Titel: Ueber einige Mittel Gebäude vor Feuersgefahr zu schüzen, und ausgebrochene Feuersbrünste ohne Sprizen und ohne Wasser zu löschen. Von Chevalier de Fontenay.
Fundstelle: Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LII., S. 265
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LII. Ueber einige Mittel Gebaͤude vor Feuersgefahr zu schuͤzen, und ausgebrochene Feuersbruͤnste ohne Sprizen und ohne Wasser zu loͤschen. Von Chevalier de Fontenay. Auszug aus einem von der Société royale et centrale d'agriculture gekroͤnten Manuscripte, im Journal des connaissances usuelles. Maͤrz 1835, S. 157. Chevalier de Fontenay, Gebaͤude vor Feuersgefahr zu schuͤzen. Der Verfasser zeigt in der gekroͤnten Abhandlung zuerst, daß das Gebaͤlke der Dachstuͤhle und der Boͤden vor Feuersgefahr geschuͤzt werden koͤnne, wenn man demselben eine solche Einrichtung gibt, daß es sich mit Moͤrtel, Kalk oder anderen Substanzen auf solche Weise uͤberziehen laͤßt, daß weder irdisches noch himmlisches Feuer mit dem Holze unmittelbar in Beruͤhrung kommen kann. Ebenso, faͤhrt der Verfasser hierauf fort, verhalt es sich mit den Zwischenwaͤnden, wenn dieselben aus Dielen oder Balken bestehen sollen, so daß am Ende nur mehr die Thuͤren und Fensterstoͤke, die Fensterlaͤden und die Stiegen die einzigen vom Feuer ergreifbaren Gegenstaͤnde sind. Auch bei diesen wenigen Dingen darf jedoch kein Schuzmittel versaͤumt werden, denn durch sie kann das Feuer dem mehr oder minder kostbaren Hausgeraͤthe, benachbarten Heu-, Korn- oder anderen Magazinen etc. mitgetheilt werden. Alle Landbewohner, sagt Pflugger, sind den Feuersgefahren weit mehr ausgesezt, als die Bewohner der Staͤdte, theils weil sie uͤberall mit leicht entzuͤndbaren Substanzen umgeben sind; theils wegen der geringen Sorgfalt, die sie auf die Wahl des Materiales und auf den Bau ihrer Wohnungen verwenden; theils wegen der Sorglosigkeit und Nachlaͤssigkeit, mit der mit dem Feuer umgegangen wird; theils wegen des Mangels an gehoͤrigen und schnellen Huͤlfsmitteln; theils endlich weil die. Bosheit und Schlechtigkeit der Menschen an vereinzelten Haͤusern leichter ihre verruchte Wirkung zeigen kann. Pflugger ist der Meinung, daß die sichersten Mittel gegen diese Unfaͤlle, Mittel, welche man von der Staatsverwaltung eben so wohl erwarten, als verlangen kann, folgende seyn moͤchten: 1) ein allgemeines Reglement, wonach bei allen Bauten, sowohl in Hinsicht auf Festigkeit des Baues, als in Hinsicht auf Feuersgefahr, die Befolgung gewisser durch die Kunst ausgemittelter Grundsaͤze befohlen wuͤrde; 2) Vorsichtsmaßregeln von Seite der Municipalpolizei zur Beseitigung aller Gefahren, die fuͤr Personen und Eigenthum entstehen koͤnnen; 3) endlich eine Organisation der zu leistenden Huͤlfe, damit dieselbe bei ausgekrochenem Brande, vorzuͤglich auf dem Lande mit gehoͤriger Ordnung, Schnelligkeit und Sicherheit geleitet werden koͤnne. Welche Organisation und welche Huͤlfe dieß seyn soll, hat Pflugger nicht angegeben; sie laͤßt sich nur errathen, und wir wollen versuchen diesem Mangel abzuhelfen. Viele Feuersbruͤnste beginnen, besonders auf dem Lande, mit einem Feuer im Schornstein, indem gerade bei dem Baue dieser Schornsteine weder genug Moͤrtel verwendet, noch auch auf die gehoͤrige Festigkeit gesehen wird. Das sicherste Mittel diese Art von Feuersbruͤnsten zu loͤschen, besteht darin, die untere Muͤndung des Rauchfanges mit naßgemachten Tuͤchern oder mit nassen wollenen Deken so zu verstopfen, daß von Unten aus keine Luft in den Schornstein gerathen kann. Das Feuer wird bei diesem Verfahren augenbliklich ausloͤschen, ausgenommen der Rauchfang hat im oberen Stokwerke oder im Speicher Oeffnungen, durch welche Luft in denselben eindringen kann. Ein anderes, wie man