Bd. VII. S. 383. A. d. O. Diese Pruͤfungsart wurde jedoch bei weitem nicht allgemein angenommen; im J. 1824 machte endlich Hr. Gay-Lussac in den Annales de Chimie et de Phys. Bd. XXVI. S. 162. eine Anleitung zur Pruͤfung des Chlorkalks bekannt, welche sich auf dasselbe Princip gruͤndet.Polytechnisches Journal Bd. XIV. S. 422. A. d. O. Durch seinen sehr sinnreichen Apparat, den er Chlorometer nannte, wurden selbst solche Personen, welche keine chemischen Kenntnisse besizen, in Stand gesezt, mit aller Genauigkeit, deren das Verfahren faͤhig ist, zu operiren. Indessen war es Hrn. Gay-Lussac nicht moͤglich, zwei Quellen des Irrthums, welche dem Verfahren eigen sind und oft einen sehr großen Einfluß auf die Resultate haben, zu beseitigen. Schon Hr. Welter hat bemerkt, daß die Chlorkalk-Aufloͤsung eine verschiedene Entfaͤrbungskraft aͤußert, je nachdem man sie der Indigaufloͤsung mehr oder weniger schnell zusezt. Im Allgemeinen wird um so mehr Indigo entfaͤrbt, je schneller das Chloruͤr zugesezt wird; es gibt jedoch einen Punkt, uͤber welchen hinaus die Schnelligkeit der Vermischung die entgegengesezte Wirkung hervorbringt. Der Ausdruk schnell zu gießen, dessen sich Hr. Gay-Lussac in seiner Anleitung bedient, bietet daher nicht die erwuͤnschte Bestimmtheit dar, und man darf sich nicht wundern, daß eine und dieselbe Person und um so mehr verschiedene Personen mit der naͤmlichen Chlorkalk-Aufloͤsung Resultate erhielten, welche um mehr als dreißig Procent differirten.Man vergl. die Abhandlung des Hrn. Morin, Ann. de Chimie. Bd. XXXVII. S. 139. Polyt. Journ. Bd. XXIX. S. 41. A. d. R. Ein anderer Umstand, welcher dazu beitraͤgt, die Resultate des Chlorometers ungenau zu machen, ist die Art, wie daß Chlor die Probefluͤssigkeit entfaͤrbt. Wenn die Einwirkung vollstaͤndig ist, geht ihre Farbe in Braun uͤber; ehe sich aber diese Farbe einstellt, durchgeht sie die zwischenliegenden gruͤnen Farben, welche durch Vermischung des unzersezten Indigoblaus mit dem Braun des durch Chlor zersezten Theiles entstehen; je mehr unzersezter Indigo zuruͤkbleibt, desto dunkler ist das Gruͤn. In der Anleitung heißt es, man solle nach dem Eintritt der hellgruͤnen Farbe mit dem Zusezen von Chloruͤr aufhoͤren; diese Angabe ist aber ebenfalls nicht bestimmt und gestattet Abweichungen von mehreren Graden; sie hat bei dem Verkauf von Chlorkalk schon viele Streitigkeiten veranlaßt, indem die Verkaͤufer und die Kaͤufer selten uͤber die Normalfarbe uͤbereinstimmten. Wegen dieser Maͤngel, welche schon oft geruͤgt wurden, genuͤgt das Verfahren des Hrn. Welter selbst mit den Verbesserung gen des Hrn. Gay-Lussac den Anforderungen der Kaufleute und Fabrikanten keineswegs. Man hat mehrere Versuche gemacht, um ein anderes aufzufinden, welches nicht so unsicher ist; bis jezt aber hat keine der vorgeschlagenen Methoden allgemeinen Beifall erhalten. Eine davon verdiente jedoch Aufmerksamkeit und waͤre vielleicht auch angenommen worden, wenn der Entdeker seine Probefluͤssigkeit in den Handel gebracht haͤtte. Man findet sie in einer Abhandlung des Hrn. Morin im XXXVII. Bd. der Annales de Chimie Polytechnisches Journal Bd. XXIX. S. 41. A. d. R. beschrieben, wo viele interessante Beobachtungen uͤber den Chlorkalk mitgetheilt sind. Diese Methode besteht darin, anstatt des schwefelsauren Indigo's eine Aufloͤsung von salzsaurem Mangan anzuwenden; salzsaures Mangan und Chlorkalk zersezen sich gegenseitig, indem sich salzsaurer Kalk bildet, welcher aufgeloͤst bleibt, Manganoxyd, welches niederfaͤllt, und