Titel: Betrachtungen über die Mittel, wodurch der Gesundheitszustand der Rural-Gemeinden wesentlich verbessert werden könnte, und wobei sich zugleich ein materieller Gewinn ergeben würde. Von Hrn. A. Chevallier, Mitglied des Sanitätsrathes etc.
Fundstelle: Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XXXVIII., S. 215
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XXXVIII. Betrachtungen uͤber die Mittel, wodurch der Gesundheitszustand der Rural-Gemeinden wesentlich verbessert werden koͤnnte, und wobei sich zugleich ein materieller Gewinn ergeben wuͤrde. Von Hrn. A. Chevallier, Mitglied des Sanitaͤtsrathes etc.Wir erlauben uns diesen Aufsaz des Hrn. Chevallier, der in Frankreich so großen Anklang gesunden hat, auch in unserem Journale mitzutheilen. Die Sache wurde bereits so vielseitig besprochen, der Nuzen des Straßenkothes als Dungmittel ist so anerkannt, daß es Manchem wohl sehr uͤberfluͤssig scheinen mag, so oft immer wieder auf denselben Gegenstand zuruͤkzukommen. Diesen Leuten erlauben wir uns nur zu bemerken, daß zwar viele der einzelnen Landwirthe die hohe Wichtigkeit der Benuzung des Straßenkothes erkannt haben, daß aber die meisten unserer staͤdtischen Verwaltungen sowohl, als die Rural-Gemeinden und die Masse der kleineren Oekonomen oder Bauern noch nicht ein Mal eine Ahnung oder einen leisen Begriff davon zu haben scheinen. Man gehe nur und sehe, was man selbst in unseren Hauptstaͤdten, deren Umgebung nicht selten ein Muster von Sterilitaͤt und Mangel an Cultur ist, mit diesem vortrefflichen Duͤngmittel fuͤr eine Wirthschaft treibt, und wie wenig theils die benachbarten Oekonomen aus der Masse von Koth, die sich in den Staͤdten ansammelt, Nuzen zu ziehen wissen, wie wenig theils jene Behoͤrden, denen die Sanitaͤts-Aufsicht zusteht, ihre Aufgabe verstehen oder erfuͤllen. Man glaubt in unseren Staͤdten meistens Alles gethan zu haben, wenn man den Straßenkoth, nachdem man ihn lange genug in Haufen auf den Straßen liegen gelassen, vor irgend ein Thor der Stadt hinausfuͤhrt, ihn daselbst auf die unregelmaͤßigste Weise ableert, und zum Nachtheile der ganzen Nachbarschaft an freier Luft liegen laͤßt; ja wenn es sehr gut geht, benuzt man ihn zum Ausfuͤllen einer alten Sandgrube u. dgl.! Wenn man nach so vielen gegebenen Aufklaͤrungen, nach so vielen guten und nuͤzlichen Vorschlaͤgen, die bereits uͤberall gemacht wurden, noch nicht weiter gekommen ist, so bleibt nichts Anderes uͤbrig, als diese Leute als Wiederkaͤuer zu behandeln, und ihnen dieselbe Sache so lange wieder vorzukauen, bis sie endlich wenigstens nicht ganz unverdaut durchgeht. A. d. R. Aus dem Journal des connaissances usuelles. November 1832. S. 229. Chevallier, uͤber der Gesundheitszustand der Rural-Gemeinden. Die Regierung hatte eine eigene Commission ernannt, und dieser den Auftrag ertheilt, die Verwaltung daruͤber zu belehren, welchen Weg sie bei dem Umsichgreifen der Cholera einschlagen sollte, welche Umstaͤnde die Entwikelung und Verbreitung dieser Seuche beguͤnstigen oder verhindern, und welche Maßregeln allenfalls gegen einen neuen Ausbruch dieser Geißel zu treffen seyn duͤrften. Ich hatte die Ehre zu dieser Commission berufen zu werden, und wurde nebst mehreren meiner ehrenwerthen Collegen beauftragt, die 80 Gemeinden des Departement de la Seine zu untersuchen. Ich uͤberzeugte mich auch hier wieder von folgenden beiden Uebelstaͤnden, die ich bereits auf meinen fruͤheren Reisen im Inneren Frankreichs beinahe uͤberall zu beobachten Gelegenheit hatte; naͤmlich: 1) daß die Straßen und Zugaͤnge der Rural-Gemeinden im Allgemeinen