sagt, noch sichereres Mittel besteht darin, daß man eine Handvoll Schwefelpulver auf gluͤhende Kohlen wirft, wo dann daß schwefeligsaure Gas, welches sich entwikelt, die Flamme alsogleich ausloͤscht. Ich habe mich dieses Mittels, da ich mit ersterem jedes Mal ausreichte, nicht bedient; zur Vorsicht sollte aber jeder kluge Landmann ein Pfund Sckwefelpulver, welches nicht viel kostet, vorraͤthig haben. Anderer Seits hat die Erfahrung gelehrt, daß Holz, welches mit einem Knoblauchabsude, mit Salzaufloͤsungen, wie mit einer Aufloͤsung von kohlensaurem Kali und vorzuͤglich mit einer Alaunaufloͤsung getraͤnkt worden, nicht Feuer faͤngt oder ohne Flamme brennt. Man sollte daher Alles, was aus Holz besteht, und was theils wegen der Stellung, in der es sich befindet, theils wegen des Zwekes, zu welchem es bestimmt ist, in Brand gerathen kann, mit einer dieser Substanzen, welche beinahe saͤmmtlich um aͤußerst geringen Preis zu haben sind, traͤnken. Man braucht hiezu bloß eine solche Menge Wasser zu nehmen, als sie die Oberflaͤchen der Gegenstaͤnde, welche getraͤnkt werden sollen, erfordern, und in diesem Wasser dann so lange Alaun oder Potasche aufzuloͤsen bis dasselbe vollkommen damit gesaͤttigt ist. Noch einfacher ist es, sich aus guter, gesiebter Holzasche eine starke Lauge zu bereiten, um damit dem Holze eine erste eindringende Tuͤnche zu geben. Dann soll man diese Lauge mit etwas Wasser verduͤnnen, und hierauf Thonerde, oder besser noch Eisenoker darunter ruͤhren, und zwar unter Zusaz von abgerahmter Milch oder Leimaufloͤsung, damit alle Bestandtheile der Tuͤnche inniger an einander halten. Mit dieser Tuͤnche soll das Holzwerk, welches gegen Feuer geschuͤzt werden soll, zwei bis drei Mal und selbst oͤfter uͤberstrichen werden. Sie haͤlt, so einfach, wohlfeil und leicht anwendbar sie ist, die Fortschritte des Feuers im Inneren der Gebaͤude sehr lange auf, so daß oft hinlaͤngliche Zeit zur Rettung von Menschen, Thielen und Effecten bleibt. Ich kann diese Tuͤnche den Landbewohnern nicht genug empfehlen, und selbst in Staͤdten waͤre es sehr gut, wenn sich die Anstreicher wenigstens zum Anstreichen der Kuͤchen, Vorzimmer, Bedientenzimmer, Speisekammern etc. einer aͤhnlichen Tuͤnche bedienen wuͤrden. Wenn nun aber, man mag diese Vorsichtsmaßregeln befolgt haben oder nicht, dennoch ein Feuer ausbricht, wenn uns ein solcher Unfall eben so unangenehm als unvorhergesehen uͤberrascht, was ist dann zu thun, um dem Uebel eben so schnell als sicher abzuhelfen? Soll man zu dem naͤchsten besten benachbarten Brunnen oder Bache seine Zuflucht nehmen, oder soll man die Ankunft der Feuersprizen aus dem naͤchsten Orte abwarten, die bekanntlich gewoͤhnlich erst dann erfolgt, wenn bereits nichts mehr zu verbrennen ist? Nein! Man braucht hiezu weder Wasser, noch Feuersprizen, deren Handhabung leider nur zu oft auf dem Lande nicht gehoͤrig verstanden wird. Es gibt ein weit einfacheres Mittel, welches uͤberall leicht zu haben ist, welches man sich verschaffen kann, so oft man sich mit dem Koͤrper gegen den Boden neigt, und dieses Mittel ist nichts Anderes, als unsere Mutter Erde! Man braucht nichts weiter als eine Hake, eine Schaufel, eine Buͤtte und eine Leiter; man fuͤlle die Buͤtte mit Erde, steige damit auf der Leiter hinauf, gleich wie der Winzer die Erde und den Duͤnger auf seine Weinberge traͤgt, und schuͤtte die Erde auf die vom Brande ergriffenen Stellen. Sogleich wird hiedurch an der mit Erde bedekten Stelle das Feuer und selbst der Rauch verschwinden, und wenn mehrere Leute auf dieselbe Weise arbeiten, wird der Brand eben so schnell als sicher geloͤscht seyn. Ist die Flamme zu lebhaft, als daß man sich ihr in hinreichendem Maße naͤhern koͤnnte, so mache man so nahe als moͤglich an dem Herde des