Chlor, das entweicht. Wenn man eine Manganaufloͤsung von bekanntem Gehalt anwendet und mit dem Zusaz von Chlorkalk aufhoͤrt, sobald man keinen Niederschlag mehr erhaͤlt, so laͤßt sich der Gehalt des Chlorkalks aus der Menge der angewandten Aufloͤsung berechnen. Hr. Morin behauptet, daß er mit diesem Verfahren seinen Zwek stets erreichte, und ich glaube auch, daß es demjenigen des Hrn. Welter weit vorzuziehen ist. Will man aber ein einiger Maßen genaues Resultat erhalten, und genau den Punkt treffen, wo auf Zusaz einer neuen Quantitaͤt Mangan salz kein Niederschlag mehr entsteht, so ist es unumgaͤnglich noͤthig zu filtriren und sorgfaͤltig auszusuͤßen; man muß daher einem Versuche ziemlich viel Zeit widmen und Manipulationen vornehmen, welche bei einem fuͤr Kaufleute und Fabrikanten bestimmten Verfahren vermieden werden sollten. Hr. Morin bemerkt, daß die Manganaufloͤsung mit der Zeit einige Veraͤnderung erleidet, daß sie aber unbedeutend ist und schon an dem gebildeten Niederschlage erkannt wird; man muß sich dann eine neue Aufloͤsung verschaffen. Der schwefelsaure Indigo ist aber nach seinen Beobachtungen auch nicht ganz unveraͤnderlich, wovon ich mich selbst uͤberzeugt habe, und ich will noch bemerken, daß die Veraͤnderung, welche diese Fluͤssigkeit erleiden kann, schwieriger zu erkennen ist, weil ihr Aussehen sich dabei nicht aͤndert. Da ich sehr haͤufig Gelegenheit hatte, Chlorkalk auf seinen Gehalt zu pruͤfen, so kenne ich aus eigener Erfahrung die Maͤngel der beiden besprochenen Methoden. Lange bemuͤhte ich mich vergebens, eine andere aufzufinden, wobei man in keinen Irrthum verfallen kann, oder welche bei der Ausuͤbung keine so großen Schwierigkeiten darbietet; endlich glaube ich dieses Problem geloͤst zu haben. Bekanntlich ist Queksilber-Protochloruͤr (Calomel) in Wasser und auch in Salzsaͤure unaufloͤslich, wird aber durch Chlor in Deutochloruͤr umgeaͤndert und loͤst sich dann vollstaͤndig auf. Auf diese beiden Eigenschaften gruͤndet sich mein Verfahren. Man nehme eine Aufloͤsung von salpetersaurem Queksilberoxydul, verseze sie mit einer Quantitaͤt Salzsaͤure, welche mehr als hinreichend ist, um alles Queksilber als Protochloruͤr auszufaͤllen, und gieße sodann in das Gefaͤß, welches den Niederschlag und die saure Fluͤssigkeit enthaͤlt, eine Aufloͤsung von Chlorkalk: das in Freiheit gesezte Chlor wird sich auf das Queksilber-Protochloruͤr werfen und der Niederschlag vollstaͤndig verschwinden, wenn eine hinreichende Menge Chlorkalk angewandt wurde. Wendet man Aufloͤsungen von salpetersaurem Queksilberoxydul und Chlorkalk von bekanntem Gehalt an und bemerkt die Quantitaͤten dieser Aufloͤsungen, welche erforderlich sind, um den gebildeten Niederschlag vollstaͤndig wieder aufzuloͤsen, so laͤßt sich der Chlorgehalt des Chlorkalkes bestimmen. Dieß kann in der That auch mit sehr großer Genauigkeit geschehen. Wenn man die Chlorkalk-Ausloͤsung portionenweise zusezt und bestaͤndig umruͤhrt, um die Beruͤhrungspunkte zwischen dem in Freiheit gesezten Chlor und dem gefaͤllten Queksilber-Protochloruͤr zu vermehren, so wirft sich das Chlor ganz auf diesen Niederschlag, und die Fluͤssigkeit riecht nicht im Mindesten nach Chlor; der Niederschlag vermindert sich immer mehr, und bald tritt der Punkt ein, wo er auf Zusaz eines Tropfens Chlorkalk vollstaͤndig verschwindet und die Fluͤssigkeit ganz klar wird. Meine Versuche waren nun darauf gerichtet, dieses Verfahren fuͤr Fabrikanten mit moͤglichster Genauigkeit und leicht ausfuͤhrbar zu machen; ich glaubte mich