durchaus mit Misthaufen, mit Abfaͤllen von Pflanzen und Thieren, kurz mit Unreinigkeiten aller Art uͤberschuͤttet sind, die im Winter und bei regnerischem Wetter wegen des halbfluͤssigen Zustandes, in den sie gerathen, die Wege ungangbar machen, waͤhrend sie im Sommer in faule Gaͤhrung uͤbergehen, und dadurch Ausduͤnstungen verbreiten, die der Gesundheit der Einwohner nothwendig sehr nachtheilig werden muͤssen; 2) daß die Misthaufen und Unreinigkeiten laͤngs der Mauern der Haͤuser aufgeschichtet werden, und daß sie auf diese Weise die Waͤnde beschmuzen, sie feucht erhalten, und mit einer mit thierischen Stoffen uͤberladenen Feuchtigkeit impraͤgniren, in Folge deren die Salpeter-Bildung und die Zerstoͤrung der Mauern nothwendig viel rascher von Statten gehen muß. Ich habe mich oft befragt, wie es denn komme, daß Produkte, wie dieser Straßenkoth, die fuͤr die Landwirthschaft von so hohem Nuzen sind, und die von Gelehrten und Praktikern als die reichsten Duͤngmittel betrachtet werden, mitten unter den Wohnungen jener Leute unbenuzt bleiben, welche deren doch am nothwendigsten beduͤrfen, und wie diese Leute rings um sich herum eine solche Masse schaͤdlicher und ungesunder Substanzen anwachsen lassen koͤnnen, durch dem Entfernung und Benuzung sie nicht nur den Gesundheitszustand verbessern, sondern auch den Ertrag ihres Grundes und Bodens bedeutend erhoͤhen koͤnnten.Rozier sagt in seinem Dictionnaire d'Agriculture, T. II. S. 398 von dem Straßenkothe: „Ich zweifle, daß es fuͤr die Gartencultur oder Landwirtschaft einen besseren Duͤnger gibt als diesen; denn keine andere Substanz enthaͤlt ein so inniges Gemenge von hoͤchst fein zertheilten animalischen, vegetabilischen und erdigen Substanzen.“ A. d. O. Die Commission hat sich bei dem Besuche der Gemeinden des Departement de la Seine uͤberzeugt, daß die Entfernung des Kothes aus denselben, so unvollkommen sie gegenwaͤrtig geschieht, denselben doch eine bedeutende Ausgabe verursacht, ohne ihnen einen Nuzen zu gewaͤhren.Eine einzige dieser Gemeinden zahlt fuͤr die theilweise Entfernung des Kothes 2000 bis 2400 Franken; andere zahlen 40, 50, 100 Franken und mehr. A. d. O. Sie hat ferner nach reifem Nachdenken erkannt, daß eine auf dieser Basis beruhende Entfernung des Kothes eine falsche Berechnung ist. Die Bewohner der Gemeinden benuzen naͤmlich nicht nur den eigenen Koth nicht, und schaden daher nicht nur auf diese Weise ihrem Interesse und dem allgemeinen Wohle, sondern sie holen sich mit Aufwand an Geld und Zeit von Paris ein Product, welches sie in ihrem eigenen Orte verschmaͤhen, und welches uͤberdieß als Duͤnger wahrscheinlich minder kraͤftig ist, als der Straßenkoth der Doͤrfer. Denn woraus besteht der Straßenkoth von Paris und allen uͤbrigen großen Staͤdten? Aus Kehricht, in welchem sich groͤßten Theils sehr waͤsserige Pflanzenabfaͤlle befinden, aus einem eisenhaltigen Kothe, der durch Staub und durch den Urin der Thiere vermehrt wird, aus Aschenabfallen, Stroh, Heu u. dgl. Auf dem Lande besteht der Koth zwar aus denselben Substanzen; allein die thierischen Stoffe sind in groͤßerer Menge darin vorhanden, theils weil sich daselbst eine groͤßere Menge Vieh vorfindet, theils weil man auf dem lande auch noch Knochen, wollene Lumpen u. dgl. auf die Straße wirft, waͤhrend man sie in Paris sorgfaͤltig sammelt. Wenn man eine vergleichsweise Untersuchung dieser Kotharten anstellt, so wird sich daraus ergeben, daß es sehr vortheilhaft waͤre, wenn man den Koth, der sich in den Doͤrfern findet, zum Betriebe der Landwirthschaft verwendete. Dieser Koth wuͤrde zwar fuͤr sich