Titel: Ueber die Anwendung der heißen Luft beim Betriebe der Hochöfen.
Fundstelle: Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XIX., S. 141
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XIX. Ueber die Anwendung der heißen Luft beim Betriebe der Hochoͤfen. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Februar 1833, S. 182. Ueber die Anwendung heißer Luft bei Hochoͤfen. Unter den vielen Entdekungen, welche in der lezten Zeit in der technischen Chemie gemacht wurden, sind vielleicht wenige von groͤßerer Wichtigkeit als die sinnreiche Anwendung erhizter Luft beim Ausschmelzen der Eisenerze. Wir wollen im Folgenden in Kuͤrze das Verfahren beschreiben, wie die erhizte Luft bei einigen Hochoͤfen, wo jenes Verfahren eingefuͤhrt wurde, angewandt wird. Die Luft wird durch Cylindergeblaͤse auf gewoͤhnliche Art eingeblasen; ehe sie aber in den Hochofen tritt, streicht sie durch gußeiserne Roͤhren, welche bis zum Rothgluͤhen erhizt sind; sie haben ungefaͤhr 30 Fuß in der Laͤnge und 3 Fuß im Durchmesser. Gewoͤhnlich bestehen sie aus drei oder vier Stuͤken, die durch Oeffnungen, welche bei weitem weniger als 3 Fuß im Durchmesser haben, zusammengefuͤgt sind; sie liegen horizontal um den Ofen, oder wie es nach den Localumstaͤnden am geeignetsten befunden wird. Um die Roͤhren wird dann ein Bogen aus Baksteinen aufgefuͤhrt, so daß zwischen ihm und denselben ein leerer Raum von ungefaͤhr 8 Zoll und daruͤber bleibt. Man errichtet zwei oder mehrere Oefen, um die Roͤhren in dem Bogenraum zu erhizen; ihre Zuͤge muͤssen naͤmlich in denselben spielen und in einen gemeinschaftlichen Schornstein am aͤußersten Ende ausgehen. Die Roͤhren liegen also gleichsam auf der Sohle eines langen Reverberirofens, der ungefaͤhr 6 Fuß hoch und eben so breit ist; sie sind auch, wo sie durch die directe Flamme der Oefen beschaͤdigt werden koͤnnten, durch feuerfeste Steine geschuͤzt. Bei diesem Verfahren braucht man zum Schmelzen des Eisenerzes kaum mehr als die Haͤlfte der Kohlen, die erforderlich sind, wenn man die Oefen auf gewoͤhnliche Art mit Luft speist; die kleinen Kohlen, welche man zu einem niedrigeren Preise verkauft, sind zum Erhizen der Roͤhren gut genug. Man hat sich auch uͤberzeugt, daß man ohne Schwierigkeit die Eisenerze mit gewoͤhnlichen Steinkohlen anstatt mit Kohks schmelzen kann und auf einigen Hochoͤfen gebraucht man gegenwaͤrtig gar keine Kohks mehr, so daß man wahrscheinlich die Arbeit und Kosten, welche ihre Bereitung erheischt, ganz wird ersparen koͤnnen. Man beabsichtigt sogar das Eisenerz ohne vorhergegangenes Roͤsten in dem Hochofen zu reduciren und die Besizer einiger Eisenwerke scheinen nicht zu zweifeln, daß ihnen dieses gelingen wird. Die große Wirkung, welche die erhizte Luft in diesen Oefen hervorbringt, muß dem Umstande zugeschrieben werden, daß bei diesem Verfahren eine hoͤhere Temperatur leichter hervorgebracht und unterhalten werden kann, als wenn das Geblaͤse mit Luft von der gewoͤhnlichen Temperatur gespeist wird. Die große Ersparung an Brennmaterial ruͤhrt unserer Meinung nach nicht daher, daß eine gegebene Quantitaͤt