Titel: Verbesserungen an Dampfmaschinen, worauf William Tutin Haycraft, Doctor der Medicin, in Greenwich in der Grafschaft Kent am 11. Junius 1830 ein Patent erhielt.
Fundstelle: Band 41, Jahrgang 1831, Nr. LXXVII., S. 322
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LXXVII. Verbesserungen an Dampfmaschinen, worauf William Tutin Haycraft, Doctor der Medicin, in Greenwich in der Grafschaft Kent am 11. Junius 1830 ein Patent erhielt. (Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Julius 1831, S. 11.) Mit Abbildung auf Tab. VI Haycraft, Verbesserungen an Dampfmaschinen. Meine Verbesserungen sind nicht nur bei Dampfmaschinen mit hohem, sondern auch bei solchen mit niederem Druk anwendbar, deßgleichen bei der Verbindung beider, welche gewoͤhnlich Woolf's Dampfmaschine genannt wird; sie bezweken hauptsaͤchlich, daß man den sogenannten uͤberhizten Dampf benuzen kann. Ich habe mich durch zahlreiche Versuche uͤberzeugt, daß wenn man Wasserdampf in ein Gefaͤß einschließt oder durch ein Gefaͤß treibt, welches auf eine Temperatur erhizt ist, die um 100° Fahr. hoͤher als diejenige ist, bei welcher der Dampf erzeugt wurde, er sein Volumen ungefaͤhr um das Zehnfache vergroͤßert und daß diese Temperaturerhoͤhung mit verhaͤltnißmaͤßig sehr wenigem Aufwand von Brennmaterial bewirkt wird. (Dieß ließ sich auch nach dem, was wir von der specifischen Waͤrme wissen, nicht anders erwarten.) Ich habe auch gefunden, daß dieser verduͤnnte oder wie man gewoͤhnlich sagt, uͤberhizte Dampf, wenn man ihn in den Stiefel (Cylinder) einer gehoͤrig construirten Dampfmaschine leitet und diesen Cylinder auf eine Temperatur gleich derjenigen des uͤberhizten Dampfes bringt, eine groͤßere mechanische Kraft als gewoͤhnlicher Dampf hervorbringen wird, welche mit seiner Zunahme an Volumen gleich, naͤmlich ungefaͤhr zehn Mal so groß ist, wodurch viel Brennmaterial erspart wird. Man versuchte schon oͤfters diesen uͤberhizten Dampf bei Dampfmaschinen zu benuzen, aber bisher ohne Erfolg, weil er bei seiner hohen Temperatur und seiner Eigenschaft die Feuchtigkeit stark anzuziehen, die Liederungen und schluͤpfrigen Substanzen, welche man fuͤr die Kolben und Gefuͤge benuzt, austroknet und sonst nachtheilig auf sie einwirkt, ferner wegen seiner außerordentlichen Verduͤnnung leicht durch die gewoͤhnlichen Gefuͤge entweicht. Meine Verbesserungen bezweken hauptsaͤchlich, daß man diesen uͤberhizten oder verduͤnnten Dampf benuzen kann. Durch meine Verbesserungen beabsichtige ich ferner, daß man Dampf von sehr hohem Druk, es mag nun gewoͤhnlicher oder uͤberhizter Dampf seyn, anwenden kann, und die Verdichtung von Dampf innerhalb des Cylinders, er mag nun von hohem oder niederem Druk seyn, verhindert wird. Meine erste Verbesserung hat den Zwek die Entweichung von Dampf an der Liederung des Kolbens und der Kolbenstange zu verhindern; man ersieht sie aus Fig. 10, wo der Cylinder, der Kolben und die Kolbenstange nebst dem Kessel und der Wasserroͤhre im Durchschnitt vorgestellt sind. a, a, a, a zeigt den Cylinder; b, den Kolben; c, c ist die Kolbenstange, welche am unteren Theile des Cylinders austritt und an ihrem unteren Ende mit der Welle, der Kurbel und den anderen Theilen der Maschine wie gewoͤhnlich verbunden wird; d, d ist die Stopfbuͤchse, welche die Kolbenstange dicht macht; e, e ist eine Wasserroͤhre, welche sich in den unteren Theil des Kessels f, der hoͤher als der Cylinder gestellt seyn muß, oͤffnet; g ist eine Seitenroͤhre, durch welche der Dampf mittelst geeigneter Ventile, die in der Zeichnung nicht abgebildet sind, ein- und ausgefuͤhrt wird. Bei dieser Anordnung findet folgendes Statt: – Der Dampf in dem Kessel l druͤkt auf die Oberflaͤche des Wassers, und