von der fuͤr den Gehalt des Chlorkalks angenommenen Einheit nicht entfernen zu duͤrfen und auch die Instrumente, welche zusammen den Chlorometer ausmachen, beibehalten zu muͤssen, weil sie sehr bequem sind und man mit ihnen eine große Genauigkeit erreichen kann. Bei meinem Verfahren wird immer eine bestimmte Menge Probefluͤssigkeit angewandt, waͤhrend die Quantitaͤt der zuzusezenden Chlorkalk-Aufloͤsung wandelbar ist (bei Welter's Verfahren ist es gerade umgekehrt); ich mußte daher die Pipette fuͤr die Probefluͤssigkeit und das Mensurglas (burette) fuͤr die Aufloͤsung des Chloruͤrs bestimmen.Die Pipette ist bei Gelegenheit der Abhandlung des Hrn. Gay-Lussac im polyt. Journal Bd. XIV. auf Tab. VIII. in Fig. F und das Mensurglas (Kaͤnnchen) in Fig. J abgebildet worden. A. d. R. Ich nahm zu meinen Versuchen stets ein Maß salpetersaures Queksilberoxydul, dessen Volumen der Capacitaͤt der Pipette entsprach, also 2,5 Kubikcentimeter. Von dem Chlorkalk loͤse ich wie bei dem gewoͤhnlichen Verfahren 5 Gramme in einem halben Liter Wasser auf. Ich mußte die Staͤrke meiner Queksilberaufloͤsung nach der Capacitaͤt des Mensurglases, welches den Chlorkalk enthalten sollte, bestimmen; denn diese Capacitaͤt, welche nicht viel uͤber 50 Kubikcentimeter betraͤgt, gab mir die Graͤnzen, zwischen welchen alle den Graden des Chloruͤrs entsprechenden verschiedenen Volume begriffen seyn muͤssen. Deßwegen waͤhle ich als Probefluͤssigkeit eine Aufloͤsung von salpetersaurem Queksilberoxydul, welche 0,036 Gramme Queksilber in einem Kubikcentimeter enthaͤlt; so daß 2,5 Kubikcentimeter dieser Fluͤssigkeit (so viel enthaͤlt die Pipette) 0,005 Liter Chlor erfordern, um Protochloruͤr zu bilden und eine gleiche Menge, um in Deutochloruͤr uͤberzugehen. Wenn man also Chlorkalk von 100° hat und 5 Gramme davon in einem halben Liter Wasser aufloͤst, so wird jeder halbe Kubikcentimeter der Aufloͤsung (oder, was auf dasselbe hinauslaͤuft, jede Volumen-Einheit der Pipette) 0,0005 Liter Chlor enthalten; es werden folglich 5 Kubikcentimeter, oder 10 Abtheilungen des Mensurglases erforderlich seyn, um die 0,0005 Liter Chlor herzugeben, welche man braucht, um den durch Salzsaͤure in einem Maße der Probefluͤssigkeit gebildeten Niederschlag in Deutochloruͤr umzuaͤndern. Wenn man der in der Pipette abgemessenen Queksilber-Aufloͤsung 10 Abtheilungen Chlorkalk zusezen muß, so folgt daraus, daß der Gehalt des Chloruͤrs betraͤgt 100° 20 Abtheilungen zeigen offenbar an, daß der Gehalt des Chloruͤrs nur halb so groß ist, als der vorhergehende, also 50° 40 Abteilungen entsprechen einem Chloruͤr von 25° Und so fort. Der Gehalt des Chloruͤrs steht also mit der Anzahl der angewandten Abtheilungen in umgekehrtem Verhaͤltnisse, daher man leicht den Gehalt eines Chloruͤrs berechnen kann, welches einer gegebenen Anzahl von Abtheilungen entspricht;Nennt man x die Anzahl der Abtheilungen des Mensurglases, welche n Grad entsprechen, so hat man:x = 1000/n A. d. O. ich habe aber um diese Berechnungen den Fabrikanten zu ersparen, die jeder Abtheilung des Mensurglases entsprechenden Grade in einer Tabelle zusammengestellt, welche man am Schlusse der Abhandlung findet. Ueber diese Tabelle muß ich hier einige Bemerkungen mittheilen. Zwischen 100 und 85° weichen die Raumtheile der Chlorkalk-Aufloͤsung von einem Grade zum anderen im Durchschnitt nur um den zehnten Theil einer Abtheilung von einander ab; erst unter 70° betraͤgt der Unterschied wenigstens ein Fuͤnftel. Nun entspricht aber bei den Mensurglaͤsern (wenigstens