allein den Bedarf der Gemeinden nicht deken; allein wenn man ihn auf eine der Gemeinde nicht laͤstige, sondern nuͤzliche Weise sammeln wuͤrde, wuͤrde man 1) den Landwirthen eine Masse guten Duͤngers zur Benuzung zuwenden, und 2) die Straßen dabei rein, gangbar und gesund erhalten. Wir wollen nun dem Urtheile der Verwaltungsbehoͤrden die Mittel und Wege vorlegen, welche uns zur Erlangung dieser beiden Zweke am zutraͤglichsten zu seyn scheinen. Man muͤßte vor Allem ein mit der Bevoͤlkerung und der Ausdehnung der Gemeinde im Verhaͤltnisse stehendes Terrain auswaͤhlen, und dabei wohl beruͤksichtigen, daß dieses Terrain gehoͤrig weit von den Haͤusern entfernt und so gelegen sey, daß die gewoͤhnlich herrschenden Winde die Ausduͤnstungen der Mistniederlage nicht gegen die Wohnungen treiben. Wenn nun der Plaz nach diesen Vorschriften gewaͤhlt ist, muͤßte man an demselben eine Grube graben, an welcher drei Waͤnde gerade emporstuͤnden, waͤhrend die vierte einen sanften Abhang bilden muͤßte, damit sich die Wagen leichter naͤhern koͤnnen. Die Grube muͤßte ferner zum Behufe des leichteren Entleerens der Wagen so eingerichtet werden, daß man 1) auf jener Seite derselben, die den Grund der Grube bildet, und 2) auf den beiden Seiten zeitweise an dem Abladepunkte eine mit Pfaͤhlen befestigte Diele anbraͤchte, wodurch das Hinabstuͤrzen der Wagen oder Karren verhindert wuͤrde.Man koͤnnte oben auf der Grube auch eine Platform anbringen, auf welcher man den Koth ausleeren und durchsuchen koͤnnte, um die allenfalls darin enthaltenen Dinge von Werth oder die sonstigen weiter benuzbaren Gegenstaͤnde aussuchen zu koͤnnen. A. d. O. Ist nun eine solche Mistgestaͤtte zugerichtet, so sollte man unter jenen Armen der Gemeinde, die, obschon sie noch arbeitsfaͤhig sind, doch der Gemeinde zur Last fallen, einen, zwei oder nach Bedarf mehrere auswaͤhlen. Diesen Leuten sollte man einen kleinen, von einem Esel oder alten Pferde gezogenen Karren geben, und mit diesem Karren sollten sie bestaͤndig in dem Dorfe oder Weiler herumfahren, um alle Unreinigkeiten, die sie auf den Straßen finden, mit Schaufel und Besen in den Karren zu schaffen, und in diesem dann an die Mistgestaͤtte zu fuͤhren. Auf diese Weise ließe sich nicht nur eine große Menge verlornen Duͤngers sammeln, sondern die Straßen wuͤrden zugleich auch bestaͤndig rein und gesund erhalten werden. Wenn die Baͤchelchen und Gossen, die sich in der Gemeinde finden, Koth und Unreinigkeiten fuͤhren, wenn sie Pfuͤzen bilden, welche bekanntlich oft einen unertraͤglichen Gestank verbreiten, so soll man, um auch aus dem in denselben enthaltenen Kothe Nuzen zu ziehen, auf folgende Weise verfahren.Die Einrichtung und Behandlung dieser Pfuͤzen muß sich uͤbrigens nach den Ortsverhaͤltnissen richten; vorzuͤglich nuͤzlich koͤnnten dieselben auch an solchen Orten werden, die in der Nahe von Huͤgeln liegen, und an welchen man aus irgend einem Grunde das Erdreich sammeln will, welches das Regenwasser von den Huͤgeln abschwemmt. A. d. O. Man soll die Pfuͤze in zwei Abtheilungen theilen, und in diese Abtheilungen dann abwechselnd die Wasser leiten. Jede dieser Abcheilungen soll ferner 2–3 Fuß tief und so eingerichtet seyn, daß das Wasser zu jeder Zeit oben, und zu gewissen Zeiten, zu welchen man sie entleeren will, eben so gut auch unten abfließen kann.Wenn die Straßen rein sind, so werden die Baͤchelchen an und fuͤr sich schon nicht so viele Unreinigkeiten fuͤhren, so daß die Pfuͤzen folglich keine so widerlichen Geruͤche verbreiten koͤnnen, wie dieß nur zu oft der Fall ist.A. d. O. Es versteht sich von