dieser Druk wird durch die Wasserroͤhre e, e dem Cylinder mitgetheilt und wirkt dann gegen die untere Seite des Kolbens g. Man wird bemerken, daß die Kolbenstange c, c ungewoͤhnlich dik ist; die Oberflaͤche der Stange sollte im Querdurchschnitt ungefaͤhr halb so groß als die Oberflaͤche des Kolbens seyn, damit der Druk, welchen die Wassersaͤule gegen den Kolben ausuͤbt, um die Haͤlfte vermindert wird. Wenn nun der Dampf durch die Seitenroͤhre g in den oberen Theil des Cylinders gelassen wird, so uͤbt er auf die obere Seite des Kolbens einen Druk aus, welcher gleich der ganzen Oberflaͤche des Kolbens b ist; und dieser Druk wird zwei Mal so groß seyn, als derjenige auf der unteren Seite des Kolbens, welchen die Wassersaͤule hervorbringt, weil der Dampf auf die doppelte Flaͤche wirkt; der Staͤmpel steigt daher nieder, das Wasser aus seiner Stelle vertreibend, aber mit einer Kraft, welche nur halb so groß als der Druk des Dampfes auf die obere Seite ist; wenn der Kolben niedergestiegen ist und man den Dampf im Cylinder durch die Seitenroͤhre g auslaͤßt, so treibt der Druk der Wassersaͤule auf den Boden des Kolbens (welchen ich den gegenwirkenden Druk nenne) den Kolben mit einer Kraft aufwaͤrts, gleich derjenigen, womit er niederstieg; auf diese Art spielt der Apparat immer fort. Sollte es nicht wohl angehen, daß man den Kessel hoͤher als den Cylinder stellt, so kann man eine andere Anordnung waͤhlen, welche in Fig. 11 abgebildet ist; sie zeigt den Dampfcylinder a im Aufriß, wie in Fig. 10 mit dem Unterschiede, daß die Roͤhre e, anstatt direct in den Kessel zu fuͤhren, mit dem Behaͤlter h, h in Verbindung steht, welchen ich den Wassercylinder nenne. Weiter unten ist angegeben, wie dieser Cylinder mit Wasser gespeist wird. Die Oberflaͤche des Wassers in dem Cylinder h, sollte hoͤher als das obere Ende des Dampfcylinders a, a, a, a seyn, ungefaͤhr um so viel, als durch die punktirte Linie angedeutet ist. Durch die Seitenroͤhre i wird Dampf von einem in beliebiger Entfernung befindlichen Kessel in den Wassercylinder h gefuͤhrt, dessen Druk dann auf den Kolben dieselbe Gegenwirkung aͤußert, welche bei Fig. 10 beschrieben wurde. Um den Cylinder h mit heißem Wasser zu speisen, ist die Roͤhre k auf den Boden des Kessels geleitet und indem der Hahn l offen und ein Ventil in der Dampfroͤhre i geschlossen ist, treibt der Druk des Dampfes in dem Kessel das heiße Wasser in die Roͤhre k hinauf, bis der Behaͤlter h beinahe voll ist. Man schließt nun den Hahn I und laͤßt den Dampf in den Cylinder h bei der Roͤhre i, um das Wasser auf sein gehoͤriges Niveau zu bringen; lezteres geschieht, indem es durch die Roͤhre n und von dieser wieder in den Kessel laͤuft. Um den Cylinder h immer mit Wasser zu speisen, kann man eine Pumpe (welche nicht abgebildet ist) bei n anbringen und dieselbe durch die Dampfmaschine treiben, welche sowohl sie als den Kessel speist, indem das uͤberfluͤssige Wasser in lezteren durch die Roͤhre m ablaͤuft. Bei der so eben beschriebenen Vorrichtung kann offenbar kein Dampf durch die Liederungen des Kolbens oder seiner Stange entweichen, ohne zuvor das Wasser auszutreiben; lezteres ist aber unmoͤglich, denn wenn die gewoͤhnlichen Liederungen und Gefuͤge auch vom Dampf durchdrungen werden koͤnnen, so sind sie doch dicht genug, um das Wasser selbst unter großem Druk nicht durchzulassen; eben so wenig kann der Dampf, so groß auch sein Druk seyn mag, durch die Liederung des Kolbens b dringen, weil auf der anderen Seite desselben ein gleich starker Gegendruk ist; uͤberhizter Dampf kann die Liederlingen nicht beschaͤdigen, wegen des bestaͤndigen Drukes des Wassers. Als Patentrecht nehme ich bloß in Anspruch: die Dazwischenkunft einer