bei den meinigen) jeder Tropfen einer Fuͤnftels-Abtheilung; man kann daher einen Unterschied von einem Grad erst unter 70° mit Genauigkeit schaͤzen, und bei den oberen Graden wuͤrde man befuͤrchten muͤssen, einen betraͤchtlicheren Fehler zu begehen. Man kann jedoch diesem Uebelstande leicht abhelfen, wenn man im Voraus weiß, daß das Chloruͤr weniger als 70° hat; denn man braucht bloß die Sache so einzurichten, daß man groͤßere Quantitaͤten Chlorkalk-Aufloͤsung anwenden muß; zu diesem Ende kann man entweder eine schwaͤchere Chlorkalk-Aufloͤsung oder mehr Probefluͤssigkeit nehmen. Man wuͤrde z.B. nur 2 1/2 Gramme Chloruͤr in einem Liter Wasser aufloͤsen oder 4 Maße Probefluͤssigkeit anwenden. In beiden Faͤllen haͤtte man 4 Mal mehr Chlorkalk-Aufloͤsung zu nehmen, und die Beobachtungsfehler haͤtten um so weniger Einfluß auf die Resultate. Man wuͤrde sodann auf das System zuruͤkkommen, nach welchem die Tabelle berechnet wurde, indem man die angewandten Abtheilungen mit 4 dividirt. Unter 10° zeigt sich der entgegengesezte Umstand, das heißt die Differenzen zwischen der Anzahl von Abtheilungen, welche zwei auf einander folgenden Graden entsprechen, wachsen mit einer solchen Schnelligkeit, daß man mit sehr betraͤchtlichen Raumtheilen operiren, und das Mensurglas oͤfters leeren muͤßte. Man begegnet aber diesem Uebelstande leicht, indem man die anzuwendende Quantitaͤt eines Chloruͤrs von so geringem Gehalt verzehnfacht, d.h. indem man 50 Gramme davon in einem halben Liter Wasser aufloͤst. Von dieser Aufloͤsung des Chloruͤrs, welche zehn Mal staͤrker ist, braucht man dann zehn Mal weniger und kommt in die gehoͤrigen Graͤnzen; bei dem Gebrauch der Tabelle muß man dann die Anzahl der angewandten Abtheilungen mit 10 multipliciren. Man wird uͤbrigens nur selten Chloruͤr von so geringem Gehalt zu pruͤfen haben. Man erhaͤlt die Probefluͤssigkeit, wenn man salpetersaures Queksilberoxydul nach dem gewoͤhnlichen Verfahren bereitet, d.h. uͤberschuͤssiges Queksilber mit verduͤnnter Salpetersaͤure erhizt und so lange fortkochen laͤßt, bis kein Oxydsalz mehr in der Fluͤssigkeit vorhanden ist, welches der Genauigkeit der Resultate schaden wuͤrde. Um die Queksilber-Aufloͤsung auf den geeigneten Gehalt zu bringen, muß man sie analysiren; diese Analyse laͤßt sich durch zwei sehr einfache Verfahrungsweisen mit hinreichender Genauigkeit bewerkstelligen. Die eine besteht darin, eine Chlorkalk-Aufloͤsung zu bereiten, welche ein bestimmtes Volumen Chlor enthaͤlt und folglich einen bekannten Grad hat,In der Anleitung des Hrn. Gay-Lussac a. a. O. sind mehrere Verfahrungsarten angegeben, um diese Aufloͤsung zu bereiten. A. d. O. und dann zu untersuchen, wie viel man von dieser Aufloͤsung braucht, um den durch Salzsaͤure in einem Maß Probefluͤssigkeit hervorgebrachten Niederschlag verschwinden zu machen. Wenn das Chloruͤr 100° hat und man zehn Abtheilungen des Mensurglases anwandte, so hat die Probefluͤssigkeit die geeignete Staͤrke; war eine groͤßere Menge Chloruͤr erforderlich, so ist die Probefluͤssigkeit zu concentrirt, und man versezt sie dann mit so viel Wasser als noͤthig ist, sie auf den Normalgrad zu bringen. Die andere Methode ist noch leichter ausfuͤhrbar; sie gruͤndet sich auf die Zusammensezung der Queksilberchloruͤre, welche von der Art ist, daß man eben so viel Chlor braucht, um das Protochloruͤr zu bilden, als noͤthig ist, um es in Deutochloruͤr zu verwandeln. Wenn man also bestimmt hat, wie viel Chlor noͤthig ist, um ein Maß Probefluͤssigkeit in Protochloruͤr