Brandes einen Erdhaufen, und lasse die Erde dann von hier aus mit langgestielten Schaufeln auf das Feuer werfen. Darin, lieber Leser, besteht mein ganzes Geheimniß! Seine Wirkung ist unfehlbar und kann taͤglich in den Waͤldern bei den Koͤhlern beobachtet und erprobt werden. Bloß mit Huͤlfe der Erde daͤmpfen diese Leute den Brand der Kohlenweiher, so daß nur etwas Rauch auf dem Scheitel dieser Haufen entweichen kann; und hat sich in der Abwesenheit der Arbeiter oder Aufseher ja an dem einen oder anderen Orte eine Flamme gezeigt, so kann dieselbe leicht wieder durch ein Paar Schaufeln voll. Erde gedaͤmpft und selbst ganz ausgeloͤscht werden, wenn man dieß wuͤnscht. Ich befand mich eines Tages in einem Walde, in welchem das Feuer mehrerer ohne Aufsicht gelassener Kohlenmeiler ausgebrochen war; einige auf dem Boden zerstreut herum liegende Blaͤtter waren bereits angegangen, und manches Laßholz in der Nahe war bereits schwarz geworden; allmaͤhlich breitete sich das Feuer in der Richtung des Windes immer weiter und weiter aus, so daß es sich bereits dem großen, im naͤchsten Jahre zu fallenden Schlage naͤherte. Ich erschrak im ersten Augenblike hieruͤber, und gab mir mit einigen Jaͤgern, die mich begleiteten, Muͤhe, die Koͤhler aus einem benachbarten Wirthshause herbeizurufen. Diese Leute kamen denn endlich auch, ohne sich sehr zu beeilen, herbei, und begnuͤgten sich damit, mit ihren Schaufeln hie und da etwas Erde auf die kleinen, am Boden glimmenden und herumlaufenden Flammen zu werfen, die dadurch augenbliklich verloͤschten. Sie kehrten hierauf ruhig zu ihren Kohlenmeilern zuruͤk und maͤßigten auch an diesen die ausgebrochenen Flammen mittelst Erde. Diese Begebenheit, die schon vor 50 Jahren Statt fand, brachte mich auf die Idee, daß die Erde ein weit sichereres und kraͤftigeres Mittel zum Loͤschen von großen und kleinen Feuersbruͤnsten abgeben duͤrfte, als das Wasser. Der Erfolg hat dieß bewiesen. Ich spielte eines Tages im Monate November, wo es bereits sehr kalt war, mit einem meiner Freunde auf einem Billard, welches sich uͤber meinem Glashause befand. Der Kaͤlte wegen ließ ich ein mit gluͤhenden Kohlen gefuͤlltes Beken dahin bringen, an welchem wir uns von Zeit zu Zeit waͤrmten, und welches auf einem Boden stand, der unterhalb mit Balken besezt war, welche, um mein Glashaus waͤrmer zu erhalten, in Strohlehm (ein Gemeng von Thon oder Moͤrtel mit gehaktem Stroh) eingesenkt waren. Nach einigen Partieen Billard verließen wir das Local, ohne weiter auf das Kohlenbeken Ruͤksicht zu nehmen. Ich kam hierauf erst nach 3 Tagen wieder in mein Glashaus, und bemerkte nun an dessen Deke ein Loch von beilaͤufig 3 Fuß im Durchmesser, in dessen Mitte mein Kohlenbeken nur noch von einer Linie des Plafonds getragen zu werden schien, welche aus den unverbrannt gebliebenen, mit Lehm umgebenen Balken bestand. Der obere Boden und die uͤbrigen in der Naͤhe des Strohlehmes befindlichen Balken waren gleichfalls in einem Kreise von 3 Fuß im Durchmesser verbrannt. Das Feuer verlosch von selbst, wahrscheinlich weil es an allen Enden durch den Strohlehm gehindert war, weiter um sich zu greifen; haͤtte es sich nur noch um einige Zolle weiter verbreitet, so waͤre mein Billard und bald das ganze Glashaus in Flammen gestanden. Die zwischen dem Boden des Billards und dem Plafond des Glashauses befindliche Erde hat in diesem Falle allein den Ausbruch einer Feuersbrunst verhindert, und diese Erfahrung, die ich an meinem Eigenthume machte, hat mich nur noch mehr in der Ansicht bestaͤrkt, daß die Erde das beste Schuzmittel gegen Brand und das beste Loͤsch-Mittel bei wirklich ausgebrochenem Feuer geben muͤsse. Zu gleicher Zeit mit mir kam wahrscheinlich auch Hr. Francois Cointeraux auf dieselbe Idee, denn er