Titel: Ueber die Anwendung von Schrauben zum Sprengen von Steinen. Von Robert Mallet.
Fundstelle: Band 48, Jahrgang 1833, Nr. LIV., S. 280
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LIV. Ueber die Anwendung von Schrauben zum Sprengen von Steinen. Von Robert Mallet. Aus dem Mechanics' Magazine, N. 599, S. 360. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Mallet, uͤber Schrauben zum Sprengen von Steinen. Ich besuchte vor einiger Zeit die Schieferbruͤche zu Bangor, und war ganz erstaunt uͤber die Verwuͤstung an Material und Zeit, welche die daselbst uͤbliche Methode diese Bruͤche auszubeuten, nothwendig mit sich bringt. Man sprengt naͤmlich große Bloͤke von den beinahe senkrecht stehenden Schiefer-Schichten ab, und spaltet diese dann zu Dachplatten, ohne sich darum zu kuͤmmern, daß man beim jedesmaligen Sprengen mehrere Tonnen Schiefer zu kleinen und ganz unbrauchbaren Stuͤken zersplittert. Zur Abhuͤlfe dieses Uebelstandes schien mir gleich auf den ersten Blik eine einfache, aber kraͤftige Anwendung des Keiles die besten Mittel an die Hand zu geben: eine kegelfoͤrmige maͤnnliche Schraube, die sich in einer gespaltenen, in das Sprengloch eingesenkten Mutterschraube bewegte, schien mir eine der passendsten Vorrichtungen; sie bewaͤhrte sich auch bei spaͤteren Versuchen nicht nur als solche, sondern uͤbertraf sogar meine Erwartungen bei Weitem. Man sieht in Fig. 21 eine solche Schraube, welche ich zum ersten Versuche anfertigte, und die bei einer Laͤnge von 9 Zollen am unteren Ende 2, am oberen hingegen 2 1/8 Zoll im Durchmesser hat. Die Schraubengaͤnge sind rund und von der moͤglich staͤrksten Form; oben am Scheitel der Schraube befindet sich ein Loch, durch welches sich ein Hebel zur Bewegung der Schraube steken laͤßt. Die zwei Stuͤke des cylindrischen Gehaͤuses, welches die Mutter vorstellt, bilden beide den vierten Theil des Umfanges eines vollkommnen Cylinders, und sind 1/2 Zoll dik, so daß das Sprengloch fuͤr eine solche Schraube drei Zoll im Durchmesser und 9 Zoll Tiefe haben muß. Die Schraube ist aus Eisen verfertigt, mit Stahl uͤberzogen und gehaͤrtet. Die zwei Stuͤke der Schraubenmutter werden aus Gußeisen in einen Model gegossen, wodurch man sehr leicht und sehr gut Schraubengaͤnge erhaͤlt, deren Bruͤchigkeit und Haͤrte man spaͤter durch Anlassen vermindern kann. Diese Schraubenmuttern allein sind es, die bei der ganzen Operation leiden; sie koͤnnen jedoch nach der eben angefuͤhrten Methode sehr leicht durch andere ersezt werden. Ich weiß sehr wohl, welche Einwendungen man gegen die Anwendung einer kegelfoͤrmigen Schraube in einer cylindrischen Schraubenmutter machen kann, und daß die Gaͤnge einer kegelfoͤrmigen Schraube verschiedene Winkel mit der Achse bilden. Allein der Winkel des Kegels braucht nur sehr gering zu seyn, indem er durch den Modulus der Elasticitaͤt des zu sprengenden Steines, der an allen Felsarten sehr niedrig steht, bestimmt wird; und da nun also die Schraube sehr dik und mit runden Schraubengaͤngen ausgestattet seyn kann, da sie nur sehr wenig schmaͤler Zulaͤuft, und da sie endlich nicht ganz genau zu passen braucht, so sind die eben erwaͤhnten Einwendungen in diesem Falle nicht von Belang. Fig. 22 zeigt eines der Stuͤke des Schraubengehaͤuses oder der Schraubenmutter, und Fig. 23 gibt eine End-Ansicht der beiden Stuͤke aa in einem Sprengloche angebracht; b ist