umzuaͤndern, so weiß man, daß dieselbe Quantitaͤt erforderlich ist, um dieses Protochloruͤr in Deutochloruͤr zu verwandeln. Bekanntlich enthalten nun 5,22 Gramme Chlornatrium (Kochsalz) 1 Liter Chlor; loͤst man sie in 1 Liter Wasser auf, so enthaͤlt die Fluͤssigkeit dieselbe Menge Chlor, wie wenn man 5 Gramme Chlorkalk von 100° in einem halben Liter Wasser aufloͤst. Wenn also die Probefluͤssigkeit von der gehoͤrigen Staͤrke waͤre, so muͤßten gerade 10 Abtheilungen des Mensurglases von dieser Kochsalzaufloͤsung ein Maß ganz niederschlagen, so wie auch 10 Abtheilungen Chlorkalk von 100° erforderlich waͤren, um diesen Niederschlag wieder aufzuloͤsen. Man sieht nun, daß man durch eine Kochsalzaufloͤsung, deren Bereitung sehr einfach ist, die gepruͤften Chlorkalk-Aufloͤsungen, deren man sich nach dem Verfahren des Hrn. Welter bedient, ersezen kann. Ich weiß noch nicht, ob sich die neue Probefluͤssigkeit durch Laͤnge der Zeit veraͤndert; diejenige, deren ich mich taͤglich bediene, erlitt waͤhrend mehrerer Monate keine merkliche Veraͤnderung. Es ist mir daher sehr wahrscheinlich, daß man sie beliebig lange wird aufbewahren koͤnnen, besonders wenn die Flaschen gut verschlossen werden und man sie nicht oft von einem Gefaͤße in ein anderes gießt. Mittelst obiger Kochsalzaufloͤsung kann man aber leicht von Zeit zu Zeit den Gehalt der Fluͤssigkeit ausmitteln. Da mir dieses Verfahren den Chlorkalk zu pruͤfen stets genuͤgende Resultate gab, so hielt ich es fuͤr nuͤzlich dasselbe bekannt zu machen; fuͤr diejenigen Personen, welche nicht viele chemische Kenntnisse besizen, habe ich es in der folgenden Anleitung mit allen Details auseinandergesezt. Anleitung um den Gehalt des Chlorkalks mittelst salpetersauren Queksilberoxyduls auszumitteln. 1) Beschreibung der Instrumente. Die Instrumente, welche man anwendet, sind diejenigen, welche den Chlorometer des Hrn. Gay-Lussac ausmachen; die Pipette, deren Capacitaͤt 2,5 Kubikcentimeter betraͤgt, ist aber fuͤr die Probefluͤssigkeit und das in 1/2 Kubikcentimeter graduirte Mensurglas fuͤr die Chlorkalk-Aufloͤsung bestimmt.Diese Instrumente erhaͤlt man mit vorzuͤglicher Genauigkeit verfertigt in der Fabrik des Hrn. Colardeau, rue du Faubourg Saint-Martin, No. 56. in Paris; ebendaselbst kann man sich auch den Moͤrser, die Wagen und die Gefaͤße, um 1/2 Liter und einen Liter Fluͤssigkeit abzumessen, verschaffen. A. d. O. 2) Bereitung der Probefluͤssigkeit. Man erhizt 50 Gramme Queksilber in einem Kolben gelinde mit ungefaͤhr 10 Grammen concentrirter Salpetersaͤure, welche mit 4 bis 5 Theilen Wasser verduͤnnt wurde. Man laͤßt das Kochen wenigstens eine Stunde lang anhalten, indem man oͤfters Wasser zugießt, um das verdunstete zu ersezen; wenn die sich entwikelnden Daͤmpfe keinen merklichen Geruch mehr haben, nimmt man den Kolben vom Feuer und laͤßt ihn erkalten. Gewoͤhnlich bleibt, wenn man diese Vorsichtsmaßregeln beobachtete, kein Queksilberoxydsalz in der Fluͤssigkeit; indessen muß man sich versichern, ob dieses Salz wirklich nicht vorhanden ist, weil es bei den Versuchen sehr nachteilig waͤre. Zu diesem Ende verduͤnnt man eine kleine Quantitaͤt der Fluͤssigkeit mit Wasser, schlaͤgt sie durch uͤberschuͤssige reine Salzsaͤure nieder, filtrirt und versezt die klare Fluͤssigkeit mit Ammoniak in Ueberschuß; entsteht kein Niederschlag und faͤrbt sich die Fluͤssigkeit auch nicht, so schließt man daraus, daß sie kein Oxydsalz enthaͤlt; im entgegengesezten Falle muß man das Sieden uͤber Queksilber noch fortsezen. Wenn man sich versichert