Titel: Ueber einen Apparat, mittelst welchem eine gleichförmige Temperatur unterhalten werden kann. Von Hrn. Georg Merryweather Esq., von Whitby, vorgetragen vor der Royal Society zu Edinburgh.
Fundstelle: Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XLIX., S. 256
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XLIX. Ueber einen Apparat, mittelst welchem eine gleichfoͤrmige Temperatur unterhalten werden kann. Von Hrn. Georg Merryweather Esq., von Whitby, vorgetragen vor der Royal Society zu Edinburgh. Aus dem Mechanics' Magazine, N. 507, S. 56. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Merryweather's Apparat zur Unterhaltung gleichfoͤrmiger Temperatur. Ich habe die Ehre die Gesellschaft heute mit einem Apparate zu unterhalten, der, wie ich hoffe, die Mittel zur Losung eines wichtigen Problemes an die Hand geben soll; eines Problemes, welches bisher manchen Fortschritten in der Wissenschaft ein unuͤbersteigliches Hinderniß in den Weg legte. Als die franzoͤsischen Chemiker der Welt ihre Nomenklatur mittheilten, sagte Fourcroy: „Die Hize wird gegenwaͤrtig bloß als ein Huͤlfsmittel, durch welches die Verbindungen befoͤrdert werden, betrachtet. Da dieselbe in verschiedenen Graden angewendet wird, so wuͤrde es gewiß von unschaͤzbarem Werthe seyn, wenn wir bei dem Anwendung einen gleichfoͤrmigen Grad der Intensitaͤt zu unterhalten im Stande waͤren. Ein Ofen dieser Art gehoͤrte schon lange zu den groͤßten Wuͤnschen der Chemiker, da durch die Handgriffe und Manipulationen der Kuͤnstler, die den Chemiker bisher allein leiteten, unmoͤglich ein solcher Grad von Genauigkeit erreicht werden koͤnnte, wie man ihn wuͤnschen und verlangen mußte.“ Ein halbes Jahrhundert ist nun seit diesen Worten Fourcroy's verflossen; die Wissenschaften haben unterdessen riesenhafte Fortschritte gemacht, und doch scheint dieser wichtige Punkt entweder ganz aus dem Gedaͤchtnisse verloren gegangen, oder, gleichwie das Perpetuum mobile) als ein unerreichbarer Gegenstand betrachtet worden zu seyn. Wenn man bedenkt, daß die Oefen bestaͤndig Brennmaterial verzehren, und daß das Brennmaterial in ihnen fortwaͤhrend erneuert werden muß; wenn man beruͤksichtigt, daß die Flamme wegen der Atmosphaͤre, der sie ihre Existenz verdankt, bestaͤndig in Bewegung seyn muß, so darf es keineswegs verwundern, daß alle die Versuche, die man anstellt, um mit Huͤlfe dieser Mittel zu einer eine gewisse Zeit uͤber gleichfoͤrmig bleibenden Temperatur zu gelangen, fruchtlos waren. Der Weg, den ich einschlug, um zur Loͤsung dieser Aufgabe zu gelangen, ist ganz neu, und wird aus einer genauen Beschreibung des Apparates, dessen ich mich bediente, am deutlichsten erhellen. Von einem hoͤheren Gesichtspunkte aus betrachtet wird dieser Apparat gewiß als sehr interessant erscheinen, indem er als Beweis fuͤr die Thatsache dient, daß sich der aͤußeren Einfluͤsse ungeachtet eine gleichfoͤrmige Temperatur unterhalten laͤßt, und daß diese Temperatur eine unbestimmte Dauer der Zeit hindurch in fortwaͤhrender Thaͤtigkeit erhalten werden kann, ohne daß irgend Jemand darauf Acht zu haben braucht. Ich uͤberlasse es Gelehrten und Maͤnnern vom Fache zu zeigen, von welchem Nuzen dieser Apparat in der Chemie und Pharmacie seyn kann, und welche bisher unbekannte Erscheinungen dadurch aufgefunden werden koͤnnten, daß man gewisse Substanzen mit Huͤlfe desselben eine laͤngere oder kuͤrzere Zeit uͤber einer gleichfoͤrmigen Temperatur aussezt. Es genuͤgt in dieser Hinsicht zu bemerken, daß Boerhaave das rothe Queksilberoxyd zuerst dadurch darstellte, daß er Queksilber mehrere Wochen hindurch einer Temperatur aussezte, die er so gleichfoͤrmig als moͤglich unterhielt. Ich will lieber einen der Vorwuͤrfe beleuchten, den man meinem Apparate vielleicht machen duͤrfte; d.i. den großen Verbrauch an Leingeist. Jedermann, der sich nur ein Mal uͤberzeugt hat, welche ununterbrochene Aufmerksamkeit und Arbeit alle jene Processe erfordern, bei denen ein fortwaͤhrendes Feuer unterhalten werden muß, wird leicht einsehen, daß der groͤßere Verbrauch an Weingeist