Titel: Versuche über die Festigkeit und Stärke verschiedener Holzarten, welche in dem königlichen Arsenal zu Woolwich gemacht wurden. Von Hrn. Peter Barlow jun. Mit den Bemerkungen über dieselben von Hrn. B. Bevan Esq.
Fundstelle: Band 44, Jahrgang 1832, Nr. XCIII., S. 381
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XCIII. Versuche uͤber die Festigkeit und Staͤrke verschiedener Holzarten, welche in dem koͤniglichen Arsenal zu Woolwich gemacht wurden. Von Hrn. Peter Barlow jun. Mit den Bemerkungen uͤber dieselben von Hrn. B. Bevan Esq. Aus dem Philosophical Magazine and Annals of Philosophy. Maͤrz 1832, S. 179 und April S. 241. Barlow, uͤber die Staͤrke verschiedener Holzarten. Da in dem koͤniglichen Arsenale zu Woolwich eine Reihe von Versuchen gemacht wurde, welche großen Theils Hoͤlzer betrafen, deren Staͤrke und Festigkeit fruͤher gar nicht oder nicht so genau untersucht worden, und da ich mehreren dieser Versuche selbst beiwohnte, so nehme ich keinen Anstand die Resultate derselben oͤffentlich vorzulegen. Ich halte deren Bekanntmachung sogar um so mehr fuͤr wichtig, als sie nicht bloß ein Gegenstand gelehrter Curiositaͤt sind, sondern wahrscheinlich zu nuͤzlichen und interessanten Forschungen fuͤhren, und mit der Einfuhr und Anpflanzung fremder Holzarten bei uns in innigem Zusammenhange stehen duͤrfen. Die Veranlassung zu gegenwaͤrtigen Versuchen gab eine Abhandlung und Untersuchung des Hrn. W. Withers Esq. uͤber die vergleichsweisen Eigenschaften des Holzes der Acacie und der Eiche, durch welche der Hr. Verf. den Anbau der Acacie statt der Eiche emporzubringen strebte, indem er zu beweisen suchte, daß erstere nicht nur ein dauerhafteres Holz gaͤbe, sondern auch weit schneller wachse. Zum Vergleiche der Staͤrke und der Festigkeit der beiden Hoͤlzer sandte Hr. Withers Stuͤke von beiden Hoͤlzern nach Woolwich; die Resultate der damit angestellten Versuche ersieht man aus der hier beigefuͤgten Tabelle. Hierbei entstand noch eine andere Frage, naͤmlich in Betreff der Staͤrke einer Eiche, deren Wachsthum durch die Cultur beschleunigt worden, im Vergleiche mit der Staͤrke des Holzes einer Eiche von dem gewoͤhnlichen langsamen Wachsthume. Die Stuͤke, welche sich auf diesen lezteren Gegenstand beziehen, und welche in der Tabelle mit 3 und 4 bezeichnet sind, erhielt Hr. Withers von Hrn. Boorne zu Erpingham: ersteres kam von einem Baume, der auf einem sehr guten Boden gewachsen, und beilaͤufig 60 Jahre alt war, und welcher 38 bis 40 Kubikfuß Holz gab; lezteres gehoͤrte einem Baume von ungefaͤhr 120 Jahren an, der auf einem leichten, in einer Tiefe von 2 Fuß aus Geroͤll bestehendem Boden wuchs, und welcher beilaͤufig 80 Kubikfuß Holz gab. Hr. Boorne glaubt jedoch, daß wenn der Baum N. 3 bis zu demselben Alter stehen geblieben waͤre, welches der Baum N. 4 erreichte, er wenigstens um 40 Fuß mehr Holz, als lezterer gegeben haben wuͤrde. Die Stuͤke N. 5 und 6 lieferte Hr. Samuel Farrow von Diss in Norfolk; beide Baͤume waren auf demselben Stuͤke Landes gewachsen: ersterer stand in der Naͤhe des Hofes des Pachtgutes neben einem Graben, in welchen eine große Menge der Feuchtigkeit des Hofes floß, und wahrscheinlich drangen dessen Wurzeln bis in den Hof selbst; er wuchs sehr schnell und gab 120 Fuß Holz. Lezterer oder N. 6 wuchs zwar auf demselben Boden, erfreute sich aber nicht derselben guͤnstigen