selbst, daß man die zur rechten Hand gelegene Pfuͤze nur dann entleeren muͤßte, wenn das Wasser aus derselben in die linke Abtheilung fließen wuͤrde, wobei man das Wasser einige Tage ruhig stehen laͤßt, damit sich alle darin enthaltenen Unreinigkeiten zu Boden sezen koͤnnten. Hat sich dieser Bodensaz ein Mal gebildet, so laͤßt man das Wasser mit Huͤlfe eines Brettes, welches eine Art Schuzbrett bildet, abfließen, waͤhrend man den Bodensaz mit Schaufeln herausschafft, und in den Karren in die Mistgestaͤtte fuͤhrt. Koͤnnte man nicht im Interesse der Landwirthschaft und der Dorfbewohner im Allgemeinen von allen, welche Viehzucht treiben, fordern, daß sie in dem Hofe ihrer Oekonomiegebaͤude eine Senkgrube anlegen, in der sich die aus den Staͤllen abfließenden Fluͤssigkeiten sammeln koͤnnten? Diese Fluͤssigkeiten koͤnnten, wenn sie nicht schon von den Vieheigenthuͤmern selbst benuzt wuͤrden, in Faͤssern in die Mistgestaͤtte geschafft werden, in der sie die Guͤte des gesammelten Mistes noch vermehren wuͤrden. Diese Verbesserung gruͤndet sich naͤmlich auf die Erfahrung, daß die Mistjauche, der Urin der Thiere und Menschen einen ganz vorzuͤglichen Duͤnger geben, wenn man sie gaͤhren laͤßt, oder mit anderen Duͤngmitteln in Beruͤhrung bringt. Das Wasser der Waschhaͤuser, das Seifenwasser, welches haͤufig als schaͤdlich fuͤr die Vegetation galt, kann, wenn es frisch ist, sehr gut zum Begießen von Pflanzen verwendet werden. Ich sah z.B. zu Beau-Grenelle bei Vaugirard Kohl und andere Gemuͤsepflanzungen, welche sehr uͤppig gedeihen, und die beim Kochen durchaus keinen unangenehmen Geschmak zeigten, mit solchem Wasser begießen. Das Seifenwasser der Gemeinde Vanvre, welche groͤßten Theils von Wascherleuten bewohnt wird, wird zum Begießen der daselbst befindlichen Gaͤrten verwendet, und diesem Seifenwasser schreibt man es auch zu, warum die Artischoken daselbst eine so bedeutende Groͤße erreichen. Wir wollen nun entwikeln, auf welche Weise sich die Kosten, die das Wegschaffen des Straßenkothes veranlaßt, deken ließen. Wir haben bereits oben bemerkt, daß es in jeder Gemeinde mehrere arme und doch arbeitsfaͤhige Leute gibt, die der Gemeinde zur Last fallen. Diese Leute sollte man zu dieser Arbeit verwenden, indem man sie entweder durch eine freiwillige Subscription von Seite der Einwohner, oder aus dem Verkaufe des gesammelten Duͤngers, der nach dessen einjaͤhriger Aufbewahrung veranstaltet werden sollte, auf eine angemessene Weise entschaͤdigt. Wuͤrden die Kothsammler durch Subscription bezahlt, so koͤnnte der gesammelte Koth verhaͤltnißmaͤßig unter die Subscribenten, die gewiß ihren Vortheil dabei finden wuͤrden, vertheilt werden. Sezen wir z.B. nur, daß eine Gemeinde 100 Landwirthe zaͤhle, und daß sich diese 100 anheischig machten, jaͤhrlich 6 Franken, d.h. monatlich 50 Centimen zu bezahlen, so erhielte man auf diese Weise monatlich 50 Franken, womit man das Individuum, welches den Koth wegschafft, entschaͤdigen koͤnnte. Sezen wir ferner, daß im Laufe eines Jahres 300 Fuhren Koth angesammelt werden, so ergibt sich hieraus, daß jeder Landwirth fuͤr seine 6 Franken wenigstens 1 1/2 Fuhren verfaulten Duͤnger erhaͤlt, welche wenigstens 3 Fuhren frischem ungegohrnem Miste gleichkommen.Die Zahl von 300 Fuhren, die wir hier annehmen, mag vielleicht groß erscheinen, doch glauben wir, daß sich dieselbe in sehr vielen Gemeinden aufbringen laͤßt, besonders wenn man auch die Graben der Straßen, in welche das Regenwasser eine große Menge mit thierischen Theilchen impraͤgnirter Erde schwemmt, gleichfalls benuzt. Diese Erde der Straßengraͤben