erzaͤhlt, daß er sich im Jahre 1784, nachdem die Akademie zu Amiens einen Preis von 600 Franken auf die Entdekung des wirksamsten Loͤschmittels ausgeschrieben haͤtte, und nachdem bereits von 48 Abhandlungen keine dieses Preises wuͤrdig befunden worden, mit der Loͤsung dieser Aufgabe zu beschaͤftigen anfing. Nach Beobachtung vieler Feuersbruͤnste, nach Erforschung von deren Ursachen, und nachdem es ihm gelungen war, mehrere derselben bloß mittelst Erde und Schutt zu loͤschen, uͤbergab er endlich im Jahre 1787 eine Abhandlung, die auch am 25. August 1787 mit dem Preise gekroͤnt wurde. Hr. Cointeraux verdoppelte hierauf den Eifer, mit welchem er seinen Forschungen nachstrebte, und haͤtte, nachdem er die Wirksamkeit und die Vorzuͤge seiner Loͤschmethode durch zahlreiche und kostspielige Versuche uͤber allen Zweifel erhoben, die Genugthuung und Freude, dieselbe im Jahre 1791 auch von der Société royale et centrale d'agriculture auf den Bericht der HH. Fourcroy, Parmentier und Broussonet anerkannt zu sehen. Ich beschraͤnke mich darauf, nur noch Folgendes aus der Abhandlung des Hrn. Cointeraux beizufuͤgen, wodurch das von mir Gesagte volle Bestaͤtigung erhalten wird. „Wenn eine Feuersbrunst ausgebrochen, die Nationalgarde durch die Feuergloke herbeigerufen worden, und jeder Arbeiter mit dem ihm eigenen Werkzeuge herbeigeeilt, so stellen die Baumeister, Maurermeister, Zimmermeister, Ziegeldeker etc. zuerst Arbeiter an, welche damit beschaͤftigt sind, so nahe als moͤglich an dem Hause, in welchem die Feuersbrunst ausbrach, eine Grube zu graben, waͤhrend sie selbst mit den gehoͤrigen Arbeitern beschaͤftigt sind, den brennenden Theil einzustuͤrzen oder niederzuwerfen. Sogleich werden auch die Leitern angelegt, und die Effecten mit langen Haken aus dem Feuer gezogen. Maͤnner und Kinder sind beschaͤftigt, Buͤtten und Korbe mit Erde zu fuͤllen, und sie auf den Schultern oder auf dem Kopfe die Leitern hinauszuschaffen und auf das Feuer zu werfen. Ordnung foͤrdert auch hier den Gang und das Gelingen der Arbeit am besten. Wer nicht stillschweigen will, und durch Geschrei die Arbeiter verwirrt macht, muß zum Schweigen gezwungen oder durch die Wache entfernt werden. Wenn man auf diese Weise in Ordnung und mit Ruhe und Stillschweigen arbeitet, so wird das Ende der Feuersbrunst von deren Anfang nicht fern seyn.“ „Man sieht von selbst ein,“ fahrt Hr. Cointeraux fort, „daß man unter solchen Umstaͤnden keine Schonung eintreten lassen darf, sondern daß man alle brennenden Theile einstuͤrzen, niederwerfen und mit Erde oder Schutt bedeken muß. Man wird durch dieses Verfahren zwar hie und da ein einzelnes Haus sehr beschaͤdigen; allein es wird nie dahin kommen, daß ganze Doͤrfer, Maͤrkte und Staͤdte ein Raub der Flammen werden. Ja man wird, wenn man den Zutritt der Luft ploͤzlich durch Erde unterbricht, in vielen Faͤllen sogar weit weniger Schaden anrichten, als wenn man sich den Spaß macht, das Feuer durch Feuersprizen loͤschen zu wollen, wobei dasselbe, wenn man die eine Seite des brennenden Gebaͤudes besprizt hat, auf der anderen oft wieder um so lebhafter zu brennen anfaͤngt. Die Koͤrper, welche nicht fluͤssig sind, verhalten sich beim loͤschen ganz anders als die fluͤssigen; wo sie ein Mal hingeworfen worden, da bleiben sie liegen, und da erscheint das Feuer nicht wieder. Auch hat die Erde das Gute, daß sie das Feuer und den Rauch zugleich erstikt, waͤhrend das in das Feuer gesprizte Wasser den Rauch vermehrt, und so die Menschen hindert, einander zu sehen, einander zu hoͤren, und einander die gehoͤrige Huͤlfe zu leisten. Die gute Wirkung des Verfahrens, welches ich vorschlage, ist keinem Zweifel unterworfen; den Gemeinden und Behoͤrden kommt es zu, dasselbe gehoͤrigen Ortes in Anwendung zu bringen.“