hier die Schraube. Will man sich naͤmlich dieses Apparates bedienen, so werden die beiden Segmente einander gegenuͤber in das Sprengloch eingesenkt und dann die Schraube eingeschraubt. Die Reibung, welche der Stein auf den Ruͤken der Segmente ausuͤbt, erhaͤlt dieselben in ihrer gehoͤrigen Stellung. Wenn nun die Schraube eingeschraubt wird, so treibt sie die beiden Segmente aus einander, und in Folge dieses Auseinandertreibens muß der Stein zerspringen. (Fig. 24.) Ich habe mich durch Versuche uͤberzeugt, daß der Stein immer in den Zwischenraume zwischen den zwei Segmenten zerspringt, wie aus Fig. 25 ersichtlich. Wenn man daher eine fortlaufende Linie absprengen will, so braucht man in dieser Linie nur mehrere solcher Schrauben anzubringen, wie Fig. 26 zeigt. Ohne auf die Wirkungen der Reibung, die hier allerdings bedeutend seyn muß, uͤbrigens aber nur durch Versuche bestimmt werden kann, Ruͤksicht zu nehmen, erhellt deutlich, daß die Kraft dieses Instrumentes der Kraft eines Keiles gleichkommt, dessen Winkel jenem des Kegels gleich ist, um welchen der Schraubengang gezogen ist, und welcher Keil mit der der Schraube eigenen Kraft getrieben wird, wenn diese Schraube durch einen Hebel von bestimmter Laͤnge in Bewegung gesezt wird. Die Kraft dieser Schraube ist also durch P = h/2πR W bezeichnet, wenn P die Kraft der Schraube, h die Entfernung zwischen zwei Schraubengaͤngen, π das constante Verhaͤltniß des Durchmessers eines Kreises zu dessen Umfang, R die Laͤnge des angewendeten Hebels und W die angewendete Kraft oder das todte Gewicht bedeutet. Die Kraft des Keiles ist durch die Gleichung P = RlB/L² gegeben, wo P die Gewalt vorstellt, mit welcher die Schraubenkraft gegen den Widerstand der Theilchen des Steines wirkt, und zwar in der Laͤnge von dem Punkte oder dem Ende des Spaltes beim ersten Beginnen an bis zu jenem Punkte, wo der Widerstand als auf die Seiten des Keiles, d.h. die Schrauben-Segmente, concentrirt betrachtet werden kann. L ist die Laͤnge des Spaltes oder Sprunges beim ersten Beginnen. Es ist nun aber offenbar, daß R, l und L an verschiedenen Arten von Steinen verschieden, an einer und derselben Art hingegen gleich sind. Die Reduction dieser Gleichungen auf gehoͤrige Figuren ist gegenwaͤrtig, in Ermangelung der dazu noͤthigen, auf Versuche begruͤndeten Daten, unmoͤglich. Auch nimmt die Reibung des Instrumentes in groͤßerem Verhaͤltnisse zu, als der Druk, indem der Unterschied zwischen den Gaͤngen der kegelfoͤrmigen maͤnnlichen Schraube und jenen der cylindrischen weiblichen Schraube fortwaͤhrend groͤßer und groͤßer wird. Ich bin nicht leicht und oberflaͤchlich uͤber die Schwierigkeiten und Nachtheile dieser Maschine weggegangen, sondern habe Versuche mit derselben angestellt; auch die Commissaͤre fuͤr die oͤffentlichen Arbeiten dieser Grafschaft, welche bei einem solchen Versuche zugegen waren, aͤußerten ihre Zufriedenheit mit dem Resultate desselben. Zwei Arbeiter spalteten mit einem Hebel, der bloß drei Fuß lang war, und mit einer einfachen Schraube und deren Mutter von der oben beschriebenen Groͤße eine Masse thonhaltigen Kalksteines aus der Grafschaft Dublin, welcher beinahe eine Tonne wog, durch 17 Umdrehungen der Schraube, die sie in beilaͤufig 25 bis 30 Secunden vollbrachten. Die Arbeiter wendeten hierbei durchaus nicht ihre ganze Kraft an, sondern gingen ohne Anstrengung rund um den