hat, daß die Queksilberaufloͤsung nur Oxydulsalz enthaͤlt, verduͤnnt man sie mit drei bis vier Theilen Wasser und stellt sie an einen kuͤhlen Ort; es schlaͤgt sich dann ein basisches Salz nieder, und ein saures bleibt aufgeloͤst. Man filtrirt und bewahrt die Fluͤssigkeit in einer reinen und gut verschlossenen Flasche auf. Um dieser Fluͤssigkeit die geeignete Concentration zu ertheilen, loͤst man in 1 Liter Wasser 5,22 Gramme reines und ganz trokenes KochsalzMan kann es durch oͤfteres Umkrystallisiren reinigen. A. d. O. auf, nimmt mit der Pipette ein Maß von der Queksilberaufloͤsung, und verduͤnnt sie mit Wasser; hierauf bringt man die Kochsalzaufloͤsung, in das Mensurglas und sezt davon der Probefluͤssigkeit so lange zu, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Hiebei muß man aber vorsichtig seyn, besonders gegen das Ende der Operation, und die Fluͤssigkeit filtriren, um die Wirkungen, welche neue Zusaͤze von Kochsalz hervorbringen, besser beurtheilen zu koͤnnen, man darf das Filter nicht wechseln, um Verlust an Fluͤssigkeit zu vermeiden. Wenn man so viel Kochsalzaufloͤsung gebraucht hat, als in 10 Abtheilungen des Mensurglases enthalten ist, so hat die Probefluͤssigkeit gerade die gehoͤrige Concentration; dieß waͤre jedoch reiner Zufall; gewoͤhnlich ist die Queksilberaufloͤsung concentrirter, was sich dadurch zeigt, daß mehr Kochsalzaufloͤsung zu ihrer Faͤllung erforderlich ist. Waͤren 20 Abteilungen hiezu noͤthig, so waͤre die Concentration 2 Mal groͤßer, und man muß dann die Fluͤssigkeit mit ihrem gleichen Volumen Wasser verduͤnnen; haͤtte man 30 Abteilungen angewandt, so muͤßte man 2 Raumtheile Wasser zusezen, und so fort. Wenn man allgemein mit n die Anzahl der angewandten Abtheilungen bezeichnet, so ist (n – 10)/10 die Anzahl der Maßtheile Wasser, welche man einem Maßtheil der Probefluͤssigkeit zusezen muß, um sie auf den gehoͤrigen Grad zu bringen. Man koͤnnte auch anstatt des Kochsalzes eine Aufloͤsung von Chlorkalk, welche in einem Liter Fluͤssigkeit 1 Liter Chlor enthaͤlt, nach einer der von Hrn. Gay-Lussac angegebenen Methoden bereiten. Man muͤßte alsdann damit anfangen, das Maß salpetersaures Queksilber mit Salzsaͤure niederzuschlagen, und hierauf von dem Chlorkalk unter bestaͤndigem Umruͤhren so lange zusezen, bis der Niederschlag verschwindet. Wenn man durch Zusaz einer hinreichenden Menge Wasser die Probefluͤssigkeit auf den geeigneten Concentrationsgrad gebracht hat, bewahrt man sie in luftdicht verschlossenen Glasflaschen auf; am besten nimmt man mehrere kleine Flaschen, welche man nach einander verbraucht. Wenn die Flaschen eine so weite Muͤndung haben, daß man die Pipette einfuͤhren kann, so braucht man die Fluͤssigkeit nicht auszugießen, und sie veraͤndert sich dann auch nicht so leicht. So oft man die Pipette in die Flasche taucht, muß man sich versichern, daß sie ganz troken und rein ist. Vermuthet man, daß die Probefluͤssigkeit nicht mehr gut ist, so bestimmt man ihren Gehalt mit der Kochsalzaufloͤsung. 3) Bereitung der Chlorkalk-Aufloͤsung. Man loͤst 5 Gramme von dem zu pruͤfenden Chlorkalk in einem halben Liter Wasser auf, mit den in der Anleitung des Hrn. Gay-Lussac angegebenen Vorsichtsmaßregeln. Jeder Grad der Tabelle zeigt dann ein Liter Chlor im Chloruͤr an. 4) Verfahrungsweise. Man nimmt mit der Pipette ein Maß Probefluͤssigkeit (2 1/2 Kubikcentimeter), laͤßt es in einen Glascylinder auslaufen und sezt Wasser zu, so daß der Cylinder zu drei Viertel angefuͤllt wird; in diese Aufloͤsung gießt man dann verduͤnnte