Umstaͤnde; er wuchs daher schnell, aber doch bei Weitem langsamer als ersterer, und gab nur 90 Kubikfuß Holz, obwohl er wahrscheinlich gleichzeitig mit ersterem gepflanzt worden. Die Versuche mit diesen Holzarten hatten mithin einen besonderen Zwek; da sich aber in dem koͤniglichen Arsenale noch viele Hoͤlzer befanden, die nicht in gewoͤhnlichem Gebrauche stehen, obwohl sie in einigen Gegenden sehr haͤufig wachsen, und obwohl dieselben dem Aussehen nach eine bedeutende Staͤrke versprechen, so wurde Hr. Bossey beauftragt Stuͤke daraus zurichten zu lassen, die denselben Versuchen unterworfen werden sollten. Die Resultate dieser Versuche sind sehr interessant, indem mehrere der Hoͤlzer eine Staͤrke zeigten, welche zwei Mal so groß ist, als jene der Eiche. Die meisten dieser Holzarten wurden von Capitaͤn Gipps aus Berbice eingesandt und als sehr dauerhaft geruͤhmt. Der Apparat, dessen man sich zu den Versuchen bediente, bestand bloß aus zwei aufrechten Pfosten, die mit dem einen Ende fest in den Boden eingerammt, an dem anderen aber an dem Bindebalken des Daches eines Schuppens befestigt waren. An jedem dieser Pfosten wurden zwei eine Kante bildende Stuͤke aus hartem Holze gut fest gemacht und auf diese kamen die Holzarten, welche untersucht wurden, zu liegen. In der Mitte wurde eine Schale aufgehaͤngt, in die die Gewichte gelegt wurden. Zur Bestimmung der relativen Staͤrke oder Elasticitaͤt wurde das Gewicht, welches eine Biegung von einem Zoll bewirkte, registrirt; und diese Biegung wurde durch eine Stange angedeutet, welche so an dem Bindebalken angebracht war, daß sie vorne und in der Mitte des Stuͤkes nach Abwaͤrts zeigte und einen Zoll weit unter die obere Flaͤche desselben herabreichte. Wenn daher eine Biegung von einem Zolle Statt gefunden hatte, so war diese daraus erkenntlich, daß das Ende der Stange gerade in einer Linie mit der Flaͤche des Stuͤkes stand, mit welchem der Versuch gemacht wurde. In folgender Tabelle enthaͤlt die erste Columne die Namen der Hoͤlzer; die zweite das specifische Gewicht derselben, die dritte daß Gewicht, welches eine Biegung von 1 Zoll oder von 1/50 der Laͤnge bewirkte; die vierte das Gewicht, bei welchem das Holz brach; die fuͤnfte die relative Elasticitaͤt nach der Formel E = l³w/ad³δ; die sechste die Staͤrke nach der Formel S = lw/4ad², in welcher l die Laͤnge, a die Breite, d die Dike oder Tiefe, δ die Biegung in Zollen, und w das Gewicht in Pfunden andeutet, so daß sich diese Versuche mit jenen vergleichen lassen, die sich in Barlow's Essay on the Strength of Timber befinden. Die lezte Columne enthaͤlt einzelne Bemerkungen. Die Stuͤke waren saͤmmtlich sorgfaͤltig geschnitten, und hatten alle 2 Zoll im Gevierte und 5 Fuß Laͤnge; die Entfernung der Stuͤzen, auf welchen sie gebrochen wurden, betrug genau 50 Zoll. Alle Stuͤke wurden von Hrn. Bossey, der die Resultate aufzeichnete, mit aller Sorgfalt ausgewaͤhlt. Textabbildung Bd. 44, S. 384 Wir muͤssen auch hier wieder bemerken, daß es doch gut waͤre, wenn bei allen aͤhnlichen Untersuchungen nicht bloß der Provincial- oder Handelsname, sondern auch der systematische Name des Gegenstandes, welcher untersucht worden, angefuͤhrt wuͤrde, damit Jedermann mit Bestimmtheit wuͤßte, wovon die Rede ist. Wir wollen hier die Namen jener Arten angeben, die wir mit Bestimmtheit ausmitteln konnten. Das Tunkabohnenholz kommt von Coumarouna odorata Aublet, welche auch unter dem Namen Dipterix odorata bekannt ist. A. d. Ueb. Kommt von Hymenaea Courbaril L. Wahrscheinlich das Holz des Guajacum officinale und sanctum, das sogenannte Franzosen-Holz oder Lignum sanctum, aus welchem die Kugeln zum Kegelschieben gedreht werden. A. d. Ueb. Ein westindisches Holz, woraus Vorzuͤglich die Bloksnaͤgel fuͤr Schiffe verfertigt werden, dessen systematischen Namen wir aber nicht auffinden konnten. A. d. Ueb. Nr. der Versuche; Namen der Holzarten; Specifische Schwere; Gewicht in Pfunden, welches eine Biegung von 1 Zoll bewirkt; Brechgewicht in Pfunden; Werth von E Formel nach der Formel; Werth von S nach der Formel; Bemerkungen; Acaciaholz, englisches; Eichenholz, schnell gewachsenes; Eichenholz langsam gewachsenes; Eichenholz beste Qualitaͤt; Tunkabohnenholz; Curbarilholz; Kugelbaumholz; Greenheartholz; Cabacallyholz; mittleres; aͤußeres; wo das Seil brach u. das; Stuͤk, welches ein wenig beschaͤdigt war; Alle diese Stuͤke hatte Hr. W. Withers Esq. geliefert; Ein sehr schoͤnes Stuͤk, welches schon 2 Jahre lang aufbewahrt war; Ein 16 Jahre lang aufbew. Stuͤk; Saͤmmtlich durch Hrn. Capitaͤn Gipps aus Berbice eingesendet Textabbildung Bd. 44, S. 385 Das Holz der Betula lenta L. mittleres; aͤußeres; Afrikanische Eichenholz; Amerikanisches schwarzes Birkenholz; Gewoͤhnliches Birkenholz; Aeschenholz; Ulmenholz; Christiania-Tannenholz; Memel-Tannenholz; Von einem, sehr schoͤnen schon lange Zeit uͤber aufbewahrten Balken; Von einem u. demselben Baume; sehr troken und schon lange aufbewahrt; Troken und von einer und derselben Bohle; Troken und von einem und demselben Baume; Troken und von einer und derselben Tanne Es ist Schade, daß die Resultate der Versuche mit dem Acacienholze nicht genauer aufgezeichnet wurden; es wurde dieß versaͤumt, da man Anfangs nicht die Absicht haͤtte, so ausgedehnte Versuche vorzunehmen. Das zweite Stuͤk war, nachdem das Seil brach, in Folge des Versuches nur wenig beschaͤdigt, was gewiß auf eine große Elasticitaͤt dieses Holzes deutet, obschon die numerische Bestimmung derselben fehlt. Im Ganzen genommen zeigte sich jedoch das Acacienholz staͤrker als das Eichenholz, dessen Staͤrke, wie aus den Versuchen Barlow's hervorgeht, im Allgemeinen geringer war; nur die Stuͤke N. 7 und 8, die aus ganz besonders schoͤnem Eichenholze bestanden, zeigten eine groͤßere Staͤrke. Die Versuche mit dem Eichenholze scheinen zuverlaͤssig zu Gunsten des schnell gewachsenen Holzes zu sprechen. Diese Versuche warfen, wie Hr. Withers bemerkt, neues Licht auf diesen Gegenstand, und fuͤhren zu den wichtigsten Resultaten. Sie beweisen naͤmlich nicht nur, daß ein schnell gewachsenes Holz ein langsam gewachsenes an Guͤte uͤbertrifft, sondern auch, daß man, wenn man den Wurzeln der Baͤume bestaͤndig Duͤnger und Nahrung zufuͤhrt, in derselben Zeit beinahe zwei Mal so viel Holz, und zwar ein Holz von groͤßerer Staͤrke erhaͤlt. Die Wichtigkeit dieses Resultates fuͤr die Baumzucht wird gewiß Jedermann einleuchten. Bemerkungen des Hrn. Bevan uͤber diese Versuche. Ich bedauere mit Hrn. Barlow, daß die Versuche uͤber die Staͤrke des Acacienholzes nicht genauer aufgezeichnet wurden, und will versuchen diese Luͤken durch meine Versuche auszufuͤllen. Schon seit einiger Zeit waren mehrere Zimmerleute von Northamptonshire der Meinung, daß das Acacienholz eine außerordentliche Staͤrke und Dauerhaftigkeit besize; man sendete mir daher, um dieß durch Versuche zu erweisen, ein Musterstuͤk dieses Holzes zu. Ich uͤberzeugte mich hiedurch, daß das Acacienholz gutem Eichenholze an Festigkeit, und auch etwas an Elasticitaͤt nachstehe. Was die Dauerhaftigkeit betrifft, so gibt es dafuͤr kein anderes Probemittel, als die Zeit; aus der Textur und aus dem Aussehen der Bruchstelle des Acacienholzes glaube ich jedoch vermuthen zu koͤnnen, daß dasselbe dem Eichenholze bedeutend an Dauerhaftigkeit nachstehe. Ich kann nun nach meinen Versuchen die Luke in der vierten Columne der Tabelle des Hrn. Barlow auf folgende Weise ausfuͤllen. Nach meinen Versuchen ist der Modulus der Elasticitaͤt des Eichenholzes 4,560,000 Fuß, woraus sich leicht fuͤr jedes Stuͤk dieses Holzes die Biegung berechnen laͤßt, die dasselbe unter einem gegebenen Druke erleidet. In dem speciellen Falle des Hrn. Barlow, in welchem l = 50, b = d = 2 und δ = 1 und die specif. Schwere = 710 ist, ergibt sich (710 × 4,560,000)/4500 = 720 als das Gewicht, welches noͤthig ist, um eine Biegung von einem Zoll hervorzubringen. Wer mit Versuchen dieser Art genauer bekannt ist, wird finden, daß die Biegung um einen ganzen Zoll sich dem Ultimum der Biegung zu sehr naͤhert, als daß sie das wahre Maß fuͤr die Elasticitaͤt eines Stuͤkes geben koͤnnte. Bei den Versuchen des Hrn. Barlow betraͤgt die Biegung im Durchschnitte 2/3 des Ultimums der Staͤrke statt 1/3, bei welchem lezteren die Textur der Stuͤke weniger gelitten haben wuͤrde. Es waͤre sehr gut gewesen, wenn Hr. Barlow bei seinen Versuchen auch uͤber die Zeit, waͤhrend welcher die Stuͤke dem Druke ausgesezt waren, etwas gesagt haͤtte, indem die Biegung mit dieser Zeit zunimmt, besonders wenn die Last in einem so nahen Verhaͤltnisse zu dem Brechgewichte steht. Hr. Barlow hat, um die Elasticitaͤt auszudruͤken, bloß die proportionalen Zahlen angegeben; es waͤre vielleicht von allgemeinerem Ruzen gewesen, wenn er den Modulus der Elasticitaͤt mitgetheilt haͤtte. Ich fuͤge daher, damit die Leser die relative Zaͤhigkeit der verschiedenen Hoͤlzer, mit welchen Hr. Barlow seine Versuche machte, vergleichen koͤnnen, folgende Liste des Modulus der Elasticitaͤt bei, die ich nach einer sehr einfachen Formel berechnete. So ist a  |        4500     Modulus der Elasticitaͤt in Fußen –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– b  |  Specifische Gewicht              Gewicht in Pfunden woraus sich ergibt, daß der mittlere Modulus der Elasticitaͤt fuͤr die einzelnen Hoͤlzer beinahe folgender ist Fuße Eichenholz 3,303000 Tunkabohnenholz 5,795000 Curbarilholz 4,693000 Kugelbaumholz 5,890000 Greenheartholz 6,105000 Cabacallyholz 4,730000 Afrikanisches Eichenholz 5,532000 Amerikanisches Birkenholz 5,295000 Gemeines Birkenholz 5,420000 Eschenholz 4,150000 Ulmenholz 3,135000 Christiania-Tannenholz 5,305000 Memel-Tannenholz 6,260000 Hieraus erhellt, daß wenn man diese Hoͤlzer (deren Stuͤke wahrscheinlich besser waren, als man sie gewoͤhnlich erhaͤlt) mit ihrer Schwere vergleicht, keines derselben eine groͤßere Zaͤhigkeit besizt, als das Memel Tannenholz. Uebrigens wuͤrde der Werth dieser Versuche noch bedeutend erhoͤht worden seyn, wenn Hr. Barlow auch die aͤußerste Biegung der Hoͤlzer mitgetheilt haͤtte; er wuͤrde durch die Angabe derselben gewiß Jedermann, und Niemand mehr als mich verpflichten.