Wassersaͤule zwischen den Kolben und den Dampf des Kessels, wobei der als bewegende Kraft dienende Dampf (er mag nun von hohem oder niederem Druk oder uͤberhizt seyn) auf der anderen Seite des Kolbens in den Cylinder geleitet und aus demselben herausgefuͤhrt wird. Meine zweite Verbesserung ist eine Verbindung der bereits beschriebenen Vorrichtung mit einer anderen, welche ich sogleich auseinandersezen will; sie bezwekt hauptsaͤchlich die Benuzung des uͤberhizten Dampfes. Fig. 12 ist eine Seitenansicht, zum Theil im Durchschnitt und zeigt dieselbe Vorrichtung wie Fig. 10, aber mit den Zusaͤzen, welche man in Fig. 13 sieht. An dem Kolben b ist naͤmlich ein massiver Staͤmpel (oder eine Verlaͤngerung) p angebracht, welcher in den Cylinder a, a, a, a paßt und sich in demselben frei auf und nieder bewegt. Der Staͤmpel hat ungefaͤhr die Laͤnge des Hubes der Maschine oder etwas mehr, und der Cylinder a, a, a, a ungefaͤhr die doppelte Laͤnge des Hubes oder daruͤber; oder er ist so lang, daß der Kolben b mit dem Staͤmpel p sich in dem Cylinder so weit bewegen kann, als es der Hub der Maschine erfordert. Der Zwek bei dieser Anordnung ist, daß der uͤberhizte Dampf, welcher durch die Seitenroͤhre g uͤber dem Staͤmpel p in den Cylinder geleitet wird, nicht in denjenigen Theil des Cylinders gelangen kann, welchen das Wasser unter dem Kolben b einnimmt, also kein Dampf verdichtet wird; ich beabsichtigte dabei auch, daß das Wasser auf der unteren Seite des Kolbens, waͤhrend die Maschine im Gang ist, nicht in den oberen Theil des Cylinders gelangen soll, wodurch Dampf verdichtet werden wuͤrde. Ich erhize auch den Cylinder in einem Ofen q, q, und uͤberziehe ihn mit feuerfestem Thon oder anderen geeigneten Materialien, um ihn gegen die Einwirkung des Feuers zu schuͤzen. Bei dieser Verbesserung nehme ich die Dazwischenkunft des Wassers zwischen eine Seite des Kolbens und den Dampf in dem Kessel, so wie sie angegeben wurde, und auch die vergroͤßerte Laͤnge des Cylinders und Kolbens als Patentrecht in Anspruch. Die dritte Verbesserung ist bloß eine Abaͤnderung der lezten; sie ist in Fig. 14 von der Seite im Durchschnitt vorgestellt und hauptsaͤchlich fuͤr eine Verdichtungsmaschine und die Anwendung von uͤberhiztem Dampf berechnet; a, a, a, a ist der Cylinder, b der Kolben; c die Kolbenstange; d, d die Stopfbuͤchse; e, e ist die Seitenroͤhre, welche eine Verbindung zwischen dem oberen Ende des Cylinders und dem Kessel herstellt; f ist der Kessel; z ist die Roͤhre, welche in das Ueberhizungsgefaͤß s fuͤhrt. Die Roͤhre e, e ist mit einem Ventil j versehen, durch welches der Druk des Dampfes auf den Kolben regulirt wird: g ist die Roͤhre, durch welche der uͤberhizte Dampf streicht, nachdem er in dem Gefaͤß s verduͤnnt wurde; p ist die bereits vorherbeschriebene Verlaͤngerung des Kolbens oder der Staͤmpel; t ist eine Seitenroͤhre, welche in den Cylinder uͤber dem Kolben geht; an ihrem aͤußeren Ende wird sie mit dem Rohr einer kleinen (in der Zeichnung nicht abgebildeten) Drukpumpe verbunden, welche waͤhrend die Maschine im Gange ist, Wasser auf die obere Seite des Kolbens treibt. Eine andere Seitenroͤhre u steht auf dieselbe Art mit dem oberen Theile des Cylinders in Verbindung; an ihrem anderen Ende ist die Speisungsroͤhre einer anderen kleinen (in der Zeichnung nicht abgebildeten) Drukpumpe angebracht, welche das uͤberfluͤssige Wasser aus dem Cylinder zieht und es in den Kessel oder sonst wohin treibt. Diese beiden Pumpen haben den Zwek eine kurze Wassersaͤule zwischen den Kolben und den gegenwirkenden Dampf von dem Kessel zu bringen; diese Wassersaͤule bringt dieselben Wirkungen hervor, welche bei den vorhergehenden Verbesserungen beschrieben wurden. Ich