durch die Ersparniß an Zeit mehr als hinreichend ersezt wird Man hat bei meinem Apparate kein Feuer anzuschuͤren, keinen Rauchfang zu puzen, und wegen der Genauigkeit der Temperatur durchaus kein Ueberlaufen und keine Explosion zu besorgen. So kann man z.B. Morgens einen Destillationsproceß beginnen, und den Tag uͤber seinen Geschaͤften nachgehen, ohne daß man eine Stoͤrung in demselben befuͤrchten darf. – Ich habe uͤbrigens, da die Kosten doch immer ein Gegenstand von großer Wichtigkeit bleiben, folgende Berechnungen hieruͤber angestellt. Ich fand naͤmlich, daß ein Gallon Weingeist von 22° Ueberprobe, welches beim Fabrikanten 9 Shill. kostet, eine der Kugeln des Apparates zwei Monate lang Tag und Nacht uͤber gluͤhend zu erhalten im Stande ist, so daß also eine Ausgabe von weniger, dann einem Pfennig auf 12 Stunden kommt. Drei Brenner erzeugen eine Hize von 160, sechs eine Temperatur von 215° F.; will man dieselben daher 12 Stunden lang brennend erhalten, so wird dieß bei erstem eine Ausgabe von 3 Den. (9 kr.), bei lezterem hingegen eine Ausgabe von 6 Den. (18 kr.) verursachen. Der Apparat, den ich der Gesellschaft hiemit vorlege, hat 15 Brenner, welche die Temperatur bis auf 396° erhoͤhen, und welche waͤhrend dieser Zeit eine Ausgabe von 1 Shill. 3 Den. (45 kr.) verursachen. Was die Bestimmung der Temperatur betrifft, unter welcher ich den Apparat heute vor der Gesellschaft arbeiten lasse, so verdanke ich diese Hrn. Professor Duncan. Ich zweifle nicht, daß ich die Temperatur leicht bis auf 1000° haͤtte steigern koͤnnen; allein, wie man mir sagte, ist eine Temperatur von 300 bis 350° in den meisten Faͤllen am wuͤnschenswerthesten. Man wird hier vielleicht eine analytische Darstellung des Verbrennungsprocesses von mir erwarten; auf eine solche will ich mich jedoch keineswegs einlassen, sondern sie lieber einem gewandteren Chemiker uͤberlassen. Ich bemerke nur, daß die intensive Hize, die durch anscheinend so kleine Koͤrper hervorgebracht wird, das Resultat der Verbrennung von Sauerstoff und Wasserstoff mittelst Platinnaschwamm ist, und daß man als Product der Verbrennung Wasser, mit etwas Essigsaͤure vermengt, erhaͤlt. Ich glaube, daß der Einwurf der Kosten in Frankreich und aus dem Continente, wo der Weingeist so zu sagen nur eine Kleinigkeit kostet, fuͤr ganz unerheblich gehalten werden duͤrfte, und daß man den Apparat in Frankreich um so guͤnstiger aufnehmen wird, als ich eigentlich durch die Worte eines franzoͤsischen Schriftstellers auf denselben gebracht wurde. Ich gebe uͤbrigens meine Erfindung durchaus nicht fuͤr vollkommen aus, indem ich sehr wohl einsehe, daß dieselbe noch mannigfacher Verbesserungen und Abaͤnderungen faͤhig seyn duͤrfte. In der in Fig. 7 gegebenen Zeichnung ist nun ein blecherner oder zinnerner Behaͤlter von 9 Zoll im Durchmesser, der innen am Boden concav, und uͤberhaupt so tief ist, daß er ein Gallon Weingeist zu fassen im Stande ist. Die Oeffnung, die sich an der Seite des unteren Theiles dieses Behaͤlters befindet, dient dazu, daß man denselben mittelst einer Roͤhre mit einem anderen Behaͤlter verbinden kann in welchem eine groͤßere Menge Weingeist enthalten ist. Dieß ist jedoch nur fuͤr den Fall noͤthig, wenn der Versuch eine laͤngere Zeit fortgesezt werden soll. B sind die baumwollenen Dochte, welche durch 15 messingene Roͤhren gehen, die dem Messingwerke an einer gewoͤhnlichen Weingeistlampe aͤhnlich sind. Ist der Docht durch eine solche Roͤhre durchgezogen, so wird er ausgebreitet und flach gedruͤkt. Jeder Docht muß so lang seyn, daß er bis auf den Boden des Weingeistbehaͤlters herabreicht. Die 15 Messingroͤhren werden in eben so viele an dem Scheitel des Behaͤlters angeloͤthete blecherne Roͤhren von 3/4 Zoll in Durchmesser eingesezt. Von diesen Roͤhren stehen 12 in einem Kreise herum, waͤhrend sich 3 in der Mitte befinden; leztere sind kuͤrzer und stehen tiefer, damit die kugelfoͤrmige Retorte uͤberall gleichweit von jedem Dochte entfernt seyn kann. C ist ein Platinnadraht von 1/100 Zoll im Durchmesser, welcher in eine Art von Becher oder Napf