ist eben wegen dieses Gehaltes an thierischen Stoffen ein vortrefflicher Duͤnger. Aus demselben Grunde leitet man auch in vielen Gegenden, wie z.B. um Zuͤrich, das Wasser, welches bei Regenwetter von den Landstraßen ablauft, auf die Wiesen und Felder. Ich selbst hatte Gelegenheit zu Mez einige Weinstoͤke mit der Erde duͤngen zu lassen, die der Regen in einen Straßengraben gefuͤhrt hatte, und sah vortreffliche Wirkungen davon. A. d. O. Sollten sich die Landwirthe zu keiner solchen Subscription vereinigen, so koͤnnte der Maire oder Gemeindevorsteher den gesammelten Koth jaͤhrlich versteigern; und nimmt man hiebei an, daß die Fuhr davon zu 5 Franken verkauft werde, so gaͤbe dieß jaͤhrlich 750 Franken, womit der Kothsammler hinlaͤnglich entschaͤdigt werden koͤnnte.Nach Erkundigungen, welche ich auf den Schindangern etc. einzog, soll der Straßenkoth nach Verlauf von einem Jahre um die Haͤlfte an Umfang verlieren, nach den Beobachtungen, die wir selbst anzustellen. Gelegenheit hatten, duͤrfte sich diese Verminderung jedoch nur auf beilaͤufig 1/3 belaufen.A. d. O. Wir sind uͤberzeugt, daß man, wenn man den einen oder den anderen dieser beiden Vorschlaͤge befolgt, und je nach Verschiedenheit der Ortsverhaͤltnisse und anderer Umstaͤnde modificirt, die Straßen in den Rural-Gemeinden sehr leicht gehoͤrig rein und gesund und in jenem Zustande erhalten koͤnne, der allseitig gewuͤnscht wird. Wir koͤnnen nicht umhin zu bemerken, daß aus diesen Maßregeln theils fuͤr die Gemeinde selbst, theils fuͤr die mit dem Wegschaffen des Kothes beschaͤftigten Armen, auch noch verschiedene andere Vortheile erwachsen duͤrften. Diese Leute koͤnnten naͤmlich aus dem Koche auch verschiedene Stoffe sammeln, die sich gewoͤhnlich darin vorfinden, wie z.B. Knochen, altes Papier, Lumpen, Glasscherben, vergoldetes Porzellan, Truͤmmer von Krystallglas, Eisenstuͤke, Pflastersteine, Ziegelsteine etc. Die ersteren der hier genannten Gegenstaͤnde koͤnnte man naͤmlich den Kothfuͤhrern uͤberlassen, waͤhrend sich die lezteren sehr gut zum Ausfuͤllen von Gruben, zum Straßenbaue etc. benuzen ließen. Wir wollen hier nur noch einige Worte uͤber den Nuzen des Kothes der großen Staͤdte, uͤber den Nuzen, den man von dem Straßenkothe der großen Drekstadt Paris zieht, und endlich uͤber die Mittel beifuͤgen, durch welche sich die Unbequemlichkeit, mit welcher die Anwendung dieser Substanzen verbunden ist, so viel als moͤglich vermindern ließe. Als Mitglied des Sanitaͤtsrathes mit verschiedenen Arbeiten beauftragt, habe ich folgende Erfahrungen gemacht: 1) daß der Geruch, der sich aus den aufgehaͤuften Misthaufen entwikelt, den Bewohnern der benachbarten Haͤuser aͤußerst laͤstig ist; 2) daß dieser Geruch um so widerlicher wird, wenn der Koth nicht vertheilt, sondern zu betraͤchtlichen Massen aufgehaͤuft wird, und daß die Unbequemlichkeit, die dieser Geruch veranlaßt, dann selbst so groß wird, daß er die Einwohner zwingt ihre Wohnungen zu verlassen; 3) daß Einwohner, welche sich nicht selbst mit Landwirthschaft beschaͤftigen, durch diesen unertraͤglichen Gestank oft veranlaßt werden, die Nachbarschaft solcher Mist-Gestaͤtten, so viel nur in ihren Kraͤften liegt, und durch mannigfaltige Klagen zu hintertreiben; 4) daß dieses Widerstreben, welches fruͤher nur theilweise bemerkbar war, beinahe taͤglich zunimmt, und besonders seit dem Erscheinen der Cholera so allgemein wurde, daß man in Kuͤrze wohl nirgendwo mehr in der Naͤhe der Wohnungen solche Mistniederlagen dulden wird. Zu welchem Resultate wird nun wohl dieses Widerstreben endlich fuͤhren? Diese Frage ist von