erhize auch den unteren Theil des Cylinders in dem Ofen v, v und uͤberziehe ihn mit Thon, um ihn gegen die zerstoͤrende Einwirkung des Feuers zu schuͤzen. Bei dieser Verbesserung nehme ich, wie bei den vorhergehenden, die Einfuͤhrung einer Wassersaͤule auf der einen Seite des Kolbens, waͤhrend der Dampf auf die andere Seite desselben wirkt) nebst der Anwendung des Staͤmpels p als Patentrecht in Anspruch. Meine vierte Verbesserung bezieht sich auf die gewoͤhnlichen Verdichtungsmaschinen und besteht in Folgendem: – Erstens wende ich außer dem gewoͤhnlichen Kessel zur Erzeugung des Dampfes noch einen anderen Kessel an, welcher viel kleiner seyn kann und dem Hochdrukdampf muß widerstehen koͤnnen. Zweitens lasse ich von diesem Hochdrukkessel eine Roͤhre ausgehen, die mit einem aͤußeren Cylinder oder einer Huͤlse communicirt, durch welche der Hochdrukdampf in den anderen Kessel aus einem Ventile, das mit ungefaͤhr 20 Pfund auf dem Quadratzoll belastet ist, entweichen kann. Durch diese Anordnung circulirt der Hochdrukdampf immer um den Dampfcylinder. Drittens der Dampf von niederem Druk wird durch eine Roͤhre aus dem Kessel mit niederem Druk hergeleitet, welcher leztere mit den geeigneten Ventilen versehen ist. Viertens, sowohl der Kolben als die Kolbenstange muͤssen mit Metallplatten (Metallliederung) anstatt der gewoͤhnlichen Hanfliederung versehen werden. Bei dieser lezteren Verbesserung nehme ich nur die Verbindung der vier angegebenen Vorrichtungen als Patentrecht in Anspruch. Wo ich bei meinen vorhergehenden Verbesserungen von gegenwirkendem Dampf sprach, der mittelst Wasser auf den Kolben wirkt, schließe ich jedoch keineswegs andere Agentien aus, welche auf dieselbe Art eine Gegenwirkung hervorbringen koͤnnen, wenn man solche Agentien anstatt des Dampfes im Kessel mit Nuzen anwenden kann; man koͤnnte z.B. Luft oder Gas in einen geeigneten Behaͤlter einschließen, um diese Gegenwirkung hervorzubringen. Diese Gegenwirkung kann auch durch eine hohe Wassersaͤule hervorgebracht werden; bei Dampfmaschinen von maͤßigem Druk und bei Verdichtungsmaschinen mag es zwekmaͤßig seyn, sie durch den Druk der Atmosphaͤre hervorzubringen; in allen diesen Faͤllen muß man aber zwischen den Kolben und das gegenwirkende Agens eine hinreichende Menge Wasser bringen, welches uͤberall, wo meine Verbesserungen angewandt werden (mit Ausnahme der vierten Verbesserung) zur Erreichung des Zweks unumgaͤnglich noͤthig ist. Obgleich ich es vorziehe, zur Liederung des Kolbens und der Kolbenstange Hanf oder ein aͤhnliches Material zu nehmen (ausgenommen bei meiner vierten Verbesserung), so schließe ich doch die Umwendung einer Metallliederung von meinem Patentrecht nicht aus, und obgleich ich keine besondere Weise, den Dampf fuͤr meine verbesserte Maschine zu uͤberhizen, in Anspruch nehme, so ziehe ich doch folgende Methode anderen vor, naͤmlich: Ich lasse den Speisungsdampf von dem Kessel durch eine oder mehrere Roͤhren oder Gefaͤße streichen, in welchen ich ihn erhize, ehe er in den Cylinder tritt, und erhize noch dazu den Dampf nebst dem Cylinder auf irgend eine passende Weise. Da uͤberhizter Dampf wegen seiner hohen Temperatur die gewoͤhnlichen Kitte und Liederungen an den Gefuͤgen der Maschinentheile leicht verdirbt, so muß man sie durch halbkreisfoͤrmige Gefuͤge verbinden, indem man zwei Metallflaͤchen mit einander schleift. Die Stellung der Cylinder ist bei Anwendung meiner Verbesserungen nicht wesentlich, ausgenommen bei der dritten; ich brauche bloß zu bemerken, daß der Kessel oder Wassercylinder so gestellt ist, daß die Oberflaͤche des Wassers darin hoͤher als der obere Theil des Dampfcylinders ist.

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