aufgerollt ist. Der obere Theil dieses Bechers hat 1/3 Zoll im Durchmesser und wird von einem Stifte getragen, der nur eine Fortsezung des Drahtes selbst ist. In die Mitte des Dochtes sticht man mit einer gewoͤhnlichen Nadel mit großem Kopfe, um auf diese Weise eine Oeffnung zu erzeugen, in welche man den Platinnastift einsenken kann. Der Kopf wird dann in den Boden des Bechers gebracht, um denselben so weit herabzudruͤken, daß er beinahe, aber doch nicht ganz, mit dem Dochte in Beruͤhrung kommt. Sind alle die Platinnawindungen auf diese Weise gehoͤrig zubereitet, so schneidet man ein Stuͤk gut zusammengepreßten Platinnaschwamm in Stuͤke von solcher Groͤße, daß sie von dem Drahtbecher aufgenommen werden koͤnnen. D ist ein an den Scheitel des Weingeistbehaͤlters geloͤtheter Ring: in ihm befinden sich zwoͤlf Loͤcher von Zoll im Durchmesser, welche der Luft Zutritt gestatten. E ist eine blecherne Roͤhre, die zum Fuͤllen des Behaͤlters mit Weingeist dient. F ein glaͤserner Dekel mit weitem Halse, welcher auf einer blechernen Randleiste ruht, die an der inneren Seite des Reifens D uͤber den Luftloͤchern angeloͤthet ist. G ist eine blecherne Roͤhre oder ein Rauchfang, der auf den Schultern des glaͤsernen Dekels F ruht. H ist ein Schirm aus Zinn, welcher gerade so groß ist, daß er den glaͤsernen Dekel umgibt und dabei rings herum einen Zwischenraum von 1 Zoll frei laͤßt. Dieser Schirm wird von einem hervorstehenden blechernen Rande, und zwar von derselben Randleiste getragen, auf der der glaͤserne Dekel F ruht. Gut ist es, wenn die innere Oberflaͤche dieses Schirmes mit irgend einem schlechten Waͤrmeleiter ausgekleidet ist. J ist eine glaͤserne Flasche oder Retorte mit abgerundetem Boden, welche auf einen von drei Fuͤßen getragenen messingenen Ring gesezt wird. Alle Retorten, deren man sich bedient, muͤssen an dem unteren Theile vollkommen abgerundet seyn, damit die Retorte uͤberall gleichweit von den Platinnakugeln entfernt ist, und denselben sehr nahe kommt, ohne sie jedoch zu beruͤhren. Zu dem Ofen gehoͤrt auch ein zinnerner oder blecherner Dekel, der dann in Anwendung kommt, wenn man den Apparat nicht braucht. Der Schirm und der glaͤserne Dekel werden naͤmlich abgenommen, und uͤber die saͤmmtlichen Brenner wird dafuͤr ein Dekel gestuͤrzt, welcher auf dem Scheitel des Weingeistbehaͤlters aufruht und den mit Luftloͤchern versehenen Ring bedekt. Dieser Dekel dient zum Ausloͤschen; er hindert das Verdampfen des Weingeistes, schuͤzt die Platinnakugeln gegen Beschaͤdigungen und haͤlt das Ganze rein. Das ganze Blechwerk ist außen lakirt. Soll nun ein Versuch angestellt werden, so wird zuerst die Roͤhre G, dann der Schirm H und endlich der glaͤserne Dekel F abgenommen. Dann saͤttigt man die Dochte, indem man staͤrkeren Weingeist darauf tropft, um sie hierauf zu entzuͤnden. In einigen Secunden werden die Platinnakugeln rothgluͤhend werden, wo man dann die Flamme ausblaͤst, und die Retorte mit ihrem Inhalte in dem messingenen Staͤnder befestigt, der sich innerhalb des Kreisest der zwoͤlf Brenner befindet. Ist dieß geschehen, so wird der glaͤserne Dekel, der Schirm und die Roͤhre wieder in die Stellung gebracht, die sie zuerst hatten. Die beste Methode den Apparat in Gang zu bringen ist jedoch die, jede der Platinnakugeln mittelst des Loͤthrohres und der Weingeistlampe gluͤhend zu machen; sobald die Kugeln naͤmlich rothgluͤhend sind, erzeugen sie so viel Weingeistdampf, daß das Auftropfen von staͤrkerem Weingeiste ganz unnoͤthig wird. Diese Methode verdanke ich der Mittheilung des Hrn. Professors Christison. Will man eine niedrigere Temperatur hervorbringen, so braucht man nur eine groͤßere oder geringere Anzahl von Messingroͤhren herauszuziehen, und auf diese Weise zugleich auch eine gleiche Anzahl von Dochten und Platinnakugeln zu entfernen. Man hat dann die blechernen Roͤhren nur mittelst Korkstoͤpsel zu verschließen, um allem unnuͤzen Verdampfen von Weingeist vorzubeugen.

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Tafel Tab. IV
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