Stein, der seiner Schichtung entgegen, und genau nach der Linie, durch welche die beiden Stuͤke der Schraubenmutter von einander getrennt waren, in zwei Theile gespalten wurde. Das hier beschriebene Instrument, welches auch Hr. M'Mahon fuͤr eine wesentliche Verbesserung in der Sprengmethode erklaͤrte, eignet sich besonders zum Ausbeuten von Schiefer und zum Sprengen groͤßerer tafelfoͤrmiger Massen Granit, Syenit und anderer sehr harter Steinarten. Bei der Behandlung des Schiefers nach dieser Methode wird weniger Schiefer verwuͤstet, und man erspart die ganze Arbeit, welche sonst die Entfernung der Truͤmmer von den gesprengten Flaͤchen veranlaßte. Beim Sprengen von Granit, Syenit u. dgl. erspart man hingegen nicht nur an Arbeit, sondern die Richtung der Spruͤnge gewinnt auch an Sicherheit, und man kann uͤberdieß auch groͤßere Bloͤke abloͤsen, als man bisher mittelst der Keile zu sprengen im Stande war. Die Sprengloͤcher, die man bei uns in den Granit zu bohren pflegte, hatten drei Zoll im Durchmesser, und waren manchmal bis an 16 Zoll tief; die Schrauben erfordern hingegen nur Loͤcher von 9 Zoll Tiefe und 3 Zoll Durchmesser, und außerdem kein Schießpulver. Auch unterliegt es gar keinem Zweifel, daß 20 solcher Schrauben, die weit weniger Zubereitung erfordern, eine weit groͤßere Wirkung hervorbringen, als eine einzige Sprengung mit Schießpulver, abgesehen davon, daß der Sprung bei der Anwendung der Schrauben in einer bestimmten und gewissen Richtung Statt findet. Ein weiterer Vortheil, den die Schrauben vor dem Sprengen mit Pulver voraus haben, besteht darin, daß deren Anwendung mit keinen Gefahren fuͤr den Arbeiter verbunden ist. Es gibt nur einen Fall, in welchem meine Methode mißlingen kann, und dieser tritt dann ein, wenn die Schraubengaͤnge der Schraube brechen. Allein die Kraft, welche zum Abtrennen einer staͤhlernen Schraube, deren Gaͤnge 1/4 Zoll Tiefe und Weite haben, noͤthig ist, ist enorm; und sind mehrere solcher Schrauben zu gleicher Zeit in Thaͤtigkeit, so braucht jede einzeln fuͤr sich keine besondere Kraft auszuuͤben. Die ersten Anschaffungskosten dieser Schrauben sind nicht bedeutend. Die maͤnnlichen und kegelfoͤrmigen Schrauben dauern, wenn sie aus gehaͤrtetem Stahle verfertigt sind, lange Zeit, und die Schraubenmutter-Segmente lassen sich sehr leicht und wohlfeil verfertigen, wenn der Model fuͤr dieselben ein Mal gemacht ist. Das Bohren der Loͤcher kostet weit weniger, als jenes der Loͤcher, die zum Sprengen mit Pulver noͤthig sind, indem sie bei weitem nicht so tief zu seyn brauchen, als leztere. Auch ist es offenbar, daß die Schrauben eben so gut am Grunde einer Spalte oder eines Sprengloches angewendet werden koͤnnen, als in der Naͤhe der Oberflaͤche des Gesteines, wenn man den Kopf der Schraube um das Noͤthige laͤnger macht. Um die Schrauben schluͤpfrig zu erhalten, und deren Spiel zu erleichtern, soll man sie mit Oehl und Graphit beschmieren. Sollte eines der gußeisernen Schraubenmutter-Stuͤke waͤhrend des Einbohrens der Schraube brechen, so hat dieß nichts zu sagen, indem die Stuͤke dessen ungeachtet durch die Reibung an ihrer Stelle erhalten werden. Die Kosten des Schießpulvers und die Ersparniß an Arbeit allein wuͤrden an einem Steinbruche, wie jener zu Bangor, die Kosten von mehreren tausend Schrauben deken.

Tafeln

Tafel Tab. IV
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