Salzsaͤure (indem man bestaͤndig mit einer Glasroͤhre umruͤhrt), bis auf Zusaz einer neuen Quantitaͤt Saͤure kein Niederschlag mehr entsteht, und man uͤberschreitet selbst diesen Punkt ein wenig; endlich fuͤllt man das Mensurglas bis 0 mit der Chlorkalk-Aufloͤsung und gießt davon portionenweise in das Glas, welches den Queksilberniederschlag enthaͤlt, unter bestaͤndigem Umruͤhren, so lange bis der Niederschlag vollkommen verschwunden ist. Gegen das Ende der Operation darf man nur tropfenweise zuschuͤtten. Man liest alsdann auf dem Mensurglase die Anzahl der angewandten Abtheilungen ab, welche man nur in der beigefuͤgten Tabelle nachzuschlagen hat, um den Gehalt des Chloruͤrs zu erfahren. Wenn man den Chlorkalk zu schnell zugießen wuͤrde, so waͤre die Chlorentwikelung zu rasch, und das Gas wuͤrde in die Luft entweichen, anstatt sich mit dem Niederschlag zu verbinden: dieß wuͤrde man aber hinreichend durch den Geruch erkennen, und man kann immer uͤberzeugt seyn, daß die Operation gut geleitet wurde, wenn sich kein Chlorgeruch einstellt. Besonders gegen das Ende muß man mit dem Zugießen von Chlorkalk zuruͤkhalten und erst dann eine neue Portion zusezen, wenn man sich uͤberzeugt hat, daß die Fluͤssigkeit nicht mehr nach Chlor riecht. Ein gut geleiteter Versuch dauert vier bis fuͤnf Minuten. 5) Ueber die Abaͤnderung des Verfahrens, wenn der Gehalt des Chlorkalks mehr als 60° und weniger als 10° betraͤgt. a) Chloruͤr von mehr als 60°. Wenn man im Voraus weiß oder durch einen vorlaͤufigen Versuch gefunden hat, daß das Chloruͤr uͤber 60° hat, so muß man, um ein genaueres Resultat zu erhalten, eine verduͤnntere Aufloͤsung von Chloruͤr anwenden; man loͤst nur 2,5 Gramme Chloruͤr in 1 Liter Wasser auf, wodurch man also eine vier Mal schwaͤchere Aufloͤsung erhaͤlt, als wenn man 5 Gramme in einem halben Liter aufgeloͤst haͤtte; um dieselben Resultate mit den beiden Aufloͤsungen zu erhalten, muß man also von jener auch vier Mal mehr anwenden als von dieser; und da die Tabelle fuͤr leztere berechnet ist, so muß man, um sie in diesem Falle auch gebrauchen zu koͤnnen, nur das Viertel vom Volumen der angewandten Aufloͤsung rechnen. b) Chloruͤr von weniger als 10°. Wenn hingegen der Gehalt des Chloruͤrs sehr gering ist und besonders wenn er weniger als 10° betraͤgt, so loͤst man, um keine zu große Menge Chlorkalk-Aufloͤsung anwenden zu muͤssen, 50 Gramme Chloruͤr, anstatt 5 auf: man multiplicirt das Volumen der angewandten Aufloͤsung dann mit 10, um die Resultate auf die Basis, nach welcher die Tabelle berechnet wurde, zuruͤkzufuͤhren. Einige Beispiele werden das Vorhergehende deutlicher machen. Angenommen, man habe ein Chloruͤr zu pruͤfen, uͤber dessen Gehalt man vorlaͤufig nichts weiß; man loͤst 5 Gramme davon in 1/2 Liter Wasser auf und stellt den Versuch mit einem Maß Probefluͤssigkeit an. Wenn die Anzahl der angewandten Abtheilungen z.B. zwischen 22 und 23 liegt, so schließt man daraus, daß der Grad des Chloruͤrs etwas uͤber 44 betraͤgt. Wuͤrde aber die Anzahl dieser Abtheilungen zwischen 11 und 12, das heißt der Grad des Chloruͤrs zwischen 90 und 83 liegen, so waͤre es ziemlich schwierig, diesen Grad genau zu bestimmen. Man muͤßte alsdann einen neuen Versuch anstellen und 2 1/2 Gramme Chloruͤr in 1 Liter Wasser aufloͤsen: angenommen die Anzahl der angewandten Abtheilungen falle bei diesem zweiten Versuche zwischen 47 und 46, so dividirt man diese Zahlen durch 4 und erhaͤlt als Quotient 11,75 und 11,5; man sucht nun in der zweiten Spalte der Tabelle die