hoͤchster Wichtigkeit, denn sie uͤbt 1) einen sehr großen Einfluß auf die Lage und das Wohl der 123,000 Einwohner, welche in den 80 Gemeinden des Departement de la Seine wohnen; 2) auf das Wohl der Einwohner des zunaͤchst gelegenen Departements der Seine und Oise, welche die Hauptstadt mit Producten versehen, und dafuͤr den Duͤnger aus derselben beziehen, den sie zu ihrem Feldbaue noͤthig haben; 3) endlich auf den Werth der Grundstuͤke, der sich auf die Producte gruͤndet, die der Eigenthuͤmer aus denselben zieht. Um diese Frage genuͤgend zu beantworten, muß man vor Allem wohl beruͤksichtigen, daß die Kunst den Boden zu verbessern und ihn zu reichlicheren Ernten zu bestimmen, eben so alt ist, als das Bearbeiten des Bodens selbst, und daß noch Jedermann, der sich mit der Cultur beschaͤftigte, gefunden hat, daß jedes Feld nach mehreren aufeinanderfolgenden Ernten an Fruchtbarkeit abnehme, wenn man dieselbe nicht durch eine gehoͤrige Menge Duͤnger unterstuͤzt und erhaͤlt. Die Seltenheit und der hohe Preis des Duͤngers allein sind es, welche die Unfruchtbarkeit mancher Gegenden bedingen. Es gibt Laͤndereien, aus denen der Landwirth, wenn er sie auch auf das Sorgfaͤltigste und mit den besten Geraͤthschaften bearbeitet, doch wenig oder gar keinen Nuzen ziehen wird, so lange er deren Boden nicht mit der gehoͤrigen Menge Duͤnger ausstatten kann: mit dieser Menge des Duͤngers und der Anwendungsweise desselben stehen die Ernten in directem Verhaͤltnisse.Wir sind uͤberzeugt, daß wenn man der sogenannten lausigen Champagne nur jenen Duͤnger zuwenden koͤnnte, der um und in Paris unbenuzt verloren geht, auch diese Streke Landes bald mit Landhaͤusern und ergiebigen Feldern bedekt seyn wuͤrde. Man spare, sagt der Dictionnaire du Cultivateur, den Duͤnger durchaus nie, und versaͤume es, wenn man sich in der Naͤhe großer Staͤdte befindet, nicht, den Koth und Mist derselben auf seine Felder zu fuͤhren; der groͤßere Reichthum der Ernten und die groͤßere Guͤte der Producte wird schon in wenigen Jahren reichlich dafuͤr entschaͤdigen. A. d. O. Hieraus erhellt, daß der Koth von Paris, dessen Menge sich taͤglich auf die ungeheure Masse von 230 Karren belaͤuft,Der Koth, welcher aus Paris hinausgeschafft wird, belaͤuft sich jaͤhrlich auf 80 bis 82,000 Karren. Wuͤrde diese Masse unter die 80 Gemeinden vertheilt, so erhielte jede Gemeinde jaͤhrlich beilaͤufig 1000 Karren; uͤbrigens kommt gegenwaͤrtig eine große Menge dieses Kothes auch den Gemeinden des benachbarten Departements der Seine und Oise zu Gut. A. d. O. eine Hauptquelle der Wohlfahrt der in der Naͤhe von Paris ansaͤssigen Landwirthe ausmacht. Diese Quelle aͤußert ihre Wirkung uͤbrigens nicht bloß auf diejenigen, die den Koth benuzen, sondern auch auf jene, welche sich des Mistes bedienen, den sie aus der Stadt und der Nachbarschaft beziehen. Wir wollen uns hieruͤber deutlicher erklaͤren. Wer sich des Mistes als Duͤnger bedienen will, findet gegenwaͤrtig so viel er davon will, um einen ziemlich billigen Preis. Dieser Ueberfluß an Mist und der geringe Preis desselben ruͤhrt aber hauptsaͤchlich von der Concurrenz her, welche zwischen dem Miste und der großen Menge Koth besteht, die taͤglich in der Hauptstadt erzeugt wird. Wuͤrde diese Menge des Koches aus irgend einer Ursache abnehmen, so wuͤrde auch der Mist gesuchter und folglich wieder theurer werden. Koͤnnen aus dem Widerstande, den man allgemein gegen die Errichtung von Kochniederlagen leistet, nicht einige wesentliche Nachtheile fuͤr den Landwirth und die Landwirthschaft selbst entstehen, und auf welche Weise laͤßt sich diesen