Steinkohlen oder Kohks in dem einen Falle eine groͤßere Quantitaͤt von Hize entwikelt als in dem anderen, sondern von der groͤßeren Intensitaͤt der Temperatur, die bei Anwendung von erhizter Luft Statt findet, wodurch eine staͤtigere und sicherere Wirkung der Kohle auf das geroͤstete Eisenerz erzwekt wird, indem sie nicht verzehrt werden kann, ohne auf das mit ihr in Beruͤhrung stehende Erz zu wirken. Es ist jedoch moͤglich, daß die absolute Quantitaͤt der frei werdenden Hize nach der Temperatur, wobei eine brennbare Substanz verzehrt wird, verschieden seyn kann; es fehlen uns aber daruͤber genaue Versuche. Wenn wir die Quantitaͤt von Luft, welche zur Verbrennung gewoͤhnlicher Brennmaterialien erforderlich ist, betrachten, so werden wir besser im Stande seyn, die wichtigen Wirkungen, die aus der Anwendung erhizter Luft hervorgehen muͤssen, zu schaͤzen. Wir wollen zum Beispiel annehmen, es werden bloß Kohks in dem Schmelzofen gebraucht und das einzige Product der Verbrennung in dem Theile des Ofens, wo das Geblaͤse auf das Brennmaterial wirkt, sey Kohlenoxydgas; so erfordern sechs Gewichtstheile Kohle immer wenigstens sechsunddreißig Gewichtstheile atmosphaͤrischer Luft zu ihm Verbrennung, indem in lezteren nur acht Theile Sauerstoff enthalten sind. Obgleich nun die Luft so duͤnn ist, daß wir ihren abkuͤhlenden Einfluß uͤbersehen koͤnnen, so vermischt sich doch jeder Theil der Kohle, mit seinem sechsfachen Gewicht kalter Luft (Luft von der gewoͤhnlichen Temperatur), die saͤmmtlich auf Kosten der schon im Verbrennen befindlichen Kohle auf einen gewissen Grad erhizt werden muß, ehe sie durch ihre Wirkung auf den Kohlenstoff des Brennmateriales Hize entbinden kann. Nehmen wir an, die Hize sey staͤrker und Kohlensaͤure das Product der Verbrennung, so ist zwei Mal so viel Luft (zweiundsiebenzig Gewichtstheile) auf sechs Gewichtstheile Kohle erforderlich oder jeder Theil Kohle braucht sein zwoͤlffaches Gewicht Luft. Die erste Wirkung dieser großen Menge kalter Luft, welche in den Ofen stroͤmt, muß also darin bestehen, daß die bestehende Temperatur des Ofens vermindert wird, so sehr sie dieselbe sogleich nach ihrer Verzehrung auch erhoͤhen mag. Wird also die Luft, ehe sie in den Ofen gelangt, erhizt, so muß er eine hoͤhere Temperatur erlangen, als wenn kalte Luft hineinstroͤmt, gerade in dem Verhaͤltniß als die Luft vorlaͤufig erhizt wurde. Bei der hohen Temperatur des Ofens wird nicht nur das Eisenerz mit weniger Brennmaterial geschmolzen, als gewoͤhnlich erforderlich ist, sondern auch die Schlake von dem geschmolzenen Eisen vollstaͤndig getrennt, wodurch man ein reineres Roheisen erhaͤlt; es ist sogar moͤglich, daß unter diesen Umstaͤnden das Eisen eine groͤßere Menge von den metallischen Grundlagen der Erden, die bei dieser Operation in geringer Menge reducirt werden, aufnimmt, in welcher Hinsicht das Product sorgfaͤltig untersucht zu werden verdient.Wir haben schon im Polytechn. Journ. Bd. XLV. S. 230 und 282 und Bd. XLVI. S. 432 eine Notiz uͤber die Anwendung erhizter Luft bei Hochoͤfen geliefert, auf welche wir hiemit verweisen. A. d. R.