Titel: Bericht des Hrn. Labarraque über die von der holländischen Compagnie zu Paris errichtete Suppenanstalt.
Fundstelle: Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LXXVI., S. 383
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LXXVI. Bericht des Hrn. Labarraque uͤber die von der hollaͤndischen Compagnie zu Paris errichtete Suppenanstalt.) Wir geben hier diesen Bericht, nicht als ob er in technischer Hinsicht etwas Neues enthielte, sondern um unsere Leser auf diese in Deutschland noch wenig bekannte Anstalt aufmerksam zu machen, und um vielleicht doch in dem einen oder anderen unserer groͤßeren oder mittleren Orte zur Errichtung aͤhnlicher Anstalten, die sowohl dem Unternehmer, als dem Publikum gleich nuͤzlich werden wuͤrden, aufzumuntern. A. d. R. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Mai 1822, S. 157. Labarraque's Bericht uͤber die zu Paris errichtete Suppenanstalt. Die Commission der oͤkonomischen Kuͤnste, deren Organ ich zu seyn die Ehre habe, hat zu verschiedenen Zeiten und wiederholten Malen die Anstalt besucht, welche die HH. Bouwens und van Cappenaal zu Paris errichteten, um den Einwohnern und Beduͤrftigen dieser Stadt um wohlfeilen Preis gute Fleischbruͤhe zu liefern. Diese Herren hatten urspruͤnglich, d.h. im Jahre 1828, in den bevoͤlkertsten Stadttheilen zwei Niederlagen errichtet, zu deren Betrieb sie taͤglich mit 75 Kilogrammen Rindfleisch arbeiteten. Ihr Kochapparat war damals von Hrn. Harel eingerichtet, und bestand aus mehreren Toͤpfen, von denen jeder beilaͤufig 15 Liter faßte, und welche einzeln auf einen Ofen gesezt wurden, in welchem die Unternehmer mittelst Holzkohlen eine graduirte Temperatur unterhielten, bei der sie ein vortreffliches Product erzielten. Da die Anforderungen des Publikums an die Anstalt jedoch von Tag zu Tag zunahmen, so wendeten sich die Unternehmer an Hrn. Ph. Grouvelle, der ihnen auch einen Kochapparat herstellte, in welchem man in 18 Toͤpfen aus Weißblech, die sich in einem mit Steinkohlen geheizten, und Salze enthaltenden Marienbade befinden, nicht weniger als 1200 Liter Fleischbruͤhe auf ein Mal fabriciren konnte.Eine Beschreibung und Abbildung des Grouvelle'schen Apparates findet man im Polyt. Journ. Bd. XLV., S. 386.A. d. R. Diese fuͤr den kurzen Zeitraum des Bestehens der Anstalt so hoͤchst merkwuͤrdige Zunahme hatte durchaus nicht den geringsten nachtheiligen Einfluß auf die bis in's Kleinliche gehende Sorge fuͤr Reinlichkeit und auf die Wahl der rohen Substanzen, die zur Bereitung der Suppe verwendet wurden; im Gegentheile wurde die Bereitungsart immer mehr und mehr vervollkommnet, indem statt des uͤbrigens sehr sinnreichen Apparates des Hrn. Grouvelle von einem beruͤhmten Physiker die Behandlung mit Dampf in Anwendung gebracht wurde, bei der man nicht nur ein bestaͤndig gleiches Resultat, sondern zugleich auch eine Ersparniß an Kosten und Zeit erzielte. Die Compagnie, welche im ersten Jahre ihres Bestehens kaum 200 Portionen Fleischbruͤhe innerhalb 24 Stunden verbrauchte, war waͤhrend der Dauer der schreklichen Epidemie, welche Paris im vorigen Jahre heimsuchte, schon im Stande, taͤglich 4500 Liter Fleischbruͤhe zu liefern. Gegenwaͤrtig sezt sie in den 23 Niederlagen, die sie in ganz Paris errichtete, taͤglich noch 2500 Liter ab! Die Commission betrachtet dieses Resultat als einen großen Dienst, den die Compagnie der Menschheit leistet, einen Dienst, der um so schaͤzbarer ist, als das Fabrikat ihrer Anstalt zu allen Zeiten von gleicher Guͤte blieb. Die HH. Bouwens und van Cappenaal betrachteten ihre Anstalt anfangs als eine Unternehmung, welche vorzuͤglich fuͤr die Arbeiter und fuͤr die Armen von Nuzen werden koͤnnte, und errichteten daher in dieser lobenswerthen Absicht ihre beiden ersten Niederlagen in dem Faubourg St. Antoine und in der Naͤhe des Conservatoire des arts et metiers. Da es aber bald auch wohlhabendere Leute sehr bequem fanden, sich der von der Compagnie bereiteten Fleischbruͤhe zu bedienen, so vermehrten sich die Niederlagen zum Behufe des leichteren Absazes dergestalt, daß es gegenwaͤrtig mehr als die Haͤlfte der Wohlthaͤtigkeitsanstalten von Paris am vorteilhaftesten gefunden haben, mit der Compagnie Vertraͤge einzugehen, nach welchen die Armen zu jeder Stunde des Tages gegen Vorzeig Ihrer Karte an gewissen Niederlagen Suppe erhalten koͤnnen. Diese Einrichtung hat einen um so wohlthaͤtigeren Einfluß, als es dem Armen weit mehr Zutrauen einstoͤßt, wenn er seine Suppe aus demselben Topfe schoͤpfen sieht, aus welchem sich der Reiche die seinige kauft. Die Commission muß daher mit dem aͤußerst guͤnstigen Berichte, welchen Hr. Chevreul vor der Akademie der Wissenschaften uͤber die Anstalt der HH. Bouwens und van Cappenaal erstattete, vollkommen uͤbereinstimmen, und schlaͤgt mithin vor, die Gesellschaft moͤge denselben zum Zeichen der Anerkennung ihrer Verdienste ihre silberne Medaille zustellen.