Nachtheilen vorbeugen? Die Landwirthe, welche den Koth benuzen, erhalten mit Huͤlfe dieses Duͤngers reichliche Ernten, welche in der Hauptstadt verzehrt werden, und deren schneller Absaz den Oekonomen reichlich entschaͤdigt. Der Grundeigenthuͤmer wird, wenn er weiß, mit welcher Leichtigkeit man den Boden zu reichen Ernten veranlassen kann, seinen Grund und Boden theurer verpachten, und dieser hoͤhere Pachtzins wird seinerseits wieder den Preis der Grundstuͤke bestimmen. Was geschieht nun aber, wenn Mangel an Duͤnger eintritt? Die Wohlfahrt des Landwirthes wird nothwendig darunter leiden, der Grundeigenthuͤmer wird seine Laͤndereien wohlfeiler verpachten muͤssen, und der Werth des Grundeigenthums wird sinken. Um nun einem solchen gewiß sehr empfindlichen Nachtheile vorzubeugen, muß man zu bewirken suchen: 1) daß der Koth von Paris den benachbarten Landwirthen nie fehlen koͤnne, und daß dieselben nie dieses Grundprincipes ihrer Wohlfahrt beraubt werden,Man schlug vor: 1) den Straßenkoth zu Wasser fortzuschaffen; dieß scheint uns aber große Kosten zu veranlassen, die zulezt nur dem Landwirthe zur Last fallen wuͤrden; 2) ihn in den Fluß zu werfen: eine Maßregel, wodurch nicht nur das Flußwasser noch mehr verunreinigt, sondern auch eine große. Menge des besten Duͤngers, die einer zahlreichen Menschenmenge nuͤzlich werden koͤnnte, rein verwuͤstet wuͤrde; 3) endlich schlug man vor, den Koth in einem Steinbruche zu vergraben. Die Entfernung des Kothes zu Wasser wurde von einem unserer Collegen, Hrn. Huzard dem Sohne, empfohlen, der zwar den Werth dieser Substanz vollkommen erkannte, der aber die Frage nichts unter dem Gesichtspunkte auffaßte, daß durch diese Art von Entfernung des Kothes fuͤr die zahlreiche und betriebsame Bevoͤlkerung, welche sich in der Naͤhe der Hauptstadt befindet, und die deren Maͤrkte mit den Producten ihres Fleißes versieht, unendlichen Schaden bringen wuͤrde. Dieser wakere Gelehrte, der schon so viel zur Ergreifung von Maßregeln, die das allgemeine Wohl foͤrdern, beitrug, druͤkt sich in der Abhandlung, welche er im Jahre 1826 uͤber die Wegschaffung des Kothes aus Paris herausgab, auf folgende Weise aus: „Wenn ich Maire einer Gemeinde waͤre, deren Grund und Boden nicht sehr fruchtbar ist, so wuͤrde ich schnell die Fonds aufzutreiben suchen, die zur Errichtung eines Ortes, an welchem der Koth ausgeladen oder niedergelegt werden kann, noͤthig sind. Es wuͤrden hiedurch nicht nur einige Arme Beschaͤftigung erhalten, sondern die Gemeinde selbst koͤnnte vielleicht aus dem Verkaufe noch einigen Nuzen ziehen.“ A. d. O. und 2) daß dieser Koth den Einwohnern so wenig als moͤglich laͤstig und schaͤdlich werden koͤnne. Es waͤre daher sehr zu wuͤnschen, daß die Maires oder Gemeindevorsteher, welche die Repraͤsentanten der Interessen ihrer Gemeinden sind oder seyn sollten, ihre Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand richteten, und sich von Gemeinde zu Gemeinde dahin verstaͤndigten: 1) daß an den Graͤnzen des Stadt-Territoriums und an Orten, an welchen dieselben so wenig Nachtheil als moͤglich bringen wuͤrden, Kothniederlagen errichtet wuͤrden, von denen sich die Lands wirthe den ihnen noͤthigen Duͤnger verschaffen koͤnnten. 2) daß mit dem Unternehmer der Straßenreinigung ein Vertrag abgeschlossen wuͤrde, nach welchem sich jener unter gewissen Strafen zur Lieferung des Kothes und die Gemeinden zur Abnahme verpflichteten. Man koͤnnte uͤbrigens auch im allgemeinen Interesse, und besonders im Interesse des allgemeinen Gesundheitszustandes, an gewissen Orten Gruben graben, in diese Gruben an 1000 Fuhren Koth schuͤtten und sie dann wieder mit Erde bedeken, um den Koth dann nach einer 10- bis 12monatlichen Gaͤhrung an die Landwirthe zu verkaufen. Man brauchte auf diese Weise zum Vergraben der 82,000 Karren Koth nur 82 Gruben, welche mehrere Jahre hintereinander verwendet werden koͤnnten. Wir glauben, daß bei einem solchen Verfahren eine große Menge der Ursachen des Unbehagens und der Ungesundheit aufhoͤren, und der uͤble Geruch weit ertraͤglicher gemacht werden koͤnnte. Sollte man sich fuͤr die Wegschaffung des Kothes von Paris zu Wasser entscheiden, so glauben wir, daß hieraus 1) fuͤr den groͤßten Theil der zahlreichen, kleinen Landwirthe, die doch gewiß alle Aufmerksamkeit verdienen, ein außerordentlicher Nachtheil und vielleicht selbst deren Ruin entstehen wuͤrde. 2) daß auch den Grundeigenthuͤmern in den Departements der Seine und der Seine und Oise ein wesentlicher Nachtheil daraus erwachsen wuͤrde, indem der Werth ihrer Grundstuͤke nothwendig sinken muͤßte. 3) daß die Cultur aus diesen Departements in jene Gegenden wandern wuͤrde, in welche der Koth durch das Wasser gefuͤhrt wird. 4) daß der Preis des Mistes als Duͤnger bedeutend steigen muͤßte; 5) daß das Herbeischaffen der Producte, die zu Paris verkauft werden, um vieles kostspieliger werden wuͤrde: ein Nachtheil, der um so mehr zu beruͤksichtigen ist, als die Gemuͤse etc. groͤßten Theils den niederen Volksclassen als hauptsaͤchliche Nahrung dienen. 6) endlich, daß dieses Verfahren den Ruin vieler Landwirthe herbeifuͤhren wuͤrde, indem sie auf den Duͤnger, auf welchen sie rechneten, Verzicht leisten muͤßten, und folglich den Grund und Boden, den sie pachteten, nur mehr mit Verlust bebauen koͤnnten. Es ist zwar wahr, daß fuͤr jene Leute, welche so bemittelt sind, daß sie sich in der Naͤhe von Paris Landsize halten koͤnnen, die Entfernung des Kothes zu Wasser sehr angenehm und vortheilhaft seyn wuͤrde; allein wenn dieser Koth nach den angegebenen Methoden vertheilt oder vergraben wuͤrde, wuͤrde derselbe diesen Leuten gewiß auch so wenige Unbequemlichkeiten verursachen, daß sie gewiß nicht anstehen wuͤrden, sich lieber diesen zu unterziehen, als das Bewußtseyn zu haben, vielen tausend arbeitsamen Familien die Mittel ihrer Existenz, und die Mittel einer noch groͤßeren Anzahl von Menschen nuͤzlich zu werden, entzogen zu haben. Was wir hier im Laufe dieser Abhandlung gesagt haben, gilt nicht nur fuͤr Paris, sondern nach Umstaͤnden auch fuͤr alle andere Gegenden, und wir wiederholen daher hier noch ein Mal, daß jeder Landwirth, der sich in der Nahe einer groͤßeren Stadt befindet, so viel als moͤglich bemuͤht seyn soll, den Straßenkoth derselben zur Verbesserung des Bodens, den er bebaut, zu benuzen. In einigen Gegenden wird dieser Rath bereits mit großem Vortheile befolgt; viele Personen wurden schon durch die vielen guten Schriften, die hieruͤber erschienen, belehrt, und doch ist es noch immer noͤthig, denselben wiederholt in Anregung zu bringen! Wie viele tief eingewurzelte Vorurtheile hindern die Landwirthe nur noch zu haͤufig das zu benuzen, was ihnen beinahe jeder Tag Nuͤzliches und Vortheilhaftes darbietet! Und doch sieht man, daß die Wegschaffung des Kothes, die ehemals manchen Staͤdten eine so große Last verursachte, nun sogar eine Ertragsquelle fuͤr dieselben geworden ist. Als Beispiel hiefuͤr mag Genf dienen, wo der Straßenkoth der Stadt einen nicht unbedeutenden Ertrag abwirft. In mehreren anderen Staͤdten der Schweiz ist der Straßenkoth gleichfalls so sehr geschaͤzt, daß das Pflaster durch das bestaͤndige Kehren immer sehr rein erhalten wird.