Zahl, welche sich am meisten naͤhert, auf, und findet 11,6, welcher 86 Grad entsprechen; dieß ist der Gehalt des gepruͤften Chloruͤrs. Hat man endlich mehr als 100 Abtheilungen des Mensurglases zugesezt, ohne daß der Niederschlag ganz verschwand, so schließt man daraus, daß das Chloruͤr weniger als 10 Grad hat. Alsdann faͤngt man den Versuch von Neuem an und loͤst 50 Gramme Chloruͤr in 1/2 Liter Wasser auf. Angenommen, man habe von der neuen Aufloͤsung 13 Abtheilungen angewandt, so multiplicirt man diese Zahl mit 10 und erhaͤlt als Product 130, welche Zahl sich 125 sehr naͤhert und in der Tabelle dem achten Grad entspricht; hieraus schließt man, daß das Chloruͤr etwas weniger als 8 Grad hat. 6. Bemerkung uͤber die Anwendung der Salzsaͤure. Die angewandte Salzsaͤure muß moͤglichst rein seyn; man braucht davon nur einen Ueberschuß zuzusezen, damit die Operation gelingt: um aber nicht immer probiren zu muͤssen, thut man besser, stets dieselbe Menge Saͤure von gleicher Staͤrke anzuwenden. Die meinige hat 2 1/2° Beaumé, und ich nehme davon 1 1/2, Kubikcentimeter, um ein Maß Probefluͤssigkeit niederzuschlagen. Schluß. Wenn man den vorgezeichneten Gang bei den Versuchen befolgt und keine der wenigen Vorsichtsmaßregeln vernachlaͤssigt, so kann man sicher seyn, daß man den Gehalt des Chloruͤrs bis auf wenigstens einen Grad genau trifft. Die Fabrikanten geben im Allgemeinen den Grad des Chlorkalks im Handel zu hoch an; laͤßt man sich von ihnen die Pruͤfung des Chlorkalks wiederholen, so findet man, daß sie bei dem Verfahren von Welter eine Abaͤnderung machen, welche von geringem Belang zu seyn scheint, aber einen auffallenden Einfluß auf die Resultate hat. Sie besteht darin, die Pipette, welche den Chlorkalk enthaͤlt, in die Probefluͤssigkeit zu tauchen, anstatt, wie es die Anleitung vorschreibt, bloß in die Pipette zu blasen, um das Chloruͤr auszutreiben; sie lassen also auf die Probefluͤssigkeit nicht nur die 2,5 Kubikcentimeter wirken, welche aus der Pipette auslaufen, wenn man in sie blaͤst, sondern auch noch diejenige Fluͤssigkeit, welche sie innen und außen befeuchtet. Bei dieser Verfahrungsweise kann man den Grad um 15 bis 20 Procent hoͤher treiben; bei meiner Methode hat man einen Irrthum dieser Art nicht zu befuͤrchten. Tabelle, welche den Grad des Chlorkalks nach der Anzahl der angewandten Abtheilungen des Mensurglases angibt. Grade des Chloruͤrs. Anzahl derAbteilungen desMensurglases. Grade des Chloruͤrs. Anzahl derAbteilungen desMensurglases. Grade des Chloruͤrs. Anzahl derAbtheilungen desMensurglases.   1° 1000 35° 28,5   69° 14,5   2   500 36 27,7   70 14,2   3   344 37    27   71    14   4   250 38 26,2   72 13,8   5   200 39 25,5   73 13,6   6   166 40    25   74 13,5   7   143 41 24,4   75 13,2   8   125 42 23,7   76 13,1   9   111 43 22,2   77 12,9 10   100 44 22,7   78 12,8 11     91 45 21,2   79 12,6 12  83,2 46 21,7   80 12,5 13     77 47 21,2   81 12,3 14  71,4 48 20,7   82 12,1 15     67 49 20,4   83    12 16  62,4 50    20   84 11,8 17  58,4 51 19,6   85 11,7 18  55,4 52 19,2   86 11,6 19  52,4 53 18,8   87 11,4 20     50 54 18,5   88 11,3 21  47,5 55  18,1   89 11,2 22  45,5 56 17,8   90 11,1 23  43,5 57 17,5   91 10,9 24  41,5 58 17,1   92 10,8 25     40 59 16,8   93 10,7 26  38,5 60 16,6   94 10,6 27     37 61 16,3   95 10,5 28  35,7 62 16,1   96 10,4 29  34,5 63 15,8   97 10,3 30  33,3 64 15,6   98 10,2 31  32,2 65 15,3   99 10,1 32  31,2 66 15,1 100    10 33  30,2 67 14,8 101   9,9 34  29,2 68 14,7 102,71Reiner Halb-Chlorkalk. 9,83