Titel: Bericht des Hrn. Francoeur über eine neue Art von Ketten, von der Erfindung des Hrn. Galle, Mitgliedes der Academie der schönen Künste.
Fundstelle: Band 48, Jahrgang 1833, Nr. IV., S. 42
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IV. Bericht des Hrn. Francoeur uͤber eine neue Art von Ketten, von der Erfindung des Hrn. Galle, Mitgliedes der Academie der schoͤnen Kuͤnste. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Octbr. 1832, S. 359 Mit Abbildungen auf Tab. I. Galle, uͤber eine neue Art von Ketten. Die endlose Kette mit einfachen Ringen oder Gelenken ist eine laͤngst bekannte Vorrichtung; man hielt es jedoch bisher nicht fuͤr noͤthig, diese Gelenke zu vervielfaͤltigen, um die Kette staͤrker zu machen, und noch weniger dachte man daran, diesen Gelenken eine solche Form zu geben, daß sie gleichsam eine gegliederte Zahnstange bilden, welche gehoͤrig eingreifen kann. Hr. Galle hat diese Vorrichtung an seiner Kette angebracht, die also in dieser Hinsicht als neu zu betrachten ist. Was dem Apparate jedoch eine noch weit groͤßere Wichtigkeit gibt, sind die Haken, welche daran angebracht sind, und welche es moͤglich machen, daß man denselben zum Heben bedeutender Lasten anwenden und benuzen kann. Die Grundform dieser Kette kann zur Mittheilung einer jeden Art von Bewegung dienen. Die Gelenke oder Ringe der Kette werden aus dem weichsten Eisenbleche verfertigt, welches man vorher puzt und plaͤttet, um alle die Unebenheiten, die sich gewoͤhnlich unter der Schlakenschichte befinden, womit das Blech uͤberzogen ist, zu entfernen. Durch diese Operation wird die Masse ganz gleichartig, was bei einer Eisenstange von gleicher Groͤße, wie sorgfaͤltig dieselbe auch geschmiedet seyn mag, nie moͤglich ist. Die Kette kann aus so vielen Gelenken zusammengesezt werden, als es die Kraft oder die Last, die sie zu ertragen hat, erfordern. Die Versuche, welche mit der Kette, die der Gesellschaft als Master vorgelegt worden, angestellt wurden, ergaben, daß diese Kette eine Last von 8 bis 10,000 Kil. zu tragen vermag, mit Einschluß ihres eigenen Gewichtes. Das Gewicht der Kette selbst ist jedoch nach ihrer Groͤße und nach dem Gebrauche, zu welchem sie bestimmt ist, verschieden. Die Kette ist auf jeder Seite aus vier Gelenken oder Gliedern zusammengesezt, welche durch einen Zapfen oder eine Spindel von 3 Linien Dike und 1 Zoll Laͤnge von einander getrennt sind. Dieser Zapfen oder die Spindel ist in der Mitte etwas verdikt, damit die Gelenke gleich weit von einander entfernt gehalten werden. Die Entfernung der Zapfen oder Spindeln von einander betraͤgt mit Inbegriff ihrer eigenen Dike 1 Zoll, so daß also auf jeden Zoll ein Raum von 8 1/2, Linien bleibt, der zur Aufnahme der Zaͤhne des Rades, um welches die Kette zu liegen kommt, dient. Da jedes Mal mehrere Zaͤhne auf ein Mal ergriffen werden, so schien dieser Widerstand fuͤr den Zwek, den man im Auge hatte, hinzureichen, wobei jedoch vorausgesezt ist, daß man diese Kette nur an Raͤdern von großem Durchmesser anwendet. Die Dauer der Kette haͤngt von der Vollkommenheit, mit welcher sie verfertigt ist, ab. Die Spindeln oder Zapfen muͤssen vollkommen rund und glatt seyn; sie sind auf der Oberflaͤche gehaͤrtet und uͤbrigens so erweicht, daß man sie umnieten kann. Sie passen ganz genau und ohne das geringste Hin- und Herschwanken in die Loͤcher der Gelenke, welche gleichfalls vollkommen rund und glatt, und an dem Muster mit meisterhafter Vollkommenheit ausgefuͤhrt sind. Die merkwuͤrdigsten Theile sind jedoch die an der Kette angebrachten Haken. Die Gelenke oder Glieder, mittelst welcher dieselben angehaͤngt sind, bestehen aus derselben Substanz, wie die Kette selbst. Man kann sowohl auf- als abwaͤrts mehrere solche Haken anbringen, um mehrere Lasten auf ein Mal tragen zu koͤnnen, nur darf die Summe der Gewichte die berechnete Last von 10,000 Kil. nicht uͤbersteigen. Die Glieder der Haken sind aus ebendemselben Eisenbleche verfertigt, wie jene der Kette, so daß jeder Haken aus 16, im Zigzag (à trait de Jupiter) zusammengefuͤgten und zusammengeschweißten Stuͤken besteht. Dadurch entsteht naͤmlich eine vollkommene Identitaͤt der Kraft zwischen den Gliedern der Kette und jenen der Haken. Das von Hrn. Galle vorgelegte Muster ist eines von der groͤßten Staͤrke; die Kette wiegt, mit vier Gliedern zu jeder Seite, 3 1/2 Pfund per Fuß; gibt man ihr aber an jeder Seite nur zwei oder drei Glieder, so wird ihr Gewicht um die Haͤlfte oder den vierten Theil geringer. Hr. Galle wendet diese Kette nie anders als als endlose Kette an, so daß sie sich selbst uͤberall das Gleichgewicht haͤlt. Man kann sich dieser Kette mit eben so großem Vortheile, als mit Ersparniß und Sicherheit in den Steinkohlenbergwerken bedienen, deren tiefste Schachte nicht uͤber 350 bis 400 Meter tief sind. Gegenwaͤrtig hat man in diesen Bergwerken gewoͤhnlich Strike von 4–5 Zoll im Umfange, welche sich jedoch wegen der Reibung sowohl, als wegen der bestaͤndigen Feuchtigkeit schnell abnuͤzen. Eben so koͤnnten solche Ketten sehr gut dienen, um rohe und behauene Steine fuͤr hohe Gebaͤude in die Hoͤhe zu schaffen, um Schiffe zu laden und auszuladen; ferner koͤnnte man sie in den Drahtziehereien, in der Marine, kurz bei allen mechanischen Vorrichtungen, bei welchen Bewegungen mitgetheilt werden sollen, benuzen. Die Strikwerke sind sehr kostspielig, weil sie sehr oft erneuert werden muͤssen; die Kette des Hrn. Galle hingegen dauert, wenn sie gehoͤrig befettet wird, unbestimmt lange Zeit. Sie hat uͤbrigens nicht den Nachtheil, daß sie sich mit der Zeit verlaͤngert, wie dieß bei der Kette à la Vaucanson der Fall ist, die am Ende nicht mehr in die Zaͤhne des Rades greift, um welches sie gefuͤhrt ist. An dieser Kette sind die Glieder naͤmlich durch Spindeln von einander getrennt, welche in die Zaͤhne des Rades, um welches die Kette laͤuft, eingreifen muͤssen. Hr. Galle hat diese Form veraͤndert, indem er die Zaͤhne so formt, daß sie jenen einer Zahnstange gleichkommen. Hier koͤnnen die Platten je nach der Kraft, deren man bedarf, gehoͤrig vermehrt werden. An dem Muster, welches der Gesellschaft vor, gelegt wurde, befinden sich 8 und 9 Platten; alle Zapfen oder Spindel sind gehaͤrtet, uͤbrigens aber so angelassen, daß man sie nieten kann. Die Haken sind nach denselben Grundsaͤzen ausgefuͤhrt. Die Vortheile, welche diese Kette gewaͤhrt, kommen in vielen Faͤllen jenen gleich, welche sich bei der Anwendung der ersteren ergeben; die Benuzung beider wird sich jedoch nach verschiedenen Umstaͤnden richten. In den Drahtziehereien z.B. kann die um eine Laterne gezogene, endlose Kette mehrere Haken haben, welche, da sie auf einander folgen, einen ununterbrochenen Zug gewaͤhren. Die Idee der Kette des Hrn. Galle ist nicht neu; sie gruͤndet sich auf jene Kette, deren man sich an der Schneke der Uhren bedient; allein man hat den Gelenken derselben bisher noch nie die Form gegeben, in Folge deren sie zum Eingreifen in Raͤder und fuͤr starke Spannungen tauglich wird. Die Verbindung der Theile, aus dem die Haken bestehen, ist neu und sehr gluͤklich. Das Comité der mechanischen Kuͤnste schlaͤgt daher vor, Hrn. Galle, der sich schon durch mehrere mechanische Forschungen ausgezeichnet hat, und in dessen Werkstaͤtten man die schoͤnsten und vollendetsten Maschinen findet, den Dank der Gesellschaft auszudruͤcken, und seine Erfindung durch den Bulletin bekannt zu machen. Fig. 1 ist eine endlose Kette mit Verzahnung und Haken, von Vorne gesehen. Fig. 2 zeigt dieselbe Kette im Profile. Fig. 3 stellt Gelenke oder Ringe der Haken dieser Kette, einzeln, von Vorne und im Profile gesehen vor. Fig. 4 ist ein einzelnes Glied des Haken, von Vorne und im Profile gesehen. Fig. 5 ist ein Stuͤk Eisenblech, welches zwischen die Glieder der Haken gebracht wird, um dieselben getrennt zu erhalten. a, sind Gelenke oder Glieder aus weichem, gereinigten und geplaͤtteten Eisenbleche. Von diesen Gliedern, welche ausgeschnitten werden, befinden sich auf jeder Seite der Kette vier oder mehr; sie sind durch zwei Zapfen oder Spindeln bb mit einander vereinigt. Der Raum, welcher zwischen jedem Zapfen bleibt, nimmt die Zaͤhne des Rades auf, um welches die Kette laͤuft. c, ist ein großes, an dieser Kette angebrachter Haken, an welchem die Lasten, die man heben will, aufgehangen werden. d, die zusammengeschweißten und im Zigzag mit einander verbundenen Glieder dieses Hakens (siehe Fig. 3.) e, ein Stuͤk Eisenblech, welches zwischen die Glieder d gebracht wird, um dieselben von einander entfernt zu halten. Fig. 6 ist eine Kette in Form einer gegliederten Zahnstange von Vorne gesehen. Fig. 7 zeigt dieselbe Kette, aber im Profile. Fig. 8 ist ein an dieser Kette angebrachter Haken fuͤr eine Ziehbank von Vorne gesehen. Fig. 9 ist ein anderer, zum Tragen von Lasten bestimmter Haken. f, sind die Glieder der Zahnstangenkette; es sind deren neun, welche durch Zapfen oder Spindeln mit einander verbunden sind. Diese Glieder greifen in einander, und haben die Form der Zaͤhne eines Getriebes; sie werden uͤbrigens auf dieselbe Weise verfertigt, wie die Glieder der Kette Fig. 1. g, sind die Glieder der Haken dieser Kette, welche gleichfalls durch Zapfen verbunden und im Zigzag mir einander vereinigt